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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 24.04.2007
Aktenzeichen: 9 Sa 959/06
Rechtsgebiete: ArbGG, BGB, AGG, BAT


Vorschriften:

ArbGG § 69
BGB § 305 c Abs. 2
AGG § 7
AGG § 7 Abs. 2
BAT § 22
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 9 Sa 959/06

Entscheidung vom 24.04.2007

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 27. Juli 2006, Az.: 9 Ca 651/06, wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin eine tarifliche Einmalzahlung für aus dem Monat März 2003 (160,02 EUR brutto) sowie eine tarifliche Sonderzuwendung für das Jahr 2003 (1.752,52 EUR brutto) nebst Zinsen zu zahlen.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts, des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien sowie wegen der erstinstanzlichen Entscheidungsbegründung wird gem. § 69 ArbGG Bezug genommen auf das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 13.9.2006, Az.: 9 Ca 651/006 (Bl. 117 ff. d. A.).

Durch das genannte Urteil hat das Arbeitsgericht Mainz unter Abweisung der weitergehenden Klage die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 1.921,54 EUR brutto nebst Zinsen (160,02 EUR brutto Einmalzahlung März 2003 und 1.752,52 EUR brutto Sonderzuwendung 2003) zu zahlen.

Gegen dieses ihr am 17.11.2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 13.12.2006 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese inner halb der mit Beschluss vom 10.1.2007 bis zum 19.2.2007 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 16.2.2007 begründet.

Zur Berufungsbegründung macht die Beklagte im Wesentlichen geltend:

Die Bezeichnung der Gruppe KR im Arbeitsvertrag diene nur der erstmaligen Einstufung, besage aber nichts über die Frage einer dynamischen Anpassung an die jeweilige tarifliche Gehaltsentwicklung. Der Begriff KR verweise insoweit auch eindeutig nur auf den Manteltarifvertrag. § 5 Abs. 1 des Arbeitsvertrages sei eindeutig und einer Auslegung nicht zugänglich. Die Angabe eines bezifferten Arbeitsentgelts bringe die Vereinbarung zum Ausdruck, welches Bruttoarbeitsentgelt Monat für Monat geschuldet sein solle. Hierfür spreche auch § 5 Abs. 2 S. 1 und 2 des Arbeitsvertrages. Bei § 5 des Arbeitsvertrages handele es sich um eine von der Beklagten bewusst gewollte und gut überlegte Regelung mit eigenständigen Regelungsgehalten. Auf Grund ihrer Bindung an ein System von Verträgen mit Pflegekassen und sonstigen öffentlichen Kostenträgern sei sie darauf angewiesen, dass zumindest die Entwicklung der Arbeitsvergütung für sie genau berechenbar bleibe. Eine zeitdynamische Verweisung entspreche daher nicht ihrer Interessenlage. Dem gegenüber habe ein Interesse an einer innerbetrieblichen Entgeltgerechtigkeit wie an der Anreizwirkung für die Rekrutierung von Arbeitnehmern eine untergeordnete Bedeutung. Die Angabe der KR-Vergütungsgruppe /-stufe habe allerdings den Sinn, Fachkräfte zu rekrutieren und diesen aufzuzeigen, ob sie ein einer KR-Vergütungsgruppe vergleichbares Arbeitsentgelt erhielten. Auch der übrige Arbeitsvertrag belege, dass keine zeitdynamische Vergütung nach dem BAT gewollt gewesen sei. Ansonsten wäre auch die Regelung in § 14 des Arbeitsvertrages, der nur vorsehe, dass im Übrigen die Bestimmungen des Tarifvertrages zwischen der D. Sozialdienste GmbH in Rheinland-Pfalz und der Ö. Anwendung fänden, überflüssig.

Zu berücksichtigen sei zudem, das sie nicht tarifgebunden gewesen sei. Durch die vom Arbeitsgericht vorgenommene Auslegung werde sie aber so gestellt, als hätte sie sich der Regelungsmacht der Verbände unterworfen.

Ebenfalls sei nicht ausreichend berücksichtigt worden, dass der BAT betrieblich nicht gelebt worden sei. Ausschließlich die Tariflohnerhöhungen seien in der Vergangenheit weitergegeben worden, während sich das Arbeitsverhältnis ansonsten nach anderen Bedingungen gerichtet habe. Insbesondere sei kein Bewährungsaufstieg gewährt worden und Änderungen in den Eingruppierungen seien jeweils zwischen ihr und den Arbeitnehmern vereinbart worden. Auch Stufensteigerungen nach dem BAT seien nicht erfolgt.

