Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 04.05.2005
Aktenzeichen: 9 Sa 494/04
Rechtsgebiete: ArbGG, BGB, StGB, ZPO


Vorschriften:

ArbGG §§ 64 ff.
ArbGG § 69 Abs. 2
BGB § 276 Abs. 2
BGB § 280 Abs. 1
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 823 Abs. 2
StGB § 242
StGB § 246
ZPO §§ 512 ff.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 9 Sa 494/04

Verkündet am: 04.05.2005

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 19.05.2004, Az.: 11 Ca 3187/03 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Leistung von Schadensersatz.

Von einer wiederholenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 19.05.2004 (dort S. 3 bis 5 = Bl. 69 bis 71 d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 9.735,21 EUR nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 23.09.2003 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - hat mit Urteil vom 19.05.2004 (Bl. 67 ff. d.A.) die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger stehe weder nach § 823 Abs. 1 BGB, § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 246 StGB noch nach § 280 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 9.735,21 EUR zu, da ein Verschulden der Beklagten am Abhandenkommen des im Tresor des Klägers aufbewahrten Geldes nicht feststellbar sei; des Weiteren fehle es auch an dem notwendigen Schaden.

Der Beklagten könne kein fahrlässiges Verhalten im Sinne von § 276 Abs. 2 BGB vorgeworfen werden, obwohl sie am 23.09.2003 einen Schlüsselbund auf ihrem Schreibtisch habe liegen lassen, an welchem ein Tresorschlüssel befestigt gewesen sei. Sie habe nicht davon ausgehen müssen, dass ein Liegenlassen dieses Schlüssels zum Entwenden des Geldes führen werde. Zum Büro der Beklagten hätten nämlich vier weitere Personen, nämlich der Kläger, dessen Ehefrau, dessen Tochter sowie der weitere Mitarbeiter W Zugang gehabt. Die Beklagte habe nicht damit rechnen müssen, dass eine dieser Personen die Gelegenheit für einen Diebstahl nutzen würde.

Soweit der Kläger der Beklagten vorhalte, sie habe ihn nicht über das Abhandenkommen des Tresorschlüssel informiert, so könne der entsprechende Sachvortrag als zutreffend unterstellt werden, zumal er trotzdem nicht zu einer Schadensersatzverpflichtung führe. Es fehle nämlich an einem kausalen Zusammenhang zwischen der Nichtmitteilung über das Fehlen des Tresorschlüssels und dem von dem Beklagten behaupteten Schaden. Das Öffnen des Tresors sei nämlich nicht ausschließlich mit dem Tresorschlüssel, der am Schlüsselbund der Beklagten befestigt gewesen sei, möglich gewesen, sondern auch mit einem Zweitschlüssel, welcher unverschlossen im Büro der Klägerin aufbewahrt worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichtes wird auf S. 5 ff. des Urteils vom 19.05.2004 (= Bl. 71 ff. d.A.) verwiesen.

Der Kläger, dem die Entscheidung des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - am 09.06.2004 zugestellt worden ist, hat am 22.06.2004 Berufung zum Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz unter gleichzeitiger Begründung seines Rechtsmittels eingelegt.

Der Kläger macht geltend, aufgrund folgender Indizien ergebe sich der zwingende Schluss im Sinne des prima facie Beweises, dass die Beklagte das in dem Tresor aufbewahrte Geld an sich genommen habe:

Der Tresor befinde sich in ihrem Büro; solange sich die Beklagte selbst im Büro aufgehalten habe, was natürlich zumeist der Fall gewesen sei, sei ein Diebstahl durch Dritte ausgeschlossen gewesen.

