Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 14.11.2007
Aktenzeichen: 3 Sa 299/07
Rechtsgebiete: BGB, KSchG


Vorschriften:

BGB § 611
KSchG § 12
Die Arbeitnehmer eines im Ausland befindlichen Betriebes werden bei der Ermittlung der für § 23 KSchG maßgeblichen Beschäftigtenzahl nicht mitgerechnet.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 3 Sa 299/07

Verkündet am 14.11.2007

In dem Rechtsstreit

hat die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 14.11.2007 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzende und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer und d. ehrenamtliche Richterin ... als Beisitzerin

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 15.06.2007 - 1 Ca 1646 d/06 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren über die Wirksamkeit einer Kündigung und in diesem Zusammenhang über die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes sowie über Provisionszahlungen und Auslagenersatz.

Der Kläger ist am ...1971 geboren und trat am 16.7.2005 in ein Arbeitsverhältnis zur Beklagten als Außendienstmitarbeiter ein. Arbeitsvertraglich wurde eine Vergütung bestehend aus einem fixen Anteil (Gehalt) in Höhe von 1.900,00 EUR und einem umsatzabhängigen Anteil (Provision) in Höhe von maximal weiteren 1.900,00 EUR brutto monatlich vereinbart. Die Provision setzt sich zusammen aus einer umsatzabhängigen Provision in Höhe von 30 % bei einem vorgegebenen Mindestumsatz von mindestens 500.900,00 EUR in den letzten neun Monaten des Jahres 2006; einer vom Deckungsbeitrag abhängigen Provision von 30 % bei einem Deckungsbeitrag von mindestens 23 % des Umsatzes; einer Provision aufgrund vorgenommener Kundenbesuche in Höhe von 30 % und einer Provision aus der Mitwirkung an der Erstellung neuer Preislisten in Höhe von 10 % zusammen.

Mit Schreiben vom 22.08.2006 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers fristgemäß zum 30.09.2006.

Die Beklagte beschäftigt in Deutschland an ihrem Firmensitz unstreitig weniger als 10 Arbeitnehmer regelmäßig. Der Hauptschwerpunkt der Firmengruppe N. liegt in D., wobei die Muttergesellschaft/das Stammhaus, die Firma N. A. A/S in A. ansässig ist und dort ca. 50 Arbeitnehmer beschäftigt. Die Firma N. A. A/S und die Beklagte haben den gleichen Geschäftsführer.

Der Kläger war und ist der Ansicht, dass bezüglich der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes die Arbeitnehmer der deutschen Firma und die ca. 50 Arbeitnehmer aus Aalborg zusammengezählt werden müssen. Der Kläger begehrt zudem für August und September 2006 Umsatz- und Deckungsprovision in Höhe von insgesamt 1.140,00 EUR; Provision aufgrund vorgenommener Kundenbesuche für die Zeiträume April 2006 bis September 2006 á 570,00 EUR = 3.420,00 EUR und Provision für die Mitwirkung an der Erstellung neuer Preislisten für April 2006 bis September 2006 in Höhe von je 190,00 EUR = 1.140,00 EUR brutto. Der Kläger begehrt darüber hinaus Auslagenersatz für eine UMTS-Karte für den Firmenlabtop für die Monate September 2005 bis Ende September 2006 in Höhe von 17,99 EUR monatlich, insgesamt 233,87 EUR.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 15.06.2007 die Klage abgewiesen. Bezüglich der Kündigung hat es die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes verneint. Die geltend gemachten Zahlungsansprüche hat es als nicht hinreichend substanziiert eingeordnet. Hinsichtlich der Einzelheiten des Urteils wird auf die ausführlichen Entscheidungsgründe des Urteils vom 15.06.2007 Bezug genommen.

Gegen diese dem Kläger am 22.06.2007 zugestellte Entscheidung legte er fristgerecht Berufung ein, die auch innerhalb der Berufungsbegründungsfrist begründet wurde.

Er nimmt im wesentlichen Bezug auf sein erstinstanzliches Vorbringen. Er hält das Kündigungsschutzgesetz für anwendbar. Jedenfalls sei die Kündigung treuwidrig. Das ergebe sich aus der gewählten Struktur der in Deutschland ansässigen Beklagten und ihres dänischen Mutterhauses, die dazu führe, dass das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar sei. Die Provisionsansprüche habe er substanziiert und unter Beweisantritt dargelegt. Insoweit habe Beweis erhoben werden müssen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des am 15.06.2007 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Neumünster - 1 Ca 1646 d/06 - wird

1. festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 22.06.2006 nicht aufgelöst worden ist und fortbesteht;

