Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 01.12.2004
Aktenzeichen: 9 Sa 294/04
Rechtsgebiete: ArbGG, BetrVG, BGB, ZPO


Vorschriften:

ArbGG §§ 64 ff.
ArbGG § 69 Abs. 2
BetrVG § 103 Abs. 1
BGB § 626 Abs. 1
BGB § 626 Abs. 2 Satz 1 a
ZPO §§ 512 ff.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 9 Sa 294/04

Verkündet am: 01.12.2004

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 19.02.2004, Az.: 10 Ca 380/03 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer fristlosen Kündigung sowie um die Zahlung von Arbeitsvergütung.

Von der Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 19.02.2004 (dort S. 3 bis 6 = Bl. 96 bis 99 d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die außerordentliche Kündigung und die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung zum nächst möglichen Termin nicht beendet wurde,

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die außerordentliche Kündigung vom 28.01.2003 nicht beendet wurde,

3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für Februar 2003 1.776,25 Euro brutto abzüglich 685,72 netto nebst fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01.03.2003 und für März 2003 1.776,25 Euro abzüglich 759,19 netto nebst fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01.04.2003 zu zahlen,

4. die Beklagte zu verurteilen, an ihn das Weihnachtsgeld 2002 in Höhe von 1.064,00 Euro brutto nebst fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01.02.2003 zu zahlen, und

5. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für April 2003 1.776,25 Euro brutto abzüglich 734,70 Euro netto nebst fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht Koblenz hat entsprechend seinem Beweisbeschluss vom 28.08.2003 Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen X und W; wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls des Arbeitsgerichts vom 19.02.2004 (Bl. 81 ff. d.A.) verwiesen.

Sodann hat das Arbeitsgericht mit Urteil vom 19.02.2004 (Bl. 94 ff. d.A.) festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 27.01.2003 weder fristlos noch fristgemäß beendet wurde. Des Weiteren hat es die Beklagte verurteilt, an den Kläger 1.064,00 EUR brutto nebst 5% Punkten Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01.02.2003 zu zahlen. Im Übrigen ist die Klage abgewiesen worden.

Zur Begründung des klageabweisenden Teiles seiner Entscheidung hat das Arbeitsgericht unter anderem ausgeführt, dass zwischen den Parteien bestehende Beschäftigungsverhältnis sei durch die außerordentliche Kündigung vom 28.01.2003 fristlose beendet worden. Die für eine entsprechende Kündigung gemäß § 103 Abs. 1 BetrVG notwendigen Zustimmung des Betriebsrates habe vorgelegen, da der Betriebsrat der Kündigung mit Schreiben vom 27.01.2003 zugestimmt habe. Die Beklagte habe aufgrund des ihr einzuräumenden Vertrauensschutzes von einer wirksam erteilten Zustimmung zur Kündigung ausgehen dürfen. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte hätte annehmen können, der Zustimmungsbeschluss, welcher zu dem Zustimmungsschreiben des Betriebsrates geführt habe, sei fehlerhaft zustande gekommen, hätten sich nicht ergeben. Die Beklagte habe, ohne substantiellen Widerspruch des Klägers ausgeführt, der Betriebsrat sei - nachdem er seine Zustimmung zur Kündigung vom 27.01.2003 nicht ordnungsgemäß gegeben habe - von seiner Vorsitzenden ein weiteresmal einberufen worden; der Antrag der Beklagten sei erneut beraten und erst dann sei die Zustimmung schriftlich erteilt worden.

