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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 21.11.2005
Aktenzeichen: 8 Ta 255/05
Rechtsgebiete: ZPO, RVG, BRAGO


Vorschriften:

ZPO § 128 Abs. 2
ZPO § 278 Abs. 6
ZPO § 307
ZPO § 307 Abs. 2
ZPO § 495 a
RVG § 33 Abs. 3 S. 1
RVG § 33 Abs. 3
RVG § 56 Abs. 2
BRAGO § 31 Abs. 1 Nr. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 8 Ta 255/05

Entscheidung vom 21.11.2005

Tenor:

1. Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 12.10.2005 - 3 Ca 2282/04 - wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

Das vorliegend am 13.08.2004 eingeleitete Zahlungsverfahren wurde ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch einen gerichtlichen Vergleich, der das parallel geführte Bestandsschutzverfahren- 3 Ca 2281/04 erfasste - nach § 278 Abs. 6 ZPO am 12.10.2004 wie folgt erledigt:

"1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das zwischen Ihnen geschlossene Arbeitsverhältnis durch ordentliche Kündigung des Beklagten vom 09.08.2004 mit Ablauf des 31.10.2004 sein Ende finden wird.

2. Der Beklagte verpflichtet sich, den PKW Mercedes 220 CDl, amtliches Kennzeichen: XX XX XX, an den Kläger zu übereignen.

3. Der Kläger verpflichtet sich, dem Beklagten sämtliche, im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit überlassene Gegenstände, insbesondere Schlüssel, Tankkarte, etc., mit Ablauf des Arbeitsverhältnisses herauszugeben.

4. Der Beklagte verpflichtet sich, an den Kläger an Lohn für die Monate Juni 2004 - August 2004 in jeweiliger Höhe von 3.924,32 € brutto monatlich, insgesamt 11.772,96 € brutto nebst gesetzlicher Zinsen aus 3.924,32 € ab dem 01.07.2004 aus weiteren 3.924,32 € brutto seit dem 01.08.2004 und aus weiteren 3.924,32 € brutto ab dem 01.09.2004 zu zahlen, soweit der Beklagte nicht nachweißt, dass er die Lohnzahlungen für Juni 2004 - August 2004 in jeweiliger Höhe von 3.924,32 € brutto monatlich schon geleistet hat.

5. Der Beklagte verpflichtet sich, an den Kläger einen weiteren Betrag von 3.924,32 € brutto am 01.10.2004 zu zahlen.

Der Beklagte verpflichtet sich, an den Kläger einen weiteren Betrag in Höhe von 3.924,32 € brutto am 01.11.2004 zu zahlen.

Der Beklagte verpflichtet sich, dem Kläger entsprechende Lohn- und Gehaltsbescheinigungen für die Monate Juni 2004 bis einschließlich Oktober 2004 zu übergeben.

6. Mit Erfüllung dieses Vergleiches sind alle gegenseitigen Ansprüche der Parteien aus dem Arbeitsverhältnis und aus Anlass seiner Beendigung erledigt. Des Weiteren sind sich die Parteien darüber einig, dass weitere Ansprüche des Klägers, auch aus anderen Rechtsverhältnissen nicht bestehen.

7. Damit ist auch das Verfahren 3 Ca 2281/04 erledigt."

Auf der Basis des im Zahlungsverfahren festgesetzten Vergleichstreitwertes von 31.392,61 € beantragten die Prozessbevollmächtigten des Beklagten gegen die eigene Partei mit Schreiben vom 10.08.2005 die Festsetzung einer Terminsgebühr nach Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 Anlage 1 zum RVG in Höhe von 1.155,36 € nebst fünf Prozent Zinsen über den Basiszinssatz.

Die Entstehung der Terminsgebühr wurde mit dem Wortlaut der Nummer 3104 VV RVG begründet. Entscheidend sei nicht, ob bei einem Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben sei, sondern vielmehr, ob dies für das gerichtliche Verfahren als solches gelte. Für das zugrunde liegende Klageverfahren sei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zwingend.

Das Arbeitsgericht Koblenz hat den Antrag durch Beschluss vom 12.10.2005 zurückgewiesen. Auf die Begründung (Bl. 86 d. A.) wird Bezug genommen.

