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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Beschluss verkündet am 21.01.2009
Aktenzeichen: 3 TaBV 31/08
Rechtsgebiete: ArbGG, BetrVG, BGB, AÜG


Vorschriften:

ArbGG § 92 Abs. 1
ArbGG § 92 a
BetrVG § 99 Abs. 2
BetrVG § 99 Abs. 2 Ziff. 1
BetrVG § 99 Abs. 2 Ziff. 3
BetrVG § 99 Abs. 2 Ziff. 4
BetrVG § 99 Abs. 2 Ziff. 6
BetrVG § 100 Abs. 1
BetrVG § 100 Abs. 1 S. 1
BGB § 242
AÜG § 9 Ziff. 2 letzter Halbsatz
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Beschluss

Aktenzeichen: 3 TaBV 31/08

Verkündet am 21.01.2009

Im Beschlussverfahren mit den Beteiligten

hat die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die Anhörung der Beteiligten am 21.01.2009 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzende und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer und d. ehrenamtliche Richterin ... als Beisitzerin

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Betriebsrats/Antragsgegners gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 24.07.2008 - 3 BV 56/08 - wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um die Zustimmung zur Einstellung der Leiharbeitnehmerin P. und die Feststellung, ob deren vorläufige Einstellung gesetzmäßig erfolgt ist.

Antragsgegner/Beschwerdeführer ist der bei der Antragstellerin gebildete Betriebsrat. Die Antragstellerin - Arbeitgeberin mit Betriebssitz in N. - beschäftigte die Arbeitnehmerin Frau P. vom 10.07.2006 bis zum 09.07.2008 befristet als Heilerzieherin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden.

Die Antragstellerin arbeitet mit der A. Servicegesellschaft H. GmbH zusammen. Diese ist eine Schwestergesellschaft der Antragstellerin und hat ca. 180 Arbeitnehmer. Die A. Servicegesellschaft firmiert unter zwei Anschriften, nämlich H. und N., mit der gleichen Adresse wie die Antragstellerin. Sie hat in H. eigene abgegrenzte Büroräume. In N. nutzt sie einen eigenen Raum auf dem Krankenhausgelände. Frau L., zum Zeitpunkt der Antragstellung Beschäftigte der Antragstellerin, stand damals sowohl bei der Antragstellerin als auch bei der A. Servicegesellschaft zeitgleich in einem Teilzeitbeschäftigungsverhältnis. Die Geschäftsführer beider Personengesellschaften sind nicht identisch. Die A. Servicegesellschaft verfügt über eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis, die mit Datum vom 07.01.2009 verlängert wurde bis zum 06.03.2010.

Die Antragstellerin hat die unternehmerische Entscheidung getroffen, in verstärktem Maße auf Leiharbeitnehmer zurückzugreifen und diese einzusetzen. Dies wird umgesetzt durch Inanspruchnahme der A. Servicegesellschaft. Letztere geht wie folgt vor: 1) Entweder werden Arbeitnehmer, die schon ein Arbeitsverhältnis zur A. Servicegesellschaft haben, zwecks Eignungsfeststellung bei der Antragstellerin vorstellig. 2) Oder die A. Servicegesellschaft sucht nach Bedarfsanmeldung Leiharbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt, prüft deren generelle Eignung und vermittelt ein Gespräch, z.B. zwischen der Antragstellerin und dem/der ausgesuchten Arbeitnehmer/in zur Feststellung der Eignung. Falls das die potentielle Entleiherin bejahte, schließt die A. Servicegesellschaft einen Arbeitsvertrag und einen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag und überlässt die eingestellte Person. 3) Als dritte Fallkonstellation werden Arbeitnehmer, die bisher in auslaufenden befristeten Arbeitsverhältnissen z.B. bei der Antragstellerin beschäftigt waren, bei deren Bitte um Weiterbeschäftigungsmöglichkeit, an die A. Servicegesellschaft mbH verwiesen. Meldet sich der/die Arbeitnehmer/in dort und ist bereit, zu den Konditionen eines Leiharbeitsverhältnisses mit Anwendbarkeit der Tarifwerke für Leiharbeitnehmer zu arbeiten, schließt die A. Servicegesellschaft einen Arbeitsvertrag und überlässt die eingestellte Person z.B. an die Antragstellerin.

Letzteren Weg beschritt man auch mit der hier betroffenen Arbeitnehmerin Frau P.

