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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 02.11.2005
Aktenzeichen: 9 Sa 469/05
Rechtsgebiete: ArbGG, BGB, ZPO, BRTV, AkkordTV


Vorschriften:

ArbGG §§ 64 ff.
ArbGG § 69 Abs. 2
BGB § 288
BGB § 611 Abs. 1
ZPO § 138 Abs. 3
ZPO § 138 Abs. 4
ZPO § 287 Abs. 2
ZPO §§ 512 ff.
BRTV § 15
AkkordTV § 3.10
AkkordTV § 4 Ziffer 4.1
AkkordTV § 4.3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 9 Sa 469/05

Entscheidung vom 02.11.2005

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 15.04.2005, Az.: 2 Ca 4408/03 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Zahlung von restlicher Arbeitsvergütung.

Von einer wiederholenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 15.04.2005 (dort S. 3 f. = Bl. 116 f. d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.475,12 EUR brutto nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 288 BGB seit dem 15.07.2003 zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere 1.013,20 EUR brutto nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 288 BGB seit dem 15.10.2003 zu zahlen,

3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere 230,64 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.11.2003 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht Koblenz hat mit Urteil vom 15.04.2005 (Bl. 114 ff. d.A.) die Beklagte verurteilt, an den Kläger 2.475,12 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem Basiszinssatz aus 885,36 EUR seit 15.07.2003, aus 989,68 EUR seit 15.08.2003 und aus 608,00 EUR seit 15.09.2003 zu zahlen; des Weiteren hat das Arbeitsgericht die Beklagte verurteilt, an den Kläger 1.113,20 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.10.2003 und des Weiteren 230,64 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.11.2003 zu zahlen. Im Übrigen hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.

Zur Begründung des klagezusprechenden Teiles seiner Entscheidung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger stünden die geltend gemachten Restvergütungsansprüche für die Zeit von Juni 2003 bis einschließlich Oktober 2003 zu. Der Kläger habe zu Recht einen Gesamttarifstundenlohn in Höhe von 15,27 EUR brutto für Fliesenleger nach der Lohngruppe 4 des Lohntarifvertrages für das Baugewerbe in Rheinland-Pfalz verlangt. Auch bei Akkordarbeiten werde nach § 3.10 des Akkordtarifvertrages für das Platten- und Fliesenlegergewerbe dieser tarifliche Stundenlohn garantiert.

Darüber hinaus sei auch nicht zu beanstanden, dass die Forderung auf der Grundlage einer täglichen Arbeitszeit von acht Stunden berechnet worden sei. Das Bestreiten der Beklagten bleibe insoweit ohne Erfolg. Die Beklagte habe nämlich für die streitigen Monate dem Kläger Lohnabrechnungen erteilt und hierbei eine Arbeitszeit von acht Stunden je Tag zugrunde gelegt. Sie habe Informationen über den Arbeitsumfang des Klägers auf den einzelnen Baustellen gehabt, da sie unter anderem vorgetragen habe, ihr lägen Aufmaße von Arbeitskollegen des Klägers vor, die mit diesem zusammen auf den Arbeitsstellen gearbeitet hätten. Soweit die Beklagte geltend mache, die in den Lohnabrechnungen ausgewiesenen Arbeitszeiten würden lediglich auf einer Schätzung des Betriebsleiters X beruhen, mache sich die Kammer diese Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO zu eigen.

Soweit sich die Beklagte auf die tarifliche Ausschlussfrist nach § 15 des Bundesrahmentarifvertrags für das Baugewerbe berufe, bleibe dies ebenfalls ohne Erfolg, zumal der Kläger die ihm zustehenden Restforderungen innerhalb einer Frist von zwei Monaten jeweils geltend gemacht habe. Dies gelte auch für den Restvergütungsanspruch aus dem Monat Juni 2003, zumal dieser Anspruch erst zum 15.07.2003 fällig geworden sei und das Geltendmachungsschreiben der Beklagten am 13.09.2003, also innerhalb der Zweimonatsfrist, zugegangen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichtes wird auf S. 5 ff. des Urteils vom 15.04.2005 (Bl. 118 ff. d.A.) verwiesen.

