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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 25.01.2006
Aktenzeichen: 9 Sa 786/05
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO, KSchG, BGB


Vorschriften:

ArbGG §§ 64 ff.
ZPO §§ 512 ff.
KSchG § 1 Abs. 1
KSchG § 1 Abs. 2
KSchG § 9 Abs. 1 Satz 2
BGB § 626
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 9 Sa 786/05

Entscheidung vom 25.01.2006

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 25.05.2005, Az.: 4 Ca 37/05 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Der Auflösungsantrag der Beklagten vom 29.11.2005 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer ordentlichen Kündigung sowie um die gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses.

Der am 28.06.1953 geborene, verheiratete Kläger, der einen 17jährigen Sohn hat, ist seit dem 01.02.1992 als technischer Angestellter auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 03.02.1992 (Bl. 1 ff. des Anlagenbeiheftes) beschäftigt. Er wurde als Bauingenieur (FH) im Bereich der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung Südwest, zuletzt im Wasser- und Schifffahrtsamt X. (Dienstposten 2/32) eingesetzt und bezieht Arbeitsentgelt nach der Vergütungsgruppe IVa BAT.

Nachdem Vorgesetzte des Klägers zu der Auffassung gelangt waren, dass er sich bei seiner Arbeit nicht derart bewährt habe, dass eine Höhergruppierung in die Vergütungsgruppe III BAT eingetreten sei, wurden dem Kläger - laut schriftlichem Aktenvermerk vom 26.02.2004 (Bl. 99 ff. des Anlagenbeiheftes) - für die Zeit vom März 2004 bis Dezember 2004 folgende Arbeitsaufgaben, die in dem Aktenvermerk konkretisiert sind, übertragen:

1. Sanierung von Betriebsbrücken

(Ausschreibungen, Mängelbeseitigung, Prüfliste aktualisieren)

2. Untersuchung Nutzung und Zustand Hafen von W.

(Gutachten)

3. Liegestelle V.

(Planung)

4. a) Wasserbauliche Anlagen im ABz. U.

(Planung)

oder

b) Unfallanalyse Schiffsverkehr

(Analyse von Unfallmeldungen)

5. Untersuchung, Sanierung, Umbau, Neubau des ABz. V. am Standort V., alternativer Standort Hafen W.

(Kostenermittlung, Bauzeitenermittlung, Klärung verfahrensrechtlicher Erfordernisse)

Für die vom Kläger durchzuführende Bearbeitung dieser Projekte war laut Aktenvermerk ein Bearbeitungsaufwand von 37 Kalenderwochen vorgesehen, sodass - unter Einbeziehung eines vierwöchigen Jahresurlaubes - am 17.12.2004 die letzten Arbeitsergebnisse dem Vorgesetzten vorzulegen waren.

Nachdem der Vorgesetzte des Klägers in verschiedenen Statusgesprächen mit diesem den Zwischenergebnisstand der Bearbeitung der fünf Projekte erörtert hatte, ging dem Kläger am 15.10.2004 folgendes Schreiben gleichen Datums (Bl. 115 des Anlagenbeiheftes) seines Vorgesetzten zu:

"Sehr geehrter Herr C.,

hiermit teile ich Ihnen unter Bezug auf das Statusgespräch vom 15.09.2004 und den Vermerk vom 09.10.2004 mit, dass ich zum Endzeitpunkt des Projektzeitraumes (17.12.2004) eine qualifizierte Abschlussbewertung Ihrer Leistungen und der Projektbearbeitung vornehmen werde.

Ich werde das Kündigungsverfahren wegen Schlechtleistung einleiten, wenn die qualifizierte Abschlussbeurteilung keine deutliche und ausreichende Verbesserung Ihrer Leistung ergibt.

Ich bitte Sie zu einem weiteren Statusgespräch am 27.10.2004 um 10.00 Uhr.

Mit freundlichen Grüßen"

Von Montag, dem 18.10.2004 bis Freitag, dem 22.10.2004 war der Kläger in Erholungsurlaub und ab Montag, dem 25.10.2004 war er arbeitsunfähig erkrankt.