Mit Datum vom 28.05.2008 unterrichtete die Antragstellerin den Antragsgegner darüber, dass sie beabsichtige, Frau P. als Leiharbeitnehmerin nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz ab dem 10.07.2008 einzustellen (Anlage Antragsteller 4, Bl. 27 d. A.).

Mit Schreiben vom 03.06.2008 verweigerte der Antragsgegner die Zustimmung zu dieser Einstellung unter detaillierter Darlegung von seines Erachtens gegebenen Zustimmungsverweigerungsgründen nach § 99 Abs. 2 Ziff. 1, 3, 4 und 6 BetrVG. Hinsichtlich des Inhaltes wird auf die Anlage ASt-5, (Bl. 28 - 30 der Akte) verwiesen. Daraufhin leitete die Antragstellerin mit Datum vom 05.06.2008 das vorstehende Zu-stimmungsersetzungsverfahren ein. Ferner teilte sie dem Antragsgegner mit Schreiben vom 10.06.2008 mit, dass Frau P. ab 10.07.2008 vorläufig eingestellt werde.

Diese Vorgehensweise wurde im Einzelnen begründet (Anlage ASt.-6, Bl. 39 d. A.). Der Antragsgegner widersprach am 11.06.2008 der vorläufigen Einstellung (Anlage ASt-7, Bl. 40 - 42 d. A.). Die Antragstellerin erweiterte das vorliegende Verfahren daraufhin mit Datum vom 13.06.2008 auch auf Feststellung der Gesetzmäßigkeit der vorläufigen Einstellung.

Der Betriebsrat hat sich erstinstanzlich nur noch auf Zustimmungsverweigerungsgründe nach § 99 Abs. 2 Ziff. 3 u. 4 BetrVG sowie das Vorliegen von Rechtsmissbrauch gestützt.

Das Arbeitsgericht hat die Zustimmung ersetzt, weil seines Erachtens keine Zustimmungsverweigerungsgründe gegeben waren. Weiter hat es festgestellt, dass die vorläufige Einstellung der Frau P. gemäß § 100 Abs. 1 BetrVG aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war, um die Versorgung der untergebrachten Menschen mit geistiger Behinderung gewährleisten zu können. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Beschlusses des Arbeitsgerichts Lübeck vom 24.07.2008 verwiesen.

Diese Entscheidung wurde dem Antragsgegner am 26.08.2008 zugestellt. Er legte hiergegen am 29.08.2008 Beschwerde ein, die am Montag, den 27.10.2008 begründet wurde.

Er ist nach wie vor der Auffassung, dass die Antragstellerin grundsätzlich zulässige rechtliche Gestaltungsformen missbrauche. Sie verlagere Arbeitsverhältnisse in die A. Servicegesellschaft nur deshalb, weil sie selbst die Arbeitnehmer nicht weiter zeitbefristet beschäftigen könne, ohne gegen das TzBfG zu verstoßen. Das sei vorliegend unter Berücksichtigung der konkreten sonstigen Umstände nicht zulässig. Sie habe zusammen mit der A. Servicegesellschaft ein unternehmerisches Konzept gewählt, das faktisch nicht zu Änderungen in den betrieblichen Abläufen der Antragstellerin führen sollte, aber zum Verlust des Gleichbehandlungsgrundsatzes sowie des equal-pay-Anspruchs aller im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer. Die Nutzung der A. Servicegesellschaft sei vor allem auch unter dem Gesichtspunkt rechtsmissbräuchlich, dass die Antragstellerin mit eigenem Personal unter ihrem Dach unter formaler Umlenkung bei ihr befristet beschäftigter Arbeitnehmer an die A. Servicegesellschaft die Einstellungsgespräche führe und die Einstellungen vornehme. Vor diesem Hintergrund müssten die betroffenen Arbeitnehmer, die im Zeitpunkt der Antragstellung noch in den Diensten der Antragstellerin gestanden hätten, zugleich als "andere Arbeitnehmer" im Sinne der Ziffer 3 und als "betroffene Arbeitnehmer" im Sinne der Ziffer 4 des § 99 Abs. 2 BetrVG angesehen werden. Sie würden durch die Einstellung benachteiligt.

