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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 04.01.2006
Aktenzeichen: 9 Sa 998/05
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO


Vorschriften:

ArbGG § 69 Abs. 2
ArbGG §§ 64 ff.
ZPO §§ 512 ff.
ZPO § 935
ZPO § 940
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 9 Sa 998/05

Entscheidung vom 04.01.2006

Tenor:

1. Die Berufung der Verfügungsklägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 18.11.2005, Az.: 2 Ga 67/05 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben.

Tatbestand:

Die Parteien streiten im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Eilverfahrens um die Verringerung der Arbeitszeit bis zur Entscheidung in der Hauptsache.

Von einer erneuten Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 18.11.2005 (dort S. 3 f. = Bl. 49 f. d.A.) Bezug genommen.

Die Verfügungsklägerin hat beantragt,

die Verfügungsbeklagte zu verpflichten, die Verfügungsklägerin bis zur Entscheidung in der Hauptsache ab dem 09.01.2006 in Teilzeit zu 50% der bisherigen Arbeitszeit, und damit zu 19,25 Stunden pro Woche im Zweischicht- bzw. Wechselschichtbetrieb zu beschäftigen.

Die Verfügungsbeklagte hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Das Arbeitsgericht Koblenz hat mit Urteil vom 18.11.2005 (Bl. 47 ff. d.A.) den Antrag zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es fehle an dem notwendigen Verfügungsgrund. Aus dem Sachvortrag der Verfügungsklägerin ergebe sich nicht, dass eine vorläufige Regelung im Rahmen eines Eilverfahrens notwendig sei. Insbesondere seien keine hinreichenden Umstände dafür ersichtlich, dass es der Verfügungsklägerin auch nicht für den begrenzten Zeitraum bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht möglich sei, die Betreuung ihres Kindes durch die in unmittelbarer Nähe wohnenden Schwiegereltern bzw. zeitanteilig durch anderweitige Betreuung zu ermöglichen.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichtes wird auf S. 4 f. des Urteils vom 18.11.2005 (= Bl. 50 f. d.A.) verwiesen.

Die Verfügungsklägerin, der die Entscheidung des Arbeitsgerichtes am 09.12.2005 zugestellt worden ist, hat am 16.12.2005 Berufung zum Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz unter gleichzeitiger Begründung des Rechtsmittels eingelegt.

Die Verfügungsklägerin macht geltend, der Erlass der beantragten einstweiligen Verfügung sei dringlich, da die in der Nähe wohnenden Schwiegereltern zwar bei einer Reduzierung der Arbeitszeit der Verfügungsklägerin auf 50% in der Lage seien, den zweijährigen Sohn X zu beaufsichtigen, dies aber im Hinblick auf Alter und Gesundheitszustand der Schwiegereltern nicht möglich sei, wenn die Verfügungsklägerin auch nur für eine bestimmte Frist ihrer Vollzeitbeschäftigung nachgehen müsse. Die 67-jährige Schwiegermutter habe vor cirka drei Monaten eine Oberschenkelhalsfraktur nebst einer Radiusfraktur links erlitten. Sie könne derzeit die erforderlichen Arbeiten des täglichen Lebens wie putzen, waschen und dergleichen allein nicht erledigen, sondern sei auf die Hilfe ihres Ehemannes angewiesen. Der 57-jährige Schwiegervater sei aber selbst nicht voll einsetzbar, da er aufgrund einer Nierentransplantation mit einem Grad der Behinderung von 70 schwerbehindert sei. Außerdem sei bei der Beurteilung der Dringlichkeit auch zu berücksichtigen, dass die Erfolgsaussichten der Klage im Hauptsacheverfahren sehr gut seien; die Verfügungsbeklagte habe nämlich bisher lediglich formelhaft Umstände vorgetragen, die einer Teilzeitbeschäftigung der Verfügungsklägerin entgegenstünden.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz der Verfügungsklägerin vom 15.12.2005 (Bl. 58 ff. d.A.) Bezug genommen.

Die Verfügungsklägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 18.11.2005 die Verfügungsbeklagte zu verpflichten, die Verfügungsklägerin bis zur Entscheidung in der Hauptsache ab dem 09.01.2006 in Teilzeit zu 50% der bisherigen Arbeitszeit, und damit zu 19,25 Stunden pro Woche im Zweischicht- bzw. Wechselschichtbetrieb zu beschäftigen.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Verfügungsbeklagte führt aus, das Vorbringen der Verfügungsklägerin, ihre Schwiegereltern seien aufgrund erheblicher gesundheitlicher Beeinträchtigungen außerstande, das Kind der Verfügungsklägerin während einer vollschichtigen Tätigkeit zu betreuen, sei unglaubwürdig. Denn nach den Darlegungen der Verfügungsklägerin wären die Schwiegereltern auch nicht in der Lage, die Betreuung bei einer hälftigen Arbeitszeit zu gewährleisten.

