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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 11.07.2007
Aktenzeichen: 8 TaBV 10/07
Rechtsgebiete: BetrVG, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

BetrVG § 37 Abs. 6
BetrVG § 40 Abs. 1
ArbGG § 87 Abs. 1
ZPO § 264 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 10.11.2006 - 2 BV 48/06 - unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, die Beteiligte C. wegen der Teilnahme an der Schulungsveranstaltung "B 1, Einführung in die Betriebsratsarbeit" in Oberorke in der Zeit vom 13.11.2006 bis zum 17.11.2006 von den Schulungskosten in Höhe von 798,- € zzgl. MwSt. sowie von Verpflegungskosten in Höhe von 173,44 € gegenüber dem Schulungsträger "BR-Spezial" freizustellen.

2. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, an die Beteiligte C. 94,- € zu zahlen.

3. Der weitergehende Antrag des Betriebsrats wird abgewiesen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten im vorliegenden Beschwerdeverfahren noch über die Höhe der von der Arbeitgeberin (Antragsgegnerin) zu tragenden Kosten für die Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds (Beteiligte zu 3) an einer Schulungsveranstaltung.

Der antragsstellende Betriebsrat beschloss auf seiner Sitzung vom 02.08.2006, die erstmals im Jahr 2006 in den Betriebsrat gewählte Beteiligte zu 3) zu einer Schulungsveranstaltung des Veranstalters "BR-Spezial" in Oberorke mit dem Thema "Einführung in die Betriebsratsarbeit" zu entsenden. Zur Darstellung des Inhaltes des betreffenden Seminars (Beginn: Montag, 13.11.2006, 12.00 Uhr; Ende: Freitag: 17.11.2006, 12.00 Uhr) wird auf Bl. 19 d. A. Bezug genommen. Der Preis für das Seminar beläuft sich an sich auf 998,900 €, wobei allerdings der Veranstalter dem Betriebsrat (nach dessen Entsendungsbeschluss vom 02.08.2006) einen Kostennachlass von 200,00 € einräumte. Darüber hinaus verlangte der Veranstalter von den Teilnehmern für deren Unterbringung und Verpflegung im Hotel einen Pauschalpreis von 500,00 €.

Nachdem die Arbeitgeberin dem Ansinnen des Betriebsrats, die Beteiligte zu 3) an der betreffenden Schulungsveranstaltung teilnehmen zu lassen, aus mehreren Gründen entgegengetreten war, hat der Betriebsrat mit Beschluss vom 30.08.2006 die Einleitung des vorliegenden Beschlussverfahrens beschlossen.

Der Betriebsrat hat erstinstanzlich u. a. vorgetragen, die Arbeitgeberin sei nach § 40 Abs. 1 BetrVG zur vollen Übernahme der infolge der Teilnahme der Beteiligten zu 3) an dem betriebsverfassungsrechtlichen Grundseminar in Oberorke vom 13.11.-17.11.2006 anfallenden Kosten verpflichtet. Die Arbeitgeberin könne sich nicht mit Erfolg darauf berufen, es bestehe die Möglichkeit zur Teilnahme an einer gleichwertigen kostengünstigeren Schulungsveranstaltung. Das vom Veranstalter " L" in B-Stadt angebotene Seminar (zur Darstellung von Dauer und Inhalt dieses Seminars wird auf Bl. 17 f. d. A. Bezug genommen) sei bereits nicht gleichwertig. Dies ergebe sich schon daraus, dass im Rahmen dieses, insgesamt 4,5 Tage dauernden Seminars insgesamt 1,5 Tage dafür aufgewendet würden, um "Kommunikationsgrundlagen für die Umsetzung einer vertrauensvollen Zusammenarbeit im Betrieb" zu vermitteln. Demgegenüber werde beim Veranstalter "BR-Spezial" die gesamte zur Verfügung stehende Zeit zur Vermittlung von harten rechtlichen Fakten genutzt, auf die er - der Betriebsrat - größeren Wert lege, als auf die Vermittlung von Kommunikationsgrundlagen. Hinsichtlich des vom Veranstalter "M" u. a. auch in Trier und Koblenz angebotenen Grundlagenseminars Betriebsverfassungsrecht Teil I (zur Darstellung des Seminarinhalts wird auf Bl. 49 d. A. Bezug genommen) treffe es zwar zu, dass dieses mit der vom Veranstalter "BR-Spezial" angebotenen Schulung im Wesentlichen vergleichbar sei. Da der Veranstalter "BR-Spezial" jedoch vier Tage und damit 0,5 Tage mehr zur Vermittlung der betreffenden Kenntnisse ansetze als der Veranstalter "M" (Beginn des M-Seminars: montags, 18.00 Uhr; Seminarende: freitags, 12.00 Uhr), erweise sich das in Oberorke stattfindende Seminar als intensiver. Unter Berücksichtigung der um einen halben Tag längeren Seminardauer sei letztlich von einem nahezu identischen - jedenfalls vergleichbaren - Seminarpreis auszugehen. Das Kosteninteresse der Arbeitgeberin sei daher ausreichend berücksichtigt worden.

