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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 04.05.2005
Aktenzeichen: 9 Sa 973/04
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO, TzBfG, BGB, KSchG, BetrVG, BPersVG


Vorschriften:

ArbGG §§ 64 ff.
ArbGG § 69 Abs. 2
ZPO §§ 512 ff.
TzBfG § 14 Abs. 4
BGB § 126
KSchG § 1
BetrVG § 102 Abs. 5
BPersVG § 79 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 9 Sa 973/04

Verkündet am: 04.05.2005

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 01.10.2004, Az.: 7 Ca 2160/03 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit von zwei fristlosen und hilfsweise ordentlich erklärten Kündigungen sowie um die Entfernung von zwei Abmahnungen aus der Personalakte.

Von der Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 01.10.2004 (dort S. 2 bis 5 = Bl. 146 bis 149 d.A.) verwiesen.

Der Kläger hat beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, die Abmahnung vom 23.06.2003 aus der Personalakte des Klägers zu entfernen,

2. den Beklagten zu verurteilen, die Abmahnung vom 30.06.2003 aus der Personalakte des Klägers zu entfernen,

3. festzustellen, dass durch die Kündigung des Beklagten vom 18.07.2003 das Arbeitsverhältnis weder fristlos noch fristgemäß beendet werden wird,

4. festzustellen, dass durch die Kündigung des Beklagten vom 18.07.2003, zugegangen am 29.07.2003, das Arbeitsverhältnis weder fristlos noch fristgemäß beendet werde.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - hat mit Urteil vom 01.10.2004 die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, auf die Rechtswirksamkeit der Kündigungen vom 18.07.2003 komme es nicht mehr an, da das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung des Beklagten vom 30.01.2003 zum 28.02.2003 beendet worden sei. Aus dem gleichen Grund sei auch kein Rechtsanspruch des Klägers auf Entfernung der schriftlichen Abmahnungen vom 23.06. und 30.06.2003 mehr gegeben.

Nach der rechtswirksamen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 28.02.2003 habe lediglich noch ein faktisches Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestanden. Im Zusammenhang mit der Arbeitstätigkeit, welche der Kläger nach dem 02.06.2003 bei der Beklagten verrichtet habe, sei ein neues Arbeitsverhältnis nicht begründet worden. Insbesondere komme es nicht darauf an, dass die Vereinbarung zwischen den Parteien über eine befristete Weiterbeschäftigung nicht die Form des § 14 Abs. 4 TzBfG in Verbindung mit § 126 BGB gewahrt habe. Das Bundesarbeitsgericht habe in seinem Urteil vom 22.10.2003 (Az.: 7 AZR 113/03) zwar die Annahme eines faktischen Arbeitsverhältnisses abgelehnt und gleichzeitig festgestellt, dass bei Vereinbarung einer befristeten Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers die Befristung der Schriftform bedürfe. Dieser Auffassung folge die Kammer jedoch nicht. Die Beklagte habe dem Kläger kein neues Arbeitsverhältnis anbieten wollen, sondern lediglich das ursprüngliche Arbeitsverhältnis bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die ordentliche Kündigung vom 30.01.2003 fortsetzen wollen. Ergebe sich, wie im vorliegenden Fall, dass eine Kündigung das ursprünglich begründete Arbeitsverhältnis beendet habe, so habe die vertragliche Grundlage des ursprünglichen Arbeitsverhältnisses für die Einigung der Beteiligten über die Weiterbeschäftigung gefehlt. In einem solchen Fall seien die Rechtsbeziehungen der Parteien nach den Grundsätzen des faktischen Arbeitsverhältnisses abzuwickeln. Da dem Beschäftigungsverhältnis mithin jeglicher Bestandsschutz gefehlt habe, habe es, ohne Einhaltung einer Frist, jederzeit aufgelöst werden können.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichtes wird auf S. 6 ff. des Urteils vom 01.10.2004 (= Bl. 150 ff. d.A.) verwiesen.

Der Kläger, dem die Entscheidung des Arbeitsgerichtes am 07.01.2005 zugestellt worden ist, hat am 02.12.2004 Berufung beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt und am 21.03.2005 sein Rechtsmittel begründet nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis einschließlich 21.03.2005 verlängert worden war.

