Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 16.12.2005
Aktenzeichen: 8 Sa 669/05
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO, TzBfG, BGB


Vorschriften:

ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 64 Abs. 6 Satz 1
ArbGG § 66 Abs. 1
ZPO § 518
ZPO § 519
ZPO § 540
TzBfG § 14
TzBfG § 14 Abs. 4
BGB § 125 Satz 1
BGB § 133
BGB § 157
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 8 Sa 669/05

Entscheidung vom 16.12.2005

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 17.06.2005 - 2 Ca 3238/04 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Frage, ob eine formnichtige Befristung vereinbart wurde.

Der Kläger schloss mit der Beklagten unter dem 17.02.2003 einen schriftlichen Arbeitsvertrag, wonach er als vollbeschäftigter Arbeiter vorübergehend für die Zeit bis einschließlich 14.02.2005 nach § 14 des Gesetzes über Teilzeitarbeit in befristete Arbeitsverträge vom 21.12.2000 in der jeweils gültigen Fassung eingestellt wird.

In seiner zum 19.11.2004 erhobenen Klage vertritt der Kläger die Auffassung, die vereinbarte Befristung sei rechtsunwirksam, weil der Arbeitsvertrag am 17.02.2003 erst nach Aufnahme der Arbeit unterzeichnet worden sei.

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 17.06.2005 - 2 Ca 3238/04 - gemäß §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 540 ZPO Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht Koblenz hat die Klage auf Feststellung der Nichtauflösung des Arbeitsverhältnisses, des unveränderten Fortbestandes über den 14.02.2005 hinaus und Unwirksamkeit der Befristung sowie Weiterbeschäftigung abgewiesen, weil der schriftliche Arbeitsvertrag vom 17.02.2004 von den Parteien noch vor Arbeitsaufnahme unterzeichnet worden sei. Bei dem Vorgängen vor der Unterzeichnung - Vereidigung und Wartezeit - habe es sich nicht um eine Arbeitsaufnahme, sondern um Vorbereitungshandlungen für die beabsichtigte Unterzeichnung des Arbeitsvertrages gehandelt. Erst nach Unterzeichnung des Arbeitsvertrages sei der Kläger zu seinem eigentlichen Arbeitsort nach V-Stadt gefahren. Auch im Schreiben vom 24.01.2003 der Beklagten käme nur die bloße Absicht zur befristeten Einstellung zum Ausdruck. Eine faktische Arbeitsaufnahme habe nicht vorgelegen. Das Schreiben vom 29.10.2003, mit welchem auf den Ablauf der Befristung hingewiesen worden sei, stelle kein Kündigungsschreiben dar.

Wegen der weiteren Einzelheiten zur Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des vorbezeichneten Urteils (Bl. 47 bis 49 d. A.) Bezug genommen.

Gegen das, dem Kläger am 29.07.2005 zugestellte Urteil, richtet sich dessen am 09.08 2005 eingelegte und mit gleichzeitiger Begründung versehene Berufung.

Der Kläger bringt zweitinstanzlich weiter vor, bereits Anfang Dezember 2002 sei bei einem Gespräch in der Verwaltung B-Stadt eine wirksame Vereinbarung eines Arbeitsverhältnisses zustande gekommen. Er - der Kläger - sollte mit Wirkung vom 15.02.2003 für zwei Jahre befristet als Wachmann beschäftigt werden. Selbst wenn im Dezember 2002 nur Vorverhandlungen stattgefunden hätten, käme man zu keiner anderen Würdigung; denn das Schreiben der Verwaltung vom 24.01.2003 stelle eine Zusage auf den Abschluss eines Arbeitsvertrages dar, zumal bei der Tätigkeit als Wachmann keine individuellen Vertragsbedingungen im größeren Umfang nötig gewesen seien. Das Arbeitsverhältnis sei auch nicht individuell aushandelbar gewesen, da es den Bestimmungen des Manteltarifvertrages unterlegen habe. Nach dem Inhalt des Schreibens sei man sich einig über die Vertragsbedingungen gewesen. Die Aufnahme der Tätigkeit am 17.02.2003 um 8.00 Uhr stelle die Annahme des Arbeitsvertragsangebotes dar. Grundsätzlich könne ein Arbeitsvertrag auch ohne Einigung über die Arbeitszeit, Dauer und Vergütung durch die bloße Tätigkeitsaufnahme zustandekommen. Unerheblich sei insoweit, dass der Kläger keinen Wachdienst verrichtet habe. Auch aus der Änderungsmeldung - LV - ergäbe sich, dass der Kläger am 17.02.2003 um 8.00 Uhr die Arbeit aufgenommen habe. Schließlich würde auch aus dem Schreiben des "Zentrum für TTT" an die Verwaltung B-Stadt vom 27.01.2003 deutlich, dass die Rechtsauffassung der Beklagten falsch sei. Im Übrigen habe er - der Kläger - seinen Lohn für den 17.02.2002 ab 8.00 Uhr erhalten.