Ein wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB liege ebenfalls vor. Nach Vernehmung der beiden Zeugen X habe das Arbeitsgericht die Überzeugung gewonnen, dass der Kläger am 12.01.2003 gegen 00.15 Uhr, mithin während seiner Dienstzeit, an seinem Arbeitsplatz, also im Bereich der Hotelbar der Beklagten in A-Stadt mit einer Frau mittleren Alters sexuellen Verkehr gehabt habe. Der Vollzug des Geschlechtsverkehrs in der Betriebsöffentlichkeit sei geeignet gewesen, den guten Ruf, auf den die Beklagte mit ihrem Vier-Sterne-Hotel A-Stadt angewiesen sei, schwerwiegend zu beeinträchtigen. Die beiden Zeugen hätten ihre Beobachtungen eingehend und umfassend beschrieben und auch auf wiederholtes Nachfragen keine signifikant unterschiedliche, den Kern ihrer Aussagen berührende Erklärungen abgegeben. Objektive Anhaltspunkte für eine zum Nachteil des Klägers gesponnene Intrige hätten sich nicht ergeben. Der vom Kläger gegenbeweislich benannte Zeuge V habe nicht ausdrücklich auszuschließen vermocht, dass in dem maßgeblichen Zeitraum außer dem Kläger sich weitere Personen in der Hotelbar aufhalten konnten. Die durchzuführende Interessenabwägung gehe, trotz des Lebensalters des Klägers und dessen Unternehmenszugehörigkeit seit 1980, zu dessen Lasten. Der Kläger habe nämlich mit seinem Verhalten eine Beeinträchtigung von Ruf und Ansehen der Beklagten billigend in Kauf genommen. Wäre eine ordentliche Kündigung gegenüber dem Kläger rechtlich möglich gewesen, so wäre die Einhaltung der Kündigungsfrist der Beklagten trotzdem nicht zumutbar gewesen.

Die Kündigungserklärungsfrist aus § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB sei eingehalten, da davon auszugehen sei, dass die Beklagte erst am 24.01.2003 von dem Fehlverhalten des Klägers erfahren habe.

Aufgrund der Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum 28.01.2003 könne der Kläger auch keine Arbeitsvergütung für die Zeit ab Februar 2003 erfolgreich geltend machen.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird auf Seite 7 ff. des Urteils vom 19.02.2004 (Bl. 100 ff. d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger, dem die Entscheidung des Arbeitsgerichts am 01.04.2004 zugestellt worden ist, hat hiergegen am 21.04.2004 Berufung zum Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt und am 21.05.2004 sein Rechtsmittel begründet.

Der Kläger macht geltend,

die Kündigung vom 28.01.2003 sei unwirksam, da die erforderliche Zustimmung des Betriebsrates nicht wirksam erfolgt sei. Dies habe der Vorgesetzte des Klägers, Herr U gewusst bzw. er hätte dies erkennen müssen.

Am 27.10.2003 gegen 13.10 Uhr seien die im Hotel anwesenden Mitglieder des bei der Beklagten errichteten Betriebsrates - das Betriebsratsmitglied T sei wegen Urlaubes nicht anwesend gewesen - in das Betriebsratsbüro gerufen worden. Dort hätten sich Frau S, also die Vorsitzende des Betriebsrates und die Betriebsratsmitglieder Frau R, Herr Q, Herr P und Herr O dann eingefunden; Herr T sei zu diesem Zeitpunkt zuhause gewesen und über die Sitzung auch nicht benachrichtigt worden.

Frau S habe, mit einem Schreiben in der Hand, den Kündigungssachverhalt vorgetragen und sodann sei diskutiert worden, ohne dass am Ende ein Entschluss gefasst worden sei. Anschließend seien die Betriebsratsmitglieder mit dem Hoteldirektor Herrn U in das Chefbüro gegangen, wo sich bereits der von der Beklagten beauftragte Rechtsanwalt N aufgehalten habe. Es sei dann zunächst in Anwesenheit des Klägers und später in dessen Abwesenheit weiter über den Kündigungssachverhalt diskutiert worden. Dabei habe es, wie bereits zuvor im Betriebsratsbüro, verschiedene Meinungen gegeben. Herr U habe dann den Raum verlassen und die Betriebsratsmitglieder hätten mit Herrn Rechtsanwalt N weiterdiskutiert. Später seien Herr U und der Kläger wieder hinzugekommen. Dann sei die Versammlung aufgelöst worden, ohne dass ein Sitzungsprotokoll angefertigt worden sei. Eine zweite Betriebsratssitzung habe am 27.01.2004 nicht stattgefunden.