Der Betriebsrat hat beantragt:

1. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, die Beteiligte zu 3 wegen des Besuchs der Schulungsveranstaltung zum Thema "B 1, Einführung in die Betriebsratsarbeit" in Oberorke in der Zeit vom 13.11.2006 bis zum 17.11.2006 von den Schulungskosten in Höhe von 798,00 € zzgl. MwSt. gegenüber dem Schulungsträger "BR-Spezial" sowie von den anfallenden Hotelkosten in Höhe von 500,00 € zzgl. MwSt. und den Kosten einer Bahnfahrt 2. Klasse mit der Deutschen Bundesbahn hin und zurück zum Schulungsort freizustellen.

2. Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Die Arbeitgeberin hat erstinstanzlich u. a. vorgetragen, die Erforderlichkeit einer Teilnahme der Beteiligten zu 3) an einem betriebsverfassungsrechtlichen Grundlagenseminar werde nicht in Abrede gestellt. Der Betriebsrat habe jedoch bei seinem Entsendungsbeschluss die arbeitgeberseitigen Vermögensinteressen nicht ausreichend berücksichtigt. Es habe nämlich die Möglichkeit bestanden, die Beteiligte zu 3) zu einem kostengünstigeren, gleichwertigen Seminar zu entsenden, welches in der näheren Umgebung des Betriebes stattfinde. Dies gelte beispielsweise bezüglich der Schulung des Veranstalters "M".

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag mit Beschluss vom 10.11.2006 in vollem Umfang stattgegeben. Zur Darstellung der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 4 bis 7 dieses Beschlusses (=Bl. 129 bis 132 d.A.) Bezug genommen.

Gegen diesen, ihr am 30.01.2007 zugestellten Beschluss hat die Arbeitgeberin am 28.02.2007 Beschwerde eingelegt und diese am 30.03.2007 begründet.

Die Arbeitgeberin macht im Wesentlichen geltend, ungeachtet des Umstandes, dass eine Teilnahme der Beteiligten zu 3) an einem betriebsverfassungsrechtlichen Grundlagenseminar erforderlich gewesen sei, sei sie - die Arbeitgeberin - nicht verpflichtet, die geltend gemachten Kosten in vollem Umfang zu erstatten. Die erstinstanzliche Entscheidung berücksichtige nicht ausreichend, dass der Betriebsrat bei der von ihm zu treffenden Auswahlentscheidung unter gleichwertigen Angeboten nicht nur auf die Seminargebühren selbst, sondern auch auf die sonstigen Kosten zu achten habe. Insbesondere könne es geboten sein, die örtlich näher gelegene Schulung auszuwählen, um Kosten zu sparen. Kostengünstiger als das vom Betriebsrat ausgewählte Seminar in Oberorke seien daher sowohl das vom M-Institut in Koblenz durchgeführte Seminar, als auch das Seminar des L-Instituts, welches in B-Stadt stattfinde. Bei beiden Seminaren wäre eine auswärtige Hotelunterbringung der Beteiligten zu 3) nicht erforderlich gewesen. Vielmehr hätte die Beteiligte zu 3) zu den einzelnen Seminartagen jeweils von ihrem Wohnort aus anreisen können. Für die Dauer des Seminars hätte sie - die Arbeitgeberin - der Beteiligten zu 3) ein Fahrzeug zur Verfügung gestellt und damit die erforderlichen Unterhalts- und Kraftstoffkosten getragen. Zugleich hätten sich die Verpflegungsaufwendungen auf die Kosten eines Mittagessens reduziert, welches nach Abzug der Haushaltsersparnis in Höhe von täglich 2,64 € (Sachbezugswert 2006) mit 15,00 € pro Tag anzusetzen sei. Eine Verpflichtung zur Kostenerstattung bestehe daher nur hinsichtlich der Kosten der Schulungsmaßnahme selbst in Höhe von 798,00 € zzgl. Umsatzsteuer sowie für die Kosten von insgesamt vier Mittagessen in Höhe von insgesamt 60,00 €. Zumindest sei bezüglich der erstinstanzlichen Entscheidung zu beanstanden, dass diese die Haushaltsersparnis der Beteiligten zu 3) völlig unberücksichtigt gelassen habe. Auch diesbezüglich seien die jeweiligen Sachbezugswerte zugrunde zu legen.