Mit Schreiben vom 23.12.2004 (Bl. 12 ff. des Anlagenbeiheftes) kündigte die Beklagte das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis zum 30.06.2004 wegen aus ihrer Sicht festgestellter Schlechtleistungen.

Hiergegen hat der Kläger am 05.01.2005 eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht Mainz eingereicht.

Wegen des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 25.05.2005 (dort Seite 2 ff. = Bl. 63 ff. d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung vom 23.12.2004 zum 30.06.2005 sein Ende finden wird, sondern über diesen Zeitpunkt hinaus fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht Mainz hat mit Urteil vom 25.05.2005 (Bl. 62 ff. d.A.) festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 23.12.2004 zum 30.06.2005 sein Ende finden wird, sondern über diesen Zeitpunkt hinaus fortbesteht.

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Kündigung sei bereits deshalb rechtsunwirksam, weil der Personalrat zuvor nicht ordnungsgemäß angehört worden sei. Die Beklagte habe es nämlich versäumt, gegenüber dem Personalrat die Sozialdaten des Klägers und alle in der Klageerwiderung vorgetragenen Leistungsmängel sowie eine nähere Erläuterung der angeblichen Schlechtarbeit des Klägers vor Ausspruch der Kündigung mitzuteilen.

Unabhängig hiervon habe der Kläger während der ihm zur Verfügung gestellten 140 Arbeitstage lediglich während 85 Arbeitstagen tatsächlich gearbeitet; dieses Zeitpensum reiche aber nicht aus, um die negative Beurteilung der Beklagten zu rechtfertigen. Die dem Kläger zugestandenen Bearbeitungszeiträume seien nach Auffassung der Beklagten zwar angemessen gewesen; hierbei handele es sich aber um die subjektive Einschätzung von einem Amtsleiter und insgesamt vier Sachbereichsleitern. Dass diese Zeitansätze tatsächlich ausreichend gewesen seien für die Erledigung der dem Kläger übertragenen fünf Arbeitsaufgaben sei aber objektiv nicht nachvollziehbar.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichtes wird auf Seite 4 ff. des Urteiles vom 25.05.2005 (= Bl. 65 ff. d.A.) verwiesen.

Die Beklagte, der die Entscheidung des Arbeitsgerichtes am 06.09.2005 zugestellt worden ist, hat am 22.09.2005 Berufung zum Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt und am 30.11.2005 ihr Rechtsmittel begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis einschließlich 30.11.2005 verlängert worden war.

Die Beklagte macht geltend, die von dem Kläger erbrachten Minderleistungen seien vor Ausspruch dem Personalrat dadurch mitgeteilt worden, dass dem Personalratsvorsitzenden T. der Aktenvermerk und das Schreiben vom 26.02.2004 (Bl. 96 ff. des Anlagenbeiheftes), der Aktenvermerk vom 22.06.2004 (Bl. 104 ff. des Anlagenbeiheftes), der Aktenvermerk vom 09.10.2004 (Bl. 111 ff. des Anlagenbeiheftes) und der Aktenvermerk vom 20.12.2004 (Bl. 117 des Anlagenbeiheftes) bekannt gegeben worden seien. Einer Mitteilung der Sozialdaten des Klägers habe es nicht mehr bedurft, da dem Personalratsvorsitzenden die Biografie des Klägers bekannt gewesen sei; unabhängig hiervon hätten die Sozialdaten für die Kündigungsgründe keine prägende Bedeutung gehabt.

Die vom Kläger während der Zeit vom März 2004 bis zum Kündigungsausspruch erbrachten Minderleistungen seien bereits erstinstanzlich unter Hinweis auf objektiv messbare Arbeitsergebnisse vorgetragen worden.

Zum Zeitpunkt des Statusgespräches vom 15.09.2004 habe der Kläger lediglich 11 % des gesamten Aufgabenvolumens abgearbeitet gehabt. Unter Berücksichtigung von Erholungsurlaub und zu erwartender Arbeitsunfähigkeitszeiten hätte der Kläger für die Abarbeitung der restlichen 89 % noch nahezu fünf Jahre benötigt.

