Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 30.01.2008
Aktenzeichen: 8 Sa 586/07
Rechtsgebiete: SGB V, ArbGG, BGB, EFGZ


Vorschriften:

SGB V § 51
ArbGG § 69 Abs. 2
BGB § 288 Abs. 1
BGB § 291
BGB § 297
BGB § 611 Abs. 1
BGB § 612 Abs. 2
BGB § 812 Abs. 1
BGB § 818 Abs. 2
ZPO § 138 Abs. 3
ZPO § 717 Abs. 2
ZPO § 717 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 717 Abs. 2 Satz 2 2. HS
EFGZ § 3 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 31.5.2007, Az.: 6 Ca 102/07, wie folgt abgeändert:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger wird verurteilt, an die Beklagte 9.677,42 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

aus 677,42 € ab dem 1.11.2006,

aus weiteren 3.000,- € ab dem 1.12.2006,

aus weiteren 3.000,- € ab dem 1.1.2007,

und aus weiteren 3.000,- € ab dem 1.2.2007

zu zahlen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über Arbeitsvergütungs- und Entgeltfortzahlungsansprüche des Klägers.

Der Kläger war seit November 1989 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin zunächst als Fluggerätemechaniker und seit April 1991 als Prüfer für Luftfahrtgerät Klasse 1 beschäftigt. Seine vertragsgemäße Arbeitsvergütung belief sich zuletzt auf 3.000,00 Euro brutto monatlich.

Am 14.09.2005 hatte der Kläger in einer Sauna einen schweren Unfall; hierbei erlitt er schwerste Verbrennungen und ein schweres Hirnsyndrom. Nach einem Aufenthalt in einer Klinik wurde er von dort am 30.11.2005 als arbeitsunfähig entlassen. Ab Dezember 2005 unternahm er bei der Beklagten einen (so die Behauptung des Klägers) bzw. mehrere (so die Behauptung der Beklagten) Arbeitsversuche, die am 14.06.2006 abgebrochen wurden.

Am 30.04.2006 erfolgte eine sozialmedizinische Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Rheinland-Pfalz, die folgende Feststellungen beinhaltet:

"Entsprechend der psychologischen Testung vom 13.3.2006 sind auch nach der Rehabilitation deutliche neuropsychologische Defizite vorhanden, die Ausführung der o. gen. hochverantwortlichen Tätigkeit ist damit nicht möglich. Eine Besserung ist nicht in Aussicht.

Somit ist die von der Rehaklinik vorgeschlagene stufenweise WE nicht umsetzbar, die medizinischen Voraussetzungen des § 51 SGB V liegen bei geminderter Erwerbsfähigkeit des Pat. weiter vor. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sollten geprüft werden."

Wegen des weiteren Inhalts dieser sozialmedizinischen Stellungnahme wird auf Blatt 120 d.A. Bezug genommen.

In der Zeit vom 13.09.2006 bis zum 24.10.2006 unterzog sich der Kläger einer Rehabilitationsmaßnahme in Ulm. Eine medizinische Stellungnahme seitens der Reha-Klinik erhielt der Kläger bei Abschluss dieser Maßnahme nicht. Auf Nachfrage des Instituts für Betriebs- und Flugmedizin (IBF) wurde diesem Ende November 2006 das Ergebnis der Reha-Maßnahme mitgeteilt. Dieses Ergebnis hat das IBF in einem Bericht vom 10.12.2006, hinsichtlich dessen Inhalts im Einzelnen auf Blatt 108 f. der Akte Bezug genommen wird, zusammengefasst. Der betreffende Bericht enthält u.a. folgende Ausführungen:

"Herr C. soll keine Arbeiten verrichten, bei denen Konzentration und Reaktionsvermögen unabdingbar sind. Verantwortung für Personen und Maschinen, Überwachung, Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge und Simultankapazitätsbelastungen sind nicht zumutbar. Nach meinem Dafürhalten ist zur Zeit ein Einsatz als Prüfer Luftfahrtgerät nicht möglich."

In der Zeit vom 25.10.2006 bis 19.12.2006 verrichtete der Kläger bei der Beklagten Tätigkeiten, wobei die diesbezüglichen Einzelheiten zwischen den Parteien streitig sind.

Mit Schreiben vom 28.11.2006 beantragte der Kläger die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Diese Leistungen wurden mit Bescheid der Deutschen Rentenversicherung vom 06.12.2006 dem Grunde nach bewilligt.