2. die Beklagte verurteilt, an den Kläger 5.700,00 EUR brutto sowie weitere 461,73 EUR jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil sowohl in tatsächlicher, als auch in rechtlicher Hinsicht für zutreffend. Das Zahlungsbegehren sei nach wie vor unsubstanziiert; ein etwaiger Ausforschungsbeweis unzulässig.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig. Sie form- und fristgerecht eingelegt und innerhalb der Berufungsbegründungsfrist auch begründet worden, wobei die Kammer dahingestellt lässt, inwieweit der Schriftsatz des Klägers vom 20.08.2007 überhaupt eine hinreichende Berufungsbegründung darstellt.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen und in diesem Zusammenhang die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes verneint. Ebenso wurde zutreffend das Vorliegen etwaiger Voraussetzungen für weitere Zahlungsansprüche gegenüber der Beklagten verneint.

1. Voraussetzung für eine inhaltliche Überprüfbarkeit der angefochtenen Kündigung der Beklagten vom 25.08.2006 ist die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes. Gemäß § 23 Abs.1 KSchG gilt das Kündigungsschutzgesetz nicht für Betriebe, in denen in der Regel 10 oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden beschäftigt werden. Die Beklagte hat in Deutschland nur einen Betrieb, nämlich den Vertrieb in M.-K.. Dort waren einschließlich des Klägers nur 5 Arbeitnehmer tätig. Damit ist die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes offensichtlich nicht gegeben.

Soweit der Kläger gleichwohl die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes behauptet, ist er insoweit darlegungs- und beweisbelastet. Seine Ansicht, die dänischen, in A. tätigen Arbeitnehmer seien für die Ermittlung der Betriebsgröße im Sinne des § 23 KSchG mit zu berücksichtigen, ist unzutreffend. Insoweit ist unbeachtlich, wie viele Arbeitnehmer die Beklagte in A. beschäftigt. Die dort beschäftigten Arbeitnehmer arbeiten in einem ausländischen Betrieb. Maßgebend für die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes ist die Anzahl der Arbeitnehmer eines in Deutschland gelegenenen Betriebes. Selbst wenn ein ausländisches Unternehmen in Deutschland eine Niederlassung unterhält und die Niederlassung zusammen mit dem im Ausland befindlichen Betrieb einen gemeinsamen Betrieb bildet, werden gleichwohl die im Ausland tätigen Arbeitnehmer nicht in die für § 23 KSchG maßgebliche Beschäftigtenzahl eingerechnet (vgl. BAG v. 7.11.1996 - 2 AZR 648/05 - zit. n. Juris; LAG Schleswig-Holstein v. 18.02.2004 - 3 Sa 483/03 -, NZA-RR 2004, 630 f; ErfK-Ascheid, Rz. 3 zu § 23 KSchG).

Damit ist das Kündigungsschutzgesetz vorliegend nicht anwendbar.

2. Die Kündigung vom 22.8.2006 ist auch nicht treuwidrig. Eine Kündigung verstößt dann gegen § 242 BGB und ist nicht wirksam, wenn sie aus treuwidrigen, willkürlichen oder rechtsmissbräuchlichen Zwecken ausgesprochen wurde. Die Darlegungs- und Beweislast trägt der Arbeitnehmer (vgl. BAG v. 6.2.2003 - 2 AZR 672/01 - NZA 2003, 717; BAG v. 22.5.2003 - 2 AZR 426/02 - zit. n. Juris).

Es fehlt insoweit jegliches substanziierte Vorbringen des Klägers zum Vorliegen der Voraussetzungen eines Verstoßes gegen Treu und Glauben, den die Beklagte durch den Ausspruch der Kündigung vom 22.8.2006 begangen haben soll. Die von der Beklagten sowohl im Inland, als auch im Ausland gewählte Ansässigkeit- und Betriebsstruktur bewegt sich im Rahmen der allgemein geltenden rechtlichen und gesetzlichen Möglichkeiten. Dass der Kläger unter Umständen - das ist streitig - aus einer anderen Beschäftigung abgeworben wurde, führt nicht zur Treuwidrigkeit der nach 13-monatiger Beschäftigung ausgesprochenen Kündigung. Es oblag der Entscheidungsfreiheit des Klägers, ein Beschäftigungsverhältnis in einem so genannten "Kleinbetrieb" im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes ohne Kündigungsschutz bei der Beklagten einzugehen. Die Kündigung zu erhalten, stellt in diesem Zusammenhang das übliche, normale Vertragsrisiko dar. Wollte der Kläger das ausschließen, hätte er mit der Beklagten im Arbeitsvertrag zur Möglichkeit der Beendigung des Arbeitsvertrages spezielle Vereinbarungen treffen müssen.