Hilfsweise werde die gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses beantragt. Ein Auflösungsgrund ergebe sich zum einen daraus, dass der Kläger in dem Rechtsstreit, der unter dem Aktenzeichen 2 Ca 1461/2005 vor dem Arbeitsgericht Mainz geführt worden sei, im Schriftsatz vom 27.10.2005 seinen Vorgesetzten zusammengefasst Unfähigkeit unterstellt habe, um damit den vorgegebenen Arbeitsaufwand entkräften zu können. Zudem habe er dort unrichtigerweise behauptet, das Projekt "Liegestelle V." sei bis zur Übertragung auf ihn vom Amtsleiter exklusiv bearbeitet worden; in Wahrheit habe der Amtsleiter zu keinem Zeitpunkt an diesem Projekt gearbeitet. Zudem habe der Kläger auf Seite 23 des Schriftsatzes vom 12.10.2005 der Beklagten eine konzeptlose Umverteilung und eine ständige Setzung von neuen Prioritäten vorgeworfen, die zu einer großen Verunsicherung führen würden.

Schließlich habe der Kläger in einem Parallelverfahren mit Schriftsatz vom 24.11.2005 die Behauptung aufgestellt, der Leiter des Wasser- und Schifffahrtsamtes X. sowie der dortige Sachbereichsleiter 2 seien die Initiatoren seiner Kündigung, sie würden ihr eigenes Verfahren führen und hätten ihm unzumutbare Arbeiten übertragen.

Der dargelegte Sachvortrag des Klägers sei nicht mehr durch die Wahrnehmung berechtigter Interessen gedeckt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 29.11.2005 (Bl. 83 ff. d.A.) Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt,

1. unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen,

2. hilfsweise das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, die aber 26.500,00 Euro brutto nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB ab dem Tag der Auflösung nicht überschreiten sollte, aufzulösen.

Der Kläger beantragt,

1. die Berufung zurückzuweisen,

2. den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung abzuweisen.

Der Kläger führt aus, eine ordnungsgemäße Anhörung des Personalrates sei nach wie vor nicht schlüssig dargelegt. Den Aktenvermerken vom 09.10.2004 und 20.12.2004 seien gerade nicht die wesentlichen Fakten zu entnehmen, die zu einer ordnungsgemäßen Anhörung des Personalrats gehören würden.

Darüberhinaus habe die Beklagte unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom 11.12.2003 (- 2 AZR 667/2002) ihrer Darlegungslast nicht genügt. Es fehle bereits an der Wiedergabe jeglicher arbeitswissenschaftlicher Methoden und eines dazu aufgestellten Planzeitenkataloges für die Tätigkeit vergleichbarer Bauingenieure mit der Ausbildung, Erfahrung und dem Kenntnisstand des Klägers. Die Beklagten habe noch nicht einmal behauptet, dass nach Ausbildung, Erfahrung, Funktion, Alter und Gesundheitszustand vergleichbare Bauingenieure in dem gleichen Zeitraum von etwa einem dreiviertel Jahr die gleiche Arbeitsmenge, die gleiche Projektart fristgerecht und ohne Beanstandungen hätten erledigen bzw. fertig stellen können. Ein derartiger objektiver Vergleichsmaßstab könne nicht durch die subjektive Einschätzung von Vorgesetzten ersetzt werden.

Im Übrigen sei der Vorwurf der Erbringung von Minderleistungen nicht gerechtfertigt; dies gelte auch für die Aktenvermerke, welche die Erledigung der fünf Arbeitsaufgaben aus dem Zeitraum März bis Dezember 2004 betreffen würden (vgl. zu den Einzelheiten S. 16 ff. der Berufungserwiderung = Bl. 153 ff. d.A.).

Eine gerichtliche Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses sei nicht durch den gesetzlich notwendigen Grund gerechtfertigt, zumal der Kläger allein und ausschließlich in Verteidigung seiner Rechtsposition in den arbeitsgerichtlichen Parallelverfahren vorgetragen habe.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 17.01.2006 (Bl. 138 ff. d.A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist gemäß §§ 64 ff. ArbGG, 512 ff. ZPO zwar zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Auf die zulässige Klage hat das Arbeitsgericht Mainz zu Recht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 23.12.2004 zum 30.06.2005 beendet worden ist (A); darüber hinaus war auch der zweitinstanzlich erstmals gestellte Antrag auf gerichtliche Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses zurückzuweisen (B).