Der Kläger beantragt zweitinstanzlich, unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 17.06.2005 - 2 Ca 3238/04 -, zugestellt am 29.07.2005

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom 29.10.2004 nicht aufgelöst worden ist,

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien über den 14.02.2005 hinaus weiterhin unverändert fortbesteht,

3. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund des befristeten Arbeitsvertrages vom 17.02.2003 mit Ablauf des 14.02.2005 beendet wird,

4. im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. und/oder zu 2. und/oder zu 3. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Wachmann D weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte hat

Zurückweisung der Berufung

beantragt und erwidert,

der Sachvortrag des Klägers zum Zustandekommen eines Arbeitsvertrages sei unsubstantiiert, weil er keinerlei konkrete Anhaltspunkte zur Annahme des Vertrages enthielte. Es sei allgemein - auch dem Kläger - bekannt, dass die Beklagte Arbeitsverträge ausschließlich schriftlich durch die personalzuständige Stelle abschlösse. Im Übrigen sei die Auslegung des Schreibens vom 24.01.2003 durch das Arbeitsgericht zutreffend. Der Kläger habe seine Tätigkeit auch erst nach Unterzeichnung des Arbeitsvertrages in V-Stadt aufgenommen, wo er für vier Wochen zum Wachmann ausgebildet worden sei.

Hinsichtlich der Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 03.08.2005 (Bl. 62 bis 67 d. A.) und die späteren Ergänzungen im Schriftsatz vom 03.11.2005 (Bl. 94 bis 98 d. A.), hinsichtlich der Berufungsbeantwortung auf den Schriftsatz der Beklagten vom 13.09.2005 (Bl. 85 bis 87 d. A.) und vom 14.11.2005 (Bl. 99 bis 101 d. A.) Bezug genommen. Zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt, insbesondere Feststellungen im Protokoll der öffentlichen Sitzung des Landesarbeitsgerichts (Bl. 102 bis 104 vom 24.11.2005 d. A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Rechtsmittel der Berufung des Klägers ist gemäß § 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i.V.m. §§ 518, 519, ZPO form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden. Sie ist somit zulässig.

II.

Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet.

Das Arbeitsgericht ist mit zutreffender Begründung zur richtigen Auffassung gelangt, dass das Begehren des Klägers auf Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den 14.02.2005 hinaus und auch hinsichtlich eines Weiterbeschäftigungsanspruches nicht begründet ist.

Auch nach der Ansicht der Berufungskammer liegt zu keinem Zeitpunkt vor Aufnahme der tatsächlichen Tätigkeit durch den Kläger eine nach § 14 Abs. 4 TzBfG, § 125 Satz 1 BGB formnichtige Vereinbarung eines befristeten Arbeitsvertrages vor.

Um Wiederholungen zu vermeiden, nimmt die Kammer zunächst gemäß §§ 540 ZPO, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG auf den diesbezüglich begründenden Teil das angefochtenen Urteils Bezug, stellt dies ausdrücklich fest und sieht unter Übernahme der Entscheidungsgründe von einer weiteren Darstellung ab. Lediglich wegen der Angriffe der Berufung besteht Veranlassung zu folgenden ergänzenden Ausführungen:

1.

Soweit der Kläger behauptet, Anfang Dezember 2002 sei bei einem Gespräch in der Verwaltung B-Stadt vereinbart worden, dass er mit Wirkung vom 15.02.2003 für zwei Jahre befristet als Wachmann beschäftigt würde, kann dem aus zivilprozessualen Gründen nicht gefolgt werden. Nach dem Bestreiten der Beklagten fehlt es nämlich an der Darlegung von Einzelheiten zu einer rechtswirksam verbindlichen Übereinkunft für den Abschluss eines später wirksamen Arbeitsvertrages. Dass es sich im Übrigen in dieser zeitlichen Phase nur um Vorverhandlungen gehandelt haben kann, wird aus dem Schreiben vom 24.01.2003 (Bl. 28 d. A.) deutlich; denn das Schreiben enthält unter "Betr.: Einstellung in die C-Verwaltung" und der weiteren Formulierung

"[...] auf Ihre Bewerbung hin beabsichtige ich Sie mit Wirkung vom 15. Februar 2003 gemäß § 14 TzBfG befristet für 2 Jahre beim Zentrum für TTT der C.; Dienstort V-Stadt als Arbeiter (Wachmann) nach Lohngruppe 2 MTArb. einzustellen."

Einer solchen Absichtserklärung hätte es nicht bedurft, wenn bereits Anfang Dezember die Einstellung perfekt gewesen wäre.

2.

Entgegen der Ansicht der Berufung und insoweit in Übereinstimmung mit dem Arbeitsgericht kann dem Schreiben vom 24.01.2003 auch keine bindende Zusage für einen Abschluss eines Arbeitsvertrages zu diesem Zeitpunkt angenommen werden. Nach §§ 133, 157 BGB ist bei der Auslegung von Willenserklärungen und Verträgen der wirkliche Wille der Erklärenden zu erforschen (vgl. BAG Urteil vom 03.09.1986 - 1 AZR 648/85 -). Dabei ist vom Wortlaut der Erklärung auszugehen (vgl. BGH Urteil vom 19.01.2000 - VIII ZR 275/98 = NJW RR 2000, 1002 ff.; Urteil vom 18.05.1998 - II ZR 19/97 - = NJW 1998, 2966 und Urteil vom 31.01.1995 - XI ZR 56/94 - = NJW 1995, 1212). In einem zweiten Auslegungschritt sind dann allenfalls die außerhalb des Erklärungsaktes liegenden Begleitumstände in die Auslegung mit einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Im vorliegenden Fall ergibt sich nach Auffassung der Berufungskammer aus der Formulierung "[...] beabsichtige ich [...] mit Wirkung vom 15.02.2005 [...]"hinreichend deutlich, dass die Beklagte zum Zeitpunkt des Anschreibens gerade noch keine gefestigte befristete Einstellung wollte. Die Erklärung ist deutlich zukunftsgerichtet. Auch der Hinweis, dass der Arbeitsvertrag den Bestimmungen des Manteltarifvertrages für Arbeiterinnen und Arbeiter des Bundes und der Länder (MTArb) unterliegt, spricht dafür, dass ein rechtswirksames Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses erst nach Erfüllung der formalrechtlichen Voraussetzungen des Manteltarifvertrages in Betracht kommt; denn § 4 des Tarifvertrages sieht in Abs. 1 vor, dass der Arbeitsvertrag schriftlich abgeschlossen wird und dem Arbeiter eine Ausfertigung auszuhändigen ist. Aus Sicht des Klägers hat damit deutlich sein müssen, dass erst mit der Erfüllung dieser formellen Voraussetzung der Abschluss wirksam war. Auch das Schreiben des Zentrum für TTT der C. vom 27.01.2003 an die Verwaltung zur Übertragung der Befugnisse UZwGBw führt hier zu keiner anderen Beurteilung. Zum einen geht es inhaltlich um die Erlaubniserteilung mit Wirkung vom 15.03.2003 und damit zeitlich eine nach Beginn des Arbeitsverhältnisses liegende Übertragung der Befugnisse nach dem UZwGBw und zum anderen handelt es sich um ein internes Schreiben zwischen dem Zentrum für TTT und der Verwaltung, welches keine rechtliche Wirkung im Verhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten mangels Außenwirkung zu entfalten vermag.

3.

Auch soweit die Berufung meint ihre Auffassung darauf gründen zu können, dass der Kläger am 17.02.2002 vor Unterzeichnung des Arbeitsvertrages vereidigt wurde und er den Lohn für den ganzen Tag ab 8.00 Uhr erhalten habe, kann dem nicht gefolgt werden. Mit dem Arbeitsgericht ist davon vielmehr auszugehen, dass noch keine faktische Arbeitsaufnahme im Sinne des Arbeitsvertragsvereinbarung stattgefunden hat; denn der Kläger sollte seine Tätigkeit in V-Stadt als Arbeiter (Wachmann) aufnehmen. Dies ist unstreitig erst nach der formell ordnungsgemäß unterzeichneten Arbeitsvertragsvereinbarung geschehen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGGG.

Da der Sachverhalt keine neuen Rechtsfragen aufwirft, sieht die Berufungskammer von einer Zulassung der Revision sah ab.

Ende der Entscheidung

Zurück