Nach 14.30 Uhr seien im Übrigen nur noch Frau S, Frau R und Herr O im Hause gewesen; dies sei dem Hoteldirektor Herrn U bekannt gewesen. Der spätere Prozessbevollmächtigte der Beklagten habe am 27.10.2004 wahrscheinlich erkannt, dass es Probleme mit der Betriebsratssitzung gebe. Er habe vermutlich Herrn U gegenüber erklärt, es solle ein Schreiben bezüglich der Zustimmung des Betriebsrates aufgesetzt und von den noch anwesenden Betriebsratsmitgliedern unterzeichnet werden. Vermutlich habe er den Text vorgegeben. Der Text sei dann im Büro der Betriebsratsvorsitzenden Frau S von dieser oder Herrn O geschrieben und von beiden unterzeichnet worden. Das Zustimmungsschreiben des Betriebsrates sei am 27.01.2003 gegen 16.33 Uhr sowie gegen 16.49 Uhr per Telefax an verschiedene Empfänger gesandt worden. Aufgrund dieses Umstandes stehe fest, dass die Unterzeichnung des Zustimmungsschreibens bis 16.30 Uhr erfolgt sei. Nachdem die Beteiligten das Büro des Herrn U zwischen 13.30 Uhr und 14.00 Uhr verlassen hätten, habe aber eine zweite Betriebsratssitzung am 27.01.2003 nicht mehr stattgefunden.

Das Zustimmungsschreiben sei ohne vorausgehenden Beschluss und auf Wunsch der Geschäftsleitung erstellt worden, obwohl die Geschäftsleitung aus dem gesamten Ablauf gewusst habe, dass überhaupt kein neuer Beschluss gefasst worden sein könne. Dass eine zweite Kündigung erfolgen müsse, sei allen Beteiligten erst bekannt geworden, nachdem drei Betriebsratsmitglieder das Haus verlassen gehabt hätten. Da die Betriebsleitung, nämlich Herr U in den gesamten Prozess eingebunden gewesen sei, sei ihm auch klar gewesen, dass eine Zustimmung zu einer zweiten Kündigung gar nicht habe erfolgt sein können.

Die angeblichen Beschlüsse des Betriebsrates seien aber auch schon deshalb unwirksam, weil keine ordnungsgemäße Ladung erfolgt sei. Das Betriebsratsmitglied T sei überhaupt nicht geladen worden, weil er nicht im Hause und nicht erreichbar gewesen sei. Auch die Betriebsratsmitglieder Q und P sowie der Kläger seien nicht geladen worden. Dem Hoteldirektor U sei bekannt gewesen, dass Herr P und Herr Q von 14.30 Uhr bis 17.00 Uhr frei gehabt und das Haus verlassen hätten.

Die Unwirksamkeit eines etwaigen Beschlusses des Betriebsrates folge auch daraus, dass der Kläger als Betroffener zu keiner Zeit ausgeschlossen gewesen und auch nicht versucht worden sei, ein Ersatzmitglied hinzuzuziehen.

Aus dem Protokoll der Sitzung des Betriebsrates vom 27.10.2003 (Bl. 181 d.A.) und einer schriftlichen Stellungnahme der Betriebsratsvorsitzenden Frau S ohne Datum (Bl. 182 d.A.) ergebe sich, dass nur eine Betriebsratssitzung stattgefunden habe, der Betriebsrat nur einmal angehört und dass dem Betriebsrat die Kündigung vom 28.01.2003 nicht vorgelegt worden sei.

Das Betriebsratsmitglied Q habe der fristlosen Kündigung nicht zugestimmt und das Betriebsratsmitglied T sei auch nicht vorher angerufen worden, sondern, wenn überhaupt, später.

Er, der Kläger bestreite im Übrigen auch das ihm vorgeworfene Fehlverhalten und vermute eine Intrige der Gebrüder X. Er, der Kläger habe als Betriebsrat anlässlich der Betriebsratswahl aufgedeckt, dass die Mitarbeiter der Firma X nicht im Wählerverzeichnis aufgeführt seien. Er habe davon ausgehen müssen, dass dies deshalb erfolgt sei, weil zumindest ein Teil der Mitarbeiter "schwarz" gearbeitet habe. Er vermute, dass die jetzige Beschuldigung die "Retourkutsche" der Gebrüder X sei.

