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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 11.07.2006
Aktenzeichen: 2 Sa 543/05
Rechtsgebiete: BAT


Vorschriften:

BAT § 53 Abs. 3
BAT § 19
BAT § 3n
Den Tarifvertragsparteien steht bei Regelungen in Tarifverträgen ein verhältnismäßig weiter Spielraum zu, da in der Regel ein Tarifvertrag ein komplexes Geflecht darstellt, dass auf der einen Seite mit Geben und auf der anderen Seite mit Nehmen verbunden ist. Die Übergangsvorschrift in § 4 des 77. Änderungstarifvertrags zum BAT ist aus diesem Gesichtspunkt heraus nicht zu beanstanden.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 2 Sa 543/05

Verkündet am 11.07.2006

In dem Rechtsstreit

hat die 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 11.07.2006 durch die Vizepräsidentin des Landesarbeitsgerichts ... als Vorsitzende und die ehrenamtlichen Richter ... und ... als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil es Arbeitsgerichts Kiel vom 20.07.2005 - 3 Ca 679 a/05 - wird auf Ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Kündigung, die aus betrieblichen Gründen ausgesprochen worden ist.

Die Klägerin ist am ....1959 geboren. Sie ist verheiratet und hat fünf Kinder. Die Beklagte ist eine amtangehörige Gemeinde und betreibt einen Kindergarten. Die Klägerin war in diesem Kindergarten seit dem 01.01.1989 zunächst als Sozialpädagogische Assistentin (Kinderpflegerin) und zuletzt als Erzieherin tätig. Die Vergütung betrug zuletzt 1.520,00 EUR brutto monatlich (Vergütungsgruppe VI b).

Das Arbeitsverhältnis wurde zunächst mit einer Arbeitszeit von 12 Stunden wöchentlich begründet (Bl. 6, 15 d. A.). Mit Änderungsvertrag vom 26.02.1991 (Bl. 16 d. A.) wurde vereinbart, dass die Vergütung jeweils an die Geringfügigkeitsgrenze angepasst werde. Mit Änderungsvertrag vom 04.01.1993 (Bl. 17 d. A.) wurde die Vergütung auf 520,00 DM monatlich angehoben, mit Vertrag vom 02.12.1993 auf 560,00 DM (Bl. 18 d. A.) und mit Vertrag vom 18.07.1994 (Bl. 19 d. A.) auf 610,00 DM. In § 3 dieses Vertrages wurde ausdrücklich bemerkt, dass auf das Arbeitsverhältnis der BAT mit den ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen nicht Anwendung finde. Mit Vertrag vom 10.7.1995 (Bl. 20 d. A.) wurde für die Zeit ab dem 1.8.1995 die Arbeitszeit auf 20 Stunden je Woche angehoben und die Anwendbarkeit des BAT (VKA) vereinbart.

Die Klägerin, die eine berufsbegleitende Ausbildung als Erzieherin absolviert hatte, legte im Juli 2000 die Prüfung ab. Ab dem 01.08.2000 wurde sie in Vergütungsgruppe VII eingruppiert (Bl. 7, 21 d. A.). Ihre Arbeitszeit wurde mit Vertrag vom 22.05.2001 (Bl. 8, 22 d. A.) auf 23 Stunden je Woche angehoben und ihre Eingruppierung mit Wirkung vom 01.01.2002 (Bl. 9 d. A.) in Vergütungsgruppe VI b Fallgr. 1, Anl. 1 a BAT (Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst) geändert (Bl. 9, 23 d. A.).

In dem Kindergarten waren zunächst eine Leiterin als Erzieherin und die Klägerin als Sozialpädagogische Assistentin (Kinderpflegerin) tätig. Später wurde eine zweite kindergartenähnliche Gruppe eingerichtet, deren Leitung die Klägerin, die gerade ihre Prüfung als Erzieherin abgelegt hatte, übernahm. Eine andere Mitarbeiterin wurde als Sozialpädagogische Assistentin eingestellt. Insgesamt waren nicht regelmäßig mehr als fünf Arbeitnehmer im Sinne des § 23 Abs. 1 KSchG mit Ausnahme der Auszubildenden beschäftigt (Aufstellung Bl. 13 d.A.).