Der Kläger macht geltend, zwischen den Parteien sei eindeutig klargestellt worden, dass sie das Prozessrechtsarbeitsverhältnis auf die Grundlage eines neuen Vertrages hätten stellen wollen und auch gestellt hätten. Die Befristung dieses Arbeitsvertrages habe nach § 14 Abs. 4 TzBfG zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform bedurft. Der Beklagte habe dem Kläger für die Zeit nach dem 02.06.2003 ein neues Arbeitsverhältnis angeboten, zumal er dem Kläger andere Tätigkeiten zugewiesen habe, nämlich andere Touren als jene, die er zuvor gefahren sei. Wenn ein Arbeitgeber ein Prozessrechtsarbeitsverhältnis anbiete, so meine er letztlich immer ein neues Arbeitsverhältnis, wenn auch zu den Bedingungen des bisherigen gekündigten Arbeitsverhältnisses. Letzteres müsse allerdings nicht immer der Fall sein; der Arbeitgeber könne auch andere Bedingungen anbieten, soweit diese zumutbar seien. Da die Vereinbarung über die Weiterbeschäftigung des Klägers ab dem 02.06.2003, mangels Schriftform, nicht rechtswirksam erfolgt sei, hätte das Arbeitsgericht darüber entscheiden müssen, ob durch die Kündigungen vom 18.07.2003 dieses Arbeitsverhältnis beendet worden sei und ob die Abmahnungen vom 23.06. und 30.06.2003 aus der Personalakte des Klägers zu entfernen seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 21.03.2005 (Bl. 172 f. d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteiles

1. den Beklagten zu verurteilen, die Abmahnung vom 23.06.2003 aus der Personalakte des Klägers zu entfernen,

2. den Beklagten zu verurteilen, die Abmahnung vom 30.06.2003 aus der Personalakte des Klägers zu entfernen,

3. festzustellen, dass durch die Kündigung des Beklagten vom 18.07.2003 das Arbeitsverhältnis weder fristlos noch fristgemäß beendet worden ist,

4. festzustellen, dass durch die Kündigung des Beklagten vom 18.07.2003, zugegangen am 29.07.2003, das Arbeitsverhältnis weder fristlos noch fristgemäß beendet werden wird.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte vertritt die Auffassung, dass Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG greife nur dann ein, wenn der Weiterbeschäftigung eine vertragliche Vereinbarung zu Grunde liege. Dies sei im vorliegenden Fall, insbesondere angesichts des Schreibens des Beklagten vom 02.06.2003, nicht gegeben. Diesem Schreiben sei eine Anfrage des Klägers nach Verkündung des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 14.05.2003 in dem Kündigungsschutzverfahren mit dem Aktenzeichen 7 Ca 273/03 vorausgegangen, ob er nunmehr von dem Beklagten weiterbeschäftigt werde. Daraufhin sei das Schreiben vom 02.06.2003 angefertigt worden, dessen Kenntnisnahme der Kläger am 02.06.2003 quittiert habe. Aus diesem Schreiben folge, dass der Beklagte ausschließlich in Erfüllung des dem Kläger nach der Rechtsprechung des Großen Senates des Bundesarbeitsgerichtes zustehenden Weiterbeschäftigungsanspruches beschäftigt habe; mithin sei weder ein neuer Arbeitsvertrag abgeschlossen noch das alte Arbeitsverhältnis befristet fortgesetzt worden. Die Weiterbeschäftigung sei vielmehr im Rahmen eines faktischen Arbeitsverhältnisses erfolgt.

Selbst wenn man von einer rechtsunwirksamen Weiterbeschäftigungsvereinbarung ausgehe, sei festzustellen, dass das dann am 02.06.2003 neu geschlossene Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung vom 18.07.2003 noch keine sechs Monate bestanden habe und mithin auch noch kein Kündigungsschutz im Sinne von § 1 KSchG gegeben gewesen sei.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz des Beklagten vom 28.04.2005 (Bl. 182 ff. d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist nach §§ 64 ff. ArbGG, 512 ff. ZPO zwar zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Die zulässige Klage ist unbegründet, da der Kläger weder einen Rechtsanspruch auf die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die beiden fristlosen Kündigungen vom 18.07.2003 nicht fristlos und auch nicht fristgemäß beendet worden sind, hat (A.) noch auf die Entfernung der schriftlichen Abmahnungen vom 23.06.2003 und 30.06.2003 aus seiner Personalakte (B.).

A.

Ein Rechtsanspruch auf die Feststellung, dass die beiden fristlosen Kündigungen vom 18.07.2003 das Beschäftigungsverhältnis weder fristlos, noch fristgemäß beendet haben, steht dem Kläger nicht zu, da diese Kündigungen zu einer Zeit erklärt worden sind, zu der zwischen den Parteien lediglich noch ein faktisches Arbeitsverhältnis bestand. Ein derartiges Arbeitsverhältnis kann aber durch einseitige Erklärung einer Partei jederzeit beendet werden, ohne dass die Gegenseite die Möglichkeit hätte, Kündigungsschutz in irgendeiner Form in Anspruch zu nehmen.

