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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 08.10.2003
Aktenzeichen: 3 (7) TaBV 21/02
Rechtsgebiete: WO, BetrVG


Vorschriften:

WO § 2 I
WO § 2 II
BetrVG § 13 I
BetrVG § 13 II 3
BetrVG § 16 I
BetrVG § 17 II
BetrVG § 18 I 2
BetrVG § 18 II
BetrVG § 21 S. 5
BetrVG § 21 a
BetrVG § 21 b
BetrVG § 22
BetrVG § 29 I 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt BESCHLUSS

3 (7) TaBV 21/02

verkündet am: 08. Oktober 2003

In dem Beschlußverfahren

hat die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt auf die mündliche Verhandlung vom 08. Oktober 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter und als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Beschwerde wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 28.05.02 - Az.: 1(5) BV 18/02 - abgeändert.

Die Beteiligte wird verpflichtet, dem Beteiligten zu 1) die vollständige Mitarbeiterliste mit folgenden Angaben auszuhändigen, nämlich: Namen, Vornamen, Geburtsdatum, Beschäftigungszeit, Arbeitsadresse, getrennt nach männlichen und weiblichen Beschäftigten, jeweils in alphabetischer Reihenfolge.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Antragsteller (Wahlvorstand) begehrt von der Beteiligten zu 2) (Arbeitgeberin) zur Durchführung einer gemeinsamen Betriebsratswahl bei der Arbeitgeberin sowie nunmehr noch den Betrieben/Betriebsstätten der (MDG), der (MSM, der (ZPL) und der und der die Herausgabe einer vollständigen Mitarbeiterliste. Die Arbeitgeberin lehnt die Aushändigung zum Zwecke der Einleitung und Durchführung einer gemeinsamen Wahl ab.

Die Arbeitgeberin (MVD) ist eins von mehreren Unternehmen der sog. Mediengruppe , die wiederum zur Verlagsgruppe gehört. Bei der Arbeitgeberin sind mehr als die Hälfte der insgesamt in der Mediengruppe tätigen Arbeitnehmer beschäftigt. Bei der Arbeitgeberin war ein Betriebsrat gewählt. Ebenso gab es bei der zwischenzeitlich stillgelegten DBG (s. u.) einen Betriebsrat. Auf Antrag des MVD-Betriebsrats stellte das Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt mit Beschluß vom 28.09.2001 (7(5) TaBV 24/00) fest, daß die Betriebsstätten der Beteiligten zu Ziffer 2 - 8, nämlich der (MVD), (ZBG), (MDG), (MSM), (ZPG), (MGG), (DBG) in und in , einen Betrieb i. S. d. § 1 BetrVG bilden. Der Beschluß ist nach Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluß des Bundesarbeitsgerichts vom 20.02.2002 (7 ABN 48/01) rechtskräftig.

Mit Gesellschafterbeschlüssen vom 30.10.2001 wurden die Geschäftsführungsverhältnisses der sieben an vorstehendem Abgrenzungsverfahren beteiligten Unternehmen neu geregelt.

Am 14.11.2001 traten die Betriebsräte der MVD und der DBG zurück. Gleichzeitig bestellte der Betriebsrat der MVD mit Billigung des bei der DBG gewählten Betriebsrats einen Wahlvorstand, bestehend aus Angehörigen der Firmen MVD und DBG, der die Wahl eines einheitlichen Betriebsrats für die Betriebsstätten der sieben am Abgrenzungsverfahren beteiligten Arbeitgeberinnen einleiten soll.

Seit dem 01.10. bzw. 01.12.2001 werden die redaktionellen Tätigkeiten und das Anzeigengeschäft des Generalanzeigers für das Verbreitungsgebiet Sachsen-Anhalt nicht mehr von der MGG, sondern den konzernexternen Dienstleistungsfirmen und erbracht. Die Tätigkeit der MGG ist seitdem auf das Verbreitungsgebiet Niedersachsen beschränkt und wird von derzeit sechs Mitarbeitern in den Geschäftsstellen der MGG in Uelzen und Lüchow wahrgenommen. Diese wählten am 28.01.2002 einen Betriebsrat. Mit Beschluß vom 22.01.2003 stellte das Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt (3(10) TaBV 16/02) rechtskräftig fest, daß diese Wahl rechtmäßig war.

