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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 09.05.2005
Aktenzeichen: 7 Sa 80/05
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO, BGB


Vorschriften:

ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 66 Abs. 1
ZPO § 518
ZPO § 519
BGB § 613 a
BGB § 615
BGB § 623
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 7 Sa 80/05

Entscheidung vom 09.05.2005

Tenor:

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 01.12.2004 - 1 Ca 1783/04 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund der Kündigungen des Beklagten vom 29.09.2004 zum 31.10.2004 beendet worden ist, und ob die Beklagte noch 240,00 EUR netto an die Klägerin zu zahlen hat.

Die Klägerin ist ein schwerbehinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung von 100. Sie war seit dem 19.12.2001 bei der Fahrschule A. bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 6 Stunden gegen ein Arbeitsentgelt in Höhe von 340,00 EUR netto monatlich als Büroangestellte beschäftigt.

Nachdem der frühere Inhaber der Fahrschule A. am 05.08.2004 verstorben war, veräußerten seine Erben die Fahrschule an den jetzigen Beklagten.

Nachdem dieser der Klägerin am 13.09.2004 mündlich gekündigt hatte, sprach er mit Schreiben vom 24.09.2004 (Bl. 19 d.A.) ohne vorherige Einholung der Zustimmung des Integrationsamtes eine ordentliche Kündigung zum 31.10.2004 aus. Für den Monat September 2004 zahlte die Beklagte an die Klägerin lediglich 100,00 EUR netto.

Die Klägerin hat vorgetragen,

die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung sei wegen Formmangels unwirksam. Für September 2004 schulde ihr der Beklagte restliche Vergütung in Höhe von 240,00 EUR netto.

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die seitens der Beklagten erfolgte Kündigung vom 24.09.2004 zum 31.10.2004 beendet wird;

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 240,00 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Da zum Gütetermin am 29.10.2004 für den Beklagten niemand erschienen war, wurde auf Antrag der Klägerin ein entsprechendes Versäumnisurteil verkündet. Gegen dieses ihr am 08.11.2004 zugestellte Versäumnisurteil hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 10.11.2004 Einspruch eingelegt.

Die Klägerin hat deshalb insoweit beantragt,

das Versäumnisurteil vom 29.10.2004 aufrechtzuerhalten.

Der Beklagte hat beantragt,

das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat vorgetragen,

die Parteien seien am 14.09.2004 einvernehmlich vom Ende ihrer Zusammenarbeit ausgegangen. Die Klägerin habe 100,00 EUR zur Abgeltung ihrer Tätigkeit erhalten und in diesem Zusammenhang das Einverständnis zum Ende der Zusammenarbeit bekräftigt. Der Beklagte habe auch keine Verwendung mehr für die Klägerin.

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat daraufhin durch Urteil vom 01.12.2004 - 1 Ca 1783/04 - das Versäumnisurteil vom 29.10.2004 aufrechterhalten und den Beklagten zur Tragung der weiteren Kosten des Rechtsstreits verurteilt.

Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 25 bis 27 d.A. Bezug genommen.

Gegen das ihr am 28.12.2004 zugestellte Urteil hat die Klägerin durch am 27.01.2005 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Sie hat die Berufung durch am 28.02.2005 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

Der Beklagte wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen. Das Arbeitsverhältnis habe zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung noch keine sechs Monate bestanden. Die Klägerin habe sich in der Einarbeitungsphase befunden. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag habe sich in den Unterlagen nicht befunden. Ein Lohnanspruch bestehe nicht; Annahmeverzug sei nicht gegeben. Da die Klägerin das erstinstanzlich Titulierte bereits geltend gemacht und eingetrieben habe, stehe dem Beklagten ein Anspruch auf Zahlung zu.

Der Beklagte beantragt,

1. unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 01.12.2004, zugestellt am 28.12.2004, zu Aktenzeichen 1 Ca 2203/04 wird die Klage abgewiesen,

2. die Klägerin hat die aufgrund des Urteils erhaltenen Zahlungen an den Beklagten zzgl. 5% Zinsen über dem Basiszins seit 15.12.2004 und eventueller Beitreibungskosten zu zahlen.

3. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, dass sowohl der verstorbene Inhaber der von dem Beklagten nun betriebenen Fahrschule als auch der Beklagte von der Schwerbehinderung der Klägerin Kenntnis gehabt habe. Insoweit sei auch auf die Wahrheitspflicht hinzuweisen.

Der Streitverkündete hat sich am Verfahren beteiligt und ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin beigetreten. Er hat die Vereinbarung zwischen dem Beklagten und Herrn A. zur Gerichtsakte gereicht (Bl. 66 d.A.).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 09.05.2005.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

Das Rechtsmittel der Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Denn das Arbeitsgericht ist sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zu Recht davon ausgegangen, dass das Versäumnisurteil vom 29.10.2004 aufrechtzuerhalten ist, weil die streitgegenständlichen Kündigungen rechtsunwirksam sind und der Klägerin der klageweise geltend gemachte Zahlungsbetrag zusteht.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist weder, wie der Beklagte wohl meint, durch Aufhebungsvertrag, noch durch die von dem Beklagten ausgesprochenen Kündigungen beendet worden.

Gemäß § 623 BGB bedarf die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Auflösungsvertrag zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Deshalb ist sowohl die von dem Beklagten ausgesprochene mündliche Kündigung vom 13.09.2004 als auch eine eventuelle Auflösungsvereinbarung der Parteien von vornherein unwirksam. Anhaltspunkte dafür, dass die Berufung auf diese Formnichtigkeit treuewidrig sein könnte (§ 242 BGB), bestehen nicht.

Die schriftliche Kündigung des Beklagten vom 24.09.2004 ist mangels vorheriger Zustimmung des Integrationsamtes nichtig (§ 85 SGB VIIII). Nach dem erstinstanzlich unstreitig gebliebenen Vorbringen der Klägerin ist diese schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 100.

Nachdem der Beklagte der Klägerin am 13.09.2004 mündlich gekündigt und ihr keine weitere Arbeit mehr zugewiesen hat, ist er mit der Annahme der Dienstzeit in Verzug geraten und hat ihr daher gemäß § 615 BGB für den Monat September 2004 die restliche Vergütung in Höhe von 240,00 EUR netto zu zahlen.

Das Berufungsvorbringen des Beklagten rechtfertigt keine abweichende Beurteilung des hier maßgeblichen Lebenssachverhalts. Dass das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung noch keine sechs Monate bestanden habe, so sein Hinweis, ist unsubstantiiert und inhaltlich nicht nachvollziehbar. Die Klägerin hat bereits in der Klageschrift dargestellt, dass sie seit dem 19.12.2001 mit Herrn A. ein Arbeitsverhältnis begründet hatte und dass diesem ebenso wie dem Beklagten ihre Schwerbehinderung bekannt war. Ausweislich des Vertrages vom 20.08.2004 hat der Beklagte am 19.08.2004 die Fahrschule A. übernommen. Damit spricht alles dafür, dass ein Betriebsübergang gemäß § 613 a BGB gegeben ist, so dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin übergegangen ist, so dass es schon weiterer Tatsachen bedurft hätte, um annehmen zu können, das Arbeitsverhältnis unterfalle noch nicht dem Sonderkündigungsschutz des SGB. Der Hinweis, dass sich den fachlichen Kenntnissen nach die Klägerin "in der Einarbeitungsphase" befunden habe, vermochte die Kammer nicht nachzuvollziehen. Auch der Umstand, dass sich ein schriftlicher Arbeitsvertrag in den Unterlagen des Beklagten nicht befunden hat, ändert daran nichts.

Auch ist der Beklagte für den geltend gemachten Zahlungsanspruch passivlegitimiert, da der vom Streitverkündete vorgelegte Vertrag eindeutig für das vorliegen eines Betriebsüberganges spricht (§ 613 a BGB). Der Beklagte hat seine Behauptung, die Klägerin habe nach einem Gespräch Anfang September eine weitere Tätigkeit abgelehnt, die die Klägerin im Einzelnen substantiiert bestritten hat, nicht unter Beweis gestellt. Der Hinweis auf eine Zeugin N.N. genügt den hier maßgeblichen Anforderungen erkennbar nicht.

Folglich steht dem Beklagten auch kein Anspruch auf Rückzahlung des Geleisteten zu.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Für eine Zulassung der Revision war angesichts der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

Ende der Entscheidung

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