Dass zwischen den Prozessparteien ein faktisches Arbeitsverhältnis ab dem 02.06.2003 bestand, folgt aus der rechtlichen Wertung der Weiterbeschäftigung des Klägers ab diesem Zeitpunkt. Dieser rechtlichen Wertung legt die Berufungskammer ausdrücklich und im Gegensatz zum Arbeitsgericht die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes in seinem Urteil vom 22.10.2003 (Az.: 7 AZR 113/03 = AP Nr. 6 zu § 14 TzBfG) zugrunde. Nach dieser Entscheidung bedarf die Befristung nach § 14 Abs. 4 TzBfG zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform, wenn die Parteien nach Ausspruch einer Kündigung die befristete Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses vereinbaren. Ob einer tatsächlichen Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach Ablauf der Kündigungsfrist eine vertragliche Vereinbarung zugrunde liegt und diese eine Befristung zum Gegenstand hat, ist durch Auslegung der ausdrücklichen und konkludenten Erklärungen der Parteien zu ermitteln. In einer solchen Beschäftigung nach Ablauf der Kündigungsfrist kann der Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages liegen oder die Vereinbarung, dass der gekündigte Arbeitsvertrag auflösend bedingt durch die rechtskräftige Abweisung der Kündigungsschutzklage fortgesetzt werden soll (vgl. BAG, Urt. v. 15.01.1986 - 5 AZR 237/84 = AP Nr. 66 zu § 1 LohnfortzG). Denn der Arbeitnehmer ist aufgrund des gekündigten Arbeitsverhältnisses zu weiterer Arbeitsleistung nicht verpflichtet und der Arbeitgeber muss vor Erlass eines gekündigten für unwirksam erklärendes Urteil den Arbeitnehmer in der Regel nicht weiterbeschäftigen (vgl. BAG, Urt. v. 30.03.1998 - 6 AZR 288/87 unter Hinweis auf BAG, Beschl. v. 27.02.1985 GS 1/84 = AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht).

Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung war im vorliegenden Fall zunächst zu ermitteln, ob die Prozessparteien eine vertragliche Vereinbarung getroffen hatten, welche eine tatsächliche Weiterbeschäftigung des Klägers ab dem 02.06.2003 zum Inhalt hatte. Dies war aber nicht der Fall. Ausschlaggebend für die rechtliche Grundlage der Weiterbeschäftigung des Klägers ab dem 02.06.2003 war insbesondere das Schreiben der Beklagten vom 02.06.2003 (Bl. 131 d.A.). Dieses Schreiben, dessen Kenntnisnahme der Kläger schriftlich bestätigt hat, lautet:

"Sehr geehrter A.,

nachdem das Arbeitsgericht in erster Instanz Ihrer Kündigungsschutzklage stattgegeben hat, steht Ihnen nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes ein Weiterbeschäftigungsanspruch bis zum rechtskräftigen Abschluss des arbeitsgerichtlichen Verfahrens zu.

In Erfüllung dieses Weiterbeschäftigungsanspruches und zur Vermeidung von Verzugslohnzahlungen erklären wir uns bereit, Ihnen bis zum rechtskräftigen Abschluss des Arbeitsrechtsstreites jeweils an den Wochentagen dienstags bis einschließlich freitags unsere X Tour zu übertragen. Die Arbeitszeit beginnt jeweils pünktlich um 4.30 Uhr und beträgt einschließlich einer 3/4-stündigen Pause in der Regel 9 Stunden.

Mit dieser vorläufigen Weiterbeschäftigung ist eine Rücknahme unserer am 31. Januar 2003 erklärten Kündigung Ihres Arbeitsvertrages nicht verbunden.

Wie bereits mitgeteilt, werden wir gegen das erstinstanzliche arbeitsgerichtliche Urteil Berufung einlegen, da wir weiterhin der Meinung sind, dass die von Ihnen in der Vergangenheit an den Tag gelegten Unpünktlichkeiten, insbesondere die verspäteten Arbeitsantritte und die hieraus verursachten Störungen des Betriebsablaufes nicht zumutbar sind.