Am 01.02.2002 wählten die Arbeitnehmer der ZPL einen Betriebsrat. Mit Beschluß vom 09.04.2003 wies das Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt (3(11) TaBV 17/02) den Antrag der Gewerkschaft ver.di, die Nichtigkeit bzw. Unwirksamkeit dieser Wahl festzustellen, zurück. Dieses Verfahren ist derzeit beim Bundesarbeitsgericht anhängig.

Am 22.04. und 02.05.2002 wählten die Mitarbeiter der MVD und der DBG wiederum jeweils Betriebsräte. Auf die Anfechtung dieser Wahlen durch die Gewerkschaft ver.di stellte das Arbeitsgericht Magdeburg fest, daß diese Wahlen unwirksam sind. Die hiergegen eingelegte Beschwerde der Betriebsräte verwarf das Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt mit Beschlüssen vom 08.10.2003 (3(7) TaBV 33/02 und 3(5) TaBV 34/02).

Die am Abgrenzungsverfahren beteiligte ZBG stellte ihren Betrieb zum 01.09.2002 ein. Den Druck der Anzeigenblätter besorgt seitdem die konzernzugehörige "(PBG)". Die Weiterverarbeitung erfolgt durch das konzernexterne Dienstleistungsunternehmen "(MSB)".

Die ebenfalls am Abgrenzungsverfahren beteiligte DBG, der die sog. Weiterverarbeitung der "Volksstimme", also das Zuführen von Werbebeilagen und die Fertigstellung der Zeitungen zum Versand oblag, stellte ihren Betrieb zum 01.12.2002 ein. Seitdem sind diese Arbeiten an die vorstehende Firma MSB vergeben.

Der Wahlvorstand hat mit dem am 04.02.2002 beim Arbeitsgericht Magdeburg eingegangenen Antrag die Auffassung vertreten, die Arbeitgeberin sei verpflichtet, ihm die vollständige Mitarbeiterliste mit den erforderlichen Angaben auszuhändigen.

Der Wahlvorstand hat beantragt,

die Beteiligte zu 2) zu verpflichten, dem Beteiligten zu 1) die vollständige Mitarbeiterliste mit folgenden Angaben auszuhändigen, nämlich: Namen, Vornamen, Geburtsdatum, Beschäftigungszeit, Arbeitsadresse, getrennt nach männlichen und weiblichen Beschäftigten und jeweils in alphabetischer Reihenfolge sowie der Beteiligten zu 2) für den Fall der Zuwiderhandlung Zwangsgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt werde und für den Fall, daß dies nicht beigetrieben werden kann, Zwangshaft gegen den Geschäftsführer der Beteiligten zu 2) anzudrohen.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin hat gemeint, aus Rechtsgründen zur Aushändigung einer solchen Mitarbeiterliste nicht verpflichtet zu sein.

Mit Beschluß vom 28.05.2002, auf den zur weiteren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht Magdeburg (1 (5) BV 18/02) die Anträge des Wahlvorstandes zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im wesentlichen ausgeführt, die Berufung des Wahlvorstandes auf § 2 Abs. 2 WO sei rechtsmißbräuchlich. Selbst wenn die sieben am Abgrenzungsverfahren beteiligten Unternehmen noch einen Betrieb bildeten, sei der zulässige Antrag des Wahlvorstandes nicht begründet, da die vom Wahlvorstand geplante Betriebsratswahl nichtig wäre und die Arbeitgeberin nicht verpflichtet sei, diese wahrscheinlich nichtige Wahl zu unterstützen. Die wahrscheinliche Nichtigkeit der Wahl ergäbe sich daraus, daß in zumindest zwei Betriebseinheiten Betriebsräte amtierten, deren Wahl weder anfechtbar noch nichtig sei mit der Folge, daß insoweit ein gemeinsamer Betriebsrat wirksam nicht gewählt werden könne. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird Bezug genommen auf die Entscheidungsgründe Blatt 148 bis 150 der Akten.