Die Beklagte habe ihren Sachvortrag im Übrigen mehrfach gewechselt. Als sie kurz nach dem Tatgeschehen von der Polizei gefragt worden sei, ob die entwendeten Gelder sich noch im Tresor befunden hätten, als sie diesen gegen 14.00 Uhr geöffnet habe, habe sie ausgeführt, sie erinnere sich insoweit nicht. Monate später habe sie allerdings erklärt, sie sei sich sicher, dass gegen 14.00 Uhr, als sie die Einnahmen der Zeugin V in den Tresor habe einstellen wollen, sämtliche Einnahmen noch im Tresor gewesen seien. Wieso ihr Erinnerungsvermögen sich insoweit verbessert habe, habe sie nicht begründet. Mit ihrer letzten Erklärung habe sie eine prozesstaktische Besserstellung bezweckt, zumal zusätzliche Täter in Betracht gekommen seien, wenn sich das Geld um 14.00 Uhr noch im Tresor befunden hätte.

Mit Ausnahme der Beklagten habe kein anderer Inhaber eines Schlüssels für ihr Büro Zugriff auf den Tresor nehmen können. Jeder der anderen Schlüsselinhaber hätte mit einem Entdecken der Tat durch die Beklagte rechnen müssen.

Es sei auch erstaunlich, dass eine Arbeitnehmerin, die Tresorzuständigkeit habe, angesichts der gegebenen Umstände nicht in "Alarmbereitschaft" versetzt worden sei und sich sofort vergewissert habe, was noch im Tresor sei und was nicht. Anlass hierfür hätte für die Klägerin sein müssen, dass sie nicht nur ihren eigenen Tresorschlüssel vermisst, sondern darüber hinaus auch festgestellt habe, dass der im Tresor befindliche Schlüssel für die Öffnung des oberen Tresorfaches nicht mehr vorhanden gewesen sei.

Unabhängig hiervon müsse in dem Liegenlassen des Schlüsselbundes auf dem Schreibtisch eine grobe Fahrlässigkeit der Beklagten gesehen werden, zumal sie - aufgrund entsprechender Anweisungen des Klägers - verpflichtet gewesen sei, den Tresorschlüssel bei sich zu halten. Sie habe den Beklagten über diesen Umstand nicht informiert; in dem Telefongespräch, das sie mit der Ehefrau des Klägers geführt habe, habe sie lediglich geäußert, ihr Schlüssel sei weg. Hieraus habe die Ehefrau des Klägers den Schluss ziehen müssen, es handele sich hierbei um den Verlust des Büroschlüssels.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 11.06.2004 (Bl. 82 ff. d.A.), 01.09.2004 (Bl. 107 ff.d.A.) und 11.04.2005 (Bl. 154 ff. d.A.) verwiesen.

Der Kläger beantragt,

das am 19.05.2004 verkündete und am 09.06.2004 zugestellte Endurteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied -, Az.: 11 Ca 2187/03 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 9.735,21 EUR nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 23.09.2003 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte führt aus, das Liegenlassen des Schlüsselbundes mit dem Tresorschlüssel auf ihrem Schreibtisch verkörpere kein fahrlässiges Verhalten, da niemand außer den berechtigten Personen Zutritt zu ihrem Büro gehabt habe. Im Übrigen habe sie unmittelbar nach der Feststellung, dass der Tresorschlüssel verschwunden sei, den Beklagten hierüber telefonisch auf dessen Handy informiert. Der Beklagte habe die Frage der Klägerin, ob er den Tresorschlüssel gefunden habe, verneint. Während des Telefongespräches habe der Gesprächspartner der Klägerin zwischen dem Beklagten und dessen Ehefrau gewechselt. Der Beklagte habe während des Telefonates erklärt, dass es durchaus möglich sei, dass er den Schlüssel der Klägerin mitgenommen habe, sollte dies der Fall sein, läge dieser in seinem Büro.

Sie, die Beklagte habe das Geld nicht entwendet. Am 23.09.2003 gegen 14.20 Uhr habe sie den Tresor mit dem Ersatzschlüssel geöffnet, um das von der Zeugin V gebrachte Geld dort zu deponieren. Dabei sei ihr nicht aufgefallen, dass etwas fehle. Eine Anweisung des Klägers, wonach die Beklagte verpflichtet sei, den Tresorschlüssel ständig bei sich zu halten, habe es zu keinem Zeitpunkt gegeben. Eine solche Anweisung wäre im Übrigen unsinnig, da ein zweiter Tresorschlüssel im Büroraum der Beklagten unverschlossen in einem Schrank in der Vergangenheit immer aufbewahrt worden sei.