Die Arbeitergeberin beantragt,

unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichtes Koblenz vom 10. November 2006, AZ: 2 BV 48/06, diesen aufzuheben, soweit die Antragsgegnerin verpflichtet wird, die Beteiligte C. von Kosten freizustellen, die über die Schulungskosten von 798,00 € zuzüglich Umsatzsteuer sowie anfallende Verpflegungskosten in Höhe von 60,00 € für die Teilnahme an einer Veranstaltung zum Thema "Einführung in die Betriebsratsarbeit" hinausgehen.

Der Betriebsrat beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen mit der Maßgabe, die Antragsgegnerin bezüglich der angefallenen Fahrtkosten zu verpflichten, an die Beteiligte zu 3 Euro 94,00 zu zahlen.

Der Betriebsrat verteidigt den erstinstanzlichen Beschluss und trägt im Wesentlichen vor, die Seminarangebote der Veranstalter " L" und "BR-Spezial" seien - wie bereits erstinstanzlich dargetan - nicht vergleichbar. Zwar sei das Seminar des Veranstalters "M" mit dem von der Beteiligten zu 3 besuchten Seminar in Oberorke des Veranstalters "BR-Spezial" inhaltlich im Wesentlichen vergleichbar. Zu berücksichtigen sei jedoch, dass die Schulung des Veranstalters "BR-Spezial" um 0,5 Tage länger dauere als die des Veranstalters "M" und daher als intensiver zu werten sei. Auch bei einer Teilnahme am M-Seminar in Koblenz wäre eine dortige Hotelunterbringung der Beteiligten zu 3) erforderlich gewesen. Ein Seminar lebe auch vom Austausch der Teilnehmer außerhalb des eigentlichen Seminars. Dies sei zwangsläufig fast ausschließlich nach dem Tagespensum bzw. während der Mahlzeiten möglich. Ein evtl. erzielter Haushaltsvorteil sei im vorliegenden Verfahren unbeachtlich. Die angefallenen Fahrtkosten in Höhe von 94,00 € seien (dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig) von der Beteiligten zu 3) selbst bezahlt worden.

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Beteiligten zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Anhörung der Beteiligten vor dem Beschwerdegericht waren, sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

II.

Die nach § 87 Abs. 1 ArbGG statthafte Beschwerde der Arbeitgeberin ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das hiernach insgesamt zulässige Rechtsmittel hat in der Sache zum Teil Erfolg.

1.

Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist der Antrag des Betriebsrats in der nunmehr bezüglich der Fahrtkosten geänderten Fassung. Hinsichtlich der Zulässigkeit dieser Antragsänderung bestehen keine Bedenken. Der Übergang von einem Befreiungs- auf einen Zahlungsanspruch, die beide auf der selben rechtlichen Grundlage beruhen, ist keine Klageänderung, sondern eine bloße Erweiterung des Antrages nach § 264 Nr. 2 ZPO (BGH v. 25.11.1993 - IX ZR 51/93 - NJW 1994, 1999). Eine solche Antragserweiterung ist auch in der Beschwerdeinstanz ohne Weiteres zulässig. Einer Anschlussbeschwerde bedarf es in diesen Fällen nicht (vgl. BAG v. 21.02.2006 - 3 AZR 77/05 - AP Nr. 4 zu § 1 BetrAVG Auslegung m. w. N.).

2.