3. Auch das Zahlungsbegehren des Klägers wurde seitens des Arbeitsgerichtes zutreffend verneint. Der Kläger hat das Vorliegen eines etwaigen Zahlungsanspruches nicht substanziiert dargelegt.

a. Gemäß § 611 BGB ergibt sich nur dann ein Zahlungsanspruch, wenn der Arbeitnehmer die versprochenen Leistungen erbracht hat. Das ist nur dann der Fall, wenn er die vereinbarten Zahlungsvoraussetzungen für die Zuerkennung der Provisionsansprüche im jeweiligen Zahlungszeitraum erfüllt hat. Der Kläger hat jedoch nach wie vor auch in der Berufungsinstanz das Vorliegen dieser Voraussetzungen nicht substanziiert dargelegt. Es fehlt insoweit schon jegliches konkrete Hervorbringen, welchen Umsatz der Kläger im August und im September 2006 erbracht hat; woraus sich ergeben soll, dass der vereinbarte Gesamtmindestumsatz erzielt worden sein soll, um die vereinbarte umsatzabhängige Provision beanspruchen zu können. Gleiches gilt für den vereinbarten, sich am Deckungsbeitrag orientierenden Provisionsanspruch. Auch insoweit ist sein Zahlungsbegehren weder substanziiert, geschweige denn belegt worden. Hierzu, wie von ihm gefordert, die als Zeugin benannte Frau B. zu vernehmen, würde einen unzulässigen Ausforschungsbeweis darstellen.

Soweit der Kläger in der Berufungsverhandlung vorgebracht hat, er könne sein Vorbringen nicht substanziieren, weil die Beklagte trotz der ihm am 22.2.2007 überreichten ergänzenden Zusatzabrechnungen keine spezifizierten Angaben gemacht habe, ist dieses Vorbringen nicht geeignet, sein Zahlungsbegehren zu begründen. Dem Kläger hätte es freigestanden, an Stelle der Zahlungsklage auf Abrechnung mit den entsprechenden erforderlichen Abrechungsangaben zu klagen. Das ist nicht geschehen. Er hat auch unstreitig nach dem 22.2.2007 gegenüber der Beklagten zu keinem Zeitpunkt ergänzende Angaben zu der erteilten Abrechnung gefordert. Stattdessen hat er den Weg der Zahlungsklage beschritten. Insoweit trifft ihn auch hinsichtlich der geltend gemachten Forderungen kraft Gesetzes die Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen und die Höhe seiner Forderung.

b. Auch das Vorliegen der Voraussetzungen für den Erhalt der Provision wegen vorgenommener Kundenbesuche hat der Kläger nach wie vor nicht substanziiert dargelegt. Gleiches gilt für das Zahlungsbegehren im Hinblick auf die Provision wegen der Mitwirkung an Preislisten. Insoweit wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils verwiesen. Die als Zeugin benannte Frau B. oder gar den Geschäftsführer dahingehend zu befragen, welche Angaben über Kundenbesuche der Kläger wann wem gegenüber gemacht habe und was ihm im Zusammenhang mit der Erstellung einer neuen Preisliste angesichts der Tatsache, dass er keine Listen von gewünschten Kunden, sondern von anderen Großkunden eingereicht hat, von wem zugesagt wurde und wie sich dieses auf etwaige Provisionsansprüche des Klägers auswirken soll, würde einen unzulässigen Ausforschungsbeweis darstellen.

4. Der Kläger macht darüber hinaus Auslagenersatz in Höhe von 461,73 EUR netto geltend. Insoweit begehrt er insgesamt 233,87 EUR für eine UMTS-Karte, ohne jedoch der Beklagten irgendeinen Beleg übermittelt zu haben, aus dem sich die Anschaffung einer solchen Karte und der behauptete monatliche Betrag von 77,99 EUR überhaupt ergibt. Ein Anspruch auf Auslagenersatz setzt jedoch mindestens voraus, dass die Auslagen dem Grunde und der Höhe nach belegt werden. Selbst wenn die Beklagte auf die monatliche Übermittlung der jeweiligen Monatsbeträge verzichtet haben sollte, hätte der Kläger jedoch zumindest die Entstehung des Anspruches dem Grunde nach - die Vertragsgrundlage - nachweisen müssen.

Zur weitergehenden Forderung in Höhe der Differenz zwischen 233,87 EUR und den eingeklagten 461,73 EUR hat der Kläger nichts vorgetragen. Es ist nicht ersichtlich, woraus sich dieses Zahlungsbegehren ergeben soll.

5. Insgesamt ist daher festzuhalten, dass die Klage zu Recht abgewiesen wurde. Nach alledem war das erstinstanzliche Urteil zu bestätigen. Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

Zurück