Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Beschluss verkündet am 23.08.2007
Aktenzeichen: 2 Ta 220/07
Rechtsgebiete: ZPO, ArbGG


Vorschriften:

ZPO § 115 Abs. 3
ZPO § 124 Ziff. 4
ZPO § 569 Abs. 1
ArbGG § 9 Abs. 5
Hat das Arbeitsgericht Prozesskostenhilfe mit Einschränkungen (Ratenzahlung, teilweise Versagung) durch verkündeten Beschluss bewilligt, ist es zumindest erforderlich, bei der Verkündung der betroffenen Partei auch Gründe der einschränkenden Bewilligung sowie die Rechtsmittelbelehrung mitzuteilen und das Protokoll der Sitzung zuzustellen. Geschieht dies nicht, so beginnt die Beschwerdefrist 5 Monate nach Verkündung des Beschlusses zu laufen (§ 569 Abs. 1 S. 2 ZPO).
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss

Aktenzeichen: 2 Ta 220/07

Im Beschwerdeverfahren

betr. Aufhebung der Prozesskostenhilfe

in dem Rechtsstreit

hat die 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein am 23.8.2007 durch die Vizepräsidentin des Landesarbeitsgerichts ... als Vorsitzende beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 28.6.2007 - 5 Ca 1530 b (6)/06 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der bewilligten Prozesskostenhilfe.

Mit seiner Klage vom 16.6.2007 hatte er sich gegen die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gewandt. Zur Durchführung des Rechtsstreits 1. Instanz hatte das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 27.7.2006 Prozesskostenhilfe bewilligt und ihm Rechtsanwältin ... beigeordnet. Dabei ist Ratenzahlung in Höhe von 60 EUR monatlich angeordnet worden. Der Rechtsstreit ist durch Vergleich beendet worden, was das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 19.10.2006 festgestellt hat.

Mit Schreiben vom 23.3.2007 ist der Kläger aufgefordert worden, die Ratenzahlung aufzunehmen. Am 10.5.2007 hat das Arbeitsgericht ihn an die Ratenzahlung erinnert und ihn auf die Möglichkeit der Aufhebung der Prozesskostenhilfe hingewiesen. Am 28.6.2007 hat das Arbeitsgericht die Prozesskostenhilfe aufgehoben.

Gegen diesen am 2.7.2007 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 1.8.2007 per Fax Beschwerde eingelegt. Er macht geltend, er habe eine Ausfertigung des Prozesskostenhilfebeschlusses nicht erhalten. Er sei jetzt "Hartz IV Empfänger". Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht vorgelegt.

II.

Die sofortige Beschwerde des Klägers hat nicht Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zutreffend die bewilligte Prozesskostenhilfe aufgehoben, weil der Kläger länger als 3 Monate mit der Zahlung einer Monatsrate in Verzug war, § 124 Ziff. 4 ZPO.

Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, dass er eine Ausfertigung des Beschlusses nicht erhalten habe. Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe ist im Termin vom 27.7.2006, an dem der Kläger teilgenommen hat, verkündet worden. Das Protokoll ist an die Prozessbevollmächtigte des Klägers gesandt worden, wie es § 172 ZPO verlangt. Dass der Kläger die Aufforderung zur Ratenzahlung nicht bekommen hat, behauptet er nicht.

Sollte der Kläger mit seiner Behauptung, er habe den die Ratenzahlung anordnenden Beschluss nicht erhalten, die Auffassung vertreten, der PKH-Beschluss sei noch nicht rechtskräftig, trifft das nicht zu.