Gegen diesen ihm am 26.06.2002 zugestellten Beschluß richtet sich die am 11.07.2002 eingelegte und begründete Beschwerde des Wahlvorstandes. Der Wahlvorstand ist nach wie vor der Ansicht, er habe einen Anspruch auf Aushändigung der fraglichen Listen. Der Wahlvorstand macht geltend, die von ihm geplante Wahl sei nicht nichtig, weil ihrerseits die Betriebsratswahl bei der ZPL wirksam angefochten bzw. nichtig sei. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Beschwerdebegründung vom 09.07.2002 (Bl. 154 bis 157 d. A.).

Der Wahlvorstand beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses die Beteiligte zu verpflichten, dem Beteiligten zu 1) die vollständige Mitarbeiterliste mit folgenden Angaben auszuhändigen, nämlich: Namen, Vornamen, Geburtsdatum, Beschäftigungszeit, Arbeitsadresse, getrennt männlichen und weiblichen Beschäftigten jeweils in alphabetischer Reihenfolge.

Hilfsweise beantragt der Wahlvorstand,

die Beteiligte unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses zu verpflichten, dem Antragsteller nach Ablauf der Amtszeit der bei der GmbH, der GmbH sowie der GmbH gebildeten Betriebsräte die vollständige Mitarbeiterliste mit folgenden Angaben auszuhändigen, nämlich: Namen, Vornamen, Geburtsdatum, Beschäftigungszeit, Arbeitsadresse, getrennt nach männlichen und weiblichen Beschäftigten jeweils in alphabetischer Reihenfolge.

Die Arbeitgeberin beantragt,

die Beschwerde sowie die Anträge des Beteiligten zu 1) und dessen Hilfsantrag zurückzuweisen.

Die Arbeitgeberin verteidigt den angefochtenen Beschluß. Sie trägt vor, der geltend gemachte Herausgabeanspruch habe zur Voraussetzung, daß der Wahlvorstand wirksam bestellt sei und sich bejahendenfalls noch im Amt befinde und - letztlich entscheidend - daß überhaupt ein Gemeinschaftsbetrieb bestehe. Alle diese Voraussetzungen seien nicht gegeben. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Beschwerdeerwiderung vom 01.10.2002 (Bl. 221 bis 232 d. A.) sowie den Schriftsatz vom 26.08.2003 (Bl. 266 bis 290 d. A.) nebst Anlagen.

Auch wegen des zweitinstanzlichen Vortrages der Beteiligten im übrigen wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Wahlvorstandes zu Unrecht abgewiesen.

Der Antrag ist begründet. Der Wahlvorstand hat einen Anspruch auf Aushändigung einer vollständigen Mitarbeiterliste mit den gewünschten Angaben. Der Anspruch ergibt sich aus § 2 II WO. Danach hat der Arbeitgeber dem Wahlvorstand alle für die Anfertigung der Wählerliste erforderlichen Auskünfte zu erteilen und die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Aufgrund dessen ist die Arbeitgeberin verpflichtet, dem Wahlvorstand eine vollständige Mitarbeiterliste mit den geforderten Angaben zur Verfügung zu stellen, da der Wahlvorstand diese Auskünfte zur Aufstellung der Wählerliste gemäß § 2 I WO benötigt.

Die Arbeitgeberin kann diesem Anspruch des Wahlvorstandes gegenüber nicht einwenden, der Wahlvorstand sei betriebsverfassungsrechtlich nicht legitimiert, die von ihm geplante gemeinsame Wahl durchzuführen. Der Wahlvorstand kann die Herausgabe einer vollständigen Mitarbeiterliste verlangen:

