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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Beschluss verkündet am 30.07.2007
Aktenzeichen: 1 Ta 112/07
Rechtsgebiete: KSchG, ZPO


Vorschriften:

KSchG § 4
KSchG § 4 Satz 1
KSchG § 5
KSchG § 7
KSchG § 13
KSchG § 13 Abs. 1
ZPO § 85 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss

Aktenzeichen: 1 Ta 112/07

Im Beschwerdeverfahren

hat die 1. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein am 30.07.2007 durch den Präsidenten des Landesarbeitsgerichts ... als Vorsitzenden

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Prozesskostenhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 24.01.2007 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin/Beschwerdeführerin hat, vertreten durch Rechtsanwalt S...., am 09.01.2007 einen Antrag auf Prozesskostenhilfe gestellt und zugleich einen unterzeichneten "Klageentwurf" einer Kündigungsschutzklage beigefügt. Außerdem hat die Antragstellerin eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingereicht; wegen des Klageentwurfs wird auf Bl. 4 - 6 d. A. Bezug genommen.

Die Antragstellerin hat die Bewilligung der Prozesskostenhilfe für eine ihr am 29. Dezember 2006 zugegangene fristlose Kündigung beantragt.

Das Arbeitsgericht Lübeck hat durch Beschluss vom 24.01.2007 den Antrag auf Bewilligung auf Prozesskostenhilfe zurückgewiesen und dies damit begründet, dass die beabsichtigte Kündigungsschutzklage keine hinreichenden Erfolgsaussichten biete. Die ausgesprochene fristlose Kündigung sei gem. §§ 13 Abs. 1 Satz, 7 und 4 Satz 1 KSchG wirksam, weil die Antragstellerin nicht innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Kündigungsschutzklage eingereicht habe. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe wahre die Frist nicht.

Gegen diesen ihrem Prozessbevollmächtigten am 26.01.2007 zugestellten Beschluss richtet sich die am 22.02.2007 bzw. am 23.02.2007 eingegangene sofortige Beschwerde der Antragstellerin.

Die Antragstellerin meint, die Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts sei unzutreffend. Werde eine unterschriebene Klage mit einem vollständigen Prozesskostenhilfegesuch verbunden, solle diese bedingte Klage die Frist des § 4 KSchG wahren, wenn sie nach PKH-Bewilligung demnächst zugestellt werde. Überdies sei die Klage nach § 5 KSchG nachträglich zuzulassen. Auszugehen sei schließlich von einem Verschulden des Prozessbevollmächtigten, das dem Arbeitnehmer nicht zuzurechnen sei.

Die Antragstellerin hat zugleich in ihrer Beschwerdeschrift einen Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage gestellt.

Das Arbeitsgericht Lübeck hat durch Beschluss vom 26.02.2007 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Die Drei-Wochen-Frist des § 4 KSchG sein nicht gewahrt, da die Antragstellerin innerhalb der Frist keine unterschriebene Kündigungsschutzklage eingereicht habe. Der eingereichte "Klageentwurf" erfülle die Voraussetzungen an eine Klage nicht. Die Antragstellerin selbst habe auch von einer "beabsichtigten Klage" gesprochen. Der Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage sei verspätet gestellt. Er hätte mit der Kündigungsschutzklage Antrag auf nachträgliche Zulassung stellen müssen.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO). In der Sache ist sie jedoch nicht gerechtfertigt.

1. Das Arbeitsgericht hat den Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht mit der Begründung zurückgewiesen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 114 ZPO).

a) Dem Arbeitsgericht ist darin zu folgen, dass die Antragstellerin mit ihrem Antrag auf Prozesskostenhilfe und dem beigefügten Klageentwurf die Klagefrist von drei Wochen gem. § 4 KSchG nicht gewahrt hat. Die außerordentliche Kündigung ist damit gem. §§ 13, 7 KSchG als rechtswirksam zu behandeln.

b) Zutreffend weist das Arbeitsgericht darauf hin, dass die Einreichung eines (auch unterschriebenen) Klageentwurfs sich nicht als unterschriebene Klage darstellt. Denn die Antragstellerin hat lediglich Kündigungsschutzklage für den Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe angekündigt. Hiermit wird auch dann, wenn der beigefügte Klageentwurf unterschrieben ist, allenfalls Klage unter einer aufschiebenden Bedingung erhoben. Einer solchen Klage käme jedoch keine rückwirkende Kraft zu (vgl. Sächs. LAG, Beschl. vom 23.12.2005 - 3 Ta 362/05 -).

2. Die Erfolgsaussicht der Kündigungsschutzklage folgt auch nicht aus der Überlegung, der Antragsteller könnte nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe nachträglich die Klagezulassung gemäß § 5 KSchG beantragen. Denn für eine solche nachträgliche Zulassung ist kein Raum. Die Frist wäre nämlich nicht unverschuldet versäumt.

Die Mittellosigkeit einer Partei stellt keinen Hinderungsgrund für die Klageerhebung dar. Der Kläger in einem Kündigungsschutzverfahren kann die Kündigungsschutzklage völlig kostenfrei mit Hilfe der Rechtsantragstelle des Arbeitsgerichts ohne Gebührenvorschuss erheben. Will er sich sodann der Hilfe eines Rechtsanwalts bedienen, kann er nach Klageerhebung den Antrag auf Prozesskostenhilfe stellen und die Entscheidung hierüber abwarten. Wird der Antrag abgelehnt, so entstünde im Falle der Klagerücknahme vor streitiger Verhandlung keine Gebühr.

2. Die Antragstellerin kann auch nicht eine nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage gem. § 5 KSchG verlangen. Dies hätte vorausgesetzt, dass die Antragstellerin innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses des Arbeitsgerichts vom 24.01.2007 den Antrag gestellt hätte (§ 5 Abs. 3 S.2 KSchG). Das ist der Zeitpunkt der Behebung des Hindernisses. Diese Frist ist nicht gewahrt. Die Antragstellerin kann sich nicht auf ein etwaiges Verschulden ihre Prozessbevollmächtigten berufen, das dieses Verschulden ihr gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen wäre (LAG Schleswig-Holstein, Beschl. vom 14.08.1996 - 2 Ta 74/96 -; vom 27.11.1996 - 5 Ta 114/96 -; LAG Köln, Beschl. vom 10.03.2006 - 3 Ta 47/06; LAG Hamm, Beschl. vom 09.05.2006 - 1 Ta 72/06 -; LAGGE § 111 ArbGG 1979 Nr. 4, s. hierzu auch Ostrowicz/Künzl/Schäfer, Handbuch des arbeitsgerichtlichen Verfahrens, Rz. 136). Das Verschulden läge darin, dass der Prozessbevollmächtigte es versäumt hat, die Antragstellerin auf die Möglichkeit einer zunächst persönlichen Klageerhebung bei der Rechtsantragstelle des Arbeitsgerichts hinzuweisen.

Die Beschwerdeführerin trägt, da die Beschwerde erfolglos ist, die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens, ohne dass es eines Kostenausspruchs bedarf (hierzu Zöller/Philippi, § 127 ZPO Rz. 39). Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten (§ 127 Abs. 4 ZPO).

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde kam nicht in Betracht.

Ende der Entscheidung

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