Wegen rückläufiger Kinderzahlen im Kindergarten beschloss die Gemeindevertretung am 28.02.2005 (Bl. 95 d. A.), das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zu kündigen. Vorangegangen war eine Diskussion, ob die Sozialpädagogische Assistentin zu entlassen sei und an deren Stelle die Klägerin eingesetzt werden sollte. Dieser Vorschlag des Bürgermeisters fand keine Mehrheit. Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 01.03.2005 (Bl. 10 d. A.) das Arbeitsverhältnis zum Ablauf des 30.09.2005. Der Kindergartenbeirat beschloss am 11.04.2005 (Bl. 51 d. A.) die kindergartenähnliche Gruppe zu schließen. Die Gemeindevertretung beschloss am 20.06.2005 (Bl. 50 d. A.), die Dreitagegruppe zum 31.07.2005 aufzulösen und die Gruppenstärke auf 25 Kinder zu erhöhen.

Mit der am 18.03.2005 erhobenen Klage hat die Klägerin sich gegen die Kündigung gewandt und geltend gemacht, sie sei gemäß § 53 Abs. 3 BAT ordentlich unkündbar. Der Gemeinderatsbeschluss sei erst nach ihrer Kündigung gefasst worden. Auch sei das Rationalisierungsschutzabkommen verletzt. Schließlich sei die Sozialauswahl nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden. Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 20.07.2005 (Bl. 54 d. A.) die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin sei nicht ordentlich unkündbar, da die Zeiten ihrer geringfügigen Beschäftigung bis zum 31. Juli 1995 nicht als Beschäftigungszeit angerechnet würden. Gegen dieses am 10.11.2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 07.12.2005 Berufung eingelegt und diese am 10.01.2006 begründet.

Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Weiter trägt sie vor, die Auffassung des Arbeitsgerichts, die Klägerin sei nicht unkündbar, sei unzutreffend. § 4 Abs. 1 des 77. Änderungstarifvertrages sehe zwar vor, dass Zeiten der geringfügigen Beschäftigung vor dem 01.01.2002 nicht als Beschäftigungszeit angerechnet werden könnten. Diese tarifvertragliche Regelung verstoße jedoch gegen Art. 1 § 2 BeschFG bzw. § 4 Abs. 1 TzBfG und sei unwirksam. Trotz der bestehenden Tarifautonomie sei eine Korrektur erforderlich. Das unterschiedliche Arbeitspensum alleine rechtfertige nicht eine unterschiedliche Behandlung von Teilzeit- und Vollzeitkräften. Hier werde aber ausschließlich wegen der geringfügigen Beschäftigung differenziert. Soweit das Arbeitsgericht meine, dass der Bürgermeister kündigungsbefugt gewesen sei, habe es nicht berücksichtigt, dass der Beschluss, die Kündigung auszusprechen, erst in der Sitzung vom 20.06.2005 gefasst worden sei. Schließlich stehe ihr, der Klägerin, auch eine Abfindungszahlung nach dem TVRatSch zu. Die Beklagte habe erst nach Ausspruch der Kündigung bei den umliegenden Gemeinden nachgefragt, ob eine andere Stelle vorhanden sei, die der Klägerin angeboten werden könne. Dies widerspreche dem Tarifvertrag RatSch, der ausdrücklich vorsehe, dass eine Kündigung mit dem Ziel der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nur dann ausgesprochen werden dürfe, wenn dem Angestellten ein Arbeitsplatz nach § 3 Abs. 2 - 5 nicht angeboten werden könne oder der Angestellte einen Arbeitsplatz entgegen § 3 Abs. 6 nicht annehme.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel - 3 Ca 679 a/05 - vom 20.07.2005 abzuändern und festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung vom 01.03.2005 nicht zum 30.09.2005 aufgelöst worden ist, sondern darüber hinaus fortbesteht.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt weiter vor, bei der Beurteilung der tarifvertraglichen Regelung sei zu berücksichtigen, dass den Tarifvertragsparteien ein verfassungsrechtlich besonders geschützter Entscheidungsspielraum zustehe. Sie unterlägen insbesondere keiner unmittelbaren Bindung an Art. 3 Abs. 1 GG. Vielmehr seien sie bis zur Grenze der Willkür frei, in eigener Selbstbestimmung den persönlichen Geltungsbereich ihrer Tarifregelung festzulegen. Diese Grenze sei bei § 4 des 77. Änderungstarifvertrages zum BAT nicht überschritten worden. Die Frage der Kündbarkeit eines Arbeitnehmers beschäftige sich im Gegensatz zur Frage der Vergütung nicht mit der jeweils zu leistenden Arbeit. Vielmehr werde dem Arbeitnehmer ein besonderer Bestandsschutz verschafft, den er aufgrund seiner Bindung an den Arbeitgeber und die dadurch gewachsene Bedeutung des Arbeitplatzes für die soziale Absicherung erworben habe. Unstreitig stehe einem geringfügig Beschäftigten der gleiche Entgeltanspruch zu wie einem Vollzeitbeschäftigten, der die gleiche Tätigkeit ausübe. Hier ergebe sich aber aus der geringeren Bindung des geringfügigen Beschäftigten zu seinem Arbeitgeber eine Abgrenzung, die eine unterschiedliche Behandlung rechtfertige. Geringfügig Beschäftigte seien für Aushilfstätigkeiten eingesetzt. In den Organisationsablauf werden sie in der Regel nicht eingegliedert. Der geringere Umfang der Tätigkeit und damit auch des Entgelts zeigten, dass nicht ein entsprechender sozialer Schutz wie für andere Beschäftigte erforderlich sei. Dieser unterschiedlichen Interessenlage habe auch der Gesetzgeber z. B. in § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV Rechnung getragen.