Wären nur die Tariflohnerhöhungen weiter gegeben worden, ohne dass der Arbeitsvertrag den hier fraglichen Zusatz "KR" enthielte, wäre hieraus kein Anspruch auf Teilhabe an allen zukünftigen Tariflohnerhöhungen erwachsen. Allein der neben der Festschreibung eines Betrags erfolgende Hinweis auf eine KR-Vergütungsgruppe könne nicht ein derartig abweichendes Ergebnis rechtfertigen. Während tarifgebundene Arbeitgeber im Pflegebereich durch Ausstieg aus Tarifverträgen die Möglichkeit einer Anpassung an geänderte Refinanzierungsbedingungen gewährt werde, bliebe bei der vorgenommenen Vertragsauslegung anderen nicht tarifgebundenen Trägern eine solche Möglichkeit verwehrt.

Betreffend der Sonderzuwendung 2003 stehe der Klägerin dem Grunde nach zwar der Anspruch zu. Hierauf sei jedoch der im November 2003 ausgezahlte Nettobetrag in Höhe von 842,21 EUR zu verrechnen. Dieser Betrag entspräche im Wesentlichen dem Nettobetrag der Sonderzuwendung, der bei Abrechnung einer Sonderzuwendung hätte ausgezahlt werden müssen. Hinsichtlich dieses Betrages hat die Beklagte im Berufungsverfahren ausdrücklich die Aufrechnung gegenüber dem Anspruch der Klägerin auf Zahlung einer Sonderzuwendung für das Jahr 2003 erklärt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 16.2.2007 (Bl. 182 ff. d.A.) Bezug genommen. Mit ihrem Schriftsatz vom 20.04.2007 (Bl. 224 ff. d. A.), auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird, ergänzt die Beklagte ihr Berufungsvorbringen und stellt insbesondere darauf ab, dass das Auslegungsergebnis einer zeitdynamischen Verweisung auf die Vergütungsbestimmungen des BAT gegen das nationale und europarechtliche Verbot der Altersdiskriminierung führe, da die Vergütungssystematik des BAT die jeweilige Vergütungshöhe nach Altersstufen differenziere.

Ergänzend wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 13.09.2006, Az.: 9 Ca 651/06, abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung gemäß ihres Schriftsatz vom 2.4.2007, auf den wegen der weiteren Einzelheiten ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 207 ff. d.A.), als rechtlich zutreffend. Zu Lasten der Beklagten greife hinsichtlich der Auslegung des § 5 des Arbeitsvertrages die Unklarheitenregel des § 305 c Abs. 2 BGB, so dass im Ergebnis von einer zeitdynamischen Verweisung auszugehen sei, die auch tarifliche Einmalzahlungen umfasse. Auch ein Zwang zu Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit müsse Individualansprüche der Arbeitnehmer berücksichtigen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

In der Sache hat das Rechtsmittel der Beklagten jedoch keinen Erfolg. Die Berufungskammer folgt in vollem Umfang den Gründen der angefochtenen Entscheidung und stellt dies hiermit fest. Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist ergänzend lediglich Folgendes auszuführen:

1. Zu Recht hat das Arbeitsgericht erkannt, dass der Klägerin ein Anspruch auf eine tarifliche Einmalzahlung aus dem Monat März 2003 in Höhe von 160,02 EUR brutto zusteht.

Die Klägerin hat einen vertraglich begründeten Anspruch auf Zahlung der tariflichen Erhöhungsbeträge im genannten Umfang und der Einmalzahlungen gemäß §§ 5,14 des Arbeitsvertrages der Parteien i.V.m. dem Vergütungstarifvertrag Nr. 35 zum BAT.

Auch die Berufungskammer stützt sich auf das den Parteien bekannte Urteil des 5. Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 09.11.2005 - 5 AZR 128/05 - EzA § 305 c BGB 2002 Nr. 3), welches die Auslegung einer gleichlautenden vertraglichen Bestimmung in einem Arbeitsvertrag der Beklagten betrifft.

Das Berufungsvorbringen der Beklagten rechtfertigt keine andere rechtliche Beurteilung. Die Beklagte verkennt, dass sich die Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen nach den Grundsätzen der Auslegung von Normen richtet. Sie sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von einem verständigen und redlichen Vertragspartner unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zu Grunde zu legen sind (BAG 09.11.2005, a.a.O.; BAG 31.08.2005 - 5 AZR 545/04). Vorrangig ist allerdings ein etwaiger übereinstimmender Wille der Parteien maßgebend. Bleiben in Anwendung dieser Grundsätze Zweifel bei der Auslegung, d.h. sind mehrere Auslegungsergebnisse möglich, gehen diese Zweifel nach § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten des Versenders.