Das Arbeitsgericht habe bei seiner Beweiswürdigung auch nicht hinreichend berücksichtigt, dass der Portier, Herr V ausgesagt habe, er habe aus der Bar keinerlei Gespräche oder sonstige Geräusche gehört. Es sei höchst lebensfremd, dass das hier in Rede stehende Geschehen völlig geräuschlos abgelaufen sei.

Aus den Zeitungsartikeln der Zeitschriften "K" (Bl. 171 d.A.) und "J" (Bl. 172 ff. d.A.) ergebe sich, dass es zu einer Korruption zwischen dem Manager des M-Hotels L und einer deutsch-afghanischen Reinigungsfirma gekommen sei. Herr L sei der Bezirksdirektor, der auch für das Hotel zuständig sei, in dem der Kläger gearbeitet habe. Der im Artikel der Zeitschrift "J" erwähnte 20-Jahre alte Deutsch-Afghane dürfte entweder der Zeuge X oder dessen Bruder W sein. Beide seien 25 bzw. 23 Jahre alt. Er, der Kläger vermute, dass seine Kündigung ebenfalls ein abgekartertes Spiel zwischen Herrn L und den von ihm abhängigen Zeugen X gewesen sei.

Schließlich habe das Betriebsratsmitglied Q den Zeugen X angesprochen und gefragt, wie er dazu komme, so etwas auszusagen. Daraufhin habe Herr X gesagt: "Ich habe nur ausgesagt, was mein Bruder mir vorgegeben hat." Dies bedeute, dass er gar nicht mitbekommen habe, was er angeblich dort gesehen haben wolle (Beweis: Zeuge Q).

Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 18.05.2004 (Bl. 120 ff. d.A.), 30.11.2004 (Bl. 176 ff. d.A.) und das Sitzungsprotokoll des Landesarbeitsgerichtes Rheinland-Pfalz vom 01.12.2004 (Bl. 183 ff. d.A.) verwiesen.

Der Kläger beantragt,

1. unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 19.02.2004, Az.: 10 Ca 380/03 festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung vom 28.01.2003 nicht beendet worden ist,

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für den Monat Februar 2003 1.776,25 EUR brutto abzüglich 685,72 EUR netto nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01.03.2003 und für März 1.776,25 Euro abzüglich 759,19 EUR netto nebst fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01.04.2003 und für den Monat April 2003 1.776,25 Euro brutto abzüglich 734,70 Euro netto nebst fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01.05.2003 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte führt aus,

als der Betriebsrat einer außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger schriftlich am 27.01.2003 zugestimmt habe, sei dieser Zustimmung ein entsprechender Beschluss des Betriebsrates vorausgegangen. Die Vermutung des Klägers, der Text des Zustimmungsschreibens sei der Betriebsratsvorsitzenden vorgegeben worden, treffe nicht zu. Die Beratung und Beschlussfassung des Betriebsrates sei nicht in Anwesenheit des Klägers, des Rechtsanwaltes Ns oder des Hoteldirektors U erfolgt. Zunächst sei der Betriebsrat von Herrn Rechtsanwalt N und Herr U über den Sachverhalt unterrichtet und um die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung gebeten worden. Anschließend habe der Betriebsrat über den Antrag beraten und den Zustimmungsbeschluss gefasst. Sodann sei dem Kläger die nicht mehr streitbefangene Kündigung vom 27.01.2003 ausgehändigt worden. Der Kläger habe sich dann über das Verfahren beschwert und moniert, das Betriebsratsmitglied T habe bei der Beratung und Beschlussfassung nicht mitgewirkt; diese Beanstandungen seien dem Betriebsrat mitgeteilt worden. Daraufhin habe der Betriebsrat das abwesende Mitglied T telefonisch erreicht und in die ergänzende Beratung einbezogen. Dies sei in Abwesenheit des Klägers, des Rechtsanwaltes Ns und des Hoteldirektors erfolgt. Im Anschluss hieran habe der Betriebsrat dem Hoteldirektor die schriftliche Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Klägers übergeben. Die Vertreter der Beklagten hätten damals davon ausgehen müssen, dass die mit Schreiben vom 27.01.2003 mitgeteilte Zustimmung des Betriebsrates nunmehr unter sorgfältiger Fehlervermeidung zustande gekommen sei. Umstände, durch die eine etwaige Fehlerhaftigkeit der Beschlussfassung für die Beklagte erkennbar geworden sei, habe es nicht gegeben.