Am 19.12.2006 erlitt der Kläger - nach seiner Behauptung - einen Arbeitsunfall, indem er sich beim Öffnen eines Hallentores den linken Fuß einklemmte. Ein Durchgangsarztbericht vom 21.12.2006 attestiert dem Kläger eine "Grundgliedfraktur der Kleinzehe". Darüber hinaus enthält der betreffende Bericht den Vermerk: "voraussichtlich wieder arbeitsfähig ab 16.01.2007".

Am 16.01.2007 bot der Kläger der Beklagten seine Arbeitskraft an. Die Beklagte lehnte dieses Angebot ab.

Mit seiner am 14.02.2007 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat der Kläger gegenüber der Beklagten Arbeitsvergütungs- bzw. Entgeltfortzahlungsansprüche für die Zeit vom 25.10.2006 bis einschließlich 31.01.2007 geltend gemacht.

Der Kläger hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, er habe in der Zeit vom 25.10. bis 19.12.2006 seine arbeitsvertraglichen Pflichten in vollem Umfang erfüllt. So habe er beispielsweise die LTA-Datenbank der Beklagten wieder neu aufgebaut. Aufgrund eines Absturzes des PC's seien alle Daten dieser Datenbank verloren gegangen. Er habe den Datenbestand wieder hergestellt und dabei die Datenbank aktualisiert. Des Weiteren habe er in dem betreffenden Zeitraum zwei Fluggeräte geprüft. Letztlich seien von ihm, wie dies auch sonst der Fall gewesen sei, die Wareneingänge bearbeitet worden. Er sei arbeitsfähig. Die Arbeit als Prüfer von Luftfahrtgerät könne er ausüben.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 9.677,42 € brutto zuzüglich Jahreszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 677,42 € ab dem 01.11.2006, weiteren 3.000,-- € ab dem 01.12.2006, weiteren 3.000,-- € ab dem 01.01.2007 und weiteren 3.000,-- € ab dem 01.02.2007 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, in der Zeit vom 25.10. bis 19.12.2006 habe der Kläger einen erneuten Arbeitsversuch unternommen, der jedoch fehlgeschlagen sei. Keinesfalls habe der Kläger in diesem Zeitraum seine vertragsgemäße Arbeit ausgeführt. Eine Arbeitsaufnahme sei dem Kläger aus gesundheitlichen Gründen überhaupt nicht möglich gewesen. Sie - die Beklagte - habe lediglich unter dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht die Durchführung eines Arbeitsversuches gestattet. Es sei ihr kraft Gesetzes untersagt, ein Angebot des Klägers auf Ausführung der vertraglich vereinbarten Tätigkeit anzunehmen. Darüber hinaus würde sie sich strafrechtlicher Verantwortlichkeit aussetzen, wenn sie den Kläger als Prüfer von Luftfahrtgerät einsetze, weil damit Gefahr für Leib und Leben Dritter begründet würde.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 31.05.2007 stattgegeben. Zur Darstellung der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 5 f. dieses Urteils (= Bl. 45 f. d.A.) verwiesen.

Gegen das ihr am 25.07.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am Montag, dem 27.08.2007 Berufung eingelegt und diese am 24.09.2007 begründet.