Der Antragsgegner/Beschwerdeführer beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 24.07.2008 zum Az. 3 BV 56/08 abzuändern und Anträge zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Beschluss sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht für zutreffend. Ihre Vorgehensweise sei gesetzlich zulässig. Vom Grundsatz des equalpay dürfe bei der Existenz und Anwendung von Zeitarbeitstarifverträgen abgewichen werden. Da die A. Servicegesellschaft am allgemeinen Arbeitsmarkt agiere, eine Überlassungserlaubnis habe und auch über eigenes Personal verfüge, um ihre 180 Arbeitnehmer zu verwalten, sei kein Anhaltspunkt für rechtsmissbräuchliches Vorgehen ersichtlich.

Hinsichtlich der weitern Einzelheiten wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist auch begründet worden. In der Sache konnte sie jedoch keinen Erfolg haben.

Mit überzeugender Begründung hat das Arbeitsgericht die Zustimmung des Beteiligten zu 2. zur Einstellung der Frau P. im Rahmen eines befristeten Leiharbeitsverhältnisses ersetzt und in diesem Zusammenhang Zustimmungsverweigerungsgründe des Betriebsrates verneint. Dem folgt das Berufungsgericht. Zur Vermeidung von Wiederholung wird vorab auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Beschlusses verwiesen. Lediglich ergänzend wird Folgendes ausgeführt:

A. Der Betriebsrat hat seine Zustimmung zur beabsichtigten Einstellung von Frau P. zu Unrecht verweigert. Er kann sich weder auf einen Verstoß gegen ein Gesetz im Sinne des § 99 Abs. 2 Ziff. 1 BetrVG noch auf einen Verstoß gegen § 99 Abs. 2 Ziff. 3 BetrVG und auch nicht auf einen Verstoß gegen § 99 Abs. 2 Ziff. 4 BetrVG berufen. Der Zustimmungsersetzungsantrag ist daher begründet.

1. Es liegt kein Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 99 Abs. 2 Ziff. 3 BetrVG vor.

a. Gemäß § 99 Abs. 2 Ziff. 3 BetrVG kann der Betriebsrat die Zustimmung verweigern, wenn die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass in Folge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist. Als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten.

b. Der Betriebsrat hat eine Benachteiligung darin gesehen, dass durch die Einstellung der Frau P. als Leiharbeitnehmerin die Möglichkeit einer Verlängerung ihres befristeten Arbeitsvertrages oder einer Aufhebung der Befristung ausscheide.

Dies ist kein Fall des § 99 Abs. 2 Ziff. 3 BetrVG. Dort ist vorausgesetzt, dass ein bereits befristet Beschäftigter und ein bislang nicht betriebsangehöriger Arbeitnehmer um einen Dauerarbeitsplatz konkurrieren. Dazu ist regelmäßig erforderlich, dass sich auch der befristet beschäftigte Arbeitnehmer um den betreffenden Arbeitsplatz beworben hat (BAG v. 25.01.2005 - 1 ABR 61/03 - Rz. 47 mwN - zit. nach JURIS).

Im Streitfall liegt eine solche Konkurrenz bereits deshalb nicht vor, weil Personenidentität des Betroffenen und des Beschäftigten besteht. Außerdem geht es nicht um die Besetzung einer unbefristeten Stelle bei der Antragstellerin als Vertragsarbeitgeberin. Diese ist nicht Vertragsarbeitgeberin. Hier geht es um die Besetzung eines Arbeitsplatzes für Fremdpersonal.

c. Ebenso wenig liegt eine Benachteiligung befristet beschäftigter Arbeitnehmer im Sinne des § 99 Abs. 2 Ziff. 3 1. Halbsatz BetrVG vor. Zweck der Regelung ist die Erhaltung des status quo der im Betrieb bereits Beschäftigten. Daran fehlt es hier.

Ein befristet beschäftigter Arbeitnehmer hat grundsätzlich keinen Rechtsanspruch auf eine Verlängerung oder Aufhebung der Befristung. Er hat auch keinen Anspruch darauf, dass sein Arbeitgeber statt eines Dauerarbeitsplatzes für Fremdpersonal einen solchen für eigene Arbeitnehmer einrichtet (vgl. BAG v. 25.01.2005 - 1 ABR 61/03 - Rz. 49 f mwN).

d. Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB). Er wäre nicht dem Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 99 Abs. 2 Ziff. 3 BetrVG zuzuordnen, sondern dem des § 99 Abs. 2 Ziff. 1 BetrVG.

