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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 31.01.2008
Aktenzeichen: 9 Sa 416/07
Rechtsgebiete: ArbGG, BGB, EFZG, GewO


Vorschriften:

ArbGG § 69 Abs. 2
BGB § 125 Satz 1
BGB § 615
BGB § 623
EFZG § 3
GewO § 108
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 05. Juni 2007, Az.: 2 Ca 282/07 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis infolge einer Eigenkündigung der Klägerin, die diese mit per Telefax an die Beklagte übermittelten Schreiben vom 14.12.2006 zum 15.01.2007 erklärt hatte, seine Beendigung gefunden hat. Ferner begehrte die Klägerin Arbeitsvergütung unter dem Gesichtspunkt der Entgeltfortzahlung bzw. des Annahmeverzugs für den Zeitraum von Januar bis einschließlich April 2007.

Zur Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 05.06.2007, Az: 2 Ca 282/07.

Sofern für das Berufungsverfahren von Interesse hat das Arbeitsgericht mit dem genannten Urteil festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die ordentliche Kündigung der Klägerin vom 14.12.2006 zum 15.01.2007 nicht aufgelöst worden ist. Ferner hat es die Beklagte verurteilt, an die Klägerin Entgeltfortzahlung bzw. Annahmeverzugsvergütung für den Zeitraum Januar bis April 2007, abzüglich der von der Agentur für Arbeit erhaltenen Leistungen zu zahlen und entsprechende Abrechnungen zu erteilen.

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im wesentlichen und zusammen gefasst ausgeführt: Die Kündigung der Klägerin sei nach §§ 623, 125 Satz 1 BGB formnichtig und habe daher das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst. Die Berufung auf den Formmangel verstoße auch nicht gegen Treu und Glauben. Ein Zahlungsanspruch im Zeitraum 01.01. bis zum 29.01.2007 folge aus § 3 EFZG; die weitergehenden Zahlungsansprüche aus § 615 BGB. Ebenso bestehe ein Anspruch auf Entgeltabrechnungen nach § 108 GewO. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des genannten Urteils verwiesen.

Gegen dieses ihr am 25.06.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem 26.06.2007 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der mit Beschluss vom 24.08.2007 bis zum 25.09.2007 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 25.09.2007 im Wesentlichen wie folgt begründet:

Es hätten Gründe bestanden, aufgrund derer die Beklagte auf die Gültigkeit der Kündigungserklärung trotz Formmangels habe vertrauen können. Sie habe am Erklärungsgehalt des Telefaxschreibens keinerlei Zweifel hegen können. Die Klägerin habe auch nicht aus einer emotional geprägten Momentreaktion heraus gehandelt. Auch in einem Telefonat zwischen der Klägerin und dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 15.12.2006 habe die Klägerin keinen Zweifel an der Ernsthaftigkeit ihrer Kündigungserklärung gelassen. Sie handele daher treuwidrig, wenn sie sich im Nachhinein auf die Unwirksamkeit ihrer Kündigung berufe. Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 25.09.2007 sowie vom 22.11.2007 (Bl. 68 ff. d. A., 89 f. d. A.) Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 05.06.2007, Az: 2 Ca 282/07, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurück zu weisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 26.10.2007, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 84 ff. d. A.), als zutreffend. Unsubstantiiert und unzutreffend sei insbesondere die Behauptung der Beklagten, die Klägerin habe anlässlich eines Telefonats am 15.12.2006 die Endgültigkeit ihrer Entscheidung betont. Vielmehr habe sie lediglich klargestellt, dass sie momentan nicht mehr könne. Dies vor dem Hintergrund des Widerrufs des bereits bewilligten Jahresurlaubs vom 06.12. bis 20.12.2006. Ausweislich des Schreibens vom 21.12.2006 habe die Beklagte auch den Zusammenhang des Ausspruchs der Kündigung und der Erkrankung der Klägerin erkannt.

Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Das Rechtsmittel ist an sich statthaft. Die Berufung wurde auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet.

II. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Die Berufungskammer schließt sich voll umfänglich der ausführlichen und sorgfältigen Begründung der angefochtenen Entscheidung an und stellt dies hiermit gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens sind lediglich folgende ergänzende Ausführungen veranlasst:

Dass eine per Telefax erklärte Kündigung die nach § 623 BGB erforderliche Schriftform nicht wahrt, entspricht nahezu einhelliger Auffassung in Literatur (vgl. etwa KR-Kündigungsschutzgesetz/Spilger, 8.Auflage, § 623 BGB, Rz. 121) und Rechtsprechung (z. B. LAG Rheinland-Pfalz 21.01.2004, 10 Sa 475/03, LAG-Report 2005, 43 ff.). Die deshalb nach § 125 Satz 1 BGB eingetretene Rechtsfolge der Nichtigkeit der Kündigung entfällt auch nicht deshalb, weil die Beklagte mit der nicht formgerechten Kündigung einverstanden gewesen ist. Ein derartiges Einverständnis ersetzt den Mangel der Form nicht (KR-Kündigungsschutzgesetz, a.a.O., Rz. 133).

Die Berufungskammer teilt auch die Auffassung des Arbeitsgerichts, dass es der Klägerin in vorliegendem Fall nicht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt ist, sich auf den Formmangel zu berufen. Die Berufung auf den Mangel der gesetzlichen Schriftform kann zwar ausnahmsweise gegen Treu und Glauben verstoßen. Grundsätzlich ist die Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Form jedoch zu beachten, damit die Formvorschriften des Bürgerlichen Rechts nicht ausgehöhlt werden (BAG 16.09.2004 - 2 AZR 659/03 -, EzA § 623 BGB 2002, Nr. 1). Formvorschriften dürfen im Interesse der Rechtssicherheit nicht aus bloßen Billigkeitserwägungen außer Acht gelassen werden, sondern nur, wenn es nach den Beziehungen der Parteien und den gesamten Umständen mit Treu und Glauben unvereinbar wäre, eine Rechtsposition an einem Formmangel scheitern zu lassen. Hierbei sind strenge Maßstäbe anzulegen. Das Ergebnis darf die betroffene Partei nicht bloß hart treffen, sondern es muss schlechthin untragbar sein (BGH vom 24.04.1998 - V ZR 197/97; LAG Rheinland-Pfalz 12.07.2007 - 2 TaBV 74/06 -; KR-Kündigungsschutzgesetz, a.a.O., Rz. 200).

Umstände, die diese Annahme in vorliegendem Fall rechtfertigen, sind nicht ersichtlich. Hierbei kann dahinstehen, welchen genauen Inhalt das Telefonat zwischen der Klägerin und dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 15.12.2006 hatte. Durch das Telefonat der Sozialarbeiterin am 20.12.2006 der Klinik, in welche sich die Klägerin zu diesem Zeitpunkt befand und aufgrund des eigenen Schreibens der Klägerin vom 03.01.2007 war für die Beklagte noch innerhalb der laufenden Kündigungsfrist erkennbar, dass die Klägerin am Arbeitsverhältnis festhalten will. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte zuvor bereits infolge der Annahme der Wirksamkeit der Kündigungserklärung Dispositionen getroffen hat.

III. Die Berufung war daher mit der sich aus § 97 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen. Die gesetzlichen Voraussetzungen einer Revisionszulassung liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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