Soweit die Klägerin meine, der Gemeinderatsbeschluss sei erst nach Ausspruch der Kündigung erfolgt, treffe dies nicht zu. Vielmehr sei bereits am 28.02.2005 die Kündigung beschlossen worden. Der Tarifvertrag Rationalisierungsschutz finde nicht Anwendung, da die Maßnahmen aufgrund eines voraussichtlich nicht nur kurzfristigen Nachfragerückgangs veranlasst worden sei. Es sei für die nächsten Jahre mit weiter rückläufigen Kinderzahlen zu rechnen. Für das Kindergartenjahr 2005/2006 seien 25 Kinder gemeldet. Zum 01.08.2006 seien 16 Kinder zu betreuen. Erst im Laufe des Kindergartenjahres werde sich die Zahl voraussichtlich auf 20 Kinder erhöhen.

Ergänzend wird auf den Inhalt der Akten, insbesondere die wechselseitigen Schriftsätze mit Anlagen unter Erklärungen zu Protokoll Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat nicht Erfolg.

Das Arbeitsverhältnis ist durch die Kündigung der Beklagten mit Ablauf des 30.09.2005 beendet worden.

1.

Die Kündigung ist nicht sozialwidrig, da die Beklagte einschließlich der weiteren Mitarbeiter nicht regelmäßig mehr als 5 Arbeitnehmer i. S. d. § 23 Abs. 1 KSchG beschäftigt. Daher findet auch eine Prüfung der Sozialauswahl, wie von der Klägerin gewünscht, nicht statt.

Die Kündigung ist auch nicht willkürlich erfolgt. In der Berufungsverhandlung war unstreitig, dass die Kinderzahl derzeit rückläufig ist, so dass sich die Aufrechterhaltung einer zweiten Kindergartengruppe nicht rechtfertigen lässt. Die gesamte Maßnahme der Beklagten ist vielmehr von vernünftigen haushaltsrechtlichen Erwägungen getragen. Was die Klägerin im Wesentlichen beanstandet ist, dass nicht die Sozialpädagogische Assistentin zu ihren, der Klägerin, Gunsten entlassen worden ist. Dabei übersieht die Klägerin, dass, fände das Kündigungsschutzgesetz Anwendung, eine Sozialauswahl zwischen ihr und der Sozialpädagogischen Assistentin nicht stattfände. Die Klägerin ist vielmehr als Erzieherin mit dieser Mitarbeiterin nicht vergleichbar. Das gilt auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Klägerin selbst viele Jahre als Sozialpädagogische Assistentin tätig gewesen war. Aufgrund ihrer berufsbegleitenden Ausbildung zur Erzieherin hat sie eine höhere Qualifikation erlangt und ist auch zuletzt entsprechend dieser anderen Qualifikation bei der Beklagten tätig gewesen. Nachdem die Klägerin eine andere Stelle eingenommen hat, kann sie sich nicht darauf berufen, dass die Stelle der Sozialpädagogischen Assistentin "ihre eigene" Stelle sei, auch wenn die Klägerin viele Jahre in dem Kindergarten gearbeitet und diesen mit aufgebaut hat.