Die Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde in Angelegenheiten der Prozesskostenhilfe beträgt einen Monat, § 127 Abs. 2 S. 3 ZPO. Anders als im Fall der Beschwerde gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe, in dem die Frist mit der einfachen Bekanntgabe beginnt, § 127 Abs. 3 S. 3 ZPO, wird die Rechtsmittelfrist nur mit der Zustellung des Beschlusses in Gang gesetzt. Lässt sich die formgerechte Zustellung nicht nachweisen oder geht der Beschluss dem Zustellungsempfänger unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zu, gilt er mit dem Zugang als zugestellt, § 189 ZPO (Zöller/Philippi, Rn. 31 zu § 127 ZPO). Ist die Zustellung unterblieben, beginnt die Beschwerdefrist mit dem Ablauf von 5 Monaten nach Verkündung des Beschlusses, § 569 Abs. 1 S. 2 ZPO (Zöller/Philippi, a.a.O.). Diese Frist von insgesamt 6 Monaten - 5 Monate gem. § 569 Abs. 1 S. 2 ZPO, 1 Monat gem. § 127 Abs. 2 S. 3 ZPO - ist verstrichen.

Es kommt hier auch nicht deshalb eine längere Beschwerdefrist in Betracht, weil § 9 Abs. 5 ArbGG vorschreibt, dass alle mit einem befristeten Rechtsmittel anfechtbaren Entscheidungen die Rechtsmittelbelehrung enthalten müssen. Nach dieser Vorschrift beginnt die Frist für ein Rechtsmittel nur, wenn die Partei oder der Beteiligte über das Rechtsmittel schriftlich belehrt worden ist. Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, ist die Einlegung des Rechtsmittels nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung der Entscheidung zulässig. Danach errechnet sich eine Beschwerdefrist von einem Jahr und 1 Monat. Diese Frist gilt aber nicht in arbeitsgerichtlichen Prozesskostenhilfeangelegenheiten. Denn § 569 Abs. 1 S. 2 ZPO stellt eine Spezialvorschrift zu § 9 Abs. 5 ArbGG dar. § 569 ZPO ist, ebenso wie § 66 Abs. 1 S. 2 ArbGG, der die Berufungsfrist regelt, durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27.7.2001 (BGBl. I S. 1887) geändert worden. Wie den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 14/4722, S. 111 ff.) entnommen werden kann, war Ziel der Änderung des § 569 ZPO eine Angleichung der verschiedenen Verfahrensordnungen. § 569 ZPO, der gem. § 78 ArbGG auch für das arbeitsgerichtliche Beschwerdeverfahren anzuwenden ist, geht als das neuere Gesetz dem älteren § 9 Abs.5 ArbGG vor (vgl. zum Verhältnis von § 9 Abs. 5 ArbGG und § 66 Abs. 1 S. 2 ArbGG: BAG Urteil vom 28.10.2004 - 8 AZR 492/03 - EzA ArbGG 1979 § 66 Nr. 38).

Letztlich hat der Kläger den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 27.7.2006, mit dem die Ratenzahlung angeordnet worden ist, auch nicht innerhalb der Frist von einem Jahr und einem Monat mit der Beschwerde angegriffen. Er behauptet auch nicht, er habe seinerzeit die festgesetzten Raten nicht leisten können. Seine Beschwerde mit Schriftsatz vom 31.7.2007 richtet sich gegen den die Prozesskostenhilfe aufhebenden Beschluss, nicht den Bewilligungsbeschluss.

Soweit der Kläger sich darauf beruft, seine Verhältnisse hätten sich geändert, führt das nicht zu einer Abänderung des angefochtenen Aufhebungsbeschlusses. Der Kläger war aufgefordert worden, ab dem 10.4.2007 Raten zu zahlen. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach SGB II erhält er erst, wie sich aus dem eingereichten Bescheid vom 16.7.2007 ergibt, seit dem 1.8.2007. Er behauptet nicht, dass er zuvor nicht in der Lage war, Raten zu zahlen. Auch hat er trotz Aufforderung vom 7.8.2007 nicht mitgeteilt, warum er die Ratenzahlung nicht aufgenommen hat. Schließlich hat er sich nicht dazu geäußert, was mit der Abfindung, die ihm nach dem Vergleich zu zahlen war, geschehen ist. Denn diese wäre gem. § 115 Abs. 3 ZPO als Vermögen zu berücksichtigen, soweit der Schonbetrag überschritten ist.

Die Beschwerde ist daher mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

Zurück