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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Beschluss verkündet am 08.02.2007
Aktenzeichen: 1 Ta 285/06
Rechtsgebiete: GKG, ZPO, ArbGG


Vorschriften:

GKG § 42 Abs. 4
ZPO § 5
ArbGG § 12 Abs. 7 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss

Aktenzeichen: 1 Ta 285/06

Im Beschwerdeverfahren

hat die 1. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein am 08.02.2007 durch den Präsidenten des Landesarbeitsgerichts ... als Vorsitzenden

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde von Rechtsanwalt A... gegen den Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 14.11.2006 in der Fassung des Abhilfebeschlusses vom 30.11.2006 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Der Kläger hat sich mit seiner am 10.10.2006 erhobenen Kündigungsschutzklage gegen zwei von der Beklagten ausgesprochenen Kündigungen gewandt. Die erste Kündigung datiert auf den 26.09.2006 und stützt sich auf verhaltensbedingte Gründe, die zweite Kündigung vom 27.9.2006 ist eine aus betriebsbedingten Gründen ausgesprochene Kündigung (Abl. Bl. 5 und 6 d.A.). In beiden Fällen ist die Kündigung "fristgerecht" zum 30.11.2006 erfolgt.

Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss vom 14.11.2006 den Streitwert für die Kündigungsschutzklage EUR 6.000,00 festgesetzt (drei Bruttomonatsgehälter).

Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 25.10.2006 beim Arbeitsgericht eingegangene Beschwerde von Rechtsanwalt A.... Er meint, für die erste Kündigung sei der Regelwert und für die zweite Kündigung ein Streitwert in Höhe eines Bruttomonatsgehalts festzusetzen. Außerdem sei versehentlich nicht berücksichtigt worden, dass ein Weiterbeschäftigungsantrags mit dem Antrag zu 4) geltend gemacht worden sei.

Das Arbeitsgericht Lübeck hat durch Beschluss vom 30.11.2006 der Beschwerde teilweise abgeholfen und für die erste Kündigung einen Streitwert in Höhe von EUR 95,24 festgesetzt. Außerdem hat es den Streitwert für die Weiterbeschäftigungsklage auf EUR 2000,00 festgesetzt.

II.

Die Beschwerde ist zulässig (§ 33 Abs. 3 und 4 RVG), in der Sache ist sie jedoch nicht gerechtfertigt.

1. Die Streitwertfestsetzung bei Mehrfachkündigungen, die der Arbeitnehmer in einem Kündigungsprozess angegriffen hat, wird in Rechtsprechung und Schrifttum außerordentlich kontrovers beurteilt (s. hierzu und zum folgenden LAG Schleswig-Holstein, Beschl. vom 19.12.2001 - 6 Ta 184/01 - mit Nachw.). Nach der ständigen Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts ist in solchen Fällen darauf abzustellen, welchen zeitlichen Bereich ein Feststellungsantrag mit dem ihm innewohnenden Streitgegenstand umfasst. Hierbei wird der Feststellungsantrag hinsichtlich der zeitlich ersten Kündigung in jedem Fall begrenzt durch den Feststellungsantrag hinsichtlich der zeitlich zweiten und der jeweils weiteren Kündigung. Dabei ist jeweils auf den Kündigungstermin abzustellen (LAG Schleswig-Holstein, a.a.O.; Beschl. vom 31.07.2003 - 1 Ta 77/03 -; Beschl. vom 20.06.2005 - 1 Ta 25/05 -). Liegen beispielsweise zwischen der ersten Kündigung und der zweiten Kündigung sowie einer dritten Kündigung weniger als 3 Monate, so kann der Streitwert auch nur nach dem Zeitraum bemessen werden, der zwischen diesen Kündigungen liegt (vgl. LAG München vom 08.05.1989, Jur. Büro 1989, 1389 f.). Die letzte Kündigung bemisst sich dann nach den Grundsätzen des § 42 Abs. 4 GKG (früher: 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG). Die vorangehenden Kündigungen werden nach der sog. Differenztheorie mit dem Arbeitsentgelt bewertet, das der Arbeitnehmer in dem Zeitraum zwischen erster und zweiter Kündigung bzw. zwischen zweiter und dritter Kündigung verdient hätte, wobei jeweils die Obergrenze des § 42 Abs. 4 GKG zu beachten ist. Die einzelnen Streitwerte sind sodann gemäß § 5 ZPO zu addieren.

Die hier vertretene Auffassung trägt zum einen der vom Bundesarbeitsgericht in Übereinstimmung mit der herrschenden Ansicht in der Literatur vertretenen Theorie vom punktuellen Streitgegenstand in Kündigungsrechtsstreitigkeiten Rechnung (BAG vom 06.12.1984 in AP Nr. 8 zu § 12 ArbGG 1979 unter 2 b der Gründe), der zufolge grundsätzlich unterschiedliche Streitgegenstände vorliegen, die auch streitwertmäßig getrennt zu berücksichtigen sind, wobei es keinen Unterschied machen kann, ob die einzelnen Kündigungen in getrennten oder in einem einzigen Verfahren angegriffen werden. Zum anderen wird gleichzeitig der mit dem Streitwertrahmen des § 12 Abs. 7 S. 1 ArbGG (jetzt: § 42 Abs. 4 GKG) verfolgte soziale Schutzzweck, die Verfahrenskosten bei Bestandsschutzstreitigkeiten möglichst niedrig und überschaubar zu halten, angemessen berücksichtigt. Da letztlich hinter allen Bestandsschutzklagen das wirtschaftliche Interesse steht, den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses auf unbestimmte Zeit zu klären, kann dies nach der hier vertretenen Auffassung nur in der Weise berücksichtigt werden, dass bei der Bewertung der einzelnen Streitgegenstände unterschiedliche Maßstäbe anzulegen sind. Hierbei ist allerdings, da es auf die Ausrichtung des Streitgegenstandes in die Zukunft ankommt, nicht hinsichtlich der zeitlich ersten Kündigung bereits die Obergrenze des § 42 Abs. 4 GKG festzusetzen.

2. Das Arbeitsgericht hat diese Rechtsgrundsätze in seinem Abhilfebeschluss zutreffend angewendet. Es hat auf dieser Grundlage für die zweite Kündigung den Streitwert gemäß § 42 Abs. 4 GKG auf EUR 6000,00 und für die erste Kündigung in Höhe der Vergütung für einen Tag in Höhe von EUR 95,24 festgesetzt.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 ZPO.

Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben(§ 33 Abs. 4 S.2 RVG)

Ende der Entscheidung

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