Auch die jahrelange intensive, auch emotionale, Bindung der Klägerin an den Kindergarten kann nicht dazu führen, dass sie ein unveräußerliches Recht daran hat, diese Stelle zu behalten. Willkür kann in diesem Zusammenhang jedenfalls nicht festgestellt werden.

2.

Die Kündigung wird auch nicht unwirksam nach § 53 BAT.

Nach § 53 Abs. 3 BAT ist ein Angestellter nach einer Beschäftigungszeit von 15 Jahren, frühestens jedoch nach Vollendung des 40. Lebensjahres, ordentlich unkündbar. Die Beschäftigungszeit ergibt sich aus § 19 BAT, der wiederholt geändert worden ist. In der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung waren Zeiten einer Tätigkeit i. S. d. § 3 n BAT nicht zu berücksichtigten. Diese Regelung ist mit Wirkung vom 01.01.2002 durch den 77. Änderungstarifvertrag gestrichen worden. Auch § 3 n BAT, der die Anwendbarkeit des BAT für geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer ausschloss, ist mit dem gleichen Zeitpunkt entfallen.

Angesichts der Übergangsvorschrift kann die Klägerin aber nicht verlangen, dass sämtliche Beschäftigungsjahre berücksichtigt werden. Nach § 4 der Übergangsvorschrift des 77. Änderungstarifvertrags werden geringfügige Beschäftigungen i. S. d. § 8 SGB IV bei der Berechnung der Beschäftigungszeit, der Dienstzeit, der Bewährungszeit oder der Zeit einer Tätigkeit nur berücksichtigt, soweit sie nach dem 31. Dezember 2001 zurückgelegt worden sind. Unter Zugrundelegung dieser Übergangsvorschrift hatte die Klägerin im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung noch nicht 15 Beschäftigungsjahre aufzuweisen. Sie ist erst ab dem 1.8.1995 nicht mehr geringfügig tätig gewesen.

Die Klägerin weist zutreffend darauf hin, dass das Nichtberücksichtigen derartiger Dienstzeiten einen Verstoß gegen den auch die Tarifvertragsparteien bindenden Gleichbehandlungsgrundsatz darstellt. Es handelt sich dabei um eine Diskriminierung wegen der Teilzeitbeschäftigung, wozu auch eine Tätigkeit als geringfügig beschäftigte Arbeitnehmerin zählt (BAG Urteil vom 15.10.2003 - 4 AZR 606/02 - EzA TzBfG § 4 Nr. 7). Entgegen der Auffassung der Beklagten bindet der Gleichbehandlungsgrundsatz auch die Tarifvertragsparteien. Auch diesen steht nicht jede Regelungsmöglichkeit offen. Indes ist hierbei zu berücksichtigen, dass ein Tarifvertrag in der Regel ein Regelungsgebilde darstellt, das aus Geben und Nehmen zustande kommt. Erfolgt in einem Teil eine Schlechterbehandlung einer bestimmten Arbeitnehmergruppe, so kann in einem anderen Teil eine Besserbehandlung erfolgen, um hier einen Ausgleich zu gewähren. Durch die Herausnahme einzelner als unbillig empfundener Regelungen aus dem Tarifvertrag kann das gesamte Regelungsgefüge gestört werden. Insofern ist den Tarifvertragsparteien ein weiter Bereich zur Regelung zuzugestehen, insbesondere bei der Fassung von Übergangsvorschriften.