Soweit die Beklagte auf § 5 Abs. 2 S. 1 und 2 des Arbeitsvertrages verweist, spricht diese Regelung nach Auffassung der Berufungskammer eher für das von der Klägerin vertretene Verständnis auch des Abs. 1. Nach § 5 Abs. 2 soll sich die Höhe der im Einzelnen aufgelisteten Zuschläge an den Beträgen des BAT orientieren. Wenn die Beklagte sodann auch in § 5 Abs. 1 des Arbeitsvertrages die Vergütungsbestimmungen KR der Anlage 1 b zum BAT für das Krankenpflegepersonal des öffentlichen Dienstes aufführt und sogleich auch hinsichtlich der aufgeführten Zuschläge auf die Bestimmungen des BAT verweist, kann der Hinweis auf die Vergütungsgruppe/-stufe KR I/01 durchaus auch als dynamische Verweisung verstanden werden. Die Behauptung der Beklagten, dass § 5 des Arbeitsvertrages eine von ihr bewusst gewollte, gut überlegte Regelung im Interesse der Kalkulierbarkeit ihrer Kostenbelastung habe sein sollen, mag zutreffen. Allerdings sind derartige Überlegungen so lange für die gebotene Auslegung unbeachtlich, als sie dem Vertragspartner nicht erkennbar sind. Ausgehend von einem verständigen und redlichen Vertragspartner unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise kann demgegenüber auch eine dynamische Verweisung auf die Vergütungsregelungen des BAT im Interesse des Verwenders derartiger Regelungen liegen, etwa im Interesse einer innerbetrieblichen Entgeltgerechtigkeit, der Vermeidung von individuellen Auseinandersetzungen um eine höhere Vergütung oder auch der Verhinderung der Abwanderung von qualifizierten Arbeitskräften zu anderen Arbeitgebern.

Der Hinweis der Beklagten darauf, dass § 14 des Arbeitsvertrages überflüssig wäre, wenn es sich bei der Regelung in § 5 des Arbeitsvertrages um eine dynamische Verweisung handeln würde, überzeugt nicht: Der Arbeitsvertrag enthält an mehreren Stellen Regelungen, die nicht den in Bezug genommenen tariflichen Regelungen entsprechen, so dass die weitergehende Verweisung in § 14 des Arbeitsvertrags der Parteien durchaus ihren Sinn behält.

Unerheblich ist ferner der Hinweis der Beklagten darauf, dass gegebenenfalls bei der bloßen Weitergabe von Tariflohnerhöhungen keine Bindung an die Tarifverträge unter dem Gesichtspunkt der betrieblichen Übung begründet worden wäre. Die hierzu von der Beklagten zitierte Rechtsprechung betrifft andere Fallgestaltungen. Es geht vorliegend nicht um die Begründung eines Anspruchs nach den Grundsätzen der betrieblichen Übung, sondern um die Frage, ob die Auslegung der von der Beklagten verwendeten allgemeinen Geschäftsbedingungen ein zweifelsfreies Auslegungsergebnis zu ihren Gunsten zeitigt. Schließlich verfängt auch der Hinweis der Beklagten auf die Möglichkeit des Verbandsaustritts des tarifgebundenen Arbeitgebers nicht. Die Beklagte wird nicht einer fremden Regelungsmacht unterworfen, sondern hat durch die von ihr gewählte Vertragsgestaltung maßgeblichen Einfluss auf die Ausgestaltung der Arbeitsverhältnisse.

In Übereinstimmung mit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 09.11.2005 (a.a.O.) ist die Berufungskammer daher der Auffassung, dass keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Bestimmung von Sinn- und Zweck der auszulegenden Regelung bestehen. Danach durfte weder die Beklagte von einer Festlegung auf die seinerzeit aktuelle Tarifvergütung ausgehen, noch die Klägerin ohne weiteres annehmen, es sei die jeweilige Tarifvergütung vereinbart. Es bleiben nach Ausschöpfung der anerkannten Auslegungsmethoden nicht behebbare Zweifel. Die von der Klägerin vertretene Auslegung ist ebenso rechtlich vertretbar wie die der Beklagten, wobei keine der Auslegungen den klaren Vorzug verdient. Die Unklarheitenregel des § 305 c Abs. 2 BGB führt deshalb zu einer Auslegung zu Lasten der Beklagten.

Auch die Argumentation der Beklagten im Schriftsatz vom 18.4.2007 rechtfertigt kein anderes Ergebnis.