Den weiteren Schlüssel, der im Tresor gewöhnlicher Weise aufbewahrt worden sei, um ein darin befindliches Fach zu öffnen, sei von der Klägerin am 23.09.2003 zwar kurz gesucht worden; sie habe diese Suche aber nicht zu Ende geführt, weil sie zu diesem Zeitpunkt den Schlüssel nicht unbedingt benötigt habe und wegen der Fülle des Tresors ein Suchen auch umständlich gewesen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 22.07.2004 (Bl. 95 ff. d.A.), 19.11.2004 (Bl. 117 ff. d.A.), 30.11.2004 (Bl. 125 f. d.A.), 17.02.2005 (Bl. 143 f. d.A.) und 26.04.2005 (Bl. 164 ff. d.A.) Bezug genommen.

Die Staatsanwalt Koblenz hat gegen die Klägerin ein Ermittlungsverfahren wegen Diebstahl in einem besonders schweren Fall eingeleitet, das unter dem Az.: 2080 Js 56506/03 geführt worden ist; das Berufungsgericht hat die Ermittlungsakte zur weiteren Sachaufklärung beigezogen. Das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren führte zu einer Anklage der Klägerin wegen Diebstahls (vgl. Bl. 309 ff. der Ermittlungsakte). Das Amtsgericht Neuwied hat daraufhin mit Beschluss vom 16.12.2004 die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt (vgl. Bl. 325 f. d.A.).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den gesamten Akteninhalt sowie den Akteninhalt der beigezogenen Ermittlungsakte und auf die von beiden Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist nach §§ 64 ff. ArbGG, 512 ff. ZPO zwar zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Leistung von Schadensersatz in Höhe von 9.735,21 EUR nebst Zinsen. Die rechtlichen Voraussetzungen nach § 823 Abs. 1 BGB, 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 242 StGB sowie § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit einer Verletzung arbeitsvertraglicher Obhutspflichten sind nicht erfüllt, da nicht festgestellt werden kann, dass ein schuldhaftes Verhalten der Klägerin kausal für das - hier der Einfachheit halber unterstellte - Verschwinden von Geld aus dem Tresor des Klägers wurde.

1.

Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, die Beklagte habe am 23.09.2003 anweisungswidrig ihren Schlüsselbund, an dem der Tresorschlüssel befestigt gewesen sei, offen auf ihrem Schreibtisch liegen lassen, bedarf es nicht der Aufklärung der Frage, ob insoweit ein fahrlässiges Fehlverhalten der Beklagten gegeben war. Es fehlt nämlich an dem kausalen Zusammenhang zwischen dem Liegenlassen des Schlüsselbundes und dem Verschwinden des Geldes. In dem Büroraum der Beklagten wurde unter Duldung und zu vermutendem Einverständnis des Klägers ein weiterer Tresorschlüssel unverschlossen in einem Kommodenschrank aufbewahrt. Ein Dieb benötigte mithin nicht den Tresorschlüssel vom Schlüsselbund der Klägerin, um den Tresor zu öffnen, sondern konnte ohne weiteres auch den innerhalb des Büroraumes zur Verfügung stehenden Zweitschlüssel benutzen. Mithin steht nicht fest, dass das offene Liegenlassen des Schlüsselbundes kausal wurde für die Öffnung des Tresors und die Entnahme des Geldes.

2.

