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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Beschluss verkündet am 19.01.2009
Aktenzeichen: 1 Ta 218/08
Rechtsgebiete: ZPO, SGB IV, GewO


Vorschriften:

ZPO § 114
ZPO § 121 Abs. 2
SGB IV § 28 a Abs. 5
GewO § 108
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss

Aktenzeichen: 1 Ta 218/08

Im Beschwerdeverfahren

betreffend Prozesskostenhilfe

hat die 1. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein am 19.01.2009 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht S. als Vorsitzenden

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Neumünster vom 10.11.2008 - 4 Ca 1076 a/08 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt mit seiner Beschwerde Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der bewilligten Prozesskostenhilfe.

Der Kläger war seit dem 01.05.2008 bei dem Beklagten als Bauhelfer beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis lag der schriftliche Arbeitsvertrag vom 05.05.2008 (Anlage K 1) zugrunde. Weil der Beklagte weder die Lohnansprüche des Klägers abrechnete noch Zahlungen an ihn leistete, kündigte der Kläger das Arbeitsverhältnis am 22.07.2008 fristlos.

Am 25.08.2008 erhob der Kläger Klage, mit der er Abrechnung für die Monate Mai, Juni und anteilig Juli 2008 sowie Zahlung des Nettobetrags begehrte. Ferner verlangte er Herausgabe der Lohnsteuerkarte, des Sozialversicherungsnachweises sowie eines Arbeitszeugnisses. Gleichzeitig beantragte er, ihm Prozesskostenhilfe unter Rechtsanwaltsbeiordnung zu bewilligen. In der mündlichen Verhandlung vom 22.09.2008 ist antragsgemäß ein Teil-Versäumnisurteil gegen den Beklagten ergangen, das nicht angegriffen worden ist. Es lautet wie folgt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, die Lohnansprüche des Klägers für den Monat Mai, Juni und anteilig Juli 2008 abzurechnen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger die Lohnsteuerkarte 2008 herauszugeben sowie die Lohnsteuerbescheinigung, den Sozialversicherungsnachweis ordnungsgemäß ausgefüllt und geführt an den Kläger zu übergeben und dem Kläger ein qualifiziertes berufsförderndes Arbeitszeugnis zu erteilen.

3. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

4. Der Streitwert des Teilversäumnisurteils beträgt 1.750,00 EUR.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 11.11.2008 dem Kläger Prozesskostenhilfe für die im Termin am 22.09.2008 gestellten und zuerkannten Anträge bewilligt. Den Beiordnungsantrag hat es hingegen zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat.

II.

Die Beschwerde des Klägers, die als sofortige Beschwerde zu werten ist, ist zwar zulässig, jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Notwendigkeit der Beiordnung zu Recht verneint.

Gemäß § 121 Abs. 2 ZPO wird einer Partei, wenn eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben ist, auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.

Weil der Beklagte nicht anwaltlich vertreten ist, kommt es entscheidend darauf an, ob die Vertretung erforderlich ist. Die Erforderlichkeit beurteilt sich im Einzelfall nach Umfang und Schwierigkeit der Sache und den persönlichen Verhältnissen der Partei, insbesondere nach ihre Fähigkeit, sich mündlich und schriftlich auszudrücken. Entscheidend ist, ob ein Bemittelter in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt beauftragt hätte (BVerfG 22.06.2007 - 1 BvR 681/07 - NJW-RR 2007, 1713). Ob das Erstgericht den Begriff der "Erforderlichkeit" richtig beurteilt hat, unterliegt ebenso wie die Bewertung der Begriffe "hinreichende Erfolgsaussicht" und "Mutwilligkeit" im Sinne des § 114 ZPO nur im eingeschränkten Umfang der Überprüfung durch das Beschwerdegericht, weil es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe handelt (BAG 08.05.2003 - 2 AZB 56/02 - EzA ZPO 2002 § 116 Nr. 1).

Im vorliegenden Fall ist nicht erkennbar, dass der Schwierigkeitsgrad der Angelegenheit die Beiordnung eines Rechtsanwalts erforderte. Zutreffend weist das Arbeitsgericht in seinem Nichtabhilfebeschluss vom 17.12.2008 darauf hin, dass der Kläger sein eigentliches Klageziel, nämlich die Zahlung der vereinbarten Vergütung, mit einer Leistungsklage hätte geltend machen können und müssen. Hierzu hätte er nur die wöchentlich geschuldete Arbeitszeit (30 Stunden) mit dem Stundenlohn in Höhe von 10,-- € brutto multiplizieren müssen. Sein Vergütungsanspruch bemisst sich nach der Zahl der Wochen, die der Kläger für den Beklagten gearbeitet hat. Letztlich räumt der Kläger in seiner Beschwerdeschrift selbst ein, dass ihm eine Klage auf Zahlung des vereinbarten Bruttolohnes möglich gewesen wäre. Komplizierte Berechnungen hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers bislang nicht angestellt und musste dies auch nicht.

Die in Rede stehenden Anträge, für die Prozesskostenhilfe bewilligt, die Beiordnung jedoch versagt worden ist, betreffen nur die Abrechnung der Lohnansprüche und die Herausgabe verschiedener Arbeitspapiere. Die Durchsetzung dieser Ansprüche bereitete weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht Probleme. Grundsätzlich hat der Arbeitgeber mit der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer die Arbeitspapiere herauszugeben. Dazu gehört vor allem das Zeugnis (§ 109 GewO, § 630 BGB) und die Lohnsteuerkarte bzw. Lohnsteuerbescheinigung. Nach § 28 a Abs. 5 SGB IV hat der Arbeitgeber zudem dem Beschäftigten den Inhalt der Meldung zur Sozialversicherung schriftlich mitzuteilen. Seinen Anspruch auf Herausgabe der Arbeitspapiere hätte der Kläger ohne weiteres mit Hilfe der Rechtsantragstelle gegenüber dem Beklagten geltend machen können. Auch seinen Abrechnungsanspruch hätte der Kläger auf diesem Wege verfolgen können. Der bloße Anspruch auf Erteilung einer Abrechnung ergibt sich aus § 108 GewO. Danach hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bei Zahlung des Arbeitsentgelts eine Abrechnung in Textform zu erteilen. Nach dem Stand der Dinge liefe die Abrechnung auf eine "Null"-Abrechnung hinaus. Denn die Abrechnung bezweckt die Information über die erfolgte Zahlung. Der Kläger übersieht, dass er mit seinem Abrechnungsanspruch, für den er Rechtsanwaltsbeiordnung begehrt, nicht erreichen kann, dass ihm der Beklagte die Informationen liefert, um weitergehende Zahlungsansprüche (Überstundenvergütung, Zuschläge usw.) geltend machen zu können. Denn § 108 GewO regelt keinen selbständigen Abrechnungsanspruch zur Vorbereitung eines Zahlungsanspruchs (BAG 12.07.2006 - 5 AZR 646/05 - AP BGB § 611 Lohnabrechnung Nr. 1). Nicht entscheidend ist, ob die Durchsetzung weiterer Ansprüche gegen den Beklagten problematisch ist und eine Rechtsanwaltsbeiordnung zu begründen vermag.

Bei den Anträgen, für die das Arbeitsgericht die Beiordnung versagt hat, handelt es sich jedenfalls um in jeder Hinsicht einfache Angelegenheiten. Dem Vortrag des Klägers ist nicht zu entnehmen, warum er eine darauf gerichtete Klage nicht selbst, ggf. mit Hilfe der Rechtsantragstelle, erheben konnte.

Die Beschwerde ist daher mit der Kostenfolge gemäß § 97 ZPO zurückzuweisen.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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