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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 16.08.2006
Aktenzeichen: 9 TaBV 67/05
Rechtsgebiete: ArbGG, BetrVG, KSchG


Vorschriften:

ArbGG §§ 87 ff.
ArbGG § 91
BGB § 626
BGB § 626 Abs. 1
BetrVG § 103 Abs. 2 S. 1
KSchG § 15
KSchG § 15 Abs. 1
KSchG § 15 Abs. 1 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 9 TaBV 67/05

Entscheidung vom 16.08.2006

Tenor:

1. Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 05.10.2005, Az. 4 BV 83/04 wird zurückgewiesen. 2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um die Ersetzung der verweigerten Zustimmung des Betriebsrates zur außerordentlichen Kündigung eines Ersatzmitgliedes. Die Beteiligte zu 1. (im folgenden: die Arbeitgeberin) betreibt in X. ein Selbstbedienungswarenhaus; Beteiligter zu 2. (im folgenden: der Betriebsrat) ist der dort errichtete Betriebsrat, dem neun Mitglieder angehören, davon sechs Frauen und drei Männer. Der Beteiligte zu 3. (im folgenden: der Arbeitnehmer), der am 30.04.1963 geboren wurde und keine Unterhaltsverpflichtungen hat, ist seit dem 15.09.1983 bei der Arbeitgeberin gegen Zahlung einer monatlichen Arbeitsvergütung in Höhe von zuletzt 1.981,00 EUR brutto beschäftigt. Zunächst war er im Bereich "W." und seit dem 01.07.1998 als Verkäufer im Bereich "V." eingesetzt. Bei dem Arbeitnehmer traten folgende krankheitsbedingte Arbeitunfähigkeitszeiten auf: Jahr|Arbeitstage 2000|96 2001|109 2002|81 2003|21 2004 (bis einschließlich Oktober)|84

Hierbei handelte es sich im Wesentlichen um kurzzeitige Erkrankungen; wegen der einzelnen Arbeitsunfähigkeitszeiten und den jeweils vorliegenden ärztlichen Diagnosen wird auf die schriftliche Auflistung der U.-Krankenkasse vom 18.02.2005 (vgl. 63 ff. des Anlagenordners) Bezug genommen. Für die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers musste die Arbeitgeberin folgende Entgeltfortzahlungskosten, einschließlich der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung, aufwenden: Jahr|Kosten|Entgeltfortzahlung geleistet für Wochen 2000|6.884,09 EUR|12 2001|7.130,76 EUR|12,8 2002|7.351,98 EUR|13,2 2003|6.477,11 EUR|11,6 2004 (bis 30.11.)|9.576,96 EUR|17,0

Im November 2004 war der Arbeitnehmer, der Ersatzmitglied des Betriebsrates ist, als Betriebsratsmitglied tätig; ein weiterer Einsatz erfolge im März 2006. Des Weiteren wurde er im März 2006 bei Betriebsratswahlen erneut als Ersatzmitglied gewählt. Mit Schreiben vom 06.12.2004 beantragte die Arbeitgeberin die Zustimmung des Betriebsrates zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitnehmers mit einer sozialen Auslauffrist zum 30.06.2005 bzw. zum nächstzulässigen Termin. Zur Begründung verwies die Arbeitgeberin im Wesentlichen auf weitere zu erwartende Arbeitsunfähigkeitszeiten, fehlende Auskunftsbereitschaft des Arbeitnehmers im Zusammenhang mit seinen bisherigen Erkrankungen und ein zerstörtes Vertrauensverhältnis; wegen der Einzelheiten der Antragsbegründung wird auf das Schreiben vom 06.12.2004 nebst Anlagen (Bl. 1 ff. des Anlagenordners) verwiesen. Nachdem der Betriebsrat mit Schreiben vom 09.12.2004 (Bl. 9 ff. d. A.) seine Zustimmung zu der beabsichtigten Kündigung verweigert hatte, hat die Arbeitgeberin das vorliegende Zustimmungsersetzungsverfahren beim Arbeitsgericht Mainz eingeleitet. Wegen des erstinstanzlichen Beteiligtenvorbringens wird auf die Zusammenfassung im Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 05.10.2005 (dort S. 2 f. = Bl. 76 f. d. A.) Bezug genommen. Die Arbeitgeberin hat beantragt,

die Zustimmung des Betriebsrates zur außerordentlichen Kündigung des Mitarbeiters C. unter Einhaltung einer Auslauffrist von 6 Monaten zu ersetzen. Der Betriebsrat und der Arbeitnehmer haben beantragt,

