Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Beschluss verkündet am 02.07.2009
Aktenzeichen: 1 Ta 113 e/09
Rechtsgebiete: BGB, ArbGG, GVG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 1414
ArbGG §§ 2 ff.
ArbGG § 2 Abs. 1
ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3 a
ArbGG § 5 Abs. 1 Satz 1
ArbGG § 5 Abs. 1 Satz 2
ArbGG § 48 Abs. 1
ArbGG § 78 Satz 1
GVG § 17 a Abs. 4 Satz 3
ZPO 567 ff.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss

Aktenzeichen: 1 Ta 113 e/09

02.07.2009

In dem Beschwerdeverfahren

hat die 1. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein am 02.07.2009 ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden

beschlossen:

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 16.04.2009, Az: 1 Ca 416 c/09, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I. Die Parteien streiten um die Eröffnung des Rechtswegs zu den Arbeitsgerichten. Bei den Parteien handelt es sich um getrennt lebende Eheleute. Sie schlossen am 20.11.2008 eine notarielle Vereinbarung. In § 1 dieses Vertrags heißt es unter der Überschrift "Firma/Vermögen":

I. Die Erschienenen haben das Einzelunternehmen A. aufgebaut, welches der Ehefrau als Alleininhaberin gehört.

Die Ehefrau verpflichtet sich, dieses Unternehmen buchhalterisch so zu spalten, dass die von dem Ehemann ausgeführten Arbeiten separat aufgeführt werden.

Die Parteien vereinbaren ein wechselseitiges Wettbewerbsverbot, das für einen Umkreis von 50 km von H. gelten soll. Es beinhaltet nicht nur das wechselseitige Verbot, die jeweiligen Kunden abzuwerben, sondern im besonderen auch, es zu unterlassen, in der jeweiligen Branche des anderen - einerseits Reinigung andererseits Abbruch, Demontage, Erdarbeiten u. ä. - tätig zu werden.

Für den Fall des Verstoßes sind die Vertragsparteien zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen berechtigt.

Nach außen hin verbleibt es bei der bisherigen Firmenpräsentation.

II. Die Ehefrau übereignet hiermit ihr Eigentum an sämtlichen in der von den Vertragsparteien erstellten Anlage I aufgeführten Gegenständen an den Ehemann mit sofortiger Wirkung, der diese Übereignung annimmt.

III. Ab dem 01.12.2008 trägt der Ehemann die Miete und Mietnebenkosten für die Halle in der K. in H..

IV. Die in der Anlage II zu diesem Vertrag aufgeführten Gegenstände verbleiben im Alleineigentum der Ehefrau.

V. Die Ehefrau zahlt an den Ehemann bis zum 15.12.2008 einen Betrag in Höhe von 20.000,00 €, in Worten: Zwanzigtausend 00/100 Euro, auf das Fremdgeldkonto des Rechtsanwalts Dr. K., I..

VI. Nach Erhalt dieses Betrages vereinbaren die Eheleute den Güterstand der Gütertrennung gemäß § 1414 BGB.

In § 2 finden sich unter der Überschrift "Unterhalt" folgende Regelungen:

Unter der Voraussetzung, dass die ABR an den Ehemann ein monatliches Nettogehalt in Höhe von 1.150,00 €, in Worten: Eintausendeinhundertfünfzig 00/100 Euro, entrichtet, welches von dem firmenintern buchhalterisch erwirtschafteten Nettoerlös des Ehemannes in Abzug zu bringen ist, verzichtet der Ehemann auf weitere Unterhaltsansprüche; die Ehefrau nimmt diesen Verzicht an.

Für den Fall, dass die Ehefrau ihren Ehemann nicht mehr versorgen, im besonderen Essenkochen und Wäschemachen sollte, erhöht sich vorgenannter Betrag auf 1.900,00 € (netto)

Die vorgenannte Zahlung soll wertgesichert sein: Sie soll sich in dem Umfange ändern, wie sich der Verbraucherpreisindex für Deutschland gegenüber dem Stand per November 2008 nach Mitteilung des Statistischen Landesamtes Schleswig-Holstein verändert.

Eine Angleichung ist jedoch nur dann möglich, wenn sich der vorbezeichnete Indexwert jeweils um mindestens 4 Punkte verändert hat.

Die Ausgleichung hat nur auf Antrag zu erfolgen und soll jeweils lediglich für die Zukunft Gültigkeit haben.

Zudem verzichtet auch die Ehefrau auf Unterhaltsansprüche; der Ehemann nimmt den Verzicht an.

Dieser wechselseitige Verzicht gilt auch für den Fall des Notbedarfs.

Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 28.01.2009 erklärte der Kläger die fristgerechte Kündigung eines zur Beklagten bestehenden Arbeitsverhältnisses.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die notarielle Vereinbarung vom 20.11.2008 habe auch eine arbeitsvertragliche Verbindung zwischen ihm und der Beklagten begründet. Weil die Beklagte den in der Vereinbarung festgelegten ehelichen Pflichten nicht nachgekommen sei, stehe ihm für die Monate Januar und Februar ein Nettolohnanspruch in Höhe von jeweils 1.900,00 € zu.

Im vorliegenden Verfahren hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 16.04.2009 festgestellt, dass der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen nicht gegeben ist und hat den Rechtsstreit an das Amtsgericht I. verwiesen. Zur Begründung dieser Entscheidung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten sei nach §§ 2 ff. ArbGG nicht eröffnet, weil zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis bestanden habe. Aus dem notariellen Vertrag vom 20.11.2009 ergebe sich keine arbeitsvertragliche Verbindung zwischen den Parteien.