Zutreffend ist, dass bei der Auslegung und Anwendung nationalen Rechts gemeinschaftsrechtliche Vorgaben zu beachten sind. Dieser vom Gemeinschaftsrecht aufgestellte Grundsatz der gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts betrifft zwar in erster Linie die zur Umsetzung der fraglichen Richtlinie erlassenen innerstaatlichen Bestimmungen, beschränkt sich jedoch nicht auf die Auslegung dieser Bestimmungen, sondern verlangt, dass das nationale Gericht das gesamte nationale Recht berücksichtigt, um zu beurteilen, inwieweit es so angewendet werden kann, dass es nicht zu einem der Richtlinie widersprechenden Ergebnis führt (vgl. etwa EuGH 5.10.2004, Rs C 397/01).

Ebenfalls zutreffend ist, dass § 7 AGG u.a. das Verbot einer Diskrimierung wegen des Alters enthält, sich die Unwirksamkeitsfolge des § 7 Abs. 2 AGG auch auf tarifliche Regelungen beziehen kann und nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden kann, dass tarifliche Vergütungsregelungen, die die Höhe der Vergütung an Altersstufen binden, rechtsbeständig sind (vgl. etwa Schleusner/Suckow, AGG, § 7, Rz. 37, 45).

Allerdings ist vorliegend zu beachten, dass sich in Anwendung der Unklarheitenregel des § 305 c Abs. 2 BGB nach der von der Berufungskammer geteilten Auslegung des BAG im genannten Urteil vom 9.11.2005 zu einer parallelen Vertragsgestaltung die demnach angenommene Bezugnahme nicht auf das gesamte Tarifgefüge bezieht, sondern nur auf die nach der jeweiligen Tarifvergütung der arbeitsvertraglich festgelegte Vergütungsgruppe richtet und etwa die Eingruppierungsautomatik des § 22 BAT offenbar nicht gelten soll (BAG aaO, II 2 d der Gründe). Die fragliche arbeitsvertragliche Regelung bezieht sich also nur auf die individuell mit der Klägerin vereinbarte Vergütung, nicht aber auf das tarifliche Vergütungssystem insgesamt. Auch wenn zur Bestimmung der Höhe der Vergütung demnach auf die Regelungen des 35. Vergütungstarifvertrages für die jeweilige Vergütungsgruppe zurückzugreifen ist, ändert dies nichts daran, dass es sich um einen individualrechtlich, nicht tarifvertraglich begründeten Vergütungsanspruch handelt. Im vorliegenden Fall nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam wäre damit -wenn überhaupt- die von der Beklagten einzelvertraglich vorgegebene Vergütungsgestaltung und eine Altersdiskrimierung läge darin, dass die Beklagte ggfs. mit anderen Arbeitnehmern, die dieselbe Tätigkeit verrichten wie die klagende Partei, insoweit durch Bezugnahme auf die Vergütungsgruppen des BAT einschließlich Altersstufen eine diskrimierende einzelvertragliche Vereinbarung getroffen hätte. Rechtsfolge wäre dann eine ggfs. vorzunehmende "Anpassung nach oben" (vgl. Schleusener/Suckow, aaO., Rz. 41; ErfK/Schlachter, § 7 AGG, Rz. 5 m.w.N.).Die Klägerin macht aber nicht etwa unter Hinweis auf eine ansonsten vorliegende Altersdiskrimierung geltend, ihr sei eine höhere Vergütung deshalb zu zahlen, weil in Anwendung des tariflichen Vergütungssystems andere Arbeitnehmer, die ein höheres Lebensalter aufweisen, für die gleiche Tätigkeit ein höheres Entgelt erhielten oder ein solches mit anderen Arbeitnehmern einzelvertraglich vereinbart worden sei. Es geht vorliegend ausschließlich um die Frage, ob die vom 35. Vergütungstarifvertrag gleichmäßig für alle Altersstufen vorgesehenen Vergütungserhöhungen zu einer Erhöhung in Vollzug der einzelvertraglich vereinbarten Vergütungsvereinbarung führt.

Auch der Hinweis der Beklagten auf das Urteil des EUGH vom 9.3.2006 (C - 499/04, Werhof) vefängt nicht. Eine Gemeinschaftsrechtswidrigkeit dynamischer Bezugnahmeklausel lässt sich dem genannten Urteil nicht entnehmen. Vorliegend geht es auch nicht um die Rechtsposition eines Betriebserwerbers, der am Abschluss des Arbeitsvertrages, der die ggfs. dynamische Bezugnahmeklausel enthält, nicht beteiligt war, sondern um die Auslegung der von der Beklagten selbst vorgegebenen vertraglichen Bestimmung.