Der Wahlvorstand ist wirksam bestellt und kann deshalb rechtswirksam handeln. Der MVD-Betriebsrat mußte nach seinem Rücktritt am 14.11.2001 gemäß §§ 13 II 3 i. V. m. 21 S. 5, 22 i. V. m. 16 I BetrVG unverzüglich einen Wahlvorstand zur Durchführung von Neuwahlen bestellen (vgl. dazu FKHE, BetrVG, 21. Auflage § 21 Rz. 27; § 13 Rz. 32, 42; § 16 Rz. 13). Für die Wirksamkeit der Bestellung als solche ist die mit ihr verbundene Vorgabe, der Wahlvorstand solle die Wahl eines einheitlichen Betriebsrates einleiten, ohne Bedeutung. Der Betriebsrat kann dem Wahlvorstand nicht verbindlich vorgeben, wie er den Betriebsgriff zu bewerten hat, insbesondere, ob er die Wahl entsprechend der bisher durchgeführten Betriebsratswahlen auf eine Betriebsstätte beschränkt oder ob er die Wahl ausweitet auf weitere Betriebsstätten zu einer gemeinsamen Betriebsratswahl. Der Wahlvorstand ist in der Wahrnehmung seines Amtes allein an das Gesetz gebunden. Die Prüfung des Betriebsbegriffs obliegt als Gesetzesanwendung allein seiner Verantwortung (vgl. LAG Niedersachsen NZA-RR 1998, 545).

Der Wahlvorstand ist nach wie vor im Amt. Er hat sein Amt weder nach Ablauf des regelmäßigen Wahlzeitraumes für die Betriebsratswahl nach § 13 I BetrVG noch sonst durch Zeitablauf verloren. Nach h. M. endet das Amt des Wahlvorstandes mit der Einberufung des neu gewählten Betriebsrates zur konstituierenden Sitzung nach § 29 I 1 BetrVG (vgl. GKKreutz, 6. Auflage § 16 Rz. 78 f m. w. N.; vgl. auch BAG vom 25.09.1986 SAE 1987, 224 m. Anm. Kort). Das Amt des Wahlvorstandes ist auch weder erloschen mit der Bestellung des weiteren Wahlvorstandes für die Wahl eines Einzelbetriebsrates bei der MVD noch aufgrund der von diesem durchgeführten Wahlen am 22.04.2002. Der einmal wirksam bestellte Wahlvorstand kann nur durch gerichtlichen Beschluß nach § 18 I 2 BetrVG durch einen anderen Wahlvorstand ersetzt werden. Das ist vorliegend nicht geschehen. Davon abgesehen lag eine Ersetzungsabsicht bei der Bestellung des weiteren Wahlvorstandes ausdrücklich auch nicht vor.

Der Wahlvorstand ist aufgrund seiner Bestellung durch den MVD-Betriebsrat nicht von vornherein darauf beschränkt, eine Wahl nur für diese Betriebseinheit einzuleiten und durchzuführen. Er ist vielmehr berechtigt, die Betriebsratswahl auch auf bisher nicht einbezogene Betriebseinheiten auszudehnen, wenn die betriebsverfassungsrechtlichen Voraussetzungen dafür vorliegen. Hieran ist er nicht durch § 17 II BetrVG gehindert, wonach in einem Betrieb, in dem kein Betriebsrat vorhanden ist, der Wahlvorstand in einer Betriebsversammlung von der Mehrheit der anwesenden Arbeitnehmer gewählt wird, wenn weder ein Gesamtbetriebsrat noch ein Konzernbetriebsrat bestehen. Zwar bestand für den angenommenen Gemeinschaftsbetrieb noch kein Betriebsrat. Dieser soll erst gewählt werden. Der Betrieb ist bzw. war aber insgesamt betrachtet nicht betriebsratslos, weil in der von der Anzahl der Arbeitnehmer her gesehen weitaus größten Betriebsstätte dieses Gemeinschaftsbetriebes, der Beteiligten zu 2), ein Betriebsrat gebildet war. Es ist gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt, wer den Wahlvorstand zu bestellen hat, wenn in einer von mehreren Betriebsstätten eines einheitlichen Betriebes schon ein Betriebsrat besteht. Die Beschwerdekammer schließt sich für diesen Fall der Auffassung an, nach der die Bestellung analog den Grundsätzen des Übergangsmandats gemäß § 21 a BetrVG durch den Betriebsrat der nach der wahlberechtigten Arbeitnehmerzahl größten Betriebsstätte zu erfolgen hat (so FKHE a. a. 0. § 17 Rz. 5; Richardi, BetrVG, 8. Auflage § 17 Rz. 5 beide m. w. N., LAG Niedersachsen a. a. 0.). Das ist aus den vom Landesarbeitsgericht Niedersachsen aufgezeigten Gründen auch der allein praktikable Weg. Zumindest ist in einem solchen Fall die Bestellung des Wahlvorstandes durch den vorhandenen größten Betriebsrat mit Billigung des weiteren Betriebsrates (DBG) nicht nichtig. Danach hindert die Bestellung durch den MVD-Betriebsrat den Wahlvorstand nicht, die gemeinsame Wahl einzuleiten.

