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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 13.09.2007
Aktenzeichen: 4 Sa 531/06
Rechtsgebiete: GG


Vorschriften:

GG Art. 33 Abs. 2
Rechtsschutz im Rahmen einer Konkurrentenklage kann grundsätzlich erst nach der Auswahlentscheidung erreicht werden.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 4 Sa 531/06

Verkündet am 13.09.2007

In dem Rechtsstreit

hat die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 13.09.2007 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer und d. ehrenamtliche Richterin ... als Beisitzerin

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 26.10.2006 - (1) öD 5 Ca 2722 b/05 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin verfolgt im Wege der Konkurrentenklage einen Anspruch auf Übertragung einer Stelle.

Die Klägerin trat am 01. Juni 1997 als Sachbearbeiterin im Bereich Einkauf / Beschaffung in die Dienste der Beklagten ein und erhielt zuletzt Vergütung nach der Vergütungsgruppe IV b BAT. Seit dem Jahre 2003 ist sie als Mitglied des Personalrats von der Arbeitsleistung freigestellt.

Im Juni 2005 schrieb die Beklagte unter der Kennziffer L 120.13/35 für das Dezernat Zentrale Beschaffung zum nächstmöglichen Zeitpunkt die Stelle der Leitung des Bereiches IT und Technik aus. Wegen der Einzelheiten der Stellenausschreibung wird Bezug genommen auf Bl. 13, 14 der Akte. Die Klägerin bewarb sich mit Schreiben vom 20. Juni 2005 (Bl. 18, 19 d.A.) und wies in diesem Schreiben darauf hin, dass es sich bei ihrer Bewerbung um eine fiktive handele und sie weiterhin als Personalrätin freigestellt bleibe. Neben der Klägerin bewarb sich auch die Mitarbeiterin K.-W..

Am 14. Juli fand vor einem vierköpfigen Auswahlgremium ein Bewerbungsgespräch statt. Zu diesem Auswahlgremium gehörten Herr R. als Dezernatsleiter Einkauf, Herr B., Herr K. vom Dezernat Personal und Frau S. als Vorsitzende des Gesamtpersonalrats. Den Bewerbern wurden die zuvor von Herrn R. schriftlich formulierten Fragen mündlich gestellt. Das Auswahlgremium erhielt vorab eine Kopie der Fragen mit den wünschenswerten Antworten. Die Antworten von Frau K.-W. ließen zwei Mitglieder des Auswahlgremiums darauf schließen, dass sie jene Fragen und Musterantworten vorher gekannt haben musste, da eine Überstimmung bis ins Detail zwischen den gegebenen und vorgegebenen Antworten festgestellt werden konnte.

Mit Schreiben vom 28. Juli 2005 (Bl. 52 d.A.) bat die Beklagte den Gesamtpersonalrat um Zustimmung zur Übertragung der Funktion der Bereichsleitung IT und Technik im Dezernat zentrale Beschaffung auf Frau K.-W. mit der Begründung, sie habe unter Berücksichtigung der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistungen sich eindeutig als die fachlich am besten geeignete Bewerberin dargestellt. Der Gesamtpersonalrat stimmte mit Schreiben vom 17. August 2005 dieser Maßnahme mit der Begründung nicht zu, es liege ein Verstoß gegen § 107 BPersVG vor und die Auswahlentscheidung verstoße gegen Artikel 33 Abs. 2 GG. Zudem könne angesichts der vorherigen Kenntnis der Mitbewerberin K.-W. von den zu erwartenden Antworten von einer Gleichbehandlung und Chancengleichheit nicht ausgegangen werden.

Mit Schreiben vom 22. August 2005 (Bl. 55 d.A.) bat die Beklagte den Gesamtpersonalrat im Hinblick auf dessen Schreiben vom 17. August 2005 um eine Fristverlängerung bis 30. September 2005, da seitens der Dienststelle noch Klärungsbedarf bestehe. Die Klägerin begehrte mit Schreiben vom 29. August 2005 gegenüber dem Dezernat Personal der Beklagten Mitteilung des Ergebnisses des Auswahlverfahrens und gegebenenfalls um Auskunft über die Gründe, weshalb die Entscheidung gegen sie ausgefallen sei. Mit Schreiben vom 01. September 2005 bat die Beklagte die Klägerin um etwas Geduld hinsichtlich der Beantwortung ihres Schreibens.