Wenn der Kläger weiter darauf hinweist, dass die Beklagte seiner Ehefrau während des Telefongespräches vom 23.09.2003 lediglich mitgeteilt habe, ihr Schlüssel sei weg, kann auch dieser Sachverhalt als zutreffend unterstellt werden. Selbst wenn die Beklagte - wie sie behauptet - tatsächlich auch das Verschwinden des Tresorschlüssels im Verlaufe des Telefongespräches hingewiesen hätte, wäre nach dem weiteren Vorbringen des Beklagten der Diebstahl des Geldes nicht zu verhindern gewesen. Denn der Beklagte führt an anderer Stelle seiner Berufungsbegründung aus, als Tatzeitraum könne nur die Zeit am 23.09.2003 bis 14.00 Uhr in Betracht kommen. Es ist aber nicht nachvollziehbar, wie ein Diebstahl, der in der Zeit bis 14.00 Uhr begangen wurde, durch eine telefonische Information, welche nach den Angaben des Klägers bei seiner polizeilichen Vernehmung vom 25.09.2003 um 14.25 Uhr erfolgte (vgl. Bl. 26 der staatsanwaltlichen Ermittlungsakte), hätte verhindert werden können. Hier fehlt es an schlüssigen Angaben des darlegungspflichtigen Klägers zur Kausalität zwischen der behaupteten Fehlinformation und dem Geldverlust.

3.

Der notwendige kausale Zusammenhang ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag des darlegungspflichtigen Klägers, die Beklagte habe das abhanden gekommene Geld am 23.09.2003 aus dem Tresor entwendet. Denn er vermag den streitigen Vorgang der Entwendung nicht konkret darzulegen und zu beweisen.

Des Weiteren ergeben die von ihm vorgetragenen Indizien auch keinen Beweis des ersten Anscheins für die Täterschaft der Beklagten. Ein solcher Beweis setzt grundlegend voraus, dass ein typischer Geschehensablauf feststeht, das heißt ein Sachverhalt, bei dem nach der Lebenserfahrung auf das Hervorrufen einer bestimmten Folge oder die Verursachung durch ein bestimmtes Verhalten geschlossen werden kann. Die Typizität beurteilt der Richter nach der Lebenserfahrung. Hierbei ist Vorsicht am Platze. Bloße Wahrscheinlichkeiten genügen nicht. Der behauptete Vorgang muss vielmehr zu jenen gehören, die schon auf den ersten Blick nach einem durch Regelmäßigkeit, Üblichkeit und Häufigkeit geprägten "Muster" abzulaufen pflegen (vgl. Greger in Zöller, ZPO, 23. Aufl., Rdnr. 29 vor § 284). Keiner der von dem Kläger vorgetragenen Umstände ergibt einzeln oder in Verbindung mit den anderen einen solchen Geschehensablauf.

a) Dass die Beklagte die meiste Zeit selbst in ihrem Büro anwesend war, ist kein Umstand, aus dem nach aller Lebenserfahrung auf einen Diebstahl des Tresorinhaltes geschlossen werden kann. Die "meiste Zeit" reicht hierfür nicht aus. Tatsächlich war die Klägerin nicht andauernd in ihrem Büro; dies zeigt schon ein Bild, das von der Videokamera im Eingangsbereich des Raststättenbereiches am 22.09.2003 um 11.18 Uhr aufgenommen wurde (vgl. Bl. 233 der Ermittlungsakte). Hier ist die Beklagte hinter einem Bartresen zu sehen. Des Weiteren musste die Beklagte ihr Büro zumindest für die notwendigen Toilettengänge verlassen. Mithin bestand für Dritte hinreichend Gelegenheit, das Geld, ohne dass dies hätte beobachtet werden können, zu entwenden.

b) Dass es die Beklagte am leichtesten hatte, das Geld zu stehlen macht sie nicht typischer Weise im Sinne eines Anscheinsbeweises zur Täterin. Zu dem Büroraum der Beklagten und damit auch zu dem Tresor hatten - einschließlich der Beklagten - insgesamt fünf berechtigte Personen freien Zugang; vier von diesen Personen hielten sich am 23.09.2003 im räumlichen Bereich der Raststätte zumindest zeitweise auf. Lediglich Frau A. war während der Zeit von 10.00 Uhr bis 14.00 Uhr in U. Neben den zutrittsberechtigten Personen kommen nach Feststellung der Polizei, wonach die Bürotür gewaltsam hätte geöffnet werden kann (vgl. Bl. 3 der Ermittlungsakte), auch Unbekannte in Betracht, die sich Zutritt zu dem Büroraum hätten verschaffen können. Mithin kann allein aus statistischen Erwägungen kein Rückschluss auf die Täterschaft der Klägerin gezogen werden.

