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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Beschluss verkündet am 21.07.2009
Aktenzeichen: 3 Ta 125/09
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 937 Abs. 2
BGB § 823
BGB § 824
BGB § 1004
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss

Aktenzeichen: 3 Ta 125/09

21.07.2009

In dem Beschwerdeverfahren

betreffend das einstweilige Verfügungsverfahren

hat die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein außerhalb der mündlichen Verhandlung am 21.07.2009 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht ... beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Verfügungsklägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 18.06.2009 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Mit der sofortigen Beschwerde wendet sich der Verfügungskläger gegen einen Beschluss, mit dem der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen wurde.

Der Verfügungskläger ist der ehemalige Arbeitgeber des Verfügungsbeklagten. Letzterer hat nach Erhalt einer Kündigung vor dem Arbeitsgericht Lübeck ein Kündigungsschutzverfahren eingeleitet (Az. 6 Ca 2601/08). Das Kündigungsschutzbegehren ist beendet. Das Verfahren wird noch anlässlich einer Widerklage weitergeführt. Der Verfügungsbeklagte hat in diesem Kündigungsschutzverfahren im Schriftsatz vom 11. Mai 2009 unter anderem Folgendes vorgebracht:

"Die Gegenseite führt die Schadensfälle an, die von mir reguliert wurden, was überhaupt nicht bestritten wird. Ich bestreite aber die Sinneswandlung der Gegenseite, dass diese Vorgänge nicht mit dem verantwortlichen Inhaber so besprochen waren. Ich habe auch seine Schadensfälle reguliert, bei denen Herr G. selber die Zahlung erhalten hat bzw. der Geschädigte war, ich habe auch die Anweisung gehabt, Schadensfälle meiner Kollegen, seien es die von Herrn R., seiner Familie, Herrn P., seiner Familie oder Frau G. zu regulieren, was ich auch tat.

...

Bis heute werden zwei ehemalige Kolleginnen, wenn deren Namen fallen, mit einem angeblichen Versicherungsbetrug in Verbindung gebracht, obwohl die Anweisung so zu handeln, wie sie es taten, von Herrn G. kamen, der sich hinterher als Retter darstellte, der den drohenden Schaden von der Agentur abgewandt hat."

(Bl. 6 d. A.)

Aus Anlass dieses Vorbringens begehrt der Verfügungskläger,

den Verfügungsbeklagten zu verpflichten,

I.

Es ab sofort zu unterlassen, gegenüber Gerichten, Behörden, Geschäftskunden oder Dritten wörtlich oder sinngemäß die Behauptung aufzustellen und/oder durch Dritte aufstellen zu lassen, dass der Antragsteller Herr G. ausgeschiedene und/oder aktive Mitarbeiter der ... Agentur G., ...straße .., 2.... O. angewiesen bzw. dazu angehalten hat, Versicherungsschäden in betrügerischer Art und Weise zu regulieren und/oder die Behauptung aufzustellen, Herr G. habe die Regulierung von Eigenschäden der Agenturmitarbeiter geduldet und/oder die Erlaubnis zur Regulierung von Eigenschäden, maßgeblich seiner eigenen Schäden sowie des Antragsgegners gegeben,

II. ...

Der Verfügungskläger begehrte den Erlass der einstweiligen Verfügung wegen Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung.

Das Arbeitsgericht hat daraufhin ohne Anhörung des Verfügungsbeklagten und ohne mündliche Verhandlung mit Beschluss vom 18.06.2009 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Dieser Beschluss wurde dem Verfügungskläger am 22.06.2009 zugestellt. Hiergegen hat er am 02.07.2009 sofortige Beschwerde eingelegt, die auch sofort begründet wurde. Das Arbeitsgericht hat ihr mit Beschluss vom 03.07.2009 unter ausführlicher Begründung nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die sofortige Beschwerde des Verfügungsklägers ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat gemäß § 937 Abs. 2 ZPO den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen, weil es einen Verfügungsanspruch als nicht gegeben ansah. Dem folgt das Beschwerdegericht. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die ausführlichen Ausführungen in dem Beschluss vom 18.06.2009 sowie in dem Nichtabhilfebeschluss vom 03.07.2009 verwiesen. Lediglich ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:

1. Der Verfügungskläger kann den Verfügungsbeklagten vorliegend nicht auf Unterlassung gemäß §§ 823, 824 i. V. m. § 1004 BGB in Anspruch nehmen. Der Verfügungsbeklagte hat nicht behauptet, er sei vom Verfügungskläger angewiesen bzw. dazu angehalten worden Versicherungsschäden in betrügerischer Art und Weise zu regulieren. Der vom Verfügungskläger eingereichte Schriftsatz des Verfügungsbeklagten vom 11.05.2009 enthält mit keinem Wort die Behauptung, er habe auf Anweisung des Verfügungsklägers Versicherungsschäden in betrügerischer Art und Weise abgewickelt. Die vom Verfügungskläger zitierte Textstelle mag darauf hinweisen, dass die Regulierung von Eigenschäden der Agenturmitarbeiter sowie deren Familienmitglieder nicht mit der von Unternehmensseite verlangten externen Neutralität bearbeitet wurden. Der Verfügungsbeklagte hat jedoch insoweit nicht behauptet, bei einer u. U. formal nicht korrekten Schadensabwicklung sei betrogen worden. Man kann bei der Eigenschadenregulierung an Versicherungsbetrug denken. Das ist jedoch nicht zwingend. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Kontext, der die zwei ehemaligen Kolleginnen betrifft. Der Vorwurf möglicher Versicherungsbetrügereien in der A. Agentur G. scheint - von wem auch immer - in den Raum gestellten worden zu sein. Der Verfügungsbeklagte hat mit seinem Schriftsatz vom 11. Mai 2009 aber nicht behauptet, dass der Verfügungskläger an diesem mit strafrechtlicher Relevanz und/oder strafrechtlicher Energie beteiligt war. Dass eventuell arbeitsvertragliche Pflichtverletzungen vorlagen oder in der A. Agentur G. unternehmerische Vorgaben zur Vorgehensweise bei der Abwicklung von Eigenschäden auch vom Verfügungskläger nicht eingehalten wurden, darf behauptet werden. Eine diesbezügliche Äußerung stellt keine rechtswidrige Persönlichkeitsrechtsverletzung gemäß Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG i. V. m. §§ 823, 1004 BGB dar.

2. Insoweit handelt es sich um eine Meinungsäußerung oder gar Tatsachenbehauptung, für die der Verfügungsbeklagte unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhanges ein berechtigtes Interesse hatte. Die Parteien haben gerade im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens um das Vorliegen eines Kündigungsgrundes gestritten. In diesem Zusammenhang ist stets von Bedeutung, ob Verantwortung/ Mitverantwortung für eine etwaige arbeitsvertragliche Pflichtverletzung gegeben ist.

3. Ungeachtet dessen ist, darauf wurde in dem angefochtenen Beschluss bereits vom Arbeitsgericht hingewiesen, zu berücksichtigen, dass die Äußerung des Klägers im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens erfolgte. Damit ist die streitbefangene Äußerung nicht in die Öffentlichkeit gebracht worden, sondern im Rahmen eines rechtstaatlichen Verfahrens gefallen, das gerade dazu bestimmt war, die wirkliche Sachlage zu ermitteln. In diesen Fällen ergibt sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Rechtstaatsprinzip, aber auch nach der ständigen Rechtsprechung des BGH das Gebot der besonderen Betrachtungsweise. Es ist zu würdigen, dass die Tatsachenäußerung nicht gegenüber der Öffentlichkeit, sondern gegenüber einer neutralen Instanz und im Rahmen eines Verfahrens erfolgt, in dem ihr Wahrheitsgehalt prompt und zuverlässig geklärt werden kann. Auf Widerruf und Unterlassung gerichteten Klagen fehlt bei einer derartigen Fallkonstellation schon das Rechtschutzbedürfnis, weil bereits ein Gericht mit der Klärung der Wahrheitsfrage beschäftigt ist, so dass kein legitimes Interesse daran besteht, parallel dazu ein zweites Gericht mit der nämlichen Aufgabe zu beschäftigen (Wagner in Münchener Komm. zum BGB, Rz. 46 zu § 824 m. einer Vielzahl von BGH-Rechtsprechungsnachweisen).

Die Grenzen rechtmäßigen Prozessverhaltens hat der Verfügungsbeklagte vorliegend mit seinen Äußerungen nicht überschritten. Insoweit wird auf die Ausführungen unter Ziff. 1 und 2 verwiesen.

4. Aus den genannten Gründen war die sofortige Beschwerde unbegründet. Sie war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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