Der Kläger, dessen Prozessbevollmächtigten die Entscheidung des Arbeitsgerichts am 17.04.2009 zugestellt worden ist, hat am 30.04.2009 (sofortige) Beschwerde eingelegt.

Der Kläger macht geltend, er habe Arbeitsanweisungen erhalten. Die Beklagte habe Abgaben zur Sozialversicherung abgeführt. Das spreche für ein typisches Beschäftigungsverhältnis.

Die Beklagte hat sich der Begründung des Arbeitsgerichts in dem Beschluss vom 16.04.2009 angeschlossen.

Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Akteninhalt und insbesondere auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II. Die form- und fristgerecht eingereichte sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 48 Abs. 1 ArbGG, 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG, 78 Satz 1 ArbGG, 567 ff. ZPO zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht Elmshorn hat in seinem Beschluss vom 16.04.2009 zu Recht festgestellt, dass der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen nicht gegeben ist und den Rechtsstreit an das zuständige Amtsgericht Itzehoe verwiesen.

1. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG sind die Arbeitsgerichte ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis. Der Kläger ist aber kein Arbeitnehmer in diesem Sinne. Er ist weder Arbeitnehmer im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG noch gilt er gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG als solcher wegen einer Eigenschaft als arbeitnehmerähnliche Person. Dieses Ergebnis hat das Arbeitsgericht in seinem Beschluss zu Recht festgestellt. Auf die zutreffende rechtliche Begründung der angefochtenen Entscheidung wird verwiesen und zur Vermeidung von Wiederholungen auf eine nochmalige Darstellung verzichtet. Die von dem Beschwerdeführer gegen die erstinstanzliche Entscheidung erhobenen Einwendungen greifen nicht durch.

2. Der Kläger hat nach wie vor nicht substantiiert vorgetragen, dass zwischen ihm und der Beklagten ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Wann, unter welchen Umständen und mit welchem Inhalt ein Arbeitsvertrag zustande gekommen sein soll, ist nicht erkennbar. Durch die notarielle Vereinbarung vom 20.11.2008 ist kein Arbeitsverhältnis begründet worden. Von einer Arbeitsleistung des Klägers für die Beklagte ist dort keine Rede. Einziger Anhaltspunkt ist das in § 2 Abs. 1 erwähnte Nettogehalt. Dieses Gehalt wird aber offensichtlich nicht für Arbeitsleistung gezahlt, sondern stellt eine Unterhaltszahlung dar. Denn für das monatliche Nettogehalt wird ausdrücklich auf Unterhaltsansprüche verzichtet (§ 2 Abs. 1). Auch die Überschrift der Bestimmung ("Unterhalt") und die weiteren Regelungen - Wertsicherung, Unterhaltsverzicht der Beklagten und Verzicht für den Fall des Notbedarfs - bestätigen den Charakter der Unterhaltsregelung.

Gegen ein zwischen den Parteien bestehendes Arbeitsverhältnis spricht auch § 1 der Vereinbarung. Dort ist im Einzelnen die Spaltung des gemeinsam aufgebauten und bislang von der Beklagten geführten Unternehmens geregelt. Das deutet darauf hin, dass beide Parteien nach vollzogener Spaltung selbständig tätig werden. Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch das unter § 1 I Abs. 3 niedergelegte wechselseitige Wettbewerbsverbot.

Dem Umstand, dass die Beklagte für den Kläger Sozialversicherungsbeiträge abgeführt hat, hat das Arbeitsgericht zu Recht keine entscheidende Bedeutung beigemessen. Für die Beurteilung des Status kommt es auf die sozialversicherungsrechtliche und steuerliche Behandlung nicht entscheidend an. Denn auch dann, wenn zur Vermeidung von Unterhaltszahlungen "Gehalt" gezahlt wird, müssen Sozialversicherungsbeiträge entrichtet werden.

Die Behauptung, der Kläger habe von der Beklagten Arbeitsanweisungen erhalten, ist völlig unsubstantiiert. Der Kläger hat nicht näher erläutert, welche Tätigkeiten er für die Beklagte verrichtet hat und welche konkreten Anweisungen ihm dabei erteilt worden sind.

3. Der Kläger ist auch nicht als arbeitnehmerähnliche Person im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG anzusehen. Bei einer arbeitnehmerähnlichen Person tritt an die Stelle des bei einem Arbeitnehmer erforderlichen Merkmals der persönlichen Abhängigkeit das Merkmal der wirtschaftlichen Abhängigkeit vom Auftraggeber. Wirtschaftliche Abhängigkeit ist gegeben, wenn der Dienstverpflichtete auf die Verwertung seiner Arbeitskraft angewiesen ist. Zusätzlich ist erforderlich, dass er sich derart an den Dienstberechtigten gebunden hat, dass bei Ausbleiben seiner Aufträge die wirtschaftliche Existenzgrundlage entzogen würde. Die wirtschaftliche Existenz muss also weitgehend von diesem einen Beschäftigungsverhältnis abhängen (vgl. Schwab/Weth, ArbGG, § 5 Rdn. 203 m. w. N.).

Vorliegend hat der Kläger keine Angaben gemacht, welche die Feststellung eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses zulassen würden. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass seine wirtschaftliche Existenz von seiner Tätigkeit für die Beklagte abhängt.

Nach alledem ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten nicht eröffnet und das Arbeitsgericht hat den Rechtsstreit zu Recht an das zuständige Amtsgericht Itzehoe verwiesen.

Die sofortige Beschwerde war somit mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Gegen die vorliegende Entscheidung war die Rechtsbeschwerde, mangels Vorliegens der notwendigen Voraussetzungen, nach § 48 Abs. 1 ArbGG, 17 a Abs. 4 Satz 5 GVG nicht zuzulassen.

Ende der Entscheidung

Zurück