Hochachtungsvoll"

In diesem Schreiben hat die Beklagte zweimal ausdrücklich klargestellt, dass die nachfolgende Weiterbeschäftigung des Klägers in Erfüllung des ihm nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zustehenden Weiterbeschäftigungsanspruches erfolgt. Damit hat die Beklagte auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes in seinem Beschluss vom 27.02.1985 (a.a.O.) Bezug genommen. Nach dieser Rechtssprechung hat der gekündigte Arbeitnehmer außerhalb der Regelung des § 102 Abs. 5 BetrVG, § 79 Abs. 2 BPersVG einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung über den Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses, wenn die Kündigung unwirksam ist und überwiegende schutzwerte Interessen des Arbeitgebers einer solchen Beschäftigung nicht entgegenstehen. Das schutzwerte Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung überwiegt in der Regel das Beschäftigungsinteresse des Arbeitnehmers nur bis zu dem Zeitpunkt, in dem im Kündigungsprozess ein die Unwirksamkeit der Kündigung feststellendes Urteil ergeht. Solange ein solches Urteil besteht, kann die Ungewissheit des Prozessausgangs für sich allein ein überwiegendes Gegeninteresse des Arbeitgebers nicht mehr begründen. Hinzukommen müssen dann vielmehr zusätzliche Umstände, aus denen sich im Einzelfall ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers ergibt, den Arbeitnehmer nicht zu beschäftigen.

Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung hatte der Kläger, aufgrund des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 14.05.2003 in dem von den Parteien unter dem Az.: 7 Ca 273/03 KH geführten Kündigungsschutzverfahren, einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf Weiterbeschäftigung. Denn in diesem Urteil hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass durch die Kündigung des Beklagten vom 30.01.2003 das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht zum 28.02.2003 beendet worden ist. Mit der Verkündung dieser Entscheidung des Arbeitsgerichtes, also ab dem 14.05.2003 überwog das Beschäftigungsinteresse des Klägers; zusätzliche Umstände, aus denen sich im vorliegenden Einzelfall ein überwiegendes Interesse der Beklagten an einer Nichtbeschäftigung ergeben könnten, sind nicht ersichtlich.

Da der Kläger den rechtlichen Zusammenhang, in welchem aus Sicht der Beklagten seine Weiterbeschäftigung erfolgte, vor seinem Arbeitsantritt zur Kenntnis nahm, war ihm auch bewusst, dass die Beklagte kein neues Arbeitsverhältnis begründen und auch das alte Arbeitsverhältnis nicht fortsetzen wollte. Die Weiterbeschäftigung erfolgte mithin aus Sicht beider Parteien in Erfüllung eines bereits bestehenden arbeitsvertraglichen Weiterbeschäftigungsanspruches und nicht in Erfüllung eines befristet abgeschlossenen neuen Vertrages.

2.

Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, es sei im Zusammenhang mit dem Schreiben vom 02.06.2003 schon deshalb zu einem neuen Arbeitsverhältnis gekommen, weil ihm darin andere Touren und mithin eine andere Tätigkeit zugewiesen worden sei, folgt dem die Berufungskammer nicht. Soweit in dem Schreiben vom 02.06.2003 dem Kläger eine andere Lage der Arbeitszeit sowie andere Touren übertragen wurden, erfolgte dies im Rahmen des schriftlichen Anstellungsvertrages vom 16.10.2000. Nach § 1 dieses Arbeitsvertrages wurde der Kläger als Kraftfahrer von der Beklagten eingestellt. Die Beklagte konnte mithin im Rahmen des ihr zustehenden Direktionsrechtes die Touren, welche dem Kläger übertragen werden sollten, selbst bestimmen. Dass dabei dem Kläger bei seiner Beschäftigung ab dem 02.06.2003 nicht mehr die gleichen Touren zugewiesen wurden wie vor Ausspruch der Kündigung, beruht - wie der Geschäftsführer der Beklagten während der mündlichen Berufungsverhandlung unwidersprochen ausgeführt hat - darauf, dass für die früheren Touren des Klägers nach Ausspruch der Kündigung ein anderer Fahrer eingeteilt worden ist, da ja der Kläger zunächst nicht weiterbeschäftigt wurde. Es ist nachvollziehbar, dass ab der Weiterbeschäftigung des Klägers diesem dann andere Touren übertragen wurden, um die Toureneinteilung nach Ablauf der Kündigungsfrist - zur effektiven Arbeitsbewältigung - weitgehend unangetastet zu lassen.

3.