Schließlich greift auch der Verweis darauf, das das gewonnene Auslegungsergebnis nicht hinreichend berücksichtige, dass die Beklagte nur so gestellt werden könne, wie wenn sie selbst Tarifvertragspartei des BAT gewesen wäre und in diesem Fall hätte sie den Vergütungstarifvertrag Nr. 35 zum BAT nicht unterzeichnet und den BAT gekündigt. Die Beklagte wird vorliegend nicht einer "fremden Regelungsmacht" unterworfen, sondern nur an dem festgehalten, was sich aus der von ihr gewählten und inhaltlich ausgestalteten Arbeitsvertragsgestaltung ergibt, aus der sie sich mit den hierfür zur Verfügung stehenden individualrechtlichen Mitteln ggfs. lösen kann.

Die demnach anzunehmende zeitdynamische Verweisung auf Tarifrecht betrifft dabei auch die im Vergütungstarifvertrag Nr. 35 zum BAT vorgesehenen Einmalzahlungen, die an die Stelle einer (prozentualen) Erhöhung einer der im Arbeitsvertrag genannten Vergütungsbestandteile treten. Die Berufungskammer verweist insoweit in vollem Umfang auf die überzeugende Begründung des Bundesarbeitsgerichts im genannten Urteil vom 09.11.2005 (a.a.O., II 2 e der Gründe).

2. Ebenfalls zutreffend hat das Arbeitsgericht erkannt, dass der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung der Sonderzuwendung für das Jahr 2003 in Höhe von 1.752,52 EUR brutto zusteht. Auch die Beklagte geht ausweislich ihrer Berufungsbegründung nunmehr davon aus, dass ein derartiger Anspruch dem Grunde nach besteht, allerdings durch die nunmehr im Rahmen des Berufungsverfahrens erklärte Aufrechnung mit einem Rückforderungsanspruch der Beklagten gegenüber der Klägerin wegen des mit der Novemberabrechnung 2003 gezahlten "Sonderzahlungsvorschuss" in Höhe von 842,21 EUR netto erloschen sei.

Auch der diesbezügliche Sachvortrag der Beklagten im Berufungsverfahren ist jedoch nicht geeignet, die im angefochtenen Urteil (B. III 2 c. der Gründe) niedergelegte Begründung hinsichtlich Zulässigkeit und Begründetheit einer entsprechenden Aufrechnung zu erschüttern:

Zunächst ist die Beklagte auch im Rahmen des Berufungsverfahrens der erstinstanzlichen Behauptung der Klägerin im Schriftsatz vom 14. März 2006, der Sonderzahlungsvorschuss sei bereits mit der Lohnabrechnung für Dezember 2003 als "Tilgung Sonderzahlungsvorschuss/Darlehn" wieder abgezogen worden, nicht entgegen getreten, obwohl das Arbeitsgericht unter Hinweis hierauf das Bestehen einer Aufrechnungslage verneint hat. Somit ist auch im Berufungsverfahren davon auszugehen, dass ein eventueller Rückforderungsanspruch der Beklagten durch eine entsprechende Verrechnung mit der Abrechnung für den Monat Dezember 2003 durch einen entsprechenden Einbehalt bereits erfüllt wurde und damit nunmehr nicht mehr als aufrechenbare Gegenforderung zur Verfügung steht.

Darüber hinaus führt auch der Sachvortrag im Berufungsverfahren nicht dazu, dass nunmehr die Gründe, die das Arbeitsgericht rechtlich zutreffend gegen die Zulässigkeit der Aufrechnung gegenüber einer Bruttohauptforderung angeführt hat, entfallen, da der Sachvortrag der Beklagten zur Höhe der sich aus dem geltend gemachten Bruttobetrag der Sonderzuwendung 2003 ergebenden Nettobetrages nicht ausreichend nachvollziehbar ist. Die Beklagte behauptet insoweit lediglich pauschal und ohne Mitteilung näherer Abrechnungspositionen, dass bei Auszahlung einer Sonderzuwendung deren Nettobetrag sich auf 842,21 EUR belaufen hätte. Welche auf öffentlichem Recht beruhenden Abzüge in welcher Höhe die Beklagte bei dieser Behauptung berücksichtigt ist ebensowenig ersichtlich wie die Abführung entsprechender Beträge an die zuständigen Stellen.

III.

3. Die Berufung der Beklagten war daher mit der sich aus § 97 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen. Die Voraussetzungen einer Revisionszulassung sind nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht erfüllt.

Ende der Entscheidung

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