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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 17.09.2008
Aktenzeichen: 9 Ta 169/08
Rechtsgebiete: ZPO, GewO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 114
GewO § 108
BGB § 241 Abs. 2
BGB § 242
BGB § 320
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz -Auswärtige Kammern Neuwied- vom 11.6.2008, Az. 9 Ca 883/08- wird auf seine Kosten zurückgewiesen. Gründe:

I. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichenden Erfolgsaussichten im Sinne des § 114 ZPO. Die Beschwerdekammer folgt zunächst der ausführlichen Begründung des Arbeitsgerichts im angefochtenen Beschluss sowie im Nicht-Abhilfebeschluss vom 2. September 2008. Ergänzend ist lediglich auszuführen: 1. Soweit der Antragsteller zur Begründung eines Zurückbehaltungsrechts im Rahmen der beabsichtigten Vollstreckungsabwehrklage einen Anspruch auf Auskunft bzw. Abrechnungserteilung für den Zeitraum geltend machen will, hinsichtlich dessen die Klage auf weitergehende Vergütungsansprüche durch das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 30.11.2007, Az. 9 Sa 532/07, rechtskräftig abgewiesen worden sind (August 2005 - Oktober 2006) scheidet ein Anspruch auf Auskunft und/oder Vergütungsabrechnung von vornherein aus. Ein solcher Anspruch folgt weder aus § 108 GewO, noch aus einer nebenvertraglichen Auskunftspflicht gem. §§ 241 Abs. 2, 242 BGB. Der Anspruch des Klägers auf Abrechnungen nach § 108 GewO ist erfüllt. Abrechnungen über die tatsächlich erfolgten Zahlungen liegen vor. § 108 GewO betrifft nur die Abrechnung der erfolgten Zahlung und gewährt keinen selbständigen Abrechnungsanspruch zur Vorbereitung eines Zahlungsanspruchs (BAG 12.7.2006 -5 AZR 646/05- EzA § 108 GewO Nr. 1). Ein Anspruch in Form einer nebenvertraglichen Auskunfts- und Abrechnungspflicht scheidet aus, da ein solcher Anspruch einen dem Grunde nach bestehenden Zahlungsanspruch voraussetzt (BAG 27.6.1990 -5 AZR 334/90- EzA § 242 BGB Auskunftspflicht Nr 2). Ein weitergehender Vergütungsanspruch für den genannten Zeitraum steht aber dem Grunde nach nicht nur nicht ausreichend fest, sondern scheidet vielmehr aufgrund der Rechtskraft des genannten Urteils des Landesarbeitsgerichts aus. 2. Aber auch Auskunfts- bzw. Abrechnungsansprüche für den Zeitraum Januar 2005 bis Juli 2005 und November 2008 scheiden aus. Hierbei kann dahingestellt bleiben, ob auch diesbezüglich Zahlungsansprüche von vornherein im Hinblick auf das genannte Urteil des Landesarbeitsgerichts unter dem Gesichtspunkt der sog. verdeckten Teilklage ausscheiden. a) Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass eine Einrede nach § 320 BGB schon deshalb ausscheidet, weil § 320 BGB nur einschlägig ist, wenn die fraglichen Verpflichtungen in einem Gegenseitigkeitsverhältnis zueinander stehen, die eine Leistung also Gegenleistung für die andere ist. Dies ist im Verhältnis des Kostenerstattungsanspruchs und eines eventuellen Abrechnungs- oder Auskunftanspuchs nicht der Fall. Ein demnach einzig in Betracht kommendes Zurückbehaltungsrecht rechtfertigt im Falle seines Bestehens aber im Falle seiner Geltendmachung im Rahmen einer Vollstreckungsabwehrklage schon nicht die vom Antragssteller mit dem Antrag erstrebte Rechtsfolge der vollständigen Einstellung der Zwangsvollstreckung, sondern nur einen Anspruch auf Abgabe einer rechtsgestaltenden Erklärung dahingehend, dass die Zwangsvollstreckung aus dem Titel nur Zug-um-Zug gegen Erfüllung der geltend gemachten Verpflichtung zulässig ist (so für die Einrede nach § 320 BGB: BGH 27.6.1997 -V ZR 91/96, NJW-RR 1997, 1272; vgl. Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 767 Rz. 12 "Zurückbehaltungsrecht"). b) Davon unabhängig besteht ein Anspruch des Antragstellers auf Abrechnung/Auskunftserteilung nicht. Wie bereits ausgeführt, scheidet ein Anspruch nach § 108 GewO aus. Aber auch ein Anspruch aus einer vertraglichen Nebenpflicht besteht nicht. Es ist anerkannt, dass Auskunftsansprüche nach Treu und Glauben bestehen können, wenn die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien es mit sich bringen, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben kann Denn der Ausgleich gestörter Vertragsparität gehört zu den Hauptaufgaben des Zivilrechts. Ein Ungleichgewicht kann etwa aus einer wirtschaftlichen Übermacht oder aus einem erheblichen Informationsgefälle resultieren. Eine solche Situation kann es erfordern, Auskunftsansprüche zu statuieren, die eine Vertragspartei zur Wahrnehmung ihrer materiellen Rechte aus dem Vertrag benötigt. Im Regelfall setzt das einen dem Grunde nach feststehenden Zahlungsanspruch voraus. Innerhalb vertraglicher Beziehungen, insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen, kann der Auskunftsanspruch darüber hinaus die Funktion haben, dem Berechtigten Informationen auch schon über das Bestehen des Anspruchs dem Grunde nach zu verschaffen. Im Arbeitsverhältnis wird der Inhalt der Nebenpflicht durch eine besondere persönliche Bindung der Vertragspartner geprägt. Aus dem Arbeitsverhältnis ergeben sich spezifische Pflichten zur Rücksichtnahme. Besteht ein billigenswertes Interesse an einer Auskunft, z.B. weil sie zur Geltendmachung eines Leistungsanspruchs erforderlich ist, kann sie verlangt werden, soweit eine Verpflichtung zur Auskunft keine übermäßige Belastung des Vertragspartners darstellt (vgl. zusammenfassend Müller, NZA 2008, 977, 981 mwN. zur Rechtsprechung des BAG). Allerdings muss die gesetzliche Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Prozess berücksichtigt bleiben: Die Darlegungs- und Beweissituation darf nicht durch Gewährung materiell-rechtlicher Auskunftsansprüche unzulässig verändert werden (BAG 7.9.1995 -8 AZR 828/93- EzA § 242 BGB Auskunftspflicht Nr. 4; BAG 1.12.2004 -5 AZR 664/03- EzA § 242 BGB Gleichbehandlung Nr. 5; Müller aaO.). Wie das Landesarbeitsgericht in dem genannten Urteil vom 30.11.2007 bereits ausgeführt hat, geht es dem Antragsteller nicht nur um die Geltendmachung einer tarifüblichen Vergütung für ein normales Arbeitszeitdeputat, sondern auch um die Geltendmachung von Mehrarbeitsstunden unter Hinzurechnung eines tariflichen Mehrarbeitszuschlags. Dies gilt ausweislich des Schriftsatzes des Antragstellers im vorliegenden Verfahren vom 27.6.2008 auch für den Zeitraum Januar bis Juli 2005.