Soweit das Arbeitsgericht die Arbeitgeberin verpflichtet hat, die Beteiligte zu 3) von den Schulungskosten (Seminargebühr) in Höhe von 798,00 € zzgl. MwSt. freizustellen, so ist der erstinstanzliche Beschluss rechtskräftig geworden, da die Arbeitgeberin insoweit - wie sich sowohl aus Beschwerdeantrag als auch dessen Begründung ergibt - kein Rechtsmittel eingelegt hat. Der weitergehende, insgesamt zulässige Antrag des Betriebsrats ist jedoch nur zum Teil begründet. Die Arbeitgeberin ist zwar verpflichtet, die von der Beteiligten zu 3) infolge ihrer Teilnahme an der Schulungsveranstaltung "Einführung in die Betriebsratsarbeit" in Oberorke in der Zeit vom 13.11.2006 bis zum 17.11.2006 gezahlten Fahrtkosten von 94,00 € in vollem Umfang zu erstatten. Der auf Freistellung der Beteiligten zu 3) von den angefallenen Hotel- bzw. Verpflegungskosten von 500,00 € gerichtete Antrag hat jedoch nur in Höhe von 173,44 € Erfolg.

Der Arbeitgeber hat nach § 40 Abs. 1 BetrVG die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten zu tragen. Dazu gehören auch die Kosten, die durch Teilnahme von Betriebsratsmitgliedern an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen entstehen, die für die Betriebsratsarbeit erforderliche Kenntnisse vermitteln. Zu den vom Arbeitgeber im Zusammenhang mit einer erforderlichen Schulung zu tragenden Kosten gehören insbesondere die Seminargebühren, die notwendigen Reisekosten und die notwendigen Übernachtungs- und Verpflegungskosten.

Im Streitfall ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass die Teilnahme der Beteiligten zu 3) an dem betreffenden Seminar i. S. v. § 37 Abs. 6 BetrVG erforderlich war. Es entspricht auch allgemeiner Ansicht, dass die Vermittlung allgemeiner Grundkenntnisse des Betriebsverfassungsrechts (solche Grundkenntnisse waren unstreitig Gegenstand des von der Beteiligten zu 3) besuchten Seminars) auf jeden Fall zu dem nach § 37 Abs. 6 BetrVG zulässigen Schulungsinhalt gehört. Ein konkreter betriebsbezogener Anlass ist diesbezüglich nicht erforderlich. Schon die gesetzliche Verpflichtung eines jeden Betriebsratsmitglieds, sein Amt in eigener Verantwortung auszuüben, macht es unerlässlich, dass ihm jedenfalls die Grundlagen des Betriebsverfassungsrechts bekannt sind. Die erstmals im Jahr 2006 in den Betriebsrat gewählte Beteiligte zu 3 hatte, soweit ersichtlich, bislang kein betriebsverfassungsrechtliches Grundlagenseminar besucht. Hinsichtlich der Erforderlichkeit der betreffenden Schulung bestehen somit keinerlei Zweifel.

Die in Folge der Teilnahme des Beteiligten zu 3) an dem Seminar in Oberorke entstandenen Hotelkosten von 500,00 € unterfallen jedoch nicht in vollem Umfang der Kostentragungspflicht der Arbeitgeberin. Auch bezüglich der Erstattungspflicht von Schulungskosten gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Vorliegend hat der Betriebsrat jedoch durch die Auswahl der Schulungsveranstaltung unverhältnismäßige Kosten verursacht. Zwar ist der Betriebsrat nicht gehalten, jeweils die mit den geringsten Kosten verbundene Schulungsveranstaltung auszuwählen. Ihm steht im Rahmen eines Beurteilungsspielraumes die Befugnis zu, die Teilnahme an einer seiner Ansicht nach qualitativ höherwertigen - wenn auch teueren - Schulungsmaßnahme zu beschließen. Allerdings muss er bei seiner Auswahlentscheidung unter gleichwertigen Angeboten die näher gelegene auswählen, um Kosten zu sparen (vgl. BAG v. 15.05.1986 - 6 ABR 74/83 -).