Die Beklagte, der die Entscheidung des Arbeitsgerichts am 13.05.2005 zugestellt worden ist, hat am 09.06.2005 Berufung zum Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt und am 01.08.2005 ihr Rechtsmittel begründet nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zum 15.08.2005 verlängert worden war.

Die Beklagte macht geltend,

der Kläger trage die Darlegungslast für die Anzahl der von ihm tatsächlich abgeleisteten Stunden. Auf die von der Beklagten ausgestellten Lohnabrechnungen könne er sich nicht berufen, da die dort eingetragenen acht Stunden lediglich auf einer Schätzung des Betriebsleiters der Beklagten, Herrn X beruhen würden. Die gerichtliche Schätzung der Stundenzahl verfehle den Zweck des § 287 Abs. 2 ZPO. Vor der Anwendung dieser gesetzlichen Regelung hätte das Arbeitsgericht den Kläger auffordern müssen, nachzuweisen, wie viele Arbeitsstunden er täglich abgeleistet habe. Entsprechendes darzulegen wäre für ihn auch nicht unverhältnismäßig schwierig gewesen. Dies gelte um so mehr, als nach § 4 Ziffer 4.1 des Akkordtarifvertrages für das Platten- und Fliesenlegergewerbe den Kläger die Pflicht treffe, einen Leistungsnachweis einzureichen. Des Weiteren hänge die Schätzung des Arbeitsgerichtes, mangels greifbarer Anhaltspunkte, völlig in der Luft. Die Dokumentation von acht Arbeitsstunden je Tag in den Lohnabrechnungen beruhe nämlich im Übrigen auch darauf, dass in das Computerprogramm der Beklagten eine Arbeitszeit eingegeben werden müsse, damit eine Abrechnung möglich sei. Deshalb habe die Beklagte eine geschätzte Arbeitszeit eingegeben, ohne dass diese den tatsächlichen Verhältnissen entsprochen habe. Zur Beurteilung der Arbeitszeit des Klägers könne auch nicht auf die Arbeitsleistungen seiner Arbeitskollegen zurückgegriffen werden, da jeder Arbeitnehmer bei der Erbringung seiner Akkordleistung sehr selbständig sei. Beginn und Ende der Arbeitszeiten der auf einer Baustelle eingesetzten Fliesenleger würden nicht übereinstimmen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 28.07.2005 (Bl. 144 ff. d.A.) und 16.09.2005 (Bl. 156 ff. d. A.) Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 15.04.2005, Az.: 2 Ca 4408/03, zugestellt am 13.05.2005, die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger führt aus,

er habe sich auf die von der Beklagten in den Lohnabrechnungen zugrundegelegten Stundenzahlen berufen können. Nach einer abgestuften Darlegungs- und Beweislast, die im vorliegenden Fall zum Tragen komme, sei es zunächst Sache der Beklagten gewesen, substantiiert vorzutragen, an welchen Tagen aus welchen konkreten Gründen die Angaben zur Arbeitszeit des Klägers falsch seien. Das Arbeitsgericht habe seine Entscheidung auch zu Recht auf § 287 Abs. 2 ZPO gestützt. Die vollständige Aufklärung aller für die Höhe der streitigen Forderung maßgebenden Umstände wäre mit Schwierigkeiten verbunden gewesen, die zu der Bedeutung des streitigen Teils der Forderung in keinem Verhältnis gestanden hätten, da der Kläger keine exakten Aufzeichnungen über die Aufmaße bzw. über seine tägliche Arbeitszeit während der streitgegenständlichen Zeit angefertigt habe. Er habe sich insoweit darauf verlassen, dass der Betriebsleiter X sich um die Aufmaße kümmere; dies sei ihm so von dem Betriebsleiter mitgeteilt worden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 05.09.2005 (Bl. 151 ff. d.A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist nach §§ 64 ff. ArbGG, 512 ff. ZPO zwar zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Der Kläger hat einen arbeitsvertraglichen Anspruch nach § 611 Abs. 1 BGB in Verbindung mit §§ 4.3 und 3.10 des Akkordtarifvertrages für das Platten- und Fliesenlegergewerbe in Rheinland-Pfalz und dem Saarland vom 20.01.1989 (im folgenden: AkkordTV) auf Zahlung von restlicher Arbeitsvergütung für die Zeit vom Juni 2003 bis einschließlich Oktober 2003 in Höhe von insgesamt 3.718,96 EUR brutto zuzüglich der vom Arbeitsgericht zugesprochenen Zinsen. Nach § 4.3 AkkordTV erhält der Arbeitnehmer während der Dauer einer Akkordarbeit an dem im Betrieb üblichen Lohnzahlungstag den tariflichen Gesamtstundenlohn für die tatsächlich geleisteten Stunden. Gemäß § 3.10 wird für die Arbeit im Akkord der tarifliche Stundenlohn garantiert. Nach der Lohntabelle für das Baugewerbe in Rheinland-Pfalz und Saarland vom 01.04.2003 bis 31.03.2004 sind Plattenleger in die Lohngruppe 4 eingruppiert und erhalten einen Gesamttarifstundenlohn in Höhe von 15,27 EUR brutto.