Wie bereits im genannten Urteil des Landesarbeitsgerichts ausgeführt wurde, trifft aber den Kläger, der Ansprüche auf Mehrarbeitsvergütung geltend machen will, die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen eines Mehrarbeitsvergütungsanspruchs: Soweit es um Mehrarbeit geht, ist darüber hinaus Vortrag erforderlich, wann und in welchem Umfang genau Mehrarbeit geleistet wurde und dass die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt oder geduldet wurden oder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig waren. Bezüglich der Anordnung ist weiter darzulegen, wer wann welche Überstunden angeordnet hat. Die Billigung und Duldung setzen Vortrag dazu voraus, wer wie von den geleisteten Überstunden Kenntnis erlangt und sie ausdrücklich gebilligt oder stillschweigend geduldet hat. Damit die Notwendigkeit der Überstunden nachvollzogen werden kann, ist Vortrag erforderlich, wer wann wie welche Arbeit zugewiesen hat, wie zeitaufwändig diese Arbeit war, welche Regelarbeitszeit zur Verfügung stand, wann wer welche Terminvorgaben hinsichtlich der Erledigung der Arbeit gemacht hat und weshalb insoweit die Arbeit nicht ohne Überschreitung der regelmäßigen Arbeitszeit erledigt werden konnte (vgl. neben den Nachweisen im Urteil des Landesarbeitsgerichts zusammenfassend auch insoweit Müller, aaO., S. 978)..

Mit dem behaupteten Auskunfts- bzw. Abrechnungsanspruch verfolgt der Antragsteller aber gerade das Ziel, diese Darlegungs- und Beweissituation hiervon abweichend zu seinen Gunsten zu verändern.

c) Hinzu kommt, dass ein Auskunftsanspruch ausscheidet, wenn dem Arbeitszeitnachweis dienende Aufzeichnungen vom Arbeitgeber nicht gefertigt wurden. Den Arbeitgeber trifft insoweit keine vertragliche Nebenpflicht, Zeitaufzeichnungen anzufertigen oder anfertigen zu lassen (Müller aao., 981).

Der Antragsteller geht selbst davon aus, dass Aufzeichnungen, die dem Arbeitszeitnachweis dienen, nicht existieren, sondern dies einer Rekonstruktion für jeden Tag durch den Arbeitgeber anhand anderer Unterlagen (Fahrzeugstatistiken) erfordern würde.. Der Antragsteller begehrt damit keine Auskunft anhand bestehender, dem Arbeitszeitnachweis dienender Aufzeichnungen, sondern die Anfertigung entsprechender Aufzeichnungen. II. Die Beschwerde war daher zurückzuweisen. Die vorliegende Entscheidung ist, da Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht bestehen, nicht anfechtbar.

Ende der Entscheidung

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