Soweit sich der Kläger im Zusammenhang mit dem Kündigungsgrund als Opfer eine Verschwörung sehe, gebe es hierfür keine tatsächlichen Anhaltspunkte; es handele sich um bloße Vermutungen des Klägers.

Der Sachvortrag des Klägers aus der mündlichen Berufungsverhandlung vom 01.12.2004 werde mit Nichtwissen bestritten.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 07.07.2004 (Bl. 152 ff. d.A.) und das Sitzungsprotokoll des Berufungsgerichtes vom 01.12.2004 (Bl. 183 ff. d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist nach §§ 64 ff. ArbGG, 512 ff. ZPO zwar zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Das Arbeitsgericht Koblenz hat in Ergebnis und Begründung zu Recht die Klage, soweit sich der Kläger hiermit gegen die außerordentliche Kündigung vom 28.01.2003 gewandt und Arbeitsvergütung für die Zeit von Februar bis April 2004 geltend gemacht hat, als unbegründet abgewiesen. Zur Vermeidung von Wiederholungen macht sich die Berufungskammer die vollumfänglich zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichtes in seinen Entscheidungsgründen (S. 7 ff. des erstinstanzlichen Urteiles = Bl. 100 ff. d.A.) zu Eigen und sieht von einer erneuten Darstellung gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG ab. Die mit der Berufung vom Kläger geltend gemachten Einwendungen sind nicht gerechtfertigt.

1.

Die vom Arbeitsgericht vorgenommene Beweiswürdigung ist nicht zu beanstanden, da die beiden Zeugen X ins Einzelne gehend und widerspruchsfrei den Sachvortrag der Beklagten zum Kündigungsgrund bestätigt haben. Soweit der Kläger eine Intrige der Gebrüder X gegen ihn vermutet, rechtfertigt dieser Umstand keinen begründeten Zweifel am Wahrheitsgehalt der Zeugenaussagen. Der Kläger führt hier aus, er habe anlässlich einer Betriebsratswahl aufgedeckt, dass die Mitarbeiter der Firma X nicht im Wählerverzeichnis aufgeführt worden seien; dieses Unterlassen beruhe darauf, dass ein Teil der Mitarbeiter "schwarz" gearbeitet habe. Zum einen besteht kein direkter Zusammenhang zwischen der Frage, ob ein Arbeitnehmer berechtigt ist, als Wähler an einer Betriebsratswahl teilzunehmen und der Frage, ob für diesen Arbeitnehmer Einkommensteuer und Sozialversicherungsbeiträge vom Arbeitgeber abgeführt werden. Es erscheint daher von vornherein wenig folgerichtig, wenn der Kläger mutmaßt, die Aufnahme in das Wählerverzeichnis sei wegen Schwarzarbeit der Arbeitnehmer nicht erfolgt. Im Übrigen kommt es aber hierauf nicht wesentlich an, da der Kläger ausdrücklich vorträgt, dass er lediglich eine Vermutung anstelle. Eine solche ist aber unzureichend, um das Beweisergebnis zu erschüttern.

2.

Der weitere Einwand des Klägers, das Arbeitsgericht habe bei seiner Beweiswürdigung nicht ausreichend berücksichtigt, dass der Portier, Herr V, bekundet habe, dass er aus der Bar keinerlei Gespräche oder sonstige Geräusche gehört habe, ist ebenfalls ungerechtfertigt. Da eine offene Verbindung zwischen Bar und dem Bereich der Hotelrezeption besteht, musste das Paar, das in der Hotelbar den Geschlechtsverkehr ausführte, möglichst leise sein, um nicht entdeckt zu werden. Von daher ist es nicht weiter verwunderlich, wenn der Portier keine Geräusche oder Gespräche aus der Hotelbar hörte.