den Antrag zurückzuweisen. Das Arbeitsgericht Mainz hat mit Beschluss vom 05.10.2005 (Bl. 75 ff. d. A.) den Ersetzungsantrag zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es fehle an dem notwendigen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB. Der Arbeitnehmer habe zwar in den zurückliegenden Jahren überdurchschnittlich hohe Fehlzeiten aufzuweisen und dabei auch hohe Entgeltfortzahlungskosten verursacht. Mithin sei eine negative Gesundheitsprognose zu stellen, jedoch seien Betriebsablaufstörungen von der Arbeitgeberin nicht konkret dargelegt worden. Im Rahmen einer Interessenabwägung würden die erheblichen Entgeltfortzahlungskosten jedoch nicht hinreichen, um eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen, zumal der Arbeitnehmer 41 Jahre alt und bereits seit 1983 bei der Arbeitgeberin beschäftigt sei. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichtes wird auf S. 3 f. des Beschlusses vom 05.10.2005 (= Bl. 77 f. d. A.) verwiesen. Die Arbeitgeberin, der die Entscheidung des Arbeitsgerichtes am 05.12.2005 zugestellt worden ist, hat am 22.12.2005 Beschwerde zum Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt und am 13.02.2006 ihr Rechtsmittel begründet, nachdem die Beschwerdebegründungsfrist bis einschließlich 13.02.2006 verlängert worden war. Die Arbeitgeberin macht geltend, der Arbeitnehmer sei von 1996 bis einschließlich 2004, also für die Dauer von acht Jahren, erheblich länger als sechs Wochen je Jahr erkrankt gewesen. Auch in der Zeit vor 1996 sei der sechswöchige Entgeltfortzahlungszeitraum, mit Ausnahme des Jahres 1995, immer überschritten worden. In den letzen vier Jahren vor Antragstellung habe der Arbeitnehmer an 81 bis 121 Arbeitstag pro Jahr krankheitsbedingt gefehlt. Diese Arbeitsunfähigkeitzeiten würden eine Indizwirkung für die Zukunft entfalten, so dass auch mit weiteren entsprechenden krankheitsbedingten Fehlzeiten zu rechnen sei. Soweit sich der Arbeitnehmer demgegenüber darauf berufe, die Arbeitsunfähigkeitszeiten hätten ihre Ursache in einer Depression und einer verschleppten Lungenentzündung, sei dieses Vorbringen unsubstantiiert. Die Arbeitgeberin habe im Übrigen während der Zeit von 2000 bis zum 30.11.2004 Entgeltfortzahlung in Höhe von 37.421,00 EUR an den Kläger geleitstet. Wenn man die Arbeitsunfähigkeitszeiten aus den Jahren 1994 bis 1999 addiere komme ein vergleichbarer Betrag zustande. Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sei daher der Arbeitgeberin, trotz der Dauer des Beschäftigungsverhältnisses nicht weiter zumutbar. Die Fehlzeiten des Arbeitnehmers hätten im Übrigen auch zu organisatorischen Störungen geführt, da ein Personalersatz habe beschafft werden müssen und man sich aufgrund der Kurzerkrankungen hierauf nicht habe einstellen können. Schließlich müsse bei der Interessenabwägung auch berücksichtigt werden, dass das Vertrauensverhältnis zwischen den Arbeitsvertragsparteien durch den Arbeitnehmer dadurch zerstört worden sei, dass dieser sich beharrlich geweigert habe, die ihn behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden, so dass seine Fehlzeiten bei der Einsatzplanung hätten berücksichtigt werden können. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Beschwerdebegründung wird auf die Schriftsätze der Arbeitgeberin vom 13.02.2006 (Bl.102 ff. d. A.) und 19.04.2006 (Bl. 134 f. d. A.) Bezug genommen. Die Arbeitgeberin beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 05.10.2005 aufzuheben und die Zustimmung des Betriebsrates zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitnehmers C. unter Einhaltung einer Auslauffrist von 6 Monaten zu ersetzen. Der Betriebsrat und der Arbeitnehmer beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen. Der Betriebsrat führt aus, für die beabsichtigte außerordentliche Kündigung fehle es bereits an einer negativen Gesundheitsprognose. Soweit die Arbeitgeberin in der Beschwerdebegründung nunmehr auf Arbeitsunfähigkeitszeiten aus der Zeit vor dem Kalenderjahr 2000 verweise, stimme dies nicht mehr mit dem Inhalt des Zustimmungsantrages überein. Darüber hinaus leide der Kläger an einer Depression, die erst spät erkannt worden sei; einige Erkrankungen seien auf eine verschleppte