Am 10. Oktober 2005 vereinbarten die Parteien im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens (5 Ga 40 b/05) vor dem Arbeitsgericht Lübeck einen Vergleich, wonach die Beklagte sich verpflichtete, den Arbeitsplatz "Leitung des Bereichs IT und Technik" aufgrund der internen Stellenausschreibung "Kennziffer L 120.13/35" nicht endgültig zu besetzen, bevor nicht der Rechtsstreit 5 Ca 2722 b/05 seinen Abschluss gefunden habe.

Die Beklagte nahm am 24. Oktober 2005 ihre Stellenausschreibung Kennziffer L 120.13/35 zurück und schrieb diese Stelle erneut unter dem 07. November 2005 mit der Kennziffer L 120.13/98 aus. Wiederum bewarben sich darauf die Klägerin und Frau K.-W.. Zur Vorbereitung der zu treffenden Auswahlentscheidung schaltete die Beklagte einen externen Personaldienstleiter ein.

Anfang Juli 2007 erteilte die Beklagte im Rahmen der Diskussionen über eine Umstrukturierung des Klinikums Schleswig-Holstein und/oder Privatisierung beziehungsweise Teilprivatisierung einen Prüfauftrag hinsichtlich eines Markterkundungsverfahrens mit dem Inhalt, ob der Bereich der strategischen Beschaffung insgesamt im Rahmen eines Outsourcings ausgelagert werden solle.

Die Mitbewerberin K.-W. reichte ihrerseits einen Eilantrag gegen die Beklagte beim Arbeitsgericht Lübeck (6 Ga 22 b/07) ein, wobei sich die dortigen Streitparteien unter dem 10. Juli 2007 dahin verglichen, dass die Beklagte zusagte, die endgültige Besetzung der im Verfahren L 120.13/98 ausgeschriebenen Stelle nicht vorzunehmen, bis in einem Hauptsacheverfahren rechtskräftig entschieden wird über die Besetzung dieser Stelle. Das Hauptsacheverfahren wiederum müsse von der Verfügungsklägerin anhängig gemacht werden bis zum 10. Juli 2008. Diese Zusage gelte nicht für den Fall, dass die Beklagte ihrerseits gerichtlich rechtskräftig zur Besetzung der Stelle durch eine andere Bewerberin verpflichtet werde.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, die ursprüngliche Ausschreibung zurückzunehmen. Sie habe einen Anspruch auf die Übertragung der Stelle auf der Grundlage der ursprünglichen Ausschreibung. Insoweit habe sich das Ermessen auf Null reduziert. Jedenfalls müsse ihre Bewerbung auf der Grundlage der Ausschreibung Kennziffer L 120.13/35 neu beschieden werden.

Wegen des weiteren streitigen Vortrages der Parteien in erster Instanz und der dort gestellten Anträge wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen mit der Begründung, die Beklagte habe die erste Stellenausschreibung zulässig zurückgenommen. Der dazu erforderliche sachliche Grund liege in dem wesentlichen Mangel des Auswahlverfahrens. Das verwaltungspolitische Ermessen der Beklagten sei wiederum nicht derart eingeschränkt, dass infolge dieses Mangels die Klägerin automatisch als einzig verbleibende Bewerberin zu ernennen sei. Denn die Beklagte habe ein eigenes Interesse daran, Stellen in ihrem Betrieb nur auf der Grundlage eines rechtmäßigen, rechtsstaatlichen Anforderungen genügenden Verfahrens zu besetzen. Hinsichtlich des Auswahlverfahrens bezogen auf die Stellenausschreibung L 120.13/98 sei dieses wiederum noch nicht abgeschlossen, weil eine Auswahlentscheidung noch anstehe. Insofern könne die Klägerin der Beklagten nicht vorwerfen, dass sie dieses Ausschreibungsverfahren noch nicht abgeschlossen habe. Denn die Beklagte habe sich im Vergleich vor dem Arbeitsgericht Lübeck (5 Ga 40 b/05) gerade gegenüber der Klägerin verpflichtet, eine Auswahlentscheidung erst nach Abschluss dieses Rechtsstreits zu treffen.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird Bezug genommen auf den Inhalt der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.

