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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 09.11.2004
Aktenzeichen: 2 Sa 349/04
Rechtsgebiete: KSchG, InsO


Vorschriften:

KSchG § 1 Abs. 2
InsO § 125 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 2 Sa 349/04

Verkündet am 09.11.2004

In dem Rechtsstreit

hat die 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 09.11.2004 durch die Vizepräsidentin des Landesarbeitsgerichts ... als Vorsitzende und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer und d. ehrenamtliche Richterin ... als Beisitzerin

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 17. Juni 2004 - 2 Ca 803 d/04 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Kündigung, die die Beklagte als Insolvenzverwalterin ausgesprochen hat.

Der Kläger ist am ....1968 geboren. Er ist verheiratet und unterhaltspflichtig für drei Kinder. Bei der Gemeinschuldnerin wurde er mit Wirkung vom 18.5.1990 als Hafenarbeiter eingestellt und zuletzt als Staplerfahrer eingesetzt. Die Vergütung betrug zuletzt 2.200 € brutto monatlich. Der Betriebsrat wurde am 26.2.2004 von der beabsichtigten Kündigung unterrichtet und teilte am 27.2.2004 mit, eine weitere Stellungnahme sei nicht beabsichtigt. Am 1.3.2004 wurde die Insolvenz eröffnet. Am selben Tag schloss die Beklagte mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich mit Namensliste, in der der Kläger als zu kündigender Mitarbeiter aufgeführt war. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis des Klägers am selben Tag zum 30.6.2004. Hiergegen hat der Kläger am 19.3.2004 Klage erhoben, mit der er die Sozialwidrigkeit der Kündigung gerügt hat.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 17.06. 2004, auf das hinsichtlich der Einzelheiten verwiesen wird, der Klage stattgegeben. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die rechtzeitig eingelegt und begründet worden ist.

Die Beklagte trägt vor, es treffe zwar zu, dass der Kläger nach dem im Interessenausgleich festgelegten Punktesystem eine höhere Punktzahl als die Mitarbeiter W. und S. habe. Es sei allerdings vereinbart worden, dass über die dort festgelegten Gesichtspunkte hinaus in jedem Einzelfall geprüft werde, ob eine andere Entscheidung zu fällen sei, weil eine Weiterbeschäftigung im betrieblichen Interesse liege. Diese durchgeführte Einzelabwägung sei vom Gericht nicht berücksichtigt worden. Der Mitarbeiter S. sei älter als der Kläger und universeller einzusetzen. Auch habe er Spezialkenntnisse, die der Kläger nicht aufweisen könne. Der Mitarbeiter W. sei ebenfalls älter und verfüge über Spezialkenntnisse im Bereich des Holzumschlags, die der Kläger nicht habe. Seit seiner Betriebszugehörigkeit bei der Schuldnerin habe W. den Bereich Holzumschlag aufgebaut. Der Kläger hingegen komme aus dem Nordhafen. Eine Weiterbildung des Klägers sei in beiden Bereichen nicht zumutbar, da zu teuer.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 17.06. 2004 - 2 Ca 803 d/04 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und trägt weiter vor, die Kündigung sei schon deshalb unwirksam, weil außerdem der Mitarbeiter M. schlechtere Sozialdaten habe als er, der Kläger. M. sei ebenfalls Staplerfahrer und habe keine Unterhaltspflichten zu erfüllen. Außerdem sei er kürzer beschäftigt.

Ergänzend wird auf den Inhalt der Akten, insbesondere die wechselseitigen Schriftsätze mit Anlagen und Erklärungen zu Protokoll, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat nicht Erfolg.

Zutreffend hat das Arbeitsgericht entschieden, dass die Kündigung sozialwidrig ist, § 1 Abs. 2 KSchG, § 125 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf das angefochtene Urteil verwiesen. Die Angriffe der Berufung führen nicht zu einer anderen Beurteilung.

Es mag zwar sein, dass der Mitarbeiter S. nicht mit dem Kläger vergleichbar ist, weil er außerdem über die Qualifikation eines Kranfahrers verfügt.

Jedenfalls ist der Kläger mit dem Mitarbeiter W. vergleichbar. Der Mitarbeiter W. ist zwar älter als der Kläger, jedoch kürzer im Betrieb. Hinsichtlich der Sozialdaten Alter und Betriebszugehörigkeit mag eine gleiche Gewichtung beider in Betracht kommen. Die Unterhaltspflichten des Klägers können jedoch von dem höheren Lebensalter des Mitarbeiters nicht aufgewogen werden. Insoweit ist, wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, die Sozialauswahl grob fehlerhaft vorgenommen worden. Wieso betriebliche Gründe die Weiterbeschäftigung gerade dieses Mitarbeiters bedingen, hat die Beklagte auch in der Berufung nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Die Behauptung, dass der Mitarbeiter W. Spezialkenntnisse im Holzumschlag haben soll, ist von der Beklagten nicht hinreichend spezifiziert worden. Es ist weder ersichtlich, welche Aufgaben in diesem Bereich in dem Betrieb der Beklagten anfallen noch, welche Kenntnisse der Mitarbeiter W. hat. Er kann daher auch nicht beurteilt werden, ob der Kläger diese Kenntnisse ebenfalls aufweist. Auch ist nicht nachvollziehbar, dass er diese nicht in absehbarer Zeit ebenfalls erwerben könnte. Weder Dauer noch Kosten einer entsprechenden Einweisung sind dargelegt.

Soweit die Beklagte behauptet, die Auswahl des Klägers diene der Erhaltung oder Schaffung einer ausgewogenen Personalstruktur, hat sie dieses Vorbringen ebenfalls nicht substantiiert. Die Tatsache, dass der Kläger im Interessenausgleich genannt ist, begründet nicht bereits die Vermutung, dass die Auswahl richtig erfolgt ist.

Ergänzend sei angemerkt, dass die Sozialauswahl auch hinsichtlich des Mitarbeiters M., den in der Kläger mit seiner Berufungserwiderung angesprochen hat, grob fehlerhaft erscheint. Der Mitarbeiter ist ein Jahr jünger als der Kläger, fünf Jahre weniger im Betrieb und hat nur ein Kind. Hierauf kommt es indessen nicht an, da die Auswahl bereits hinsichtlich des Mitarbeiters W. grob fehlerhaft war.

Die Berufung ist daher mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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