Soweit der Klägervertreter während der mündlichen Berufungsverhandlung des Weiteren die Auffassung vertreten hat, es müsse schon deshalb zur Vereinbarung eines neuen Arbeitsverhältnisses für die Zeit ab dem 02.06.2003 gekommen sein, weil ansonsten der Ausspruch von zwei Kündigungen am 18.07.2003 keinerlei Sinn hätte, ist dieser Rückschluss nach Überzeugung der Berufungskammer nicht zwingend. Die beiden von der Prozessvertreterin der Beklagten unter dem Datum vom 18.07.2003 erklärten fristlosen, hilfsweise ordentlichen Kündigungen konnten auch vorsorglich für den Fall, dass später ein Arbeitsgericht vom Zustandekommen eines neuen Arbeitsverhältnisses ausgeht, notwendig erscheinen. Es ist daher nicht gerechtfertigt, allein aus der Tatsache, dass Kündigungen erklärt wurden, den Rückschluss zu ziehen, dass der Kündigende tatsächlich vom Bestand eines Arbeitsverhältnisses ausging. Vielmehr deutet der Hinweis in dem Schreiben der Beklagten vom 02.06.2003, dass gegen das erstinstanzliche Urteil des Arbeitsgerichtes vom 14.05.2003 Berufung eingelegt und die zugrunde liegende Kündigung nicht zurückgenommen werde, darauf hin, dass die später nachfolgenden Kündigungen ausschließlichen Vorsorgecharakter hatten. Dies gilt umso mehr, als die Beklagte zum Zeitpunkt der Erklärung dieser Kündigungen, aufgrund des Urteils des Arbeitsgerichts vom 14.05.2003 davon ausgehen musste, dass bislang eine wirksame Kündigung des Arbeitsverhältnisses nicht erfolgt sei.

Da mithin die Beklagte bei der Weiterbeschäftigung des Klägers ab dem 02.06.2003 lediglich einen zu diesem Zeitpunkt dem Kläger zustehenden arbeitsvertraglichen Weiterbeschäftigungsanspruch erfüllte, lag lediglich ein faktisches Arbeitsverhältnis vor, zumal nach dem rechtskräftigen Urteil des Landesarbeitsgerichtes Rheinland-Pfalz vom 10.12.2003 die Entscheidung des Arbeitsgerichtes vom 14.05.2003 abgeändert und die Klage abgewiesen worden ist. Aufgrund dieses Arbeitsverhältnisses konnte der Kläger keinen Bestandsschutz mehr geltend machen; wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, konnte das faktische Arbeitsverhältnis jederzeit durch einseitige Erklärung, ohne dass die Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung hätte vorliegen müssen, beendet werden (vgl. BAG, Urt. v. 07.12.1961 - 2 AZR 12/61 = AP Nr. 1 zu § 611 BGB Faktisches Arbeitsverhältnis). Der Kläger kann mithin keine rechtliche Überprüfung der beiden fristlosen und hilfsweise ordentlichen Kündigungen vom 18.07.2003 mehr verlangen.

B.

Darüber hinaus steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Entfernung der beiden schriftlichen Abmahnungen vom 23.06.2003 und 30.06.2003 aus seiner Personalakte mehr zu.

Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat ein Arbeitnehmer nämlich regelmäßig keinen Anspruch mehr auf Entfernung einer zu Unrecht erteilten Abmahnung aus der Personalakte. Es ist zwar anerkannt, dass die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers auch noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Rechte und Pflichte begründen kann (vgl. BAG, Urt. v. 17.01.1956 - 3 AZR 304/54 = AP Nr. 1 zu § 611 BGB Fürsorgepflicht). Die Abwägung der beiderseitigen Interessen führt aber nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses für den Regelfall zu dem Ergebnis, dass dem Arbeitnehmer ein Anspruch auf Entfernung einer zu Unrecht erteilten Abmahnung aus der Personalakte nicht mehr zusteht. Etwas anderes kann dann gelten, wenn objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Abmahnung dem Arbeitnehmer auch noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses schaden kann. Dafür ist der Arbeitnehmer darlegungs- und beweispflichtig (BAG, Urt. v. 14.09.1994 - 5 AZR 632/93 = AP Nr. 13 zu § 611 BGB Abmahnung).

Unter Berücksichtigung dieser Rechtsgrundsätze kann der Kläger einen Entfernungsanspruch nicht mehr mit Erfolg geltend machen, da zum Zeitpunkt der Erteilung der beiden Abmahnungen das zwischen den Parteien bestehende Beschäftigungsverhältnis rechtswirksam beendet war und im Rahmen eines faktischen Arbeitsverhältnisses der Entfernungsanspruch nicht besteht. Objektive Anhaltspunkte dafür, dass die Abmahnung auch noch nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses dem Kläger schaden können, hat er, trotz der ihn treffenden Darlegungspflicht, nicht vorgetragen.

Nach alledem war die Berufung des Klägers mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Gegen die vorliegende Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben; für die Zulassung der Revision fehlte es unter Berücksichtigung von § 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich begründeten Anlass.

Ende der Entscheidung

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