Die Klägerin hat am 04. Dezember 2006 mit Fax- und am 05. Dezember 2006 mit Originalschriftsatz gegen das ihr am 06. November 2006 zugestellte Urteil Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis 06. Februar 2007 am 01. Februar 2007 mit Fax- und am 02. Februar 2007 mit Originalschriftsatz begründet.

Die Klägerin verfolgt in der Berufungsinstanz mit ihren Anträgen nunmehr die direkte Übertragung der Beförderungsstelle auf der Grundlage der neuen Ausschreibung, hilfsweise die Bescheidung ihres Antrages auf der Grundlage der neuen Ausschreibung und im Übrigen Schadenersatz in Geld, weil sie - so meint sie - jedenfalls vor der endgültigen Besetzung der Stelle einen Anspruch auf kommissarische Besetzung dieser Stelle gehabt habe (Monate März 2007 bis zunächst August 2007).

Die Klägerin meint, sie habe einen Anspruch auf Übertragung der Beförderungsstelle, weil sich nach den Verhältnissen im Einzelfall jede andere Entscheidung als rechtswidrig oder ermessensfehlerhaft darstelle. Die charakterliche Ungeeignetheit der Mitbewerberin K.-W. wirke auch über das alte zurückgenommene Ausschreibungsverfahren hinaus im laufenden Verfahren. Frau K.-W. habe sich als denkbar ungeeignet im Sinne von Artikel 33 Abs. 2 GG erwiesen. Ihre charakterliche Nichteignung ergebe sich bereits daraus, dass sie sich durch Anwendung unlauterer Mittel innerhalb des Bewerbungsverfahrens gegenüber ihrer Mitbewerberin einen entscheidenden Vorteil habe verschaffen wollen. Dadurch habe sie ein noch nicht einmal durchschnittlich entwickeltes Verantwortungsbewusstsein gegenüber anderen Mitarbeitern dokumentiert. Ihrem Anspruch auf Übertragung dieser Stelle stehe auch nicht entgegen, dass das Auswahlverfahren aufgrund der neuen Ausschreibung noch nicht abgeschlossen sei. Wegen der dargestellten Besonderheiten des vorliegenden Falles sei dies nur ein formales Kriterium, denn vor dem Hintergrund der völligen Ungeeignetheit der Mitbewerberin K.-W. handele es sich dabei um eine bloße Förmelei. Auch der Hinweis des Arbeitsgerichts auf den im Verfahren 5 Ga 40 b/05 abgeschlossen Vergleich trage nicht. Zum einen beziehe sich dieser Vergleich auf die alte Ausschreibung. Zum anderen sollte durch den Vergleich lediglich erreicht werden, dass die Beklagte nicht vor der Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache durch eine andere Besetzung Fakten schaffe. Dies stehe einer Verurteilung der Beklagten in diesem Verfahren auf Übertragung der Stelle nicht entgegen. Jedenfalls - so meint die Klägerin - sei der Hilfsantrag begründet. Denn es sei festzuhalten, dass die Beklagte das Auswahlverfahren aufgrund der neuen Stellenausschreibung seit ihrer Bewerbung im November 2005 nicht mehr betreibe. Die Taktik der Beklagten sei es offenbar, mit unzutreffender Begründung das Auswahlverfahren nicht durchzuführen und mit der kommissarischen Übertragung der Stelle an die Mitbewerberin K.-W. das von ihr gewünschte Ergebnis faktisch zu erreichen. Sie - Klägerin - habe die Beklagte mit Schreiben vom 24. Januar 2007 aufgefordert, das Auswahlverfahren zu betreiben. Darauf habe es keine Reaktion gegeben. Auch der zwischen der Mitbewerberin K.-W. und der Beklagten abgeschlossene Vergleich sei ein weiteres Anzeichen dafür, dass die Beklagte das Besetzungsverfahren beziehungsweise eine Entscheidung darüber immer wieder zu ihren - der Klägerin - Lasten verschleppe. Für den Abschluss des Vergleichs im Verfahren 6 Ga 22 b/07 am 10. Juli 2007 habe es aus der Sicht der Beklagten keinen vernünftigen Grund gegeben. Sie - Klägerin - gehe davon aus, dass das einstweilige Verfügungsverfahren und der dortige Vergleich lediglich durchgeführt beziehungsweise abgeschlossen wurde, um sie weiterhin von der begehrten Stelle fernzuhalten.