c) Dass die Beklagte im Laufe des arbeitsgerichtlichen wie auch des staatsanwaltschaftlichen Verfahrens versuchte, den Kläger zu belasten, ist nach aller Lebenserfahrung ebenfalls kein Umstand, der auf ihre Täterschaft hindeutet. In beiden Verfahren wurde der Beklagten vorgehalten, sie komme als Diebin in Betracht. In einer solchen Situation ist es nachvollziehbar, dass die Beklagte zur eigenen Entlastung auf andere mögliche Täter hinweist.

d) Allerdings gibt es auch tatsächliche Indizien, welche die Beklagte belasten. So hat sie nach ihrer eigenen Sachdarstellung, nach Feststellung des Verschwindens ihres Schlüsselbundes einschließlich des Tresorschlüssels, den Tresor mit dem Zweischlüssel geöffnet und den weiteren, im Tresor aufbewahrten Schlüssel für ein Tresorfach - so ihre letzte Darstellung im Berufungsverfahren - gesucht und diese Suche dann eingestellt. Ein solches Verhalten ist aus Sicht eines objektiven Dritten ungewöhnlich. Wenn ein Tresorschlüssel fehlt und ein weiterer Schlüssel, der im Tresor aufbewahrt wird, nicht gefunden werden kann, besteht normalerweise hinreichender Anlass, den Tresorinhalt sofort und genau zu überprüfen.

Weiter belastend ist, dass die Beklagte bei ihrer polizeilichen Vernehmung vom 24.09.2003 noch angab, der Schlüssel, welcher im Tresor aufbewahrt worden sei, sei weg gewesen (vgl. Bl. 15 der Ermittlungsakte), während sie im Berufungsverfahren zuletzt vortragen ließ, sie habe die Suche nach diesem Schlüssel eingestellt. Hinzu kommt schließlich, dass sie bei der ersten polizeilichen Vernehmung bekundete, sie könne im Zusammenhang mit dem Öffnen des Tresors mittels des Zweitschlüssels nicht mehr sagen, ob die "Geldbombe und das andere Geld in der weißen Schale" noch im Tresor gewesen seien. Später ließ sie im Berufungsverfahren vortragen, ihr sei nicht aufgefallen, dass etwas gefehlt habe.

Diese Unterschiede im Sachvortrag wie auch das von der Beklagten dargelegte Verhalten nach Bemerken des Verschwindens ihres Schlüsselbundes reichen aber weder einzeln noch zusammengenommen aus, um mit hinreichender Sicherheit von einem für einen Diebstahl typischen Geschehensablauf auszugehen. Insbesondere angesichts des verhältnismäßig großen Täterkreises von drei weiteren Bürozutrittsberechtigten, die sich im Bereich der Raststätte am 23.09.2003 aufhielten und weiterer Unberechtigter, die als mögliche Täter nicht gänzlich auszuschließen sind, genügen allein die unbefriedigende Erläuterung des Verhaltens der Beklagten nach der Feststellung des Abhandenkommens des Tresorschlüssels sowie ihr teilweise wechselnder Sachvortrag nicht, um ohne weitere Anhaltspunkte, die unmittelbar über den Tathergang Aufschluss geben könnten, von einer Täterschaft der Beklagten auszugehen. Es gibt insoweit zu viele weitere Tatalternativen, die nach aller Lebenserfahrung nicht ohne weiteres ausgeschlossen werden können.

Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Gegen die vorliegende Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben; für die Zulassung der Revision fehlte es unter Berücksichtigung von § 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich begründeten Anlass.

Ende der Entscheidung

Zurück