Außerdem habe sie, die Verfügungsbeklagte nicht lediglich formelhaft Umstände, die gegen eine Verkürzung der Arbeitszeit sprächen, vorgetragen, sondern ein schlüssiges unternehmerisches Konzept. Ein solches ergebe sich nämlich aus dem Plan, welcher mit Schriftsatz vom 27.10.2005, bereits erstinstanzlich dargestellt worden sei.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz der Verfügungsbeklagten vom 22.12.2005 (Bl. 69 f. d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist nach §§ 64 ff. ArbGG, 512 ff. ZPO zwar zulässig; in der Sache hat das Rechtsmittel aber keinen Erfolg. Für den Erlass der beantragten einstweiligen Verfügung fehlt es an dem nach §§ 935, 940 ZPO notwendigen Verfügungsgrund. Hierauf hat bereits das Arbeitsgericht in seiner erstinstanzlichen Entscheidung zutreffend hingewiesen. Der darlegungspflichtigen Verfügungsklägerin ist es auch in dem Berufungsverfahren nicht gelungen Umstände darzulegen, die hinreichen würden, die Verfügungsbeklagte zu einer Reduzierung der Arbeitszeit auf 50% für die Zeit bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu verpflichten. Es ist nämlich im Einzelnen nicht nachvollziehbar, dass es der Verfügungsklägerin nicht möglich sein soll, für die begrenzte Zeit bis zur Entscheidung in der Hauptsache ihren zweijährigen Sohn von den Schwiegereltern beaufsichtigen zu lassen, während sie einer Vollzeittätigkeit bei der Verfügungsbeklagten nachgeht.

Zumindest der 57-jährige Schwiegervater, der in unmittelbarer Nähe der Verfügungsklägerin wohnt, kann nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand, bei entsprechender Unterstützung durch seine derzeit erkrankte Ehefrau, den kleinen Sohn der Verfügungsklägerin für den begrenzten Zeitraum beaufsichtigen. Dem steht nicht entscheidend entgegen, dass der Schwiegervater aufgrund einer Nierentransplantation mit einem Grad der Behinderung von 70 schwerbehindert ist. Diese Tatsachen lassen für sich genommen noch nicht erkennen, dass er einer Aufsichtstätigkeit nicht nachkommen könnte. Soweit die Verfügungsklägerin während der mündlichen Berufungsverhandlung darauf hingewiesen hat, dass ihr Schwiegervater beim Kontakt mit ihrem Sohn X einer Ansteckungsgefahr ausgesetzt sei, welche für ihn gesundheitsgefährdend sei, rechtfertigt auch dies nicht die Annahme, dass eine Beaufsichtigung in Folge dessen ausgeschlossen sei. Denn selbst nach Auffassung der Verfügungsklägerin sind die Schwiegereltern in der Lage, das Kind der Verfügungsklägerin im Falle von deren Teilzeitbeschäftigung auf Dauer zu beaufsichtigen. Auch in diesem Fall wäre aber der Schwiegervater der behaupteten Ansteckungsgefahr bei einem Kontakt mit dem kleinen Kind ausgesetzt - und dies langfristig. Hingegen wäre eine Aufsichtstätigkeit für die Zeit bis zur Entscheidung in der Hauptsache befristet.

Die Berufungskammer verkennt nicht, dass eine mehrstündige Aufsichtstätigkeit für den gesundheitlich angeschlagenen Schwiegervater der Verfügungsklägerin belastend wäre, diese Belastung resultiert aber im Wesentlichen aus der nervlichen Beanspruchung bei der Beaufsichtigung des Kindes. Im Alter von 57 Jahren müsste der Schwiegervater der Verfügungsklägerin aber in der Lage sein, diesen nervlichen Belastungen zumindest für einen begrenzten Zeitraum stand zu halten.

Letztlich ist es der darlegungspflichtigen Verfügungsklägerin nicht gelungen, dem Berufungsgericht zu verdeutlichen, weshalb ihre Schwiegereltern zwar auf lange Dauer bei einer Halbtagstätigkeit der Verfügungsklägerin eine Aufsichtstätigkeit ausüben können, während ihnen dies für den relativ kurzen Zeitraum bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache bei einer Vollzeittätigkeit nicht möglich sein soll. Dabei war auch zu berücksichtigen, dass die Verfügungsklägerin bei ihrer Vollzeittätigkeit in ihrem früheren Arbeitsbereich in einem Wechselschichtsystem arbeitet, wobei sie eine Woche in Frühschicht von 06.00 Uhr bis 13.30 Uhr und die darauf folgende Woche in Spätschicht von 13.00 bis 20.30 Uhr eingesetzt wäre. Am darauf folgenden Wochenende hätte sie insgesamt drei Tage frei. Außerdem wäre es auch möglich, dass die Klägerin an manchen Wochen Nachtschicht von 20.00 bis 06.30 Uhr ableistet. Diese Arbeitszeiten verdeutlichen, dass der Verfügungsklägerin an jedem Arbeitstag mindestens vier Stunden zur Verfügung stehen, um, auch bei Ableistung einer Vollzeittätigkeit, ihren Sohn zu betreuen. Nimmt man die mögliche Unterstützung durch den Schwiegervater und dessen Ehefrau hinzu, so ist kein Grund erkennbar, der Verfügungsbeklagten bereits vor der Hauptsacheentscheidung jene organisatorischen Veränderungen zuzumuten, welche der Verfügungsklägerin eine Teilzeittätigkeit ermöglichen würden.

Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Gegen die vorliegende Entscheidung ist nach § 72 Abs. 4 ArbGG kein Rechtsmittel gegeben.

Ende der Entscheidung

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