Sie habe deshalb Anspruch auf Schadenersatz für die Monate März 2007 bis zunächst August 2007 in Höhe der monatlichen Differenz zwischen ihrer jetzigen Vergütung und der mit der angestrebten Stelle verbundenen Bezahlung in Höhe von monatlich 702,45 EUR brutto. Nach ihrer Auffassung bestehe ein solcher Schadenersatzanspruch, wenn es der Arbeitgeber schuldhaft unterlasse, die Bewerbung der besser geeigneten Arbeitnehmerin endgültig zu bescheiden und durch diese Nichtbescheidung und nicht endgültige Besetzung der Stelle zu erreichen, dass die weniger geeignete Bewerberin das Amt faktisch durch kommissarische Übertragung erhalte.

Die Klägerin beantragt,

1. die Stelle "Leitung des Bereich IT und Technik" im Dezernat zentrale Beschaffung im Universitätsklinikum Schleswig-Holstein aufgrund der internen Stellenausschreibung mit der Kennziffer L 120.13/98 mit ihr zu besetzen, hilfsweise ihre Bewerbung auf die Stelle: "Leitung des Bereichs IT und Technik" im Dezernat zentrale Beschaffung im Universitätsklinikum Schleswig-Holstein aufgrund der internen Stellenausschreibung mit der Kennziffer L 120.13/98 zu bescheiden;

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie 4.214,70 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf jeweils 702,45 EUR brutto seit dem 01.04., 01.05., 01.06., 01.07., 01.08. und 01.09.2007 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte meint, die Klägerin habe keinen direkten Anspruch auf Übertragung der Stelle. Das Auswahlverfahren sei noch nicht abgeschlossen. Die Klägerin könne ihr auch nicht vorwerfen, dass dies noch nicht zu einem Abschluss gekommen sei, da sie im Vergleich vor dem Arbeitsgericht Lübeck die Verpflichtung eingegangen sei, eine Auswahlentscheidung erst nach Abschluss dieses Rechtsstreits zu treffen. Solange die Klägerin ihren Antrag zu 1. aufrechterhalte, sehe sie - Beklagte - sich daran gehindert, eine endgültige Besetzung vorzunehmen. Dem Hilfsantrag fehle das Rechtschutzbedürfnis. Sie werde das Stellenbesetzungsverfahren abschließen, sei jedoch aufgrund des anhängigen Klagantrags zu 1. und des geschlossenen Vergleichs daran gehindert. Das Auswahlverfahren werde betrieben. Allerdings könne die streitgegenständliche Stelle unmittelbar durch den Anfang Juli 2007 erteilten Prüfauftrag (Möglichkeit eines Outsourcings) betroffen sein. Es sei noch nicht entschieden, ob die Stelle überhaupt besetzt werden solle. Im Übrigen wende sie sich gegen die Behauptung, das einstweilige Verfügungsverfahren der Mitbewerberin K.W. sei abgesprochen gewesen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufung wird Bezug genommen auf den Inhalt der dort gewechselten Schriftsätze.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist statthaft und frist- und formgerecht eingelegt worden. In der Sache hat sie keinen Erfolg. Auch die noch in der Berufung gestellten Anträge, die sich auf die neue interne Stellenausschreibung mit der Kennziffer L 120.13/98 beziehen, sind unbegründet. Dazu im Einzelnen:

1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Übertragung der Stelle "Leitung des Bereichs IT und Technik" aufgrund der internen Stellenausschreibung mit der Kennziffer L 120.13/98.

a. Dem Anspruch auf Übertragung dieser Stelle stets bereits entgegen, dass das diesbezügliche Auswahlverfahren auf der Grundlage der Stellenausschreibung L 120.13/98 noch nicht abgeschlossen ist. Da die Klägerin sich insoweit in der Berufung nur noch auf diese neue interne Stellenausschreibung bezieht, kann hier dahingestellt bleiben, ob die Beklagte - was noch in erster Instanz streitig war - berechtigt war, die ursprüngliche interne Stellenausschreibung zurückzunehmen. Weil sich die Klägerin in ihrem Antrag nur noch auf die neue Stellenausschreibung bezieht, ist ihr geltend gemachter Anspruch auch nur noch daran zu messen.

Wenn die Klägerin schon vor Abschluss dieses Auswahlverfahrens und damit vor einer Entscheidung der Beklagten eine gerichtliche Entscheidung zu ihren Gunsten mit dem Inhalt der Übertragung der Stelle begehrt, so verkennt sie, dass Personalentscheidungen zum Kernbereich der Exekutive gehören. Es ist grundsätzlich nicht Aufgabe des Gerichts, den besser geeigneten Bewerber zu bestimmen. Nur der öffentliche Arbeitgeber soll durch die für ihn handelnden Organe über die Auslese nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ein persönlichkeitsbezogenes Werturteil darüber abgeben, ob und inwieweit der Bewerber den fachlichen und persönlichen Anforderungen des konkreten Amtes entspricht. Deshalb hat sich die gerichtliche Kontrolle darauf zu beschränken, ob der öffentliche Arbeitgeber den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe beachtet hat, sachwidrige Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat (BAG, Urteil v. 07.09.2004 - 9 AZR 537/03 -, zit. n. Juris, Rn. 28).

Da die Gerichte mithin - worauf das Arbeitsgericht bereits zutreffend hingewiesen hat - im Rahmen des Artikel 33 Abs. 2 GG nur zur Kontrolle der Auswahlentscheidungen befugt sind, setzt eine gerichtliche Entscheidung zunächst das Vorliegen einer solchen Auswahlentscheidung voraus. Da diese bezogen auf die neue Stellenausschreibung noch nicht vorliegt, ist eine Kontrolle noch nicht möglich.

Unzutreffend ist es insoweit auch, wenn die Klägerin darauf hinweist, bei dem Abschluss des Verfahrens handele es nur noch um eine bloße Förmelei, weil zwingend die Entscheidung nur zu ihren Gunsten ausgehen könne. Auch dieses Argument trifft nicht zu, denn - so bereits das Arbeitsgericht - die Beklagte hat ein eigenes Interesse, Stellen in ihrem Betrieb nur auf der Grundlage eines rechtmäßigen und rechtstaatlichen Anforderungen genügenden Verfahrens zu besetzen, was bedeutet, dass es ihr nicht durch gerichtliche Entscheidung genommen werden darf, dieses Auswahlverfahren nach Feststellung eines solchen Mangels neu zu betreiben und abzuschließen.

b. Ungeachtet dessen hat die Klägerin auch keinen direkten Anspruch auf Übertragung der begehrten Stelle. Auch dies hat das Arbeitsgericht - noch bezogen auf die alte Stellenausschreibung - zutreffend erkannt.

Artikel 33 Abs. 2 GG gibt jedem Bewerber ein subjektives Recht auf chancengleiche Teilnahme am Bewerbungsverfahren (BAG, Urteil v