Es ist im Übrigen auch kein höchst ungewöhnlicher Vorgang - wie der Kläger vorträgt -, wenn die Partnerin des Klägers den Weg in die Bar über die Küche oder die Konferenzräume gefunden hätte. Denn die Beklagte hat zu keinem Zeitpunkt behauptet, dass es sich bei dieser Dame um einen Hotelgast gehandelt habe.

3.

Auch der Hinweis des Klägers auf den in den Artikeln der Zeitschriften "K" und "J" berichteten Verdacht der Korruption gegen den Hotelmanager L und eine deutsch-afghanische Reinigungsfirma lässt letztlich die weiter behauptete Intrige gegen ihn nicht erkennen. Auch wenn es sich bei dem 20-jährigen Deutsch-Afghanen, der im Artikel der Zeitschrift "J" erwähnt wird, um den Zeugen X oder dessen Bruder W - wie vom Kläger wiederum lediglich vermutet - handeln würde, wäre noch kein Zusammenhang zu dem vorliegenden Kündigungssachverhalt erkennbar. Es gibt keinen tatsächlichen Anhaltspunkt dafür, dass es sich auch hier um ein "abgekartertes Spiel" , wie dies der Kläger wiederum vermutet, zwischen Herrn L und den von ihm abhängigen Zeugen X handelt.

4.

Der weitere Einwand des Klägers gegen die Beweiswürdigung des Arbeitsgerichtes wurde während der mündlichen Berufungsverhandlung vom 01.01.2004 zu Protokoll erklärt. Hiernach habe das Betriebsratsmitglied Herr Q den Zeugen X gefragt, wie dieser dazu komme, so etwas auszusagen. Daraufhin habe Herr X erklärt: "Ich habe nur ausgesagt, was mein Bruder mir vorgegeben hat". Dies bedeutet, dass der Zeuge gar nicht mitbekommen habe, was er angeblich dort gesehen haben wolle. Die Bedeutung, welche der Kläger der Antwort des Zeugen X auf die Frage des Herrn Q zumisst, ist in dieser Eindeutigkeit, wie er es sehen will, nicht erkennbar. Wenn der Zeuge tatsächlich erklärt hat, er habe nur ausgesagt, was ihm sein Bruder vorgegeben habe, muss dies nicht zwangsläufig bedeuten, dass er die von ihm bekundeten Wahrnehmungen überhaupt nicht gemacht hat. Vielmehr ist es auch möglich, dass die beiden als Zeugen vernommenen Brüder vor ihren Aussagen über den Vorfall gesprochen haben und danach der Zeuge X den Eindruck hatte, ihm sei eine bestimmte Aussage von seinem Bruder vorgegeben worden. Dies bedeutet aber letztlich nicht, dass das Vorgegebene tatsächlich so nicht stattgefunden hat. Im Übrigen ist von dem Kläger während der Berufungsverhandlung das streitige Gespräch zwischen Herrn Q und dem Zeugen X, ohne Angabe eines Ortes sowie ohne Darstellung des gesamten Gesprächszusammenhanges vorgetragen worden, so dass kein klarer Anhaltspunkt vorhanden ist, der letztlich die Deutung des Gesprächsinhaltes durch den Kläger zwingend erscheinen lassen würde. Die Vernehmung des präsenten Zeugen Q hätte, angesichts dieser Ausgangslage, zu einem unzulässigen Ausforschungsbeweis geführt.

5.

Soweit der Kläger nach wie vor rügt, dass eine ordnungsgemäße Zustimmung des Betriebsrates (§§ 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG, 103 Abs. 1 BetrVG) zu der außerordentlichen Kündigung des Klägers nicht vorgelegen habe, ist zunächst festzustellen, dass allein die Unwirksamkeit des Zustimmungsbeschlusses nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung führt. Etwas anderes gilt nur, wenn die Tatsachen, die zur Unwirksamkeit führen, der Beklagten bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen (vgl. DLW/Dörner, 3. Aufl., D, Rdnr. 308). Die Darlegungslast für dieses Kennen oder Kennen müssen trägt der Kläger.