Der zur Verfügung stehende Spielraum fällt je nach dem zu regelnden Bereich unterschiedlich aus. Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass die Differenzierung danach erfolgte, ob eine geringfügige Beschäftigung der sozialen Absicherung der Arbeitnehmer diente. Dies war früher nicht der Fall. Insoweit hat die gesellschaftliche Wirklichkeit eine erhebliche Änderung erfahren. In früheren Zeiten diente die Ausübung einer geringfügigen Beschäftigung in der Regel dazu, der nicht berufstätigen Hausfrau die Möglichkeit einer auswärtigen Beschäftigung und eines Hinzuverdienstes zu eröffnen. Sozial abgesichert war sie über ihren Ehemann. Diesen Beschäftigungsverhältnissen wurde nicht eine derartige Bedeutung für die Absicherung der Arbeitnehmerin zugewiesen, wie es für andere Arbeitnehmer erforderlich erschien. In diesem Licht sind die Regelungen des BAT, die geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer von der Anwendung und auch von der Berücksichtigung bei Dienstzeiten ausnehmen, zu sehen. Die Tarifvertragsparteien haben der zunehmend kritischen Rechtsprechung der Obergerichte zu dieser Regelung und den veränderten sozialen Anforderungen Rechnung getragen, indem sie § 3 n BAT gestrichen und § 19 BAT geändert haben.

Die von den Tarifvertragsparteien in diesem Zusammenhang gefundene Übergangsregelung in § 4 des 77. Änderungstarifvertrages kann, jedenfalls soweit die Klägerin betroffen ist, nicht beanstandet werden. Die Klägerin war seit dem 01.01.1989 bei der Beklagten beschäftigt, jedoch über lange Jahre als geringfügig beschäftigte Arbeitnehmerin. Würden sämtliche Jahre, die die Klägerin in diesem Arbeitsverhältnis verbracht hätte, als Dienstzeit berücksichtigt, stünde ihr der Schutz des § 53 Abs. 3 BAT zu. Da sie aber erst mit Wirkung vom 01.08.1995 nicht mehr als geringfügig beschäftigte Arbeitnehmerin tätig war, ist ihre Dienstzeit erst ab diesem Zeitpunkt zu rechnen, was bedeutet, dass die Klägerin sich nicht auf § 53 Abs. 3 BAT berufen kann. Ob die Grenzziehung die die Tarifvertragsparteien in § 4 Abs. 1 BAT für die Berücksichtigung geringfügiger Beschäftigungszeiten gezogen haben, indem sie als Stichtag den 1.1.2002 gewählt haben, grundsätzlich haltbar ist, kann dahingestellt bleiben. Die obergerichtliche Rechtsprechung hat sich seit Anfang der 90er Jahre mit der Frage der Zulässigkeit derartiger Differenzierungen befasst. Hätten die Tarifvertragsparteien zum Beispiel die Grenze im Jahr 1995 gezogen, so wäre dies, auch im Hinblick auf die Entscheidung vom 1.11.1995 (5 AZR 84/94 - EzA BeschFG 1985 § 2 Nr. 43) jedenfalls vertretbar. Jedenfalls muss den Tarifvertragsparteien offen bleiben, wo sie eine Grenzziehung vornehmen.

3.

Die Kündigung ist auch nicht unwirksam nach dem Tarifvertrag über den Rationalisierungsschutz für Angestellte.

Wie die Beklagte bereits dargelegt hat, handelt es sich hier nicht um eine Rationalisierungsmaßnahme im Sinne des § 1 des Tarifvertrages. Keine Rationalisierungsmaßnahmen sind nach der Protokollnotiz zu Abs. 1 solche Maßnahmen, die unmittelbar durch voraussichtlich nicht nur kurzfristigen Nachfragerückgang veranlasst sind. Vorliegend ist die Kündigung gerade aus diesem Grund ausgesprochen worden. Der Nachfragerückgang liegt in dem Rückgang der Kinderbelegungszahlen begründet.

Die Berufung ist daher mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.

Die Revision ist zuzulassen, da die Frage der Wirksamkeit der Übergangsregelung in § 4 des BAT-Änderungstarifvertrages, soweit ersichtlich, bisher noch nicht obergerichtlich entschieden worden ist.

Ende der Entscheidung

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