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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 21.11.2006
Aktenzeichen: 1 Ta 156/06
Rechtsgebiete: GKG, ArbGG, RVG


Vorschriften:

GKG § 3 Abs. 2
GKG § 39 Abs. 1
GKG § 42 Abs. 4 Satz 1
GKG § 42 Abs. 5
GKG § 42 Abs. 5 Satz 1
GKG § 42 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2
ArbGG § 12 Abs. 7
RVG § 33
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
LANDESARBEITSGERICHT SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenzeichen: 1 Ta 156/06

In dem Beschwerdeverfahren

hat die 1. Kammer des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt ohne mündliche Verhandlung am 21. November 2006 durch den Präsidenten des Landesarbeitsgerichts Zink als Vorsitzenden beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 04.09.2006 wird der Beschluss dess Arbeitsgerichts Stendal vom 15.08.2006 in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 11.09.2006 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels auf Kosten des Beschwerdeführers geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers für das Verfahren und den Vergleich beträgt jeweils € 5.083,86.

Gründe:

I.

Der Kläger hat mit seiner Klage vom 04.10.2005 zum einen feststellen lassen wollen, dass die mit Wirkung vom 23.09.2005 ausgesprochene Kündigung durch den Beklagten vom 13.09.2005 rechtsunwirksam sei und das am 04.04.2005 begründete Arbeitsverhältnis unverändert fortbestehe. Des Weiteren hat der Kläger seiner Ansicht nach bestehende Lohndifferenzen bis einschließlich September 2005 von insgesamt € 3.466,75 eingefordert und im Schriftsatz vom 29.03.2006 die nach Berücksichtigung von Leistungen der Arbeitsagentur verbleibenden Lohnanteile für die Monate Oktober 2005 bis März 2006 sowie Urlaubsgeld aus dem Jahre 2005 von € 524,80 begehrt.

Der gemäß schriftlichem Vertrag vom 04.04.2005 verabredete Lohn betrug € 8,20 brutto pro Stunde. Die regelmäßige Wochenarbeitszeit belief sich auf 40 Stunden.

Die Parteien haben sich in der Kammerverhandlung vom 01.06.2006 dahingehend verglichen, dass das Arbeitsverhältnis infolge der Kündigung zum 23.09.2005 endete und der Beklagte dem Kläger für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung von € 1.000,00 zahle.

Der Klägervertreter hat beantragt, den Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit auf insgesamt € 11.862,83 festzusetzen. Dabei hat er 3 Bruttomonatsgehälter à 1.421,33, die o. g. Lohndifferenz bis September 2005, Urlaubsabgeltung i.H.v. € 524,80, sowie den - auf der Basis seiner Rechtsansicht - ausstehenden Arbeitslohn bis März 2006 in Ansatz gebracht.

Das Arbeitsgericht Stendal hat mit Beschluss vom 15.08.2006, dem Klägervertreter am 21.08.2006 durch Empfangsbekenntnis zugestellt, den Gegenstandswert auf € 4.780,60 festgesetzt. Es ist dabei von 3 Bruttomonatsgehältern à € 1.418,60 ausgegangen und hat ferner die Urlaubsabgeltungsforderung einbezogen. Ohne Wertansatz geblieben sind die Lohndifferenzen (§ 42 Abs. 5 GKG) sowie der offene Lohn für 6 Monate wegen wirtschaftlicher Identität mit dem Feststellungsbegehren.

Hiergegen richtet sich die am 04.09.2006 beim Arbeitsgericht Stendal eingegangene und begründete Beschwerde, die sich im Wesentlichen darauf stützt, dass das GKG eine Kumulation der vorliegenden Streitgegenstände gebiete.

II.

Die statthafte Beschwerde ist zulässig (§ 33 Abs. 3 RVG), jedoch im Ergebnis nur zu einem geringen Teil begründet.

1. Dem Beschwerdeführer ist darin zu folgen, dass bei einer Festsetzung des Gegenstandswertes der anwaltlichen Tätigkeit die geforderten Lohndifferenzen für April bis September 2005 in Höhe von rechnerisch richtigen € 3.138,82 neben dem Wert für den Feststellungsantrag vollständig zu berücksichtigen sind (§ 39 Abs. 1 GKG).

§ 42 Abs. 5 Satz 1 GKG in der zurzeit geltenden Fassung steht dem nicht entgegen. Zwar könnte der reine Wortlaut dieser Vorschrift die Annahme stützen, die bei Einreichung der Klage nach Ansicht des Klägers fälligen Lohndifferenzen müssten wertmäßig außer Betracht bleiben (2. Halbsatz). Entstehungsgeschichte und Sinn der Vorschrift verbieten jedoch eine solche Betrachtung. So wollte ausweislich der Bundestagsdrucksache 15/1971 (Seite 141, 155), der Gesetzgeber "im Hinblick auf die angestrebte Verbesserung der Übersichtlichkeit der Gerichtskostenregelungen die arbeitsgerichtlichen Wert- und Kostenvorschriften (derzeit: § 12 des Arbeitsgerichtsgesetzes - ArbGG) und das Gebührenverzeichnis (derzeit: Anlage 1 zu § 12 Abs. 1 ArbGG) in das GKG einstellen".

§ 12 Abs. 7 ArbGG a. F. hat somit inhaltlich unverändert Eingang in das GKG gefunden. Im Hinblick auf diese vormalige Vorschrift entsprach es einhelliger Auffassung, dass fällige Ansprüche aus der Zeit vor Ausspruch der Kündigung, die in derselben Klage geltend gemacht werden, die sich gegen die Kündigung richtet, dem Wert der Kündigungsschutzklage hinzuzurechnen sind. Daran hat § 42 Abs. 5 GKG nichts geändert. Sinn und Zweck der Regelung ist es (nach wie vor), dass nur solche rückständigen Beträge wertmäßig außer Betracht bleiben, die von der zu treffenden Hauptentscheidung abhängen. Im Übrigen gilt § 39 Abs. 1 GKG. Die Beschwerdekammer verhehlt nicht, dass der gewählte Wortlaut der Vorschrift als missglückt zu bezeichnen ist. Die teleologische Auslegung kann jedoch nur zu dem Ergebnis führen, dass § 42 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 GKG sich nicht auf Ansprüche, die vor der mit der Kündigungsschutzklage angegriffenen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses entstanden sind, bezieht (auf die Entscheidung des LAG Bremen vom 25.08.2005 - 3 Ta 39/05 - Juris, wird insoweit verwiesen).

2. Auch die Urlaubsabgeltung in Höhe von € 524,80 fällt wertmäßig gemäß den zutreffenden Feststellungen des Arbeitsgerichts unzweifelhaft eigenständig ins Gewicht.

3. Die mit Schriftsatz vom 29.03.2006 nachträglich eingeforderten € 8.659,20 abzüglich der von der Arbeitsagentur geleisteten Zahlungen bleiben hingegen ohne Wertansätze. Diese Lohnansprüche für Oktober 2005 bis März 2006, also für die Zeit nach vermeintlicher Wirksamkeit der Kündigung, sind nur begründet, falls die Kündigung unwirksam wäre und das Arbeitsverhältnis fortbestünde. Sie sind also vom Ausgang des Kündigungsschutzverfahrens abhängig. Solche Annahmeverzugsansprüche haben demzufolge auch keinen eigenständigen Gebührenwert.

4. Was schließlich die Wertfestsetzung zum Kündigungsschutzantrag anbelangt, war eine Korrektur zum Nachteil des Beschwerdeführers vorzunehmen. Mit Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (2. Senat, Entscheidung vom 30.11.1984 - NZA 1985, 369 ff.) - ist davon auszugehen, dass die 3 Monatsgehälter gem. § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG wie vormals in § 12 Abs. 7 ArbGG keinen Regel-, sondern einen Höchstsatz darstellen, der bei entsprechend kurzer Dauer des Arbeitsverhältnisses herabgestuft werden kann. Hier liegt eine Bestandszeit von weniger als 6 Monaten vor, so dass nur 1 Bruttomonatsgehalt für das Feststellungsbegehren zugrunde zu legen ist. Dies entspricht ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammer. Dies sind € 1.420,24 (4,33 x 40 x 8,2). Folglich war die Festsetzung durch das Arbeitsgericht entsprechend zu kürzen.

Bedenken hiergegen unter dem Gesichtspunkt der reformatio in peius bestehen nicht. Dieser gilt zwar grundsätzlich auch im Beschwerdeverfahren nach § 33 RVG (vgl. LAG Hamburg vom 30.06.2005 - 8 Ta 5/05 -, Juris). Allerdings ist das Verschlechterungsverbot vorliegend deshalb nicht verletzt, weil es insoweit nicht auf die Einzelpositionen eines Saldos, sondern nur auf den Endsaldo selbst ankommt.

Im Ergebnis beträgt der Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit des Klägervertreters € 5.083,86 (€ 3.138,82 + 524,80 + 1.420,24) und ist damit höher als durch das Arbeitsgericht beschlossen. Das Verschlechterungsverbot ist folglich beachtet geblieben.

III.

Einer Festsetzung des Gegenstandswertes für das Beschwerdeverfahren bedurfte es angesichts des Festsetzens einer Gerichtsgebühr mit der Pauschale von € 40,00 - Nr. 8613 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG - nicht. Von der Möglichkeit, die Gebühr nach billigem Ermessen auf die Hälfte zu ermäßigen oder zu bestimmen, dass eine Gebühr nicht zu erheben ist, hat die Kammer angesichts des geringfügigen Erfolgs des Rechtsmittels keinen Gebrauch gemacht.

Gegen diese Entscheidung ist ein weiteres Rechtsmittel nicht gegeben (§ 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).

Ende der Entscheidung

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