A.

Die ordentliche Kündigung vom 23.12.2004 ist nach § 1 Abs. 1 des voll umfänglich anwendbaren Kündigungsschutzgesetzes, mangels sozialer Rechtfertigung, rechtsunwirksam. Sozial ungerechtfertigt ist eine Kündigung gemäß § 1 Abs. 2 KSchG u. a. dann, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, gerechtfertigt ist. Ein verhaltensbedingter Grund in diesem Sinne kann sich auch aus Minderleistungen des Arbeitnehmers, die auf Pflichtverletzungen beruhen, ergeben. Der Arbeitnehmer muss nämlich unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit arbeiten. Eine personenbedingte Kündigung wegen Minderleistung setzt hingegen nicht voraus, dass der Arbeitnehmer gegen die subjektiv zu bestimmende Leistungspflicht verstößt. Es kommt vielmehr darauf an, ob die Arbeitsleistung die berechtigte Erwartung des Arbeitgebers von der Gleichwertigkeit der beiderseitigen Leistungen in einem Maße unterschreitet, dass ihm ein Festhalten an dem (unveränderten) Arbeitsvertrag unzumutbar wird (vgl. BAG, Urteil vom 11.12.2003 - 2 AZR 667/2002 = AP Nr. 48 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung). Bei einer verhaltensbedingten Kündigung wegen Minderleistung folgt aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dass eine solche Kündigung grundsätzlich nur dann angemessen ist, wenn ihr eine Abmahnung des Verhaltens vorausgegangen ist (vgl. BAG, Urteil vom 26.01.1995 - 2 AZR 649/94 = AP Nr. 34 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung). Bei Störungen im Leistungsbereich ist kaum eine Fallgestaltung denkbar, in der die Abmahnung ausnahmensweise entbehrlich wäre. Wurde eine Abmahnung ausgesprochen, hat dies zur Folge, dass eine Kündigung wegen des der Abmahnung vorausgegangenen und zugrunde gelegten Verhaltens ausgeschlossen ist; insofern gilt der Kündigungsgrund als verbraucht (vgl. BAG, Urteil vom 10.11.1988 - 2 AZR 215/88 = AP Nr. 3 zu § 1 KSchG Abmahnung). Schließlich muss die Verhältnismäßigkeit der Kündigung insoweit gewahrt sein, dass gerade bei einer Abmahnung von Leistungsmängeln auch der zeitliche Abstand zwischen Kündigung und Abmahnung dem Arbeitnehmer eine faire Chance zur Leistungsverbesserung lässt (vgl. LAG Köln, Urteil vom 05.02.1998 - 10 (8) Sa 885/97 = juris).

Unter Berücksichtigung dieser Rechtsgrundsätze ist zunächst einmal festzustellen, dass die Beklagte nicht eine personen-, sondern ausschließlich eine verhaltensbedingte Kündigung erklärt hat. Denn sie hat sowohl im erst- wie auch im zweitinstanzlichen Rechtsstreit vorgetragen, dass es in der Vergangenheit Leistungsschwankungen bei dem Kläger gegeben habe. So hat die Beklagte während der mündlichen Berufungsverhandlung darauf hingewiesen, dass gegenüber dem Kläger am 22.10.1999 schriftlich erklärt worden sei, dass seine Leistungen nicht den Anforderungen des Dienstpostens entsprächen. Im Jahr 2001 habe der Kläger dann wiederum nach einer Feststellung eines Vorgesetzten "zur vollen Zufriedenheit" gearbeitet. Im erstinstanzlichen Verfahren hat die Beklagte im Schriftsatz vom 18.03.2005 (S. 3 = Bl. 15 d.A.) darauf hingewiesen, dass der Kläger während der Probezeit und in dem anschließenden Jahreszeitraum zufriedenstellende Leistungen erbracht habe, die dann aber zunehmend nachgelassen hätten. Sieht man die zur Begründung der ausgesprochenen Kündigung angeführten Minderleistungen im Zusammenhang mit solchen Feststellungen, ist davon auszugehen, dass der Kläger - aus Sicht der Beklagten - nicht unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit arbeitet. Hingegen hat er die im Zusammenhang mit einer personenbedingten Kündigung maßgebliche Erwartung des Arbeitgebers einer Gleichwertigkeit der beiderseitigen Leistungen zumindest während bestimmter Zeiten des Beschäftigungsverhältnisses erfüllt.