Die Beklagte macht im Wesentlichen geltend, das Arbeitsgericht sei bei seiner Entscheidung von der unzutreffenden Annahme ausgegangen, dass der Kläger in der Zeit vom 25.10. bis 19.12.2006 seine arbeitsvertraglichen Verpflichtungen erfüllt habe. Hierzu sei der Kläger aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen. Soweit das Arbeitsgericht in seiner Urteilsbegründung ausführe, dass der Kläger unstreitig aus der Reha-Maßnahme als arbeitsfähig entlassen worden sei, so sei dies nicht durch den Sachvortrag der Parteien gedeckt. Nicht nachvollziehbar sei auch die Annahme des Arbeitsgerichts, dass der Kläger habe davon ausgehen können, dass sie - die Beklagte - seine Arbeitsleistung angenommen habe. Bei richtiger Bewertung aller Umstände ergebe sich vielmehr, dass für beide Parteien festgestanden habe, dass der Kläger lediglich einen weiteren Arbeitsversuch beginne und keine entgeltliche Tätigkeit ausübe. Zwar sei keine Absprache mit der Krankenkasse getroffen worden, jedoch habe sie davon ausgehen können, dass aufgrund der vorgenannten genehmigten Arbeitsversuche zumindest bis zum Eingang einer medizinischen Stellungnahme betreffend das Ergebnis der Reha-Maßnahme lediglich ein Arbeitsversuch unternommen werde. Die Unfähigkeit des Klägers, seine Tätigkeit als Prüfer auszuüben, ergebe sich aus sämtlichen medizinischen Stellungnahmen. Der Kläger habe im maßgeblichen Zeitraum während seiner Anwesenheit im Betrieb keine Flugzeuge abgenommen. Er habe keiner Weisung bezüglich Arbeitszeit und auszuführender Tätigkeit unterlegen. Er sei lediglich unregelmäßig und nach eigenem Gutdünken im Betrieb erschienen. Auch sei er ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass er keine verantwortliche Tätigkeit und keine Prüfungen durchführen dürfe. Im Übrigen habe der Kläger erstmals mit Erhebung der Zahlungsklage behauptet, seinen arbeitsvertraglichen Verpflichtungen nachkommen zu können und die Prüftätigkeit ausgeübt zu haben. Der Kläger habe somit weder Anspruch auf Zahlung von Arbeitsvergütung für die Zeit vom 25.10. bis 19.12.2006 noch habe er einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung für die Zeit vom 20.12.2006 bis zum 16.01.2007. Letztlich könne er auch keine Ansprüche aus Annahmeverzug herleiten. Da sie - die Beklagte - den erstinstanzlich titulierten Zahlungsverpflichtungen zur Abwendung der Zwangsvollstreckung nachgekommen sei (dies ist zwischen den Parteien unstreitig), sei der Kläger zur Rückzahlung des betreffenden Betrages verpflichtet.

Die Beklagte beantragt:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens, Az. 6 Ca 102/07 wird abgeändert

2. Die Klage wird abgewiesen.

3. Der Kläger wird verurteilt, an die Beklagte € 9.677,42 brutto zzgl. Jahreszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus € 677,42 ab dem 01.11.2006, weiteren € 3.000,00 ab dem 01.12.2006, weiteren € 3.000,00 ab dem 01.01.2007 und weiteren € 3.000,00 ab dem 01.02.2007 zu zahlen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil und macht im Wesentlichen geltend, entgegen der Behauptung der Beklagten sei er im Anschluss an die in der Zeit vom 13.09. bis 24.10.2006 durchgeführte Reha-Maßnahme arbeitsfähig gewesen. Er sei aus dem Reha-Krankenhaus als arbeitsfähig entlassen worden. Am 25.10.2006 habe er seine frühere Tätigkeit bei der Beklagten auf der Grundlage des bestehenden Arbeitsvertrages wieder aufgenommen, wobei er seinen vertraglichen Verpflichtungen in vollem Umfang nachgekommen sei. Die entgegenstehenden Behauptungen der Beklagten seien unsubstantiiert. Die Beklagte sei bezüglich ihrer Behauptung, er sei nicht in der Lage, seine vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen, ihrer Darlegungslast nicht nachgekommen. Von einem "fehlgeschlagenen Arbeitsversuch" könne keine Rede sein. Soweit sich die Beklagte auf - längst überholte - ärztliche Gutachten und Stellungnahme stütze, so seien diese nicht geeignet, den insoweit erforderlichen Sachvortrag zu ersetzen.

Von einer weitergehenden Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils sowie auf die von den Parteien im Berufungsverfahren zu den Akten gereichten Schriftsätze.

Entscheidungsgründe:

I. Die statthafte Berufung ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das hiernach insgesamt zulässige Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.

II. Die Zahlungsklage des Klägers ist nicht begründet.

1.

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von Arbeitsvergütung für die Zeit vom 25.10. bis 19.12.2006.

a) Ein Anspruch des Klägers aus § 611 Abs. 1 BGB ist nicht gegeben.

Dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Zahlung von Arbeitsvergütung nach § 611 Abs. 1 BGB steht entgegen, dass er im maßgeblichen Zeitraum (25.10. - 19.12.2006) nicht in der Lage war, seine ihm gegenüber der Beklagten obliegende Arbeitspflicht zu erfüllen. Die Erbringung der vertragsgemäßen Tätigkeit als Prüfer für Luftfahrtgerät war ihm vielmehr aus gesundheitlichen Gründen unmöglich mit der Folge, dass ein Anspruch auf Arbeitsentgelt entfallen ist (§ 326 Abs. 1 BGB). Der Kläger war über den 24.10.2006 hinaus arbeitsunfähig, d.h. er war infolge Krankheit außerstande, seine vertragliche geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen.

