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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 22.01.2002
Aktenzeichen: 8 (3) Sa 675/01
Rechtsgebiete: DRKTV-O


Vorschriften:

DRKTV-O § 14 II
DRKTV-O 21 III
Zur Abgrenzung von Überstunden und "regelmäßiger verlängerter Arbeitszeit" i.S.v. § 14 II DRK-TVO im Rettungsdienst.
Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

8 (3) Sa 675/01

verkündet am: 22. Januar 2002

In dem Rechtsstreit

hat die 8. Kammer des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt auf die mündliche Verhandlung vom 22. Januar 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Quecke als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Dr. Glage und die ehrenamtliche Richterin Walther als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des ArbG Dessau vom 30.07.2001 - 2 Ca 61/01 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Vergütung von Überstunden aus der Zeit von April bis Dezember 2000.

Der Beklagte ist ein auf Kreisebene organisierter gemeinnütziger Verein, der im Auftrag des Landkreises Anhalt-Zerbst bis zum 31.12.2000 den Rettungsdienst betrieben hat. Der Kläger war seit mehreren Jahren bei dem Beklagten als Angestellter im Rettungsdienst beschäftigt. Im Arbeitsvertrag haben die Parteien u.a. die Geltung des Tarifvertrages über Arbeitsbedingungen für Angestellte, Arbeiter und Auszubildende des Deutschen Roten Kreuzes (Ost), im Folgenden DRK TV-Ost genannt, vereinbart. In § 4 ihres Arbeitsvertrages haben die Parteien folgende Regelung getroffen:

Die regelmäßige Arbeitszeit (§ 14 Abs. 1 des DRK Tarifvertrages) kann unter den Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 des DRK Tarifvertrages) entsprechend verlängert werden.

Mit Zahlung der Vergütung ist die verlängerte Arbeitszeit abgegolten ...."

Mit Schreiben vom 05.12.2000 an die Beklagte machte der Kläger Überstundenvergütung für den Zeitraum April bis Dezember 2000 geltend.

Mit seiner im Januar 2001 insoweit beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger zuletzt beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 7.736,40 DM brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG seit dem 01. Januar 2001 zu zahlen.

Mit Urteil vom 30.07.2001, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Kläger Überstunden, die nicht durch Freizeit ausgeglichen worden wären, nicht geleistet habe. Aus dem Gesichtspunkt der Vergütung von Bereitschaftsstunden stehe dem Kläger ein Zahlungsanspruch ebenfalls nicht zu, da er als ruhender bzw. schlafender Arbeitnehmer keine Arbeitsleistung i.S.v. § 14 Abs. 2 b DRK TV-Ost erbracht habe und daher auch keine Vergütung verlangen könne.

Gegen das ihm am 21.08.2001 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 17.09.2001 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 01.11.2001 - am 01.11.2001 begründet.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Dessau vom 30.07.2001 - 2 Ca 61/01 - teilweise abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an ihn 3.204,61 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß §§ 247, 288 BGB seit dem 01.01.2001 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des Berufungsvorbringens der Parteien wird auf ihre in 2. Instanz gewechselten Schriftsätze nebst beigefügten Anlagen sowie ihre Protokollerklärungen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Dem Kläger steht eine weitere Vergütung für die von ihm unstreitig abgeleisteten Arbeitsstunden weder aus dem Gesichtspunkt der Überstundenvergütung noch aus dem Gesichtspunkt einer Bereitschaftsvergütung zu. Die vom Kläger erbrachte Arbeitsleistung im Zeitraum April bis Dezember 2000 stellte nämlich sogenannte regelmäßige verlängerte Arbeitszeit gemäß § 14 Abs. 2 DRK TV-0 dar, die gemäß § 21 Abs. 3 DRK TV- O mit der Vergütung für die regelmäßige Arbeitszeit abgegolten war. Gemäß § 14 Abs. 1 DRKTV-O betrug im streitgegenständlichen Zeitraum die regelmäßige Arbeitszeit ausschließlich der Pausen durchschnittlich 39 bzw. 40 Stunden wöchentlich. Für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit war in der Regel ein Zeitraum von bis zu 26 Wochen zugrunde zu legen, bei Mitarbeitern, die ständig Wechselschicht oder Schichtarbeit zu leisten hatten, konnte auch ein längerer Zeitraum angesetzt werden. § 14 Abs. 2 lit. b DRK TV-O bestimmt, dass die regelmäßige Arbeitszeit bis zu 11 Stunden täglich (durchschnittlich 55 Stunden wöchentlich) verlängert werden kann, wenn in sie regelmäßig eine Arbeitsbereitschaft von durchschnittlich mindestens 3 Stunden täglich fällt. In einer Protokollnotiz zur Anlage 2 zum DRK TV-O, die Sonderregelungen für das Personal im Rettungsdienst und Krankentransport enthält, haben die Tarifvertragsparteien bestimmt, dass ab dem 01.07.1992 die regelmäßige Arbeitszeit gemäß § 14 Abs. 2 lit. b DRK TV-O nur noch auf 54 Stunden pro Woche verlängert werden kann. Schließlich regelt § 21 Abs. 3 DRK TV-O, dass mit der Vergütung die regelmäßige Arbeitszeit für die Angestellten nach § 14 abgegolten ist.