Ob der Kläger tatsächlich während der Zeit vom März bis Dezember 2004 Minderleistungen erbracht hat, kann dahinstehen. Selbst wenn dies der Fall wäre, ist die streitgegenständliche Kündigung rechtsunwirksam, da die Beklagte dem Kläger nicht die Möglichkeit eröffnet hat, vor Ausspruch der Kündigung, aber nach Zugang einer Abmahnung seine Arbeitsleistung zu verbessern. Anhaltspunkte dafür, dass im vorliegenden Fall sich eine Abmahnung erübrigt hätte, sind nicht ersichtlich.

Das Schreiben der Beklagten vom 15.10.2004 ist als Abmahnung aufzufassen, zumal dem Kläger für den Fall, dass sich seine Arbeitsleistung nicht deutlich und ausreichend verbessere, eine Kündigung wegen Schlechtleistung angedroht worden ist. Durch diese Abmahnung wurden alle vor dem Abmahnungszeitpunkt liegenden Schlechtleistungen, die durch die pauschale Formulierung im Abmahnungsschreiben erfasst werden, verbraucht. Der Kläger hatte aber keine Gelegenheit nach Zugang der Abmahnung, also nach dem 15.10.2004 seine Arbeitsleistung zu verbessern, da er bis zum 22.10.2004 in Erholungsurlaub und nach dem anschließenden Wochenende ab Montag, dem 25.10.2004 bis zum Ausspruch der Kündigung arbeitsunfähig erkrankt war. Mithin hatte er objektiv keine Möglichkeit, sich nach der Abmahnung zu bewähren. Dies ist aber im vorliegenden Fall Voraussetzung für eine am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz orientierte Kündigung. Da diese Voraussetzung nicht erfüllt ist, war allein schon aus diesem Grund festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht rechtswirksam beendet worden ist.

Auf die Frage der ordnungsgemäßen Anhörung des Personalrates sowie die Frage, ob die Beklagte Minderleistungen des Klägers in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes vorgetragen hat, war mithin nicht mehr einzugehen.

B.

Der Antrag der Beklagten auf gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses war unter Berücksichtigung von § 9 Abs 1 Satz 2 KSchG als unbegründet zurückzuweisen. Nach dieser gesetzlichen Regelung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. An den Auflösungsantrag des Arbeitgebers sind zwar strengere Anforderungen zu stellen als an jenen des Arbeitnehmers, jedoch folgt hieraus nicht, dass nur solche Umstände als Auflösungsgründe in Betracht kommen, die dazu geeignet sind, eine ordentliche Kündigung nach § 626 BGB zu rechtfertigen (vgl. LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 26.11.2002 - 5 Sa 285/2002 = EzA SD 1/2003 S. 7). Als Auflösungsgrund kommen Beleidigungen, sonstige verletzende Äußerungen oder persönliche Angriffe des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, Vorgesetzten oder Arbeitskollegen in Betracht. Dabei dürfen Meinungsäußerungen des Arbeitnehmers, auf die sich der Arbeitgeber als Auflösungsgrund beruft, nicht isoliert bewertet werden; es kommt vielmehr auf die näheren Umstände an, unter denen die Äußerung gefallen ist (vgl. BAG, Urteil vom 13.06.2002 - 2 AZR 234/2001 = AP Nr. 69 zu § 1 KSchG 1969).