Die im vorliegenden Fall vom Kläger zu dem Kenntnisstand der Beklagten vorgetragenen Tatsachen lassen nicht erkennen, dass der Beklagten in Person des Hoteldirektors U eine etwaige Fehlerhaftigkeit der Beratung und Beschlussfassung des Betriebsrates vor dessen schriftlicher Zustimmungserklärung vom 27.01.2003 bekannt war oder hätte bekannt sein müssen. Der Kläger behauptet dies zwar, trägt hierzu aber keine hinreichenden Tatsachen vor.

So ist zunächst einmal nicht ersichtlich, weshalb Herrn U hätte bekannt sein sollen, dass nach dem ersten betriebsverfassungsrechtlichen Zustimmungsverfahren, dessen Unwirksamkeit vom Kläger unstreitig gerügt worden ist, keine weitere ordnungsgemäße Beratung und Beschlussfassung durch den Betriebsrat stattgefunden hat. Wenn der Kläger in diesem Zusammenhang darauf hinweist, Herrn U sei bekannt gewesen, dass am 17.01.2004 ab 14.30 Uhr nur noch drei Betriebsratsmitglieder im Hause gewesen seien, folgt hieraus nicht die Unmöglichkeit der Beschlussfassung. Denn wo und wie die Betriebsratssitzung stattfindet, war Sache des Betriebsrates; es war insbesondere nicht erforderlich diese Sitzung im Hause stattfinden zu lassen. Zumindest ergibt sich kein zwingender Rückschluss dahingehend, dass aufgrund der fehlenden Anwesenheit von drei Betriebsratsmitgliedern im Hotel der Beklagten ein wirksamer Beschluss habe nicht gefasst werden können.

Ob die Betriebsratsmitglieder P, T und Q über eine weitere Betriebsratssitzung unterrichtet worden sind oder nicht, kann dahinstehen, zumindest ist nicht ersichtlich, dass die fehlende Unterrichtung dem Hoteldirektor Herrn U bekannt war oder hätte bekannt sein müssen.

Bei dem Vortrag des Klägers zum Zustandekommen des Textes der schriftlichen Zustimmungserklärung handelt es sich um bloße Vermutungen, die zudem von der Beklagten noch bestritten worden sind. Vermutungen können aber konkreten Tatsachenvortrag zu den oben dargestellten Rechtskriterien nicht ersetzen.

Auf die Frage, ob eine zweite Betriebsratssitzung nach 14.00 Uhr stattgefunden hat oder nicht, kommt es nicht an, zumal auch insoweit eine Kenntnis oder ein Kennenmüssen des Herrn U nicht dargetan ist. Die Behauptungen des Klägers, die Geschäftsleitung habe "aus dem gesamten Ablauf" gewusst, dass überhaupt kein neuer Beschluss gefasst worden sein könne, ist pauschal und unsubstantiiert. Gleiches gilt für die Behauptung, Herr U sei in den gesamten Prozess eingebunden gewesen und deshalb sei ihm klar gewesen, dass eine Zustimmung zu einer zweiten Kündigung schon deshalb nicht erfolgt sein könne. Der Vortrag "Einbindung in den gesamten Prozess" ist nicht konkret und kann nicht mit einer Kenntnis oder dem Kennenmüssen von konkreten Umständen gleichgesetzt werden.

Schließlich ist auch nicht erkennbar, dass der Beklagten der Inhalt des Sitzungsprotokolles des Betriebsrates vom 27.01.2003 bekannt war oder hätte bekannt sein können. Hierzu trägt der Kläger ebenfalls nichts vor. Gleiches gilt für das während der mündlichen Berufungsverhandlung vorgetragene Abstimmungsverhalten des Herrn Q. Es ist auch insoweit nicht ersichtlich wie der Arbeitgeber hiervon hätte Kenntnis erlangen sollen; dies gilt unabhängig davon, ob das Abstimmungsverhalten des Herrn Q in dem Betriebsratsprotokoll zutreffend oder falsch dokumentiert ist.

Nach alledem war die Berufung des Klägers mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Für die Zulassung der Revision fehlte es unter Berücksichtigung von § 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich begründeten Anlass.

Ende der Entscheidung

Zurück