Die Darlegungs- und Beweislast für das Unvermögen des Arbeitnehmers, seine vertragsgemäße Tätigkeit zu erbringen, trägt der Arbeitgeber. Da er über den Gesundheitszustand des Arbeitnehmers regelmäßig keine näheren Kenntnisse hat, können an seinen Vortrag zum Leistungsunvermögen jedoch keine hohen Anforderungen gestellt werden. Es genügt, wenn er Indizien vorträgt, aus denen auf Arbeitsunfähigkeit geschlossen werden kann. In Betracht kommen dabei insbesondere zeitlich unmittelbar vorangehende Krankheitszeiten des Arbeitnehmers. Hat der Arbeitgeber solche Indizien vorgetragen, so ist es Sache des Arbeitnehmers, die Indizwirkung zu erschüttern. Der Arbeitnehmer muss dartun, warum aus dem Vortrag des Arbeitgebers nicht auf Leistungsunvermögen geschlossen werden kann (§ 138 Abs. 2 ZPO). Er kann etwa darlegen, warum die zugrundeliegenden Erkrankungen keine Aussagekraft mehr haben, oder konkrete Umstände für eine Ausheilung von Krankheiten bzw. ein Abklingen der Beschwerden vortragen. Naheliegend ist es, die behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden. Der Arbeitgeber ist dann für die Leistungsunfähigkeit beweispflichtig. Er kann sich auf das Zeugnis der den Arbeitnehmer behandelnden Ärzte und auf ein Sachverständigengutachten berufen. Trägt der Arbeitnehmer dagegen nichts vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, so gilt die Behauptung des Arbeitgebers, der Arbeitnehmer sei nach wie vor leistungsunfähig gewesen, gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden (BAG v. 05.11.2003 - 5 AZR 562/02 -).

Im Streitfall hat die Beklagte eine Vielzahl vom Kläger nicht bestrittener Indizien vorgetragen, aus denen geschlossen werden kann, dass der Kläger über dem 24.10.2006 hinaus arbeitsunfähig war. Nach dem Inhalt der sozialmedizinischen Stellungnahme des MDK vom 30.04.2006 lagen beim Kläger auch noch nach einem Zeitraum von über sieben Monaten nach seinem schweren Unfall erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen vor, die einer Ausübung seiner Tätigkeit als Prüfer von Luftfahrtgerät entgegenstanden. Eine Besserung des Gesundheitszustandes war ausweislich dieser Stellungnahme "nicht in Aussicht" und eine stufenweise Wiedereingliederung somit "nicht umsetzbar". Nicht bestritten hat der Kläger das Vorbringen der Beklagten, wonach der Bericht des Instituts für Betriebs- und Flugmedizin vom 10.12.2006 das Ergebnis der vom 13.09. bis 24.10.2006 durchgeführten Rehabilitationsmaßnahme wiedergibt. Nach dem Inhalt dieses Berichts war auch nach Abschluss der Reha-Maßnahme ein Einsatz des Klägers als Prüfer von Luftfahrtgerät nicht möglich. In dieses Bild passt auch - wenn auch vorliegend nicht von ausschlaggebender Bedeutung -, dass der Kläger am 28.11.2006 einen Antrag auf Teilhabe am Arbeitsleben gestellt hat und ihm diese mit Bescheid der Deutschen Rentenversicherung vom 06.12.2006 dem Grunde nach bewilligt wurde. Letztlich ist der Kläger auch nach dem Inhalt des Schreibens der Z Krankenkasse vom 08.02.2007, hinsichtlich dessen Einzelheiten auf Blatt 121 d.A. Bezug genommen wird, aufgrund seiner Erkrankung nicht in der Lage, seine zuvor ausgeübte Tätigkeit, also diejenige eines Prüfers für Luftfahrtgerät, auszuüben.