Selbst wenn dem Rechtsmissbrauchsargument gefolgt würde, ergibt sich hieraus nicht das für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 99 Abs. 2 Ziff. 3 BetrVG erforderliche Konkurrenzverhältnis zwischen einem "anderen" Arbeitnehmer und dem "betroffenen" Arbeitnehmer.

Contra legem kann der gesetzlich fixierte Anwendungsbereich einer Vorschrift nicht ausgelegt werden.

2. Der Beteiligte zu 2. hat auch kein Zustimmungsverweigerungsrecht nach § 99 Abs. 2 Ziff. 4 BetrVG.

a. Danach kann der Betriebsrat die Zustimmung verweigern, wenn der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist.

b. Vorliegend geht es um die Beteiligung des Betriebsrates zur Einstellung/ Integration einer Leiharbeitnehmerin in den Entleiherbetrieb. Voraussetzung für ein Zustimmungsverweigerungsrecht bei Einstellungen ist, dass die Einstellung an sich den Zustimmungsverweigerungsgrund auslösen muss. Auch bei Einstellungen von Leiharbeitnehmern können Benachteiligungen vorkommen. Diese begründen jedoch keine Zustimmungsverweigerung nach § 99 Abs. 2 Ziff. 4 BetrVG, sondern allenfalls nach § 99 Abs. 2 Ziff. 1 BetrVG. Die Einstellung als solche ist jedoch keine Benachteiligung. Schlechtere Arbeitsbedingungen kann der Betriebsrat nur beanstanden, wenn sie auf einer unzutreffenden Eingruppierung beruhen. Zu einer Inhaltskontrolle der arbeitsvertraglichen Bedingungen ist der Betriebsrat nach § 99 Abs. 2 Ziff. 4 nicht berechtigt.

3. Das Vorbringen des Beteiligten zu 2. zum Vorliegen der Voraussetzungen des Rechtsmissbrauchs im Sinne des § 242 BGB aufgreifend, könnte sich hieraus allenfalls ein Zustimmungsverweigerungsgrund im Sinne des § 99 Abs. 2 Ziff. 1 BetrVG ergeben.

a. Danach kann der Betriebsrat die Zustimmung verweigern, wenn die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz verstößt. Geht es um die Einstellung eines Leiharbeitnehmers, muss diese als solche untersagt sein. Dazu bedarf es zwar keines Verbotsgesetzes im technischen Sinne, das unmittelbar die Unwirksamkeit der Maßnahme herbeiführte. Der Zweck der betreffenden Norm, die Einstellung selbst zu verhindern, muss aber hinreichend deutlich zum Ausdruck kommen (BAG v. 25.01.2005 - 1 ABR 61/03 -, Rz. 41 mwN - zit. nach JURIS).

b. Dem Beteiligten zu 2. ist insoweit zuzustimmen, als die unternehmerische Gestaltungs- und Entscheidungsfreiheit nicht schrankenlos gilt. Es ist stets eine Missbrauchskontrolle durch die Gerichte möglich und zulässig. Neben Verstößen gegen gesetzliche und tarifliche Normen fallen hierunter vor allem Umgehungsfälle. Der Grundsatz vom Treu und Glauben (§ 242 BGB) als Gebot der Redlichkeit und als allgemeine Schranke der Rechtsausübung bildet eine allen Rechten, Rechtslagen und Rechtsnormen immanente Inhaltsbegrenzung. Die gegen § 242 BGB verstoßende Rechtsausübung oder Ausnutzung einer Rechtslage ist als Rechtsüberschreitung missbräuchlich und unzulässig. Die sich aus einer Rechtsnorm an sich ergebenen Folgen müssen dann zurücktreten, wenn sie zu einem mit Treu und Glauben zu nicht vereinbarenden, schlechthin untragbaren Ergebnis führen (Palandt/Heinrichs, BGB 63. Auflage, Rz. 40 zu § 42; LAG Schleswig-Holstein v. 18.06.2008 - 3 TaBV 12/08 - unter II B 2, 2.2, a).

c. Die Einstelllung der zuvor befristet bei der Antragstellerin beschäftigten Frau P. als Leiharbeitnehmerin auf dem ursprünglich von ihr ausgefüllten Arbeitsplatz zu den von ihr ungünstigeren tariflichen Bedingungen für Leiharbeitnehmer stellt vorliegend keinen ein Zustimmungsverweigerungsrecht auslösenden Missbrauch der unternehmerischen Gestaltungs- und Entscheidungsfreiheit dar.