Lungenentzündung zurückzuführen, die zwischenzeitlich auskuriert sei. Bei der Arbeitgeberin sei es durch die Arbeitsunfähigkeitszeiten des Arbeitsnehmers zu keinem Zeitpunkt zu organisatorischen Störungen gekommen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Beschwerdeerwiderung des Betriebsrates wird auf den Schriftsatz vom 13.03.2006 (Bl. 125 ff. d. A.) verwiesen. Der Arbeitnehmer legt dar, er habe das Vorliegen einer negativen Prognose hinreichend durch die Entbindung der ihn behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht bestritten. Im Übrigen seien die Ausführungen des Arbeitsgerichtes in dem angefochtenen Beschluss nicht zu beanstanden. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Beschwerdeerwiderung des Arbeitnehmers wird auf seinen Schriftsatz vom 19.04.2006 (Bl. 131 ff. d. A.) Bezug genommen. Abschließend wird hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes auf den gesamten Akteninhalt, insbesondere auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist gem. §§ 87 ff. ArbGG zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht Mainz hat die notwendige Zustimmung des Betriebsrates zu der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist zu Recht nicht ersetzt, da vorliegend die rechtlichen Voraussetzungen aus §§ 103 Abs. 2 S. 1 BetrVG, 626 Abs. 1 BGB nicht erfüllt sind. Zustimmungsbedürftig ist die außerordentliche Kündigung eines Ersatzmitgliedes, falls die Kündigung während einer Zeit erfolgen soll, zu der eine ordentliche Kündigung nach § 15 KSchG ausgeschlossen ist. Hierbei handelt es sich um die Zeit, in der das Ersatzmitglied in das Betriebsratsgremium nachgerückt ist und darüber hinaus um die Zeit des nachwirkenden Kündigungsschutzes, also um das Jahr nach Beendigung des Vertretungsfalles (vgl. § 15 Abs. 1 KSchG). Eine verweigerte Zustimmung kann nach § 103 Abs. 2 S. 1 BetrVG nur ersetzt werden, wenn die beabsichtigte außerordentliche Kündigung der gesetzlichen Regelung des § 626 Abs. 1 BGB entspricht. Hiernach kann das Dienstverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Die erforderliche Überprüfung nach § 626 Abs. 1 BGB erfolgt in zwei Stufen: Zum einen muss ein Grund vorliegen, der, ohne Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalles, überhaupt an sich geeignet ist, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Darüber hinaus muss dieser Grund im Rahmen einer Interessenabwägung unter besonderer Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere auch des Verhältnismäßigkeitsprinzips, zum Überwiegen der berechtigten Interessen des Kündigenden an der beabsichtigten Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen (vgl. DLW/Dörner, 4. Auflage, D/ Randziffer 662 m. w. N.). Fristlos kann einem Betriebsratsmitglied nach §§ 15 KSchG, 626 BGB nur gekündigt werden, wenn dem Arbeitgeber bei einem vergleichbaren Nichtbetriebsratsmitglied dessen Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der einschlägigen ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar wäre. Wenn die außerordentliche Kündigung unter Einhaltung einer Auslauffrist ausgesprochen werden soll, müssen jedenfalls die gesetzlichen Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung erfüllt sein. Ob eine personen- oder verhaltensbedingte außerordentliche Kündigung mit einer Auslauffrist, welche der Dauer der außerordentlichen Kündigungsfrist entspricht, generell mit § 15 Abs. 1 KSchG vereinbar ist, hat das Bundesarbeitsgericht in seinen Urteilen vom 15.03.2001 (- 2 AZR 624/99 = NZA - RR 2002, 20) und 27.09.2001 (- 2 AZR 487/00 = EzA § 15 n. F. Kündigungsschutzgesetz Nr. 54) offen gelassen. In einer älteren Entscheidung vom 18.02.1993 (- 2 AZR 526/92 = AP Nr. 35 zu § 15 KSchG 1969) hat es eine krankheitsbedingte außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist, welche der ordentlichen Kündigungsfrist entsprach, für nicht vereinbar mit § 15 KSchG gehalten. Die dargestellte Rechtslage, welche im Zusammenhang mit Betriebsratsmitgliedern entstanden ist, gilt auch für Ersatzmitglieder des Betriebsrates, soweit diese Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 1 KSchG in Anspruch nehmen können. Für den vorliegenden Fall ergibt sich hieraus folgendes: 1.