Im Streitfall konkurrieren die Schulungen der Veranstalter "BR-Spezial", " L" und "M" miteinander. Dem Betriebsrat ist zuzugeben, dass er nicht gehalten war, zur Vermeidung von Kosten das Seminar des L-Instituts, welches u. a. in B-Stadt stattfindet, auszuwählen. Soweit der Betriebsrat diesbezüglich geltend macht, dass ausweislich des Seminarplans "Einführung in das BetrVG I" des L-Instituts 1,5 Tage und damit ein Drittel der gesamten Schulungsdauer auf das Thema "Kommunikationsgrundlagen für die Umsetzung einer vertrauensvollen Zusammenarbeit im Betrieb" entfallen und er - der Betriebsrat - auf dieses Thema keinen Wert lege, so hält er sich damit zweifellos im Rahmen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraumes. Dies gilt jedoch nicht für die vom Betriebsrat zwischen den Veranstaltern "M" und "BR-Spezial" getroffene Entscheidung. Die Seminare der beiden Veranstalter sind gleichwertig. Wie sich aus dem Seminar bzw. den Themenplänen der beiden Veranstalter ergibt (BR-Spezial: Bl. 19 d. A.; M: Bl. 33 d. A.) werden in beiden Schulungen die selben Themen - wenn auch z. T. unter unterschiedlichen Überschriften bzw. unter Verwendung unterschiedlicher Formulierungen - behandelt. Dies hat auch der Betriebsrat selbst durch seinen Sachvortrag, die Seminarinhalte seien "inhaltlich im Wesentlichen vergleichbar", eingeräumt. Soweit der Betriebsrat jedoch vorgetragen hat, die Schulung des Veranstalters "BR-Spezial" sei "als intensiver zu werten", da sie um 0,5 Tage länger dauere als das M-Seminar, so kann dem nicht gefolgt werden. Aus der relativ geringfügig längeren Gesamtdauer des "BR-Spezial"-Seminars lässt sich nicht ansatzweise herleiten, dass es sich hierbei um eine intensivere oder gar qualitativ bessere Schulung handelt. Aus der um 0,5 Tage längeren Gesamtdauer lässt sich bereits nicht herleiten, dass insgesamt mehr Zeit für die Schulung der Teilnehmer aufgewendet wird, als im Rahmen des M-Seminars. Entscheidend ist diesbezüglich allein die tatsächliche Unterrichts- bzw. Schulungszeit, d. h. die tatsächliche Anzahl der Seminarstunden. Dies war auch für den Betriebsrat ohne Weiteres erkennbar. Auch aus seiner Sicht musste klar sein, dass die geringfügig längere Gesamtdauer des in Oberorke stattfindenden Seminars noch keineswegs auf eine im Vergleich zum M-Seminar quantitativ oder qualitativ bessere Schulung hindeutet. Auch ansonsten sind keine Umstände vorgetragen oder ersichtlich, die den Betriebsrat dazu bewogen haben könnten, die Schulungsveranstaltung des Veranstalters "BR-Spezial" als geeigneter als diejenige des M anzusehen. Die Qualität des M-Seminars an sich stellt der Betriebsrat im Übrigen auch in keiner Weise in Abrede; vielmehr hat er unstreitig in mehreren Fällen Betriebsratsmitglieder zu dem betreffenden Seminar entsandt. In Anbetracht der Gleichwertigkeit der beiden konkurrierenden Angebote war der Betriebsrat gehalten, eine Auswahlentscheidung zu Gunsten des wesentlich näher gelegenen M-Seminars (Seminargebühr: 750,00 €) zu treffen, da damit Kosten hätten erspart werden können.

Die mögliche Kostenersparnis ergibt sich aus dem Umstand, dass die Beteiligte zu 3) bei einem Besuch des M-Seminars in Koblenz (ein solches fand beispielsweise vom 11.12.-15.12.2006 statt), anders als während der Schulung im ca. 200 Kilometer entfernten Oberorke, nicht in einem Hotel hätte übernachten müssen. Die Fahrtstrecke zwischen dem Wohnort der Klägerin (C-Stadt) und Koblenz beläuft sich ausweislich der gängigen, im Internet verfügbaren Routenplaner auf ca. 48 Kilometer und ist in einer durchschnittlichen Fahrtzeit von ca. 37 Minuten mit dem PKW zurückzulegen. In Ansehung dieses relativ geringen Zeitaufwandes war der Beteiligten zu 3) die tägliche Anreise zum Schulungsort noch durchaus zumutbar. Dies gilt auch dann, wenn man der Ansicht des Betriebsrats folgt, ein Seminar lebe auch vom Austausch der Teilnehmer außerhalb des eigentlichen Seminarstoffes. Die Beteiligte zu 3) hätte auch bei einer täglichen Anreise noch genügend Zeit gehabt - so u. a. während der gesamten Mittagspause - um außerhalb der eigentlichen Unterrichtszeit bei der Seminargruppe sein zu können. Die Möglichkeit eines ausreichenden Meinungsaustausches mit anderen Seminarteilnehmern war daher keinesfalls davon abhängig, dass die Klägerin im Hotel übernachtet.

Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Beteiligte zu 3) auch bei einer täglichen Anreise zum Schulungsort die von dem betreffenden Tagungshotel angebotene Tagungspauschale von 46,00 € pro Tag hätte in Anspruch nehmen müssen. Dies haben die Beteiligten anlässlich ihrer Anhörung vor dem Beschwerdegericht übereinstimmend erklärt. Dieser Geldbetrag wäre auch in keiner Weise der Höhe nach seitens der Beteiligten zu 3) beeinflussbar gewesen. Die Arbeitgeberin hat diesbezüglich eingeräumt bzw. unstreitig gestellt, dass insgesamt vier Tagungspauschalen zu je 46,00 € und damit Hotel- bzw. Verpflegungskosten von 184,00 € bei einer Teilnahme der Beteiligten zu 3) am M-Seminar in Koblenz angefallen wären. In Höhe diesen Betrages sind daher die Hotelkosten, bezüglich derer der Betriebsrat eine Freistellung der Beteiligten zu 3) begehrt, als notwendig und verhältnismäßig anzusehen. Allerdings ist die Arbeitgeberin berechtigt, von diesem Betrag ersparte Eigenaufwendungen (Haushaltsersparnis) der Beteiligten zu 3) in Abzug zu bringen. Hinsichtlich der Höhe der Haushaltsersparnis bietet die Sachbezugsverordnung eine geeignete Grundlage, da sie generelle, auf Durchschnittswerte abgestimmte Beträge festsetzt und jährlich angepasst wird. Sie ist daher ein geeigneter Maßstab für die Haushaltsersparnis bei Schulungsmaßnahmen (vgl. LAG Hamm vom 31.01.2006 - 10 TaBV 65/05, NZA-RR 2006, 249). Da die Tagungspauschale, wie sich aus der vom Betriebsrat vorgelegten Preisliste des betreffenden Tagungshotels in Koblenz ergibt, u. a. ein Mittagessen beinhaltet und sich der Sachbezugswert hierfür auf 2,64 € beläuft (§ 1 Abs. 1, 3 SachBezV), muss sich die Beteiligte zu 3) eine Haushaltsersparnis von insgesamt 10,56 € anrechnen lassen. Die Arbeitgeberin ist somit verpflichtet, die Beteiligte zu 3) von Verpflegungskosten in Höhe von 173,44 € freizustellen.

Die Arbeitgeberin ist hingegen verpflichtet, die von der Beteiligten zu 3) aufgewendeten Fahrtkosten von 94,00 € (Kosten für eine Bahnfahrt 2. Klasse zum Schulungsort Oberorke und zurück) in vollem Umfang zu erstatten. Dem steht nicht entgegen, dass der Betriebsrat - wie bereits ausgeführt - gehalten war, eine Auswahlentscheidung zu Gunsten des nahe gelegenen M-Seminars zu treffen. Denn auch im Falle einer täglichen Anreise mit dem Pkw zum Schulungsort (Koblenz) wären Fahrtkosten angefallen, die der Höhe nach den vorliegend geltend gemachten Betrag sogar überschritten hätten. Die Fahrtstrecke vom Wohnort der Klägerin zum Schulungsort ist - wie bereits ausgeführt - mit 48 Kilometer in Ansatz zu bringen. Da die Klägerin, wie es sich aus dem M-Seminarplan ergibt, an insgesamt fünf Tagen hätte nach Koblenz fahren müssen und jeweils auch wieder zurück, hätten sich die Fahrtkosten unter Zugrundelegung des allgemein anerkannten Betrages von 0,3 € pro gefahrenen Kilometer auf insgesamt 144,00 € belaufen. Die Arbeitgeberin kann diesbezüglich auch nicht mit Erfolg geltend machen, sie hätte der Beteiligten zu 3) für die Dauer des Seminars ein Fahrzeug zur Verfügung gestellt. Denn auch in diesem Fall wären die betreffenden Fahrtkosten angefallen und von der Arbeitgeberin letztlich zu tragen gewesen. Entsprechendes gilt, soweit die Arbeitgeberin (erstinstanzlich) mit Schriftsatz vom 06.11.2006 (dort S. 4 = Bl. 101 d. A) geltend gemacht hat, eine Bahnfahrt nach Koblenz koste lediglich 27,40 €. Bei Nutzung dieses Verkehrsmittels wären Fahrtkosten in Höhe von 137,00 € (5 x 27,40 €) entstanden. Auch diese Summe übersteigt den vorliegend geltend gemachten Betrag.

3.

Nach alledem war zu entscheiden, wie geschehen.

Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde bestand keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 92a ArbGG), wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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