Bei Anwendung dieser Vorschriften ergibt sich: Der Kläger ist als Rettungssanitäter bzw. Assistent Angestellter. Dies haben die Parteien zudem in § 1 ihres Arbeitsvertrages ausdrücklich vereinbart. In seine Arbeitszeit fiel - dies ist unstreitig - regelmäßig eine Arbeitsbereitschaft von durchschnittlich mindestens 3 Stunden täglich. Seine regelmäßige Arbeitszeit konnte daher gemäß § 14 Abs. 2 lit. b DRK TV-O i.V.m. der Protokollnotiz zur Anlage 2 zum DRK TV-O auf bis zu 11 Stunden täglich (durchschnittlich 54 Stunden wöchentlich) verlängert werden. Diese verlängerte regelmäßige Arbeitszeit war gemäß § 21 Abs. 3 DRK TV-O "mit der Vergütung.... abgegolten". Dies haben die Parteien zudem ausdrücklich in Ziffer 3 Satz 2 ihres Arbeitsvertrages nochmals klargestellt.

In der dienstplanmäßigen Heranziehung des Klägers lag ohne weiteres eine Verlängerung der regelmäßigen Arbeitszeit i.S.d. § 14 Abs. 2 DRK TV-O. Eines besonderen Erklärungsaktes über die dienstplanmäßige Heranziehung hinaus bedurfte es nicht. Sie war für den Kläger offenkundig. Rettungsdienst ist typischerweise eine Tätigkeit, in der Arbeitsbereitschaft und Schichtdienst anfallen. Im Arbeitsvertrag hat die Beklagte nicht nur auf die tarifvertragliche Regelung Bezug genommen, sondern außerdem auf diesen Umstand besonders hingewiesen.

Wenn sie dann entsprechende Dienstpläne gestaltet und den Kläger hierzu heranzieht und ihm dafür über Jahre hinweg widerspruchslos seine normale Vergütung zahlt, handelt es sich um tarifvertraglich verlängerte regelmäßige Arbeitszeit (vgl. auch BAG Urteil vom 30.01.1996 - 3 AZR 1030/94 - APNr. 5 zu § 1 TVG Tarifverträge: DRK; sowie BAG Urteil vom 22.11.2000 - 4 AZR 612/99 - = ZTR 01, 218 f.).

Soweit auf maschinenschriftlich erstellten Dienstplan aushängen als regelmäßige Arbeitszeit die monatliche Stundenzahl angegeben war, die sich auf Basis von 39 bzw. 40 Stunden pro Woche ergab, folgt daraus nichts anderes. Der bloße computermäßige Ausdruck einer solchen Zahl hat für das zwischen den Parteien Vereinbarte keine Bedeutung. Er erklärt sich im Übrigen ohne weiteres daraus, dass die Angabe als Berechnungsgrundlage für den Stundenansatz bei Krankheits- und Urlaubstagen erforderlich war. Er stellt insbesondere nicht in Frage, dass die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit des Klägers verlängert worden ist.

Da der Kläger nicht vorgetragen hat, dass er über eine regelmäßige verlängerte wöchentliche Arbeitszeit von 54 Stunden hinaus weitere Arbeitsleistung für die Beklagte erbracht hat, war seine Zahlungsklage nebst Zinsforderung somit abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision bestanden nicht.

Ende der Entscheidung

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