Die von der Arbeitgeberin beabsichtigte außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist bedurfte der Zustimmung des Betriebsrates, da der Arbeitnehmer als Ersatzmitglied sowohl zum Zeitpunkt des Zustimmungsantrages der Arbeitgeberin (06.12.2004) wie auch zum Zeitpunkt der vorliegenden Beschwerdeentscheidung nachwirkenden Kündigungsschutz im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 2 KSchG in Anspruch nehmen konnte. Sowohl seine Betriebsratstätigkeit im November 2004 wie auch jene im März 2006 löste nämlich für ein Jahr nachwirkenden Kündigungsschutz aus. 2.

Die rechtlichen Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB sind aber nicht erfüllt. a) Als ein generell zur außerordentlichen Kündigung geeigneter Sachverhalt können auch zukünftig zu erwartende Arbeitsunfähigkeitszeiten in Frage kommen - allerdings nur in Extremfällen. Ob vorliegend ein solcher Extremfall gegeben ist, kann dahingestellt bleiben, da selbst wenn dies - wie nachfolgend - unterstellt wird, die beabsichtigte außerordentliche Kündigung nicht rechtswirksam wäre. Demgegenüber bildet die von der Arbeitgeberin in dem Zustimmungsantrag ebenfalls als Kündigungsgrund bezeichnete mangelnde Bereitschaft des Arbeitnehmers seine behandelnde Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden und Auskunft über zukünftige Fehlzeiten zu geben, für sich genommen keinen zur außerordentlichen Kündigung generell geeigneten Sachverhalt. Unabhängig davon, ob tatsächlich ein rechtsrelevantes Fehlverhalten vorliegt, kann dieser Sachverhalt nicht für eine außerordentliche Kündigung herangezogen werden, da die Arbeitgeberin hier ein Fehlverhalten geltend macht, ohne die grundsätzlich notwendige Abmahnung zuvor ausgesprochen zu haben. b) Aus krankheitsbedingten Gründen kann die außerordentliche Kündigung aber nur gerechtfertigt sein, falls eine negative Gesundheitsprognose zu stellen ist, die bisherigen Arbeitsunfähigkeitszeiten zu erheblichen betrieblichen Beeinträchtigungen bei der Arbeitgeberin geführt haben und diese Beeinträchtigungen im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung zukünftig nicht mehr zumutbar sind. Grundlage für die Prüfung der krankheitsbedingten Kündigungsgründe ist der Inhalt des Zustimmungsantrages der Arbeitgeberin vom 06.12.2004, zumal die Zustimmung nicht aufgrund von Umständen ersetzt werden kann, die dem Betriebsrat nicht zuvor als beabsichtigte Kündigungsgründe mitgeteilt worden sind. aa) Im vorliegenden Fall wird eine negative Gesundheitsprognose bei der nachfolgenden Prüfung unterstellt. Hierbei ist allerdings darauf hinzuweisen, dass lediglich die Arbeitsunfähigkeitszeiten, welche dem Betriebsrat in dem Zustimmungsantrag mitgeteilt wurden dieser Gesundheitsprognose zugrunde gelegt werden können. Dies sind für das Jahr 2000 96 Arbeitstage, für das Jahr 2001 109 Arbeitstage, für das Jahr 2002 81 Arbeitstage, für das Jahr 2003 121 Arbeitstage und für das Jahr 2004 (bis einschließlich Oktober) 84 Arbeitstage. Hierbei handelt es sich um erhebliche Arbeitsunfähigkeitszeiten, die eine negative Gesundheitsprognose indizieren. Ob diese Indizwirkung durch den Vortrag des Arbeitnehmers, also insbesondere durch den Hinweis auf eine verschleppte, ausgeheilte Lungenentzündung und Depressionen, widerlegt worden ist, kann dahinstehen. Selbst wenn es dem Arbeitnehmer nicht gelungen wäre, Tatsachen vorzutragen, die der negativen Gesundheitsprognose entgegenstehen, ist nämlich die beabsichtigte außerordentliche Kündigung nicht wirksam. Mithin konnte auch auf die beantragte Vernehmung der den Arbeitnehmer behandelnden Ärzte verzichtet werden. bb) Als erhebliche betriebliche Belastungen wirken sich die Entgeltfortzahlungskosten aus der Zeit von 2000 bis zum 30.11.2004 aus, soweit jährlich der Sechs-Wochen-Zeitraum überschritten wurde. Im Jahresdurchschnitt erfolgte eine Überschreitung des Entgeltfortzahlungszeitraumes um 7,3 Wochen pro Jahr (vgl. S. 4 des schriftlichen Zustimmungsantrages vom 06.12.2004). Hieraus resultieren Entgeltfortzahlungskosten für die Zeit von 2000 bis zum 30.11.2004 über jährlich sechs Wochen hinaus in Höhe von insgesamt, 21.102,01 EUR (Gesamtkosten in Höhe von 37.420,90 EUR : 66,5 Krankheitswochen x 37,5 Krankheitswochen). Soweit sich die Arbeitgeberin darüber hinaus auf Betriebsablaufstörungen beruft, wurden diese Ablaufstörungen im Zustimmungsantrag und im Rahmen des Beschwerdeverfahrens lediglich pauschal behauptet und waren auch auf Nachfrage des Beschwerdegerichtes während des Anhörungstermines mündlich so pauschal dargelegt worden, dass für die Beschwerdekammer kein Anlass bestand, auch unter Berücksichtigung des geltenden Untersuchungsgrundsatzes, zu versuchen, durch schriftliche Auflagen konkretere Angaben zu erwirken. cc) Im Rahmen der einzelfallbezogenen Interessenabwägung war festzustellen, dass der Arbeitgeberin - ausgehend von der oben unterstellten negativen Gesundheitsprognose und den ebenfalls unterstellten erheblichen betrieblichen Beeinträchtigungen - eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumutbar ist. Für die Beurteilung dieser Zumutbarkeit legte die Beschwerdekammer zugunsten der Arbeitgeberin die Auffassung zugrunde, dass eine krankheitsbedingte, außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist mit § 15 Abs. 1 KSchG vereinbar ist; ob diese Auffassung letztlich - unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes - generell zutreffend ist, bedurfte nicht der Entscheidung. Des Weiteren ging die Beschwerdekammer bei der Interessenabwägung zugunsten der Arbeitgeberin davon aus, dass eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger - gerechnet ab der Verkündung der Beschwerdeentscheidung - frühestens nach ca. fünf Jahren unter Einhaltung einer Kündigungsfrist möglich ist. Hierbei wurde berücksichtigt, dass der Kläger im März 2006 erneut als Ersatzmitglied des Betriebsrates gewählt wurde; des Weiteren wurde unterstellt, dass durch oftmaliges Nachrücken des Klägers in den Betriebsrat durchgehend Kündigungsschutz bis zum Ende der Amtszeit, zuzüglich des nachwirkenden einjährigen Kündigungsschutzes, besteht. Unter Berücksichtigung dieser Ausgangslage sprach für die außerordentliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Einhaltung einer Auslauffrist zunächst einmal das arbeitsmarktbezogen noch nicht sehr hohe Alter des Klägers von 41 Lebensjahren. Darüber hinaus das massive Auftreten von Arbeitsunfähigkeitszeiten in den letzten vier Jahren des Arbeitsverhältnisses vor Stellung des Zustimmungsantrages. Darüber hinaus ist zugunsten der beabsichtigten Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist zu berücksichtigen, dass die Arbeitgeberin in den folgenden fünf Jahren damit rechnen muss, über den sechswöchigen Entgeltfortzahlungszeitraum hinaus - wie in der Vergangenheit -Kosten in Höhe von 4.220,30 EUR je Jahr aufwenden zu müssen (37.420,90 EUR : 66,5 Wochen x 7,5 Wochen). Gegen die außerordentliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Einhaltung einer Auslauffrist spricht aber entscheidend, dass im Zusammenhang mit außerordentlichen Kündigungen aus krankheitsbedingten Gründen ein strenger Maßstab anzulegen ist (vgl. BAG, Urteil vom 18.02.1993 - 2 AZR 526/92 = AP Nr. 35 zu § 15 KSchG 1969), dem die vorgenannten Umstände nicht gerecht werden. Das Arbeitsverhältnis besteht bereits seit dem 15.09.1983, wobei im Rahmen des vorliegenden Ersetzungsverfahrens lediglich die Arbeitsunfähigkeitszeiten ab dem Jahr 2000 zu berücksichtigen sind. Soweit in der Beschwerdebegründung darüber hinaus Arbeitsunfähigkeitszeiten aus den Vorjahren angeführt sind, wurden diese in dem Zustimmungsantrag gegenüber dem Betriebsrat nicht mitgeteilt, so dass sie auch nicht Grundlage des Ersetzungsverfahrens sein können. Mithin muss davon ausgegangen werden, dass der weit überwiegende Teil des Beschäftigungsverhältnisses ohne erhebliche Belastungen für die Arbeitgeberin durch Arbeitsunfähigkeitszeiten des Arbeitnehmers verlaufen ist. Im Rahmen einer Gesamtwürdigung all dieser Einzelfallumstände ist der Arbeitgeberin die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum nächstmöglichen Zeitpunkt, zu dem eine ordentliche Kündigung rechtlich möglich ist, derzeit noch zumutbar. Nach alle dem war die Beschwerde zurückzuweisen. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlte es unter Beachtung von §§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich begründeten Anlass.

Ende der Entscheidung

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