In Ansehung all dieser Indizien, die für ein Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit des Klägers sprechen, erweisen sich die pauschalen Behauptungen des Klägers, er sei arbeitsfähig, es lägen keinerlei gesundheitliche Einschränkungen mehr vor und er sei aus der Reha-Klinik als arbeitsfähig entlassen worden, als unsubstantiiert und unzureichend. Entsprechendes gilt für seine Behauptung, die Beklagte stütze sich im Wesentlichen nur auf längst überholte ärztliche Gutachten und Stellungnahmen. Es wäre insoweit Sache des Klägers gewesen, darzulegen, warum die betreffenden Indizien keine Aussagekraft hinsichtlich einer fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit haben, oder konkrete Umstände für eine Ausheilung seiner Erkrankung bzw. ein Abklingen der Beschwerden vortragen. All dies hat der Kläger nicht getan. Er hat auch nicht die ihn behandelnden Ärzte von ihrer Schweigepflicht entbunden.

Auch aus dem Vorbringen des Klägers hinsichtlich der von ihm in der Zeit vom 25.10. bis 19.12.2006 bei der Beklagten ausgeübten Tätigkeiten lässt sich nichts herleiten, was der durch die o.g. Indizien gestützten Annahme einer fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit entgegenstehen könnte. Dabei kann offen bleiben, ob die Behauptung des Klägers zutrifft, er habe in dieser Zeit zwei Fluggeräte überprüft. Allerdings hat der Kläger in einem zwischen den Parteien geführten Parallelrechtsstreit, wie sich aus einem Sitzungsprotokoll vom 10.01.2008 (Bl. 179 d.A.) ergibt, selbst erklärt, dass ihm seitens eines der beiden Geschäftsführer der Beklagten nach Beendigung der Reha-Maßnahme im Oktober 2006 untersagt worden sei, Flugzeuge zu prüfen. Aus dem Umstand, dass der Kläger - unter Zugrundelegung seines Vorbringens - in einem Zeitraum von fast zwei Monaten zwei Fluggeräte einer Überprüfung unterzogen hat, ergibt sich noch nicht, dass er in der Lage war, die ihm arbeitsvertraglich obliegende Tätigkeit (Prüfer von Luftfahrtgerät Klasse 1) zu erfüllen. In Ansehung der in der sozialmedizinischen Stellungnahme des MDK vom 30.04.2006 bezeichneten gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers ("deutliche neuropsychologische Defizite") erscheint es äußerst zweifelhaft, ob vom Kläger eine verlässliche und ordnungsgemäße Prüfung erwartet werden konnte. Es ist auch nicht vorgetragen oder ersichtlich, welchen zeitlichen Umfang die beiden vom Kläger behaupteten Prüfungen im Gesamtzeitraum von fast zwei Monaten eingenommen haben. Insgesamt ergibt sich aus dem diesbezüglichen Vorbringen des Klägers nicht, dass er - trotz der entgegenstehenden Indizien - in der Lage war, die hochverantwortungsvollen Aufgaben eines Prüfers von Luftfahrtgerät noch mit mittlerer Art und Güte zu erfüllen. Unerheblich ist, ob der Kläger - wie schon in der Zeit vor seinem Unfall vom 14.09.2005 - bei der Beklagten Wareneingänge bearbeitet hat. Die Ausübung dieser Tätigkeit lässt keine Rückschlüsse darauf zu, ob der Kläger seine eigentliche Aufgabe (Prüfer von Luftfahrtgerät) erfüllen konnte. Entsprechendes gilt hinsichtlich der vom Kläger (wohl unstreitig) durchgeführten Wiederherstellung einer Datenbank, wobei ohnehin weder vorgetragen noch ersichtlich ist, dass es sich hierbei überhaupt um eine arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit handelte.

b) Der Kläger hat gegen die Beklagte - bezogen auf den Zeitraum vom 25.10. bis 19.12.2006 - auch keinen Zahlungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (§§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 2 BGB).

Dabei kann offen bleiben, ob die Voraussetzungen des § 812 Abs. 1 BGB vorliegend erfüllt sind. Der geltend gemachte Zahlungsanspruch scheitert nämlich jedenfalls daran, dass der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kläger keine ausreichenden Tatsachen vorgetragen und unter Beweis gestellt hat, aus denen sich die Höhe einer etwaigen, nach § 818 Abs. 2 BGB im Wege des Wertersatzes auszugleichenden ungerechtfertigten Bereicherung herleiten lässt. So fehlt es bereits hinsichtlich des zeitlichen Umfangs der erbrachten Tätigkeit an einem substantiierten Tatsachenvortrag sowie an jeglichem Beweisangebot. Im Hinblick darauf, dass die Beklagte vorgetragen hat, der Kläger sei lediglich unregelmäßig und nach eigenem Gutdünken im Betrieb erschienen, wäre es Sache gewesen, darzulegen und unter Beweis zu stellen, wann er seine Tätigkeit an den einzelnen Tagen im Zeitraum vom 25.10. bsi 19.12.2006 jeweils begonnen hat, welche Pausen er eingelegt hat und wann diese Tätigkeit jeweils endete. Die pauschale Behauptung, er sei seinen vertraglichen Pflichten in vollem Umfang nachgekommen, erweist sich zur Feststellung der Höhe eines etwaigen Bereicherungsanspruchs als unzureichend. Ebenso wenig lässt sich (aus denselben Gründen) vorliegend die "übliche Vergütung" i.S.v. § 612 Abs. 2 BGB für die vom Kläger im maßgeblichen Zeitraum erbrachten Tätigkeiten bestimmen.