Die Legitimation des Wahlvorstandes, die gemeinsame Wahl einzuleiten, fehlt nicht deshalb bzw. ist nicht deshalb entfallen, weil ein einheitlicher Betrieb nicht (mehr) vorliege. Die Berechtigung des Wahlvorstandes zur Einleitung der von ihm geplanten gemeinsamen Betriebsratswahl ergibt sich aus dem rechtskräftigen Abgrenzungsbeschluß des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 28.09.2001. Der Wahlvorstand kann sich auf diese Abgrenzungsentscheidung stützen. Das entspricht gerade Sinn und Zweck eines Verfahrens nach § 18 II BetrVG. Sinn und Zweck eines solchen Verfahrens ist es, Zweifel über das Vorliegen einer betriebsratsfähigen Organisationseinheit und ihren Umfang zu beseitigen. Die Einleitung einer Wahl unter Zugrundelegung der rechtskräftig festgestellten Betriebsabgrenzung ist die folgerichtige Konsequenz einer derartigen Entscheidung.

Es kann dahinstehen, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen dem Anspruch auf Aushändigung einer Mitarbeiterliste zum Zwecke der Einleitung der Wahl gegenüber eingewandt werden kann, der der Wahl zugrunde gelegte, einem rechtskräftigen Beschluß gemäß § 18 II BetrVG entsprechende Betriebsbegriff treffe nicht mehr zu oder ob die etwaige Verkennung des Betriebsbegriffs nur Grund für die Anfechtung der Wahl sein kann, weil ansonsten ein Verfahren nach § 18 II BetrVG seinen Sinn verlöre.

Es kann zugunsten der Arbeitgeberin unterstellt werden, daß auch im Herausgabeverfahren ein an sich rechtskräftiger Abgrenzungsbeschluß gemäß § 18 II BetrVG nur solange bindet, als sich die Voraussetzungen, von denen er ausgegangen ist, nicht geändert haben (vgl. FKHE a. a. 0. § 18 Rz. 58 m. w. N.). Denn die wesentlichen Entscheidungsgrundlagen des Beschlusses des LAG Sachsen-Anhalt vom 28.09.2001 haben sich nicht geändert. Die seinerzeitige (mit Beschluß vom 30.11.2001 geänderte) Personenidentität der Geschäftsführer der am Abgrenzungsverfahren beteiligten Unternehmen ist nur einer der Gründe, aus denen der Abgrenzungsbeschluß vom 28.09.2001 das Vorliegen eines Gemeinschaftsbetriebes ableitet. Daneben stellt der Beschluß darauf ab, daß mehrere äußerlich erkennbare Tatsachen wie die gemeinsame räumliche Unterbringung der Beteiligten und die personelle, technische und organisatorische Verknüpfung der Arbeitsabläufe bzw. der Herausgabe, der Produktion und des Vertriebes der hergestellten Druckerzeugnisse vorlägen, die ebenso auf einen einheitlichen Leitungsapparat schließen ließen wie die einheitliche Vor- und Nachbereitung aller Mitarbeiter betreffenden Personalentscheidungen durch die MDG. Diese Entscheidungsgrundlagen, die man für richtig oder falsch halten mag, haben sich nicht geändert. Auch die spätere Stillegung einzelner Betriebsstätten von an der Abgrenzungsentscheidung beteiligten Unternehmen macht den Beschluß vom 28.09.2001 nicht obsolet. Der Gemeinschaftsbetrieb zweier Unternehmen wird zwar regelmäßig aufgelöst, wenn ein Betriebsteil stillgelegt wird (vgl. BAG AP-Nr. 72 zu § 1 KSchG 1969 betriebsbedingte Kündigung; BAG EZA KSchG § 4 n. F. Nr. 62). Das schließt aber vorliegend den Fortbestand des vom Landesarbeitsgericht in seinem Abgrenzungsbeschluß vom 28.09.2001 angenommenen einheitlichen Leitungsapparates für die mehreren verbliebenen Betriebsstätten nicht aus. Danach kann dem Herausgabeverlangen des Wahlvorstandes hier nicht entgegengehalten werden, er sei zur Durchführung der von ihm geplanten Betriebsratswahlen nicht legitimiert, da ein Gemeinschaftsbetrieb nicht (mehr) vorliege.