Die von der Beklagten als Auflösungsgründe genannten schriftsätzlichen Ausführungen des Prozessbevollmächtigten des Klägers in beim Arbeitsgericht Mainz geführten Parallelrechtsstreitigkeiten sind entweder nicht hinreichend substantiiert, um als Auflösungsgrund rechtlich tragfähig zu sein oder sie stellen sich als Wahrnehmung berechtigter Interessen dar.

Wenn die Beklagte in diesem Zusammenhang ausführt, der Kläger habe seinen Vorgesetzten in dem arbeitsgerichtlichen Verfahren mit dem Aktenzeichen 2 Ca 1461/2005 im Schriftsatz vom 27.10.2005 zusammengefasst Unfähigkeit unterstellt, so ist es letztlich eine Wertung, die durch Tatsachen nicht belegt ist. Der Schriftsatz vom 27.10.2005 ist dem Berufungsgericht von der Beklagten nicht vorgelegt worden, sodass auch nicht überprüft werden konnte, ob die unsubstantiierte Behauptung "zusammengefasst Unfähigkeit unterstellt" auf Tatsachen beruht. Im Übrigen fehlt es auch an dem Vortrag solcher Tatsachen durch die Beklagte in der Berufungsbegründung.

Wenn darüber hinaus die Beklagte dem Kläger vorhält, im selben Arbeitsgerichtsverfahren habe dieser falsch vorgetragen, als er behauptet habe, der Amtsleiter des Wasser- und Schifffahrtsamtes X. habe das Projekt "Liegestelle V." exklusiv bearbeitet, ist hierin weder eine Beleidigung, eine sonstige verletzende Äußerung oder ein persönlicher Angriff zu sehen. Einer solchen Tatsachenbehauptung konnte die Beklagte durch Darlegung der aus ihrer Sicht gegebenen Tatsachenlage entgegentreten. Hieraus folgt jedenfalls nicht, dass eine den Betriebszwecken dienliche zukünftige Zusammenarbeit zwischen den Prozessparteien nicht mehr möglich wäre.

Soweit der Kläger des weiteren behauptet hat, eine konzeptlose Umverteilung und ständige Setzung neuer Prioritäten habe zu einer großen Verunsicherung geführt, handelt es sich um Wertungen, die einer Prozesspartei, welche vor Beginn des Prozesses mit einer Kündigung konfrontiert worden ist, als Wahrnehmung berechtigter Interessen zugestanden werden muss. Eine wertungsfreie Rechtsverfolgung ist letztlich nicht möglich. Der Kläger hat durch die von der Beklagten gerügten Formulierungen jedenfalls nicht eine Grenze überschritten, die zur Unzumutbarkeit einer zukünftigen Zusammenarbeit führen würde.

Gleiches gilt für die weiteren Behauptungen im Schriftsatz des Klägers vom 24.11.2005, wonach der Amtsleiter des Wasser- und Schifffahrtsamtes X. sowie der Sachbereichsleiter 2 die Initiatoren der Kündigung seien und ihr eigenes Verfahren führen würden; sie würden dem Kläger unzumutbare Arbeiten übertragen. Hierbei handelt es sich ebenfalls um subjektive Einschätzungen des Klägers, die im Rahmen des Rechtsstreites als Wahrnehmung berechtigter Interessen zu werten sind. Im Falle des Vorwurfes einer sich über geraume Zeit hinziehenden Minderleistung müssen Vorgesetzte, welche diese Behauptung zur Begründung einer Kündigung aufstellen, damit rechnen, dass sie aus der subjektiven Sicht des gekündigten Arbeitnehmers befangen sind und der Arbeitnehmer dies zumindest im Rahmen eines Prozesses auch zum Ausdruck bringt. Sieht man die von der Beklagten dargestellten Äußerungen des Klägers in diesem Zusammenhang, sind sie nach Überzeugung der Berufungskammer durch die Wahrnehmung berechtigter Interessen noch gerechtfertigt.

Nach alledem waren sowohl die Berufung als auch der Auflösungsantrag unter Auferlegung der Kostenlast gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Gegen die vorliegende Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben.

Für die Zulassung der Revision fehlte es unter Berücksichtigung von § 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich begründeten Anlass.

Ende der Entscheidung

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