Da der Kläger während der streitgegenständlichen Zeit unstreitig im Akkord auf Baustellen der Beklagten gearbeitet hat, steht ihm der tariflich garantierte Gesamttarifstundenlohn in Höhe von 15,27 EUR brutto zu.

Der darlegungsbelastete Kläger hat die von ihm tatsächlich abgeleisteten Stunden dargelegt, indem er sich auf die von der Beklagten erteilten Lohnabrechnungen, in denen je Arbeitstag acht Stunden ausgewiesen waren, berufen hat. Dieses Vorbringen des Klägers zu seiner Arbeitszeit aus dem streitgegenständlichen Zeitraum hat die Beklagte nicht in erheblicher Weise bestritten. Ein solches Bestreiten wäre unter Beachtung von § 138 Abs. 3 und 4 ZPO entweder ausdrücklich oder mit Nichtwissen möglich gewesen. Von beiden Möglichkeiten hat die Beklagte im Rahmen des Rechtsstreites keinen Gebrauch gemacht. Allein der Hinweis darauf, dass die in den Lohnabrechnungen ausgewiesenen Arbeitsstunden des Klägers lediglich auf Schätzungen des Betriebsleiters X beruhen würden, stellt kein erhebliches Bestreiten dar. Denn diesem Vorbringen ist nicht zu entnehmen, in welchem Umfang die Schätzung des Betriebsleiters unzutreffend sein soll. Der Vortrag des Beklagten, die vom Betriebsleiter geschätzte Stundenzahl sei unzutreffend, ist pauschal und daher ebenfalls nicht geeignet, die vom Kläger für seine Arbeitstage konkret geltend gemachte Stundenzahl streitig zu stellen. Die Tatsache, dass Lohnabrechnungen bei der Beklagten nur dann erstellt werden können, wenn in das Computersystem Arbeitszeiten eingegeben werden, lässt schließlich auch nicht erkennen, dass die im Falle des Klägers eingegebenen acht Stunden je Arbeitstag unrichtig waren. Der Beklagten stand es letztlich frei, selbst zu beurteilen, in welchem Umfang der Kläger Arbeitsleistungen erbracht hat und dies in den Computer einzugeben. Nach Auffassung der Berufungskammer kommt es mithin nicht mehr auf § 287 Abs. 2 ZPO an, da die lediglich in unerheblicher Weise bestrittenen Angaben des Klägers ohne weiteres zugrunde zu legen waren.

Im Übrigen macht sich die Berufungskammer die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichtes nach Maßgabe der obigen Ausführungen zu eigen und verzichtet gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf eine erneute Darstellung.

Nach alledem war die Berufung des Klägers mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Gegen die vorliegende Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben. Für die Zulassung der Revision fehlte es unter Berücksichtigung von § 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich begründeten Anlass.

Ende der Entscheidung

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