Wie bereits dargelegt, berechtigt § 99 Abs. 2 Ziff. 1 BetrVG den Betriebsrat nicht zu einer Inhaltskontrolle der arbeitsrechtlichen Bedingungen (vgl. nur Fitting, Kommentar zum BetrVG, Rz. 201 zu § 99 mwN). Die Überlassung eines sachgrundlos befristet eingestellten Arbeitnehmers an seinen vormaligen Vertragsarbeitgeber, bei dem er zuvor schon zwei Jahre sachgrundslos befristet gearbeitet hatte, stellt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts keine rechtsmissbräuchliche Vertragsgestaltung dar (BAG v. 18.10.2006 - 7 AZR 145/06 - zit. nach JURIS). Insoweit sei dahingestellt, ob sich selbst bei einer anderen Bewertung hieraus ein Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats ergäbe.

Andere, rechtlich angreifbare Vorgehensweisen der Beteiligten zu 1. sind vorliegend nicht gegeben. Der von Betriebsratsseite zur Stützung seiner Rechtsauffassung angeführte Beschluss des LAG Schleswig-Holstein vom 18.06.2008 - 3 TaBV 12/08 - ist vorliegend nicht einschlägig. Der Entscheidung lag ein vollständig anderer Sachverhalt zugrunde. Die hiesige A. Servicegesellschaft verfügt über eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis. Sie ist am Markt tätig. Sie hat eigene Personalmitarbeiter - mit welchem zeitlichen Arbeitsumfang zum Zeitpunkt der Einleitung des Zustimmungsverfahrens auch immer -. Sie hat eine eigene - mindestens minimale - Organisationsstruktur. Es ist auch nicht vollständige Personenidentität gegeben. Sie hat zudem 180 eigene Arbeitnehmer, die an unterschiedliche Entleiher verliehen werden. Sie übt die ureigenen Rechte und Pflichten eines Arbeitgebers im Zusammenhang mit Einstellungen und Entlassungen selbst aus. Sie vergütet ihre Arbeitnehmer nach Zeitarbeitstarifverträgen. Eine sich hieraus ergebende Abweichung vom Grundsatz des equalpay ist gemäß § 9 Ziff. 2 letzter Halbsatz AÜG kraft Gesetzes für zulässig erklärt worden. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz in der ab 01.01.2004 geltenden Fassung erlaubt auch nicht mehr nur eine zeitlich begrenzte Überlassung von Leiharbeitnehmern. Diese Regelung ist ersatzlos gestrichen worden. Damit hat sich der Gesetzgeber dafür entschieden, dass auf Leiharbeitnehmer nicht nur vorübergehend und für Auftragsspitzen zurückgegriffen werden soll.

Das Gericht ist für das rechtspolitische Anliegen des Beschwerdeführers/Betriebsrats nicht der richtige Adressat. Richtige Adressaten sind der Gesetzgeber und die Tarifvertragsparteien. Das gilt jedenfalls für die vorliegende Fallkonstellation.

4. Aus den genannten Gründen hat das Arbeitsgericht die von der Beteiligten zu 1. begehrte Zustimmung des Beteiligten zu 2. zur Einstellung der Frau P. zu Recht ersetzt.

B. Ebenfalls zutreffend hat das Arbeitsgericht die vorläufige Einstellung der Frau P. zum 10.07.2008 aus sachlichen Gründen gemäß § 100 Abs. 1 S. 1 BetrVG für dringend erforderlich gehalten. Es bestand notwendiger Handlungsbedarf, um die Betreuung der in der Einrichtung untergebrachten behinderten Menschen sicher zu stellen. Im Übrigen wird insoweit auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Beschlusses verwiesen.

C. Insgesamt war daher der angefochtene Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck zu bestätigten. Die Zustimmung des Beteiligten zu 2. ist zu Recht ersetzt und die vorläufige Einstellung der Frau P. als dringend erforderlich eingeordnet worden. Die Beschwerde des Beteiligten zu 2. war daher zurückzuweisen.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen. Vorliegend handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung. Die Voraussetzungen des § 92 Abs. 1 ArbGG liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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