Schließlich kann die Herausgabe der Mitarbeiterlisten nicht mit der Begründung verweigert werden, die vom Wahlvorstand geplanten gemeinsamen Wahlen seien nichtig, weil für einen bzw. zwei Betriebsteile bereits wirksam Einzelbetriebsräte gewählt seien. Zwar ist richtig, wie der angefochtene Beschluß ausführt, daß die Arbeitgeberin voraussichtlich nichtige Betriebsratswahlen durch Aushändigung von Mitarbeiterlisten nicht unterstützen muß. Ob die vom Wahlvorstand beabsichtigten Wahlen nichtig sind, kann aber erst nach Einleitung der Wahl mit Erlaß des Wahlausschreibens (§§ 3 I 2, 31 I 2 WO) beurteilt werden. Der Vorsitzende des Wahlvorstandes hat bei seiner Anhörung ausdrücklich erklärt, der Wahlvorstand wolle eine dem Gesetz entsprechende Wahl durchführen. Das erscheint nicht ausgeschlossen. Bezüglich der zwischenzeitlich gewählten Betriebsräte bei MVD, DBG und MGG steht schon zum jetzigen Zeitpunkt fest, daß deren Existenz der Wirksamkeit einer gemeinsamen Wahl nicht entgegensteht. Die Wahl der MVD- und DBG-Betriebsräte ist erfolgreich angefochten. Der DBG-Betriebsrat hat ohnehin nur noch ein Restmandat gemäß § 21 b BetrVG. Die Existenz des MGG-Betriebsrates berührt die gemeinsame Wahl nicht, weil dieser in Lüchow und Uelzen befindliche Betriebsteil unstreitig nicht Teil des angenommenen Gemeinschaftsbetriebs in und ist (vgl. § 4 I 1 Nr. 1. BetrVG).

Auch im Hinblick auf den bei der ZPL gewählten Betriebsrat erscheint eine wirksame Gemeinschaftswahl immerhin möglich, falls drittinstanzlich festgestellt werden sollte, daß dessen Wahl unwirksam oder nichtig ist. Auch ist nicht ausgeschlossen, daß der ZPL-Betriebsrat zurücktritt, um den Weg für eine gemeinsame Wahl freizumachen. Auch könnte der Wahlvorstand eine Gemeinschaftswahl unter Ausschluß der ca. zehn (von insgesamt etwa 330) Arbeitnehmern der ZPL einleiten. All dies steht vor Einleitung der Wahl nicht fest und kann daher dem Herausgabeverlangen nicht entgegengehalten werden.

Auf die zulässige Beschwerde des Wahlvorstandes ist der den Antrag abweisende Beschluß des Arbeitsgerichts Magdeburg daher abzuändern und die Arbeitgeberin zu verurteilen, dem Wahlvorstand die geforderten Mitarbeiterlisten auszuhändigen.

Gründe, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, liegen nicht vor.

Gegen diesen Beschluß ist daher ein Rechtsmittel nicht gegeben.

Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 92 a ArbGG wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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