2. Der Kläger hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 3 Abs. 1 EFGZ für die Zeit vom 20.12.2006 bis zum 15.01.2007.

Dabei kann offen bleiben, ob die im Durchgangsarztbericht vom 21.12.2006 diagnostizierte Verletzung des Klägers (Grundgliedfraktur der Kleinzehe) zur Arbeitsunfähigkeit geführt hat. Wie bereits oben unter II 1. a) ausgeführt, ist in Ansehung der gegebenen Indizien davon auszugehen, dass der Kläger über den 24.10.2006 hinaus bereits infolge des am 14.09.2005 erlittenen Unfalls arbeitsunfähig war. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die dieser Arbeitsunfähigkeit zugrundeliegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen bzw. Beschwerden abgeklungen sind, sind - wie ebenfalls bereits ausgeführt - nicht ersichtlich. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass die auf dem Unfall vom 14.09.2005 beruhende Arbeitsunfähigkeit, hinsichtlich derer der sechswöchige Entgeltfortzahlungszeitraum bereits abgelaufen war, auch in der Zeit vom 20.12.2006 bis 15.01.2007 fortbestanden hat. Durch eine hinzutretende Erkrankung konnte kein erneuter, auf den Zeitraum von weiteren sechs Wochen begrenzter Entgeltfortzahlungsanspruch entstehen (BAG v. 02.12.1981 - 5 AZR 89/80 - AP Nr. 48 zu § 1 LohnFG).

3. Der Kläger hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Zahlung von Arbeitsvergütung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges (§ 611 Abs. 1, 615 BGB).

Zwar hat die Beklagte unstreitig die Annahme der vom Kläger am 16.01.2007 angebotenen Arbeitsleistung abgelehnt. Der Arbeitgeber kommt nach § 297 BGB jedoch nicht in Verzug, wenn der Arbeitnehmer zur Zeit des Angebots außer Stande ist, die Leistung zu bewirken. Fehlt es am Leistungsvermögen des Arbeitnehmers, so wird die vertraglich geschuldete Leistung unmöglich. Zwar trifft die Darlegungs- und Beweislast für das Unvermögen des Arbeitnehmers den Arbeitgeber. Im Streitfall hat die Beklagte indessen Indizien vorgetragen, aus denen auf eine fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit des Klägers geschlossen werden kann. Tatsachen bzw. Umstände, welche geeignet sein könnten, die Indizwirkung zu erschüttern, hat der Kläger nicht vorgetragen. Diesbezüglich wird zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die obigen Ausführungen unter II. 1. a) verwiesen. Die Behauptung der Beklagten, der Kläger sei auch während des Verzugszeitraums leistungsunfähig gewesen, gilt daher nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden (vgl. BAG v. 05.11.2003 - 5 AZR 562/02 -).

III. Die von der Beklagten im Berufungsverfahren erhobene Widerklage ist begründet.

Da die Klage des Klägers unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abzuweisen ist, hat die Beklagte gegen den Kläger nach § 717 Abs. 2 ZPO einen Anspruch auf Rückzahlung der von ihr unstreitig an den Kläger zur Abwendung der Zwangsvollstreckung in voller Höhe der im arbeitsgerichtlichen Urteil titulierten Zahlungsansprüche geleisteten Zahlung. Die über den Zeitpunkt der Zahlung hinausgehenden Zinsansprüche der Beklagten folgen aus den §§ 717 Abs. 2, Satz 2, 2. HS ZPO, 291, 288 Abs. 1 BGB.

IV. Nach alledem war die Klage unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abzuweisen und der Widerklage stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück