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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 12.11.2004
Aktenzeichen: 8 Sa 460/04
Rechtsgebiete: ArbGG, BGB, ZPO, BetrVG, SGB V, KSchG


Vorschriften:

ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 66 Abs. 1
ArbGG § 69 Abs. 2
BGB § 133
BGB § 157
BGB § 626 Abs. 2
BGB § 626 Abs. 2 S. 3
ZPO § 286
ZPO § 529 Abs. 1
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 539 Abs. 2
ZPO § 519
ZPO § 520
BetrVG § 5 Abs. 3
BetrVG § 5 Abs. 3 S. 1
BetrVG § 5 Abs. 3 Nr. 3
BetrVG § 5 Abs. 4 Nr. 4
BetrVG § 102
BetrVG § 102 Abs. 1
SGB V § 18
KSchG § 13 Abs. 1 S. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 8 Sa 460/04

Entscheidung vom: 12.11.2004

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 04.05.2004 - 2 Ca 3212/03 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Der Auflösungsantrag des Klägers wird abgewiesen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung vom 29.10.2003, die der beklagte Arbeitgeber zum 30.04.2004 ausgesprochen hat, sowie über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung vom 12.12.2003.

Der am 11.01.1960 geborene, verheiratete und einem Kind gegenüber unterhaltsverpflichtete Kläger war bei der Beklagten zunächst als Betriebsleiter (Leiter eines Produktionsbetriebs/einer Produktionsgruppe) beschäftigt, nahm seit dem 01.04.1992 die Funktion des Produktionsleiters am Sitz der Beklagten in C-Stadt wahr und wurde zuletzt seit 01.01.2000 nach einer Neustrukturierung der Unternehmensorganisation als Bereichsleiter Produktion und Technik mit einem Bruttomonatsgehalt von 7.008,90 EUR tätig. Für seinen Bereich besaß er Handlungsvollmacht.

Die Beklagte betreibt in C-Stadt einen Betrieb zur Produktion und Vermarktung von Phosphaten und Phosphorsäure für Lebensmittel, Pharmazeutika u. a. m.. Sie beschäftigt dort etwa 600 Arbeitnehmer. Es besteht ein Betriebsrat.

In der Zeit vom Dezember 2001 - so die Beklagte - von August 2001 - so der Kläger - bis einschließlich April 2003 - so die Beklagte - bis Juni 2003 - so der Kläger - wurde der Kläger unter Aufrechterhaltung seines Beschäftigungsverhältnisses mit der Beklagten damit betraut, bei der Tochtergesellschaft der Beklagten, der Fa. E. die dort bereits bestehenden Produktionsanlagen und die Errichtung einer neuen Tricalciumphosphatanlage fachlich zu beaufsichtigen. Während dieser Zeit war der Kläger überwiegend in M. tätig. Die Entscheidung zum Bau der neuen Anlage mit einem Investitionsvolumen von ca. 4 Mio. wurde im Mai 2002 getroffen. Die Inbetriebnahme war für April/Mai 2003 vorgesehen.

Nach seiner Rückkehr nahm der Kläger wieder seine Aufgaben in C-Stadt wahr.

§ 13 des Dienstvertrages vom 28.08.1987 (Bl. 9 ff., 12 d. A.) enthält u. a. folgende Regelung:

"Vertragsdauer und Kündigung

....

Während dieser Probezeit kann dieser Vertrag nur mit einer Frist von 4 Wochen zum Ende des Kalendermonats gekündigt werden.

Im übrigen kann dieser Vertrag nur mit einer Frist von 3 Monaten zum Ende eines Kalendervierteljahres gekündigt werden. Die Kündigung kann rechtswirksam nur schriftlich erklärt werden. Die Kündigungserklärung muss auch den Kündigungsgrund enthalten. Das beiderseitige Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund bleibt unberührt. ... "

Am 22.08.2003 suchte der Kläger den Sprecher der Geschäftsleitung der Beklagten, den Prokuristen Dr. K. - H. D. auf und bot diesem an, sein Anstellungsverhältnis mit der Beklagten gegen entsprechende Abfindung zu beenden.

Mit Schreiben vom 16.10.2003 (Bl. 88 d. A.) wandte sich der Kläger an die persönlich haftenden Gesellschafter der Komplementärin der Beklagten. Auf den Inhalt dieses Schreibens wird Bezug genommen.

Aufgrund nachfolgender zwischen den Parteien geführter Gespräche wurde der Kläger von seiner Tätigkeit schriftlich unter dem 21.10.2003 (Bl. 15 d. A.) freigestellt und mit Schreiben vom 29.10.2003 fristgemäß zum 30.04.2004 gekündigt.

Mit Schreiben vom 11.12.2003 (Bl. 106 d. A.) hörte die Beklagte den Betriebsrat zu einer beabsichtigten fristlosen Kündigung des Klägers an. Der Betriebsrat lehnte mit Schreiben vom 12.12.2003 (Bl. 107 d. A.) im Hinblick auf die Benennung des Klägers als leitender Angestellter durch die Geschäftsleitung eine Entscheidung ab.

Mit Schreiben vom 12.12.2003 sprach die Beklagte dem Kläger gegenüber eine fristlose Kündigung mit sofortiger Wirkung aus. Als Grund wurde im Kündigungsschreiben (Bl. 46 d. A.) angegeben: "Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen in einem besonders schweren Fall, aus Eigennutz gegen Bezahlung von 179.000,- EUR."

Wegen der erstinstanzlich geäußerten Auffassungen zur Wirksamkeit der Kündigungen sowie zu den gestellten Anträgen wird auf den umfassenden Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 04.05.2004 - 2 Ca 3212/03 - gem. § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat in dem vorerwähnten Urteil die Rechtswirksamkeit der ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung vom 12.12.2003 bejaht, den Antrag auf Weiterbeschäftigung abgewiesen und sich einer rechtlichen Prüfung der Wirksamkeit der ausgesprochenen ordentlichen Kündigung enthalten.

Bezogen auf die außerordentliche Kündigung hat es die Auffassung vertreten, diese scheitere nicht an nicht ausreichender der Angabe der Kündigungsgründe. Im Hinblick auf § 626 Abs. 2 BGB spräche vieles dafür, dass die Regelung in § 13 des Arbeitsvertrages nur ein deklaratorisches Formerfordernis darstelle. Dies könne jedoch dahinstehen; denn nach Wortlaut und Systematik der vertraglichen Regelung ergäbe sich für die Arbeitsvertragsklausel § 13, dass die Angabe von Kündigungsgründen nur die ordentliche Kündigung beträfe. Bezogen auf die außerordentliche Kündigung habe der Kläger die ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung nicht bestritten. Außerdem habe er selbst vorgetragen, leitender Angestellter zu sein, womit die Pflicht zur Betriebsratsanhörung entfallen sei. Die außerordentliche Kündigung sei auch wirksam. Deren Wirksamkeit hinge nicht von der strafrechtlichen Würdigung, sondern von der Beeinträchtigung des für das Arbeitsverhältnis erforderlichen Vertrauens ab. Eine schwere Pflichtverletzung und sogar der Verdacht einer solchen könne genügen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme seien eine strafbare Handlung des Klägers, jedenfalls schwerwiegende arbeitsvertragliche Verfehlungen gegeben. Der Kläger habe eingeräumt, den Mitarbeiter S von der Fa. K & B relevante Unterlagen für die Errichtung der Tricalciumphosphatanlage in M. zur Verfügung gestellt zu haben. Ob es sich bei den Unterlagen um Betriebsgeheimnisse gehandelt habe, bedürfe keiner Entscheidung; denn der Kläger habe strafrechtlich relevante Vertragsverletzungen begangen. Die Zeugen P. und M. K. hätten überzeugend bekundet, dass der Kläger im Zusammenhang mit der Errichtung der neuen Anlage in M. "schwarz" eine Zahlung an sich selbst als Privatperson in Höhe von 250.000,- EUR verlangt habe. Der Kläger habe einen entsprechenden Gewinn für die Firma in Aussicht gestellt. Er habe auch den arbeitslosen Bruder des bei der E. beschäftigten L. zur Beschäftigung bei der Tochterfirma E. der Fa. K & B ins Spiel gebracht. Der Kläger habe der Fa. K & B zugesagt, entsprechende Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Diesem sei klar gemacht worden, dass eine Schwarzgeldzahlung nicht in Betracht käme, allenfalls eine Abwicklung über die kroatische Tochter der Fa. K & B gegen Rechnungsstellung. Bei der "Offer" vom 05.03.2003 habe es sich um diese Rechnung gehandelt. Der Kläger habe Leistungen als Privatperson erbracht, Unterlagen zur Verfügung gestellt und als Ingenieurleistung die Weiterentwicklungen überprüft und korrigiert. Rechnungen seien an die Fa. K & B - in K. gerichtet worden und enthielten die - unvollständige - Privatanschrift des Klägers in M. . Der Zeuge K. habe bekundet, dass der Kläger ihn und seinen Sohn aufgefordert habe, alle verdächtigen Unterlagen zu vernichten. Zahlungen seien in dem in der E-Mail genannten Umfang erfolgt. Von einer groß angelegten Intrige wegen des Schreibens des Klägers vom 16.09.2003 könne nicht ausgegangen werden. Der Kläger habe eine Vertrauensstellung und Vermögensbetreuungspflichten für seinen Arbeitgeber gehabt und diese verletzt. Eine Abmahnung sei wegen Zerstören des Vertrauens entbehrlich. Die Interessenabwägung ginge zu Lasten des Klägers aus. Die Entscheidung über die ordentliche Kündigung könne offen bleiben.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf das angefochtene Urteil (Seite 17 - 32 = Bl. 300 - 315 d. A.) Bezug genommen.

Gegen das dem Kläger am 13.05.2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 14.06.2004 eingelegte und am 12.08.2004 begründete Berufung nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist.

Der Kläger trägt zweitinstanzlich insbesondere vor,

er sei Opfer eines Komplotts. Er würde gemobbt. Ihm sei grundlos ordentlich gekündigt worden. Als er sich zur Wehr gesetzt habe, habe man einen Sachverhalt konstruiert, um einen Grund für eine außerordentliche Kündigung zu haben. Es sei eine breit ausgeweitete Diskussion über eine außereheliche Beziehung erfolgt und ein dinglicher Arrest erwirkt worden. Es fehle an der gehörigen Bezeichnung der Kündigungsgründe. Die ordentliche Kündigung enthalte offensichtlich keinerlei Angaben von Kündigungsgründen, die fristlose nur eine floskelhafte und sachlich verfehlte Angabe des Kündigungsgrundes. Der arbeitsvertragliche Regelungstext des § 13 sei als Fließtext ausgestaltet und unter dieser Gestaltung auch auszulegen. Nach Sinn und Zweck der Regelung soll für alle Kündigungen die Verpflichtung gelten, den Kündigungsgrund anzugeben. Es sei teleologisch widersinnig, für die Angabe des Kündigungsgrundes nur auf den Bereich der ordentlichen Kündigung abzustellen. Das Arbeitsgericht habe die Frage der fehlenden Betriebsratsanhörung falsch beurteilt. Er - der Kläger - habe ausdrücklich geltend gemacht, dass er kein leitender Angestellter im kündigungs- bzw. betriebsverfassungsrechtlichen Sinne sei. An eine entsprechende Mitteilung der Beklagten sei er nicht gebunden. Das Arbeitsgericht hielte zu Unrecht die von der Beklagten ausgesprochene fristlose Kündigung für wirksam. § 286 ZPO bedeute keineswegs, dass die Beweiswürdigung beliebig sei. Sie müsse sich an rationalen Kriterien ausrichten, nachvollziehbar und logisch überprüfbar sein, sowie mit den Denkgesetzen und Erfahrungswerten in Einklang stehen. Wegen Zweifeln an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen sei eine erneute Feststellung der Tatsache nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO geboten. Es habe - soweit es sich auf die Aussagen der Zeugen K. stütze -, Sachstand, Streitstand, Ergiebigkeit und Glaubwürdigkeit verkannt. Das Arbeitsgericht habe den Aussagen einer Tatsache entnommen, welche von der Beklagten nicht vorgetragen war, nämlich, dass der Kläger von den Zeugen irgendwelche Zahlungen "schwarz" gefordert hat. Die Vernehmung der Zeugen hätte zu anderen Tatsachendarstellungen geführt, als sie von der Beklagten in unterschiedlichen Versionen dargestellt worden seien. Widersprüchliches Vorbringen führe zu Unbeachtlichkeit. Die Bekundungen der Zeugen seien auch weder hinreichend ergiebig, denn glaubwürdig. Die Glaubwürdigkeit des Zeugen P. K. unterläge schwersten Zweifeln. Insoweit sei ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung eingeleitet. Keiner der Zeugen hätte annähernd verständlich eine Antwort auf die Frage zu geben vermocht, weshalb man sich auf das Zahlungsverlangen des Klägers eingelassen habe, wenn nicht kalkulierbar gewesen sei, ob ein Gewinn abfiele. Die Zeugen seien auch unglaubwürdig, weil die Darstellung einer Tatsachenversion entspräche, welche die Zeugen vor ihrer Vernehmung der Beklagten nicht präsentiert hätten, sonst hätte die Beklagte im Prozessverlauf anders vorgetragen. Es sei weder der Beweis erbracht, dass die von der Beklagten vorgelegten Fakturierungsdokumente vom Kläger herrührten und auch nicht, dass irgendwelche Betriebsgeheimnisse oder know how verraten worden sei. Es könne beweisrechtlich auch nicht überzeugen, wenn sich das Gericht auf streitige Indizien stütze, die nicht Gegenstand der prozessförmlichen Überprüfung gewesen seien. Die vorgelegten Fakturierungsdokumente seien daher nicht vom Kläger herrührend anzusehen. Der Kläger habe die Zeugen auch nicht veranlasst, Beweismittel zu vernichten. Er habe sich wegen der internationalen Struktur des Sachverhaltes in schwieriger Situation befunden, Sachverhaltsaufklärung zu leisten. Das Gericht habe das Verhältnis von Ingenieurleistung im Bereich des Anlagenbaus zum verfahrenstechnischen know how verkannt. Die Fa. K & B habe große Erfahrungen in der Umsetzung von Projekten des Anlagenbaus. Insoweit sei das abgerechnete Honorar auch angemessen gewesen. Das Sich - bezahlen - lassen eines Hotelaufenthaltes in C. könne ihm - dem Kläger - nicht zu Last gelegt werden. Insoweit sei ihm - dem Kläger - im Hinblick auf ein vom ihm bezahltes Upgrade in Höhe von 1.500,- EUR wirtschaftlich nichts geschenkt worden. Die Annahme des Arbeitsgerichts, er - der Kläger - sei seinen Vermögensbetreuungspflichten nicht nachgekommen, sei nicht durch Tatsachen unterlegt. Ebenso leide die Interessenabwägung am Mangel fehlerhafter Tatsachenfindung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf den Schriftsatz vom 12.08.2004 (Bl. 362 -374 d. A.) sowie den Schriftsatz vom 11.11.2004 - sofern er keine neuen Tatsachen enthält - (Bl. 426 - 460 d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger hat zweitinstanzlich zuletzt beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 04.05.2004, Az.: 2 Ca 3212/03

1. wird festgestellt, dass das mit der Beklagten bestehende Arbeitsverhältnis des Klägers weder durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 29.10.2003 noch durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 12.12.2003 aufgelöst worden ist, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbesteht, und

2. wird die Beklagte ferner verurteilt, den Kläger zu unveränderten Bedingungen auf demselben Arbeitsplatz weiter zu beschäftigen;

3. sowie die Auflösung des Arbeitsverhältnisses unter Zahlung einer Abfindung.

Die Beklage hat,

Zurückweisung der Berufung

und Abweisung des Auflösungsantrages

beantragt.

Die Beklagte trägt vor, nach Abschluss der Aufgabe bei der Tochtergesellschaft sei der Kläger ab Mai 2003 wieder voll umfänglich seinen Aufgaben als Bereichsleiter Produktion und Technik in C-Stadt nachgekommen, wobei er bis Mitte Juni 2003 noch zusätzlich Restabwicklung- und Überwachungsaufgaben in M. wahrgenommen habe. Zu seinem Aufgabenbereich als Bereichsleiter Produktion und Technik in C-Stadt sei er von der Geschäftsleitung gebeten worden, den von ihm verantworteten Bereich auf mögliche Einsparungsmaßnahmen zu analysieren und entsprechende Vorschläge zu unterbreiten. Als Ergebnis dieser Überprüfung habe der Kläger unter anderem der Geschäftsleitung vorgeschlagen, die von ihm selbst wahrgenommene Funktion fallen zu lassen, da sie entbehrlich sei. Am 22.08.2003 habe der Kläger den Prokuristen Dr. D. aufgesucht und diesem angeboten, gegen entsprechende Abfindung sein Anstellungsverhältnis mit der Beklagten zu beenden. Er habe dies mit dem Eindruck begründet, die Geschäftsleitung sei mit seiner Arbeit nicht zufrieden, so dass er keine Zukunftschancen sehe. Das Angebot des Klägers sei abgelehnt worden, da er für eine Vertragsauflösung unannehmbare Bedingungen gestellt habe. Die ordentliche Kündigung des Klägers sei durch dessen Rundumschlag im Schreiben vom 16.09.2003 ausgelöst worden. Entscheidender Umstand der außerordentlichen Kündigung sei gewesen, dass man in der 43. KW des Jahres 2003 Hinweise aus der Tochtergesellschaft E. erhalten habe, es sei im Zeitraum 2002/2003 bei dieser Gesellschaft zu Unregelmäßigkeiten bei der Auftragsvergabe bzw. Rechnungsstellung gekommen. Die Geschäftsleitung habe sich daher entschlossen, die Zeugen S. und A. zur Überprüfung nach M. zu entsenden. Im Ergebnis wurde festgehalten, dass der Kläger neben anderen Mitarbeitern (Produktionsleiter, Einkäuferin, Instandhaltungsleiter) dringend verdächtig gewesen sei, während seiner Zeit als Generalmanager in M. Unterschlagungen oder ähnliche Straftaten im größeren Umfang begangen zu haben. Im Rahmen einer Analyse, der von den Verdächtigten an ihrem Arbeitsplatz im Betrieb und/oder Privat überlassenen betrieblich genutzten Computern, wurde einerseits festgestellt, dass der Kläger offensichtlich eine außereheliche Beziehung zu einer an seinem früheren Tätigkeitsort in M. , M. lebenden Frau unterhalten habe, der er am Tag seiner ordentlichen Kündigung per E-Mail mitgeteilt habe, er sei jetzt frei und es ihm gefalle, sowie, dass er die in der Betreffzeile als "die Frau, die ich sehr liebe" bezeichnet habe, bald besuchen wolle. Im Rahmen der weiteren Ermittlungen sei festgestellt worden, dass Kläger im Zeitraum März und April 2003 an die Fa. K & B in K. , bei der es sich um eine Tochtergesellschaft, der in Deutschland ansässigen Fa. K & B bzw. deren Gesellschafterin der Fa. K & B handele, die Lieferung von Plänen und Informationen für die Errichtung einer Tricalciumphosphatanlage für insgesamt mexikanische Peso 2.888.500,- aufgrund eines Angebots des Klägers vom 05.03.2003 in mehreren Teilbeträgen in Rechnung gestellt habe, unter Angabe der Adresse des Appartements, welches vom Kläger auf Kosten der Tochtergesellschaft genutzt worden sei und von der Fa. K & B insgesamt 179.000,- EUR zur Bezahlung dieser Rechnung auf das Konto des Klägers in M überwiesen erhalten habe. Zahlungsdatum sei der 17.04.2003 mit einem Betrag von 74.000,- EUR, der 28.04.2003 mit einem Betrag von 50.000,- EUR, der 02.06.2003 mit einem Betrag von 35.000,- EUR, der 29.07.2003 mit einem Betrag von 20.000,- EUR gewesen. Eine Restforderung von 62.629,10 EUR sei noch offen geblieben. Die Zeugen P. und M. K., die glaubwürdig seien, hätten sämtliche Fakt- und Verdachtsmomente, die gegenüber dem Kläger bestanden hätten voll umfassend bestätigt. Von einem Komplott gegenüber dem Kläger könne nicht ausgegangen werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungsbeantwortung wird auf den Schriftsatz vom 19.10.2004 (Bl. 400 - 413 d. A.) verwiesen, zugleich wird auf die Feststellungen der Sitzungsniederschrift des Landesarbeitsgericht vom 12.11.2004 (Bl. 461 - 464 d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Rechtsmittel der Berufung des Klägers ist gem. § 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i. V. m. §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt, sowie begründet worden. Sie ist somit zulässig.

II.

Das Rechtsmittel des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht ist im angefochtenen Urteil zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass das mit dem Kläger seit 01.01.1988 bestehende Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 12.12.2003 beendet wurde (hierzu unter 1). Einer Entscheidung über die ausgesprochene ordentliche Kündigung bedurfte es nicht. Der Auflösungsantrag des Klägers ist nicht begründet (hierzu unter 5).

Um Wiederholungen zu vermeiden, nimmt die Kammer gem. § 69 Abs. 2 ArbGG auf den diesbezüglich begründenden Teil des angefochtenen Urteils Bezug, stellt dies ausdrücklich fest und sieht unter Übernahme der Entscheidungsgründe hier von einer weiteren Darstellung ab. Die Angriffe der Berufung und die Feststellungen der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer geben lediglich zu folgenden Ergänzungen Anlass:

1.

Soweit die Berufung die Auslegung des § 13 des Dienstvertrages durch das Arbeitsgericht mit der Begründung beanstandet, der arbeitsvertragliche Regelungstext sei als Fließtext ausgestaltet und unter dieser Gestaltung auszulegen, sowie, dass die Angabe des Kündigungsgrundes nach Sinn und Zweck für alle Kündigungen gelten sollte - anderes sei teleologisch widersinnig -, hält die Berufungskammer zunächst dagegen, dass die Grundsätze der §§ 133, 157 BGB zur Auslegung von Arbeitsvertragsklauseln gelten, wobei prinzipielle Abweichungen zum allgemeinen Privatrecht nicht gerechtfertigt sind (vgl. hierzu Preis, Erfurter Kommentar, 4. Auflage, BGB 230, § 611 Rz 470). Das vom Arbeitsgericht gefundene Auslegungsergebnis, die Angabe von Kündigungsgründen erfasse nur eine ordentliche Kündigung (Seite 19 des Urteils = Bl. 203 d. A.), ist vor diesem rechtlichen Hintergrund nicht zu beanstanden. Die Arbeitsvertragsparteien haben sich gerade mit der Formulierung: "Das beiderseitige Recht zur außerordentlichen Kündigung auch (gemeint: aus) wichtigem Grund bleibt unberührt" von dem für die ordentliche Kündigung zuvor auferlegten "Formzwang" gelöst. Hierfür spricht auch, dass § 626 Abs. 2 S. 3 BGB die Regelung enthält, wonach der Kündigende dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich mitteilen müsse. Von daher bedurfte es hinsichtlich der Angabe eines Grundes für die außerordentliche Kündigung gerade keiner ausdrücklichen Regelung des vom Kläger gesehenen Formzwangs. Anders liegt es bei einer sozialwidrigen Kündigung, wo die Mitteilung der Kündigungsgründe an den Arbeitnehmer nicht erforderlich ist (vgl. Ascheid, Erfurter Kommentar, aaO, Kündigungsschutzgesetz 430, § 1 Rz 112 m. w. N.). Für diese Kündigungsart kann eine abweichende Vereinbarung hinsichtlich der Angabe des Kündigungsgrundes getroffen werden und ist auch nur getroffen worden. Offenbleiben kann daher, ob es sich bei der vereinbarten Schriftform für die Angabe des Kündigungsgrundes um eine Wirksamkeitsvoraussetzung (konstitutive Schriftform) oder nur um eine Beweiserleichterung handelt (deklaratorische Schriftform) (vgl. hierzu DLW-Dörner, Handbuch Arbeitsrecht, 3. Auflage D45 ff).

2.

Soweit die Berufung beanstandet, der Kläger sei kein leitender Angestellter im betriebsverfassungsrechtlichen Sinne und insoweit eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung bestreitet, kann dem ebenfalls nicht gefolgt werden. Das Arbeitsgericht hat hierzu u. a. festgestellt (Seite 20 des Urteils = Bl. 303 d. A.), der Kläger habe selbst vorgetragen, leitender Angestellter im Sinne des BetrVG zu sein. Genaue Gründe, die ein Abrücken von dieser rechtlichen Einschätzung rechtfertigen, sind im Berufungsverfahren nicht auszumachen. Richtig ist, dass leitende Angestellte zu Arbeitnehmern im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes zählen und das Gesetz nach § 5 Abs. 3 S. 1 BetrVG auf sie aber nur anzuwenden ist, soweit dies ausdrücklich bestimmt ist. Ihre grundsätzliche Ausgrenzung aus dem Anwendungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes entspricht dem Interessengegensatz zwischen Arbeitgeber und der durch den Betriebsrat repräsentierten Belegschaft (vgl. Eisemann, Erfurter Kommentar, aaO, BetrVG 210 § 5 Rz 30). Wer wegen seiner Tätigkeit oder Bedeutung seiner Funktion der Unternehmungsleitung nahe steht, soll der Einwirkung eines Betriebsrates entzogen sein (vgl. BAG Urteil vom 16.04.2002, AP-Nr.:69 zu § 5 BetrVG, 1972).

Ein Kläger, der eine günstige Rechtfolge aus einer Norm ableitet, muss nach Meinung der Berufungskammer die Anwendbarkeitsvoraussetzungen der entsprechenden Vorschrift darlegen und ggf. beweisen (vgl. Preis, Großkommentar zum Kündigungsrecht, Grundlagen J75 mit Hinweisen auf die Rosenberg'sche Normentheorie). Hinsichtlich der Einhaltung des Anhörungsverfahrens § 102 Abs. 1 BetrVG liegt die Darlegungs- und Beweislast beim Arbeitgeber (vgl. BAG Urteil vom 19.08.1975 = AP-Nr. 5 zu § 102 BetrVG 1972). Im Detail schlüssige Darlegungen des Arbeitgebers muss der Arbeitnehmer allerdings substantiiert bestreiten (vgl. BAG Urteil vom 16.03.2000, NZA 2000,1332). Zu den Anwendbarkeitsvoraussetzungen für § 102 BetrVG verlegt sich die Berufung auf die bloße Negation des Status Klägers. Dies ist unzureichend.

Selbst wenn man die Darlegungs- und Beweislast wegen der Einhaltung des Anhörverfahrens auch auf die Statusfrage erstreckte und diese dem Arbeitgeber auflegen würde, wäre er dieser in seinem Berufungsvortrag (Bl. 402 d. A.) so ausreichend nachgekommen, dass zumindest der Schluss auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 BetrVG möglich ist. Die Beklagte hat nämlich ausgeführt, dass der Kläger seit 01.01.1988 zunächst als Betriebsleiter (Leiter eines Produktionsbetriebs/einer Produktionsgruppe) tätig war und er nach ab dem 01.04.1992 erfolgter Wahrnehmung der Funktion des Betriebsproduktionsleiters in C-Stadt seit dem 01.01.2000 nach einer Neustrukturierung der Unternehmungsorganisation als Bereichsleiter Produktion und Technik tätig gewesen sei. Zum Aufgabenbereich des Klägers gehörte auch die Produktion in den von der Beklagten betriebenen Calciumphosphatbetrieben. Dessen Tätigkeit beinhaltete seine teilweise Mitwirkung an der Weiterentwicklung der Anlagentechnologie in den entsprechenden Teams der Beklagten. Damit können die gesetzlichen Vorgaben für die Annahme eines Status eines leitenden Angestellten durchaus als erfüllt angesehen werden, denn nach § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG sind leitende Angestellte Personen, die Aufgaben wahrnehmen, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebes von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrung und Kenntnis voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im wesentlichen frei von Weisungen trifft, oder sie maßgeblich beeinflusst; dies kann auch bei Vorgaben insbesondere aufgrund von Rechtsvorschriften, Plänen oder Richtlinien, sowie bei Zusammenarbeit mit anderen leitenden Angestellten gegeben sein. Nach der "im Zweifel-Regel" des § 5 Abs. 4 Nr. 4 BetrVG gilt, dass im Zweifel leitender Angestellter nach Abs. 3 ist, wenn ein regelmäßiges Jahresentgelt bezogen wird, dass das Dreifache der Bezugsgrößen nach § 18 des IV. Buches des Sozialgesetzbuches überschreitet. Nach dem nicht qualifiziert bestrittenen Tätigkeitsfeld, das die Beklagte in Beantwortung der Berufung vorgetragen hat, ist davon auszugehen, dass der Kläger in seiner langjährigen Tätigkeit zuletzt als Bereichsleiter für Produktion und Technik maßgeblich auf Bestand und Entwicklung des Unternehmens eingewirkt hat. Seine fachliche Kompetenz hat man auch benutzt, um die Errichtung einer neuen Tricalciumphosphatanlage bei der Tochtergesellschaft der Beklagten in M fachlich zu beaufsichtigen.

Es kommt hinzu, dass die Bezugsgröße nach der in der "Im - Zweifel - Regel" ausgesprochenen Vorschrift des § 18 SGB V 85.680,- € beträgt. Dieser Wert wird nach den Angaben des Klägers durchaus erreicht. Auch dies spricht für den betriebsverfassungsrechtlichen Status des Klägers als leitenden Angestellten.

Dessen ungeachtet hat die Beklagte den Betriebsrat mit Schreiben vom 11.12.2003 vor Ausspruch der außerordentlichen Kündigung vorsorglich angehört (Bl. 106 d. A.). Unter dem von der Rechtssprechung des BAG herausgearbeiteten Aspekt der subjektiven Determination (BAG 15.11.1995=AP Nr. 73 zu § 102 BetrVG 1972=NZA 1996, 419) kann die Angabe, dass der Kläger "nachweisbar vorab von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen in einem besonders schweren Fall aus Eigennutz gegen Bezahlung von 179.000,- € begangen hat " genügen.

3.

Soweit die Berufung wegen Zweifeln an der Richtigkeit und Vollständigkeit entscheidungserheblicher Feststellungen durch das Arbeitsgericht eine erneute Feststellung nach § 529 Abs. 1 ZPO für geboten hält und insbesondere Sachstand, Streitstand, Erheblichkeit und Glaubwürdigkeit der erstinstanzlich vernommenen Zeugen K beanstandet, sowie insbesondere auch die Feststellung, dass das Arbeitsgericht den Aussagen der Zeugen eine Tatsache entnommen habe, welche von der Beklagten nicht vorgetragen gewesen sei, vermag dem die Berufungskammer auch angesichts der weiteren gründlichen Ausführungen der Berufung nicht zu folgen.

Richtig ist der Ansatz, dass § 286 ZPO nicht bedeute, die Beweiswürdigung sei beliebig. Gleichwohl ist der Tatrichter bei einem auf Indizien gestützten Beweis grundsätzlich frei, welche Beweiskraft er den Indizien im einzelnen und in einer Gesamtschau für seine Überzeugungsbildung beimisst (vgl. BGH Urteil vom 22.01.1991 - VI ZR 97/90 = VersR 1991, 566; BGH, Urteile vom 14.01.1993 - IX ZR 238/91 = NJW 1993, 935; BGH Urteil vom 13.07.2004 - VI ZR 136/03; Musielak/Ball, ZPO, 3. Auflage, § 546 Rn. 9; Zöller/Gummer, ZPO 24. Auflage, § 546 ZPO Rn 13). Er stellt die den Indizien zukommenden Wahrscheinlichkeitsgrade und somit die sich daraus ergebenden Schlussfolgerungen fest und unterliegt dabei - abgesehen von den allgemeinen Beweisverwertungsverboten - keinen rechtlichen Einschränkungen für die Berücksichtigung von Tatsachen, die eine häufigere Wahrscheinlichkeit für die eigentlich zu beweisende Haupttatsache aufweisen und damit eine Indizwirkung entfalten können (vgl. Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Auflage, § 284 ZPO Rn 19).

Diesen Anforderungen genügt das arbeitsgerichtliche Urteil. Das Arbeitsgericht hat aus der Vernehmung der Zeugen P. und M. K. die Überzeugung gewonnen, dass der Kläger im Zusammenhang mit der Errichtung der neuen Anlage bei der Tochterfirma der Beklagten in M. "schwarz" eine Zahlung an sich selbst als Privatperson in Höhe von 250.000,- EUR verlangt habe. Der Zeuge P. K. hat zudem bekundet, dass der Kläger die - die Zeugen - aufgefordert habe, alle verdächtigen Unterlagen zu vernichten und ferner, dass Zahlungen in einem in einer E-Mail enthaltenen Umfang erfolgt seien. Diese Aussage hat sich die Beklagte spätestens in der Berufung zu eigen gemacht, in dem sie neben weiteren Indizien für ein Abwenden des Klägers von der Beklagten - eine E-mail über eine außereheliche Beziehung, Mitteilungen des Klägers am Tag der ordentlichen Kündigung an "die Frau, die ich sehr liebe" und unannehmbare Auflösungsbedingungen - vorgetragen hat; außerdem, dass der Kläger im Zeitraum von März bis April 2003 an die Firma K. und B-A in Kroatien gegen Lieferung von Plänen 888.500 Millionen Pesos in Rechnung gestellt und diesen Betrag erhalten habe. Dass der als bewiesen angesehene Sachverhalt den Schluss auf eine schwere abmahnungsfreie und zu einer außerordentlichen Kündigung führende Arbeitsvertragsverletzung zulässt, steht auch für die Berufungskammer außer Zweifel. Neuer erheblicher Tatsachenvortrag, der zu einer anderen Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Zeugen K. führen könnte, ist nach Auffassung der Berufungskammer nicht auszumachen. Die Berufung gelangt hier lediglich zu einer abweichenden Beweiswürdigung. Das Arbeitsgericht hat sich insoweit mit dem Tatsachenvortrag der Parteien und den Beweisergebnissen eingehend und widerspruchsfrei auseinander gesetzt. Die Gründe, die es bei der Beweiswürdigung geleitet haben, hat es im Urteil nachvollziehbar dargelegt. Was ihm unerheblich erscheint, braucht das Arbeitsgericht nicht ausdrücklich zu erörtern (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 53. Auflage, § 286 Rz 21, m w. N.). Geht man - wofür nach dem Stand des Berufungsverfahrens vieles spricht - statt von Indizien für eine schwere Arbeitsvertragsverletzung von der Hauptsache einer schweren, zumindest ansehensverletzenden Pflichtverletzung des Klägers aus, komme es im Übrigen auf die Rechtsauffassung des Klägers zur Ambivalenz von Hilfstatsachen nicht an.

4.

Neue Tatsachen im Schriftsatz vom 11.11.2004 waren nach Meinung der Berufungskammer gem. § 539 Abs. 2 ZPO nicht mehr zu berücksichtigen. Nach dieser Vorschrift sind neue Angriffs- und Verteidigungsmittel nur zuzulassen, wenn sie einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist, und infolge eines Verfahrens mangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht. Feststellungen dazu, dass der im vorerwähnten Schriftsatz enthaltene neue Sachvortrag nicht bereits hätte früher vorgetragen werden können, waren der Berufungskammer nicht möglich. Sie sind auch dem Inhalt des Schriftsatzes selbst nicht zu entnehmen. Der zeitliche Ablauf, die teils unstreitigen, die teils nachgewiesenen Behauptungen der Beklagten rechtfertigen auch nach Meinung der Berufungskammer den Schluss, dass der Kläger ein neues Tätigkeitsfeld und sich auf Kosten der Beklagten zu bereichern suchte. Dies wird gerade auch aus der irrrational anmutenden Verhaltensweise des Klägers deutlich, dass er selbst als Ergebnis seiner Überprüfung von Einsparungsmaßnahmen sich persönlich als entbehrlich bezeichnet hat und in diesem Zusammenhang für die Beklagte unannehmbare Abfindungsforderungen gestellt hat.

5.

Der Auflösungsantrag des Klägers ist unbegründet. Er hätte nach § 13 Abs. 1 S. 3 KSchG zur Voraussetzung, dass das Gericht zur Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung gelangt wäre. Dies jedoch ist mit den vorgenannten Feststellungen nicht der Fall.

III

Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Der klageerweiternde Auflösungsantrag war abzuweisen. Für die Zulassung der Revision bestand angesichts der gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs.

Ende der Entscheidung

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