Gegen den am 14.10.2005 zugestellten Beschluss richtet sich die am 18.10.2005 eingelegte sofortige Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Beklagten. Hierzu wurde die Antragsbegründung wiederholt und zusätzlich ausgeführt, dass der Regelung Nr. 3 Abs. 1 Nr. 1 letzte Alternative VV RVG kein eigener Anwendungsbereich zukäme, da diese Vorschrift ansonsten, folgte man der Auffassung des Arbeitsgerichts, nie anwendbar wäre.

Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem Landesarbeitsgericht zur abschließenden Entscheidung zugeleitet.

Auf den weiteren Akteninhalt wird Bezug genommen.

II.

Die sofortige Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Beklagten ist gemäß § 56 Abs. 2 i. V. m. § 33 Abs. 3 S. 1 RVG statthaft, da die Beschwerde 200,00 € übersteigt. Sie ist auch innerhalb der Frist aus § 33 Abs. 3 RVG erfolgt.

In der Sache selbst hat die Beschwerde keinen Erfolg.

Das Arbeitsgericht hat zu Recht die Festsetzung einer Terminsgebühr für das vorliegende Verfahren abgelehnt. Eine Terminsgebühr entsteht nach Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV-RVG, wenn in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, in Einverständnis mit den Parteien oder gemäß § 307 Abs. 2 oder 495 a ZPO ohne mündliche Verhandlung entschieden oder in einem solchen Verfahren ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird. Dabei ist umstritten, ob bei jedem nach § 278 Abs. 6 ZPO geschlossenen Vergleich eine Terminsgebühr entsteht. Während weite Teile der Literatur dies annehmen (Gerold/Schmidt/v. Eicken/Müller-Rabe, RVG, 16. Auflage 2004, VV 3154 Rn 54 ff.; Bischof/Jungbauer/Podlech-Trappmann, RVG, 2004 s. 543 - Zöller, ZPO 25. Auflage, § 278 Rn. 27; a. A. Hartmann Kostengesetze, VV 3104 Rn. 30), hat der Bundesgerichtshof in einem Beschluss vom 30.03.2004 - VI ZB 81/03 (NJW 2004, 2311 f.) die Auffassung vertreten, eine Terminsgebühr entstünde bei Abschluss eines Vergleiches nach § 278 Abs. 6 ZPO nicht. Zur früheren Erörterungsgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO und deren Auslösung sei grundsätzlich die Erörterung der Sache in einem gerichtlichen Termin vorauszusetzen. Es spräche nichts dafür, dass der Gesetzgeber es versäumt habe, § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO im Hinblick auf das Verfahren nach § 278 Abs. 6 ZPO insoweit anzugleichen, wonach auch in Fällen, in denen die Parteivertreter nicht vor Gericht auftreten, die Erörterungsgebühr bei telefonischer Erörterung entstünde. Das Gesetz zur Neuordnung des Rechtsanwaltsvergütungsrechts sehe keinen weiteren Vergütungstatbestand vor. Beim Abschluss eines schriftlichen Vergleiches nach § 278 Abs. 6 ZPO solle neben der Einigungsgebühr die Verfahrensgebühr nicht jedoch eine Terminsgebühr entstehen.

Auch die Beschwerdekammer ist der Auffassung, dass keine Terminsgebühr entsteht, wenn in einem normalen Prozessverfahren vor einer mündlichen Verhandlung ein Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO geschlossen wird. Bereits der Wortlaut der Nummer 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV-RVG deutet darauf hin, dass von dieser Vorschrift nur Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO sowie §§ 307, 495 a ZPO erfasst werden. Hätte jeder Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO zu einer Terminsgebühr führen sollen, wäre die Formulierung, dass "in einem solchen Verfahren" ein Vergleich geschlossen wird, nicht erforderlich gewesen. Arbeits- und Zeitaufwand des Prozessbevollmächtigten ist zudem bei einem Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO in der Regel geringer als bei der Wahrnehmung eines gerichtlichen Termins; er wird durch die Verfahrensgebühr (Nr. 3 1900 VV-RVG) und die Einigungsgebühr (Nr. 1003, 1004 VV-RVG) abgegolten. Auch widerspräche eine Ausdehnung des Kostentatbestandes der Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG auf einen Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO dem Interesse der Parteien, die Kosten so gering wie möglich zu halten. Aus vorgenannten Gründen kann der Auffassung des Beschwerdeführers, wonach es für die Auslösung der Gebühr nur darauf ankäme, ob für das gerichtliche Verfahren als solches eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben sei, nicht gefolgt werden.

Die Rechtsbeschwerde wurde gemäß § 78 i. V. m. § 72 Abs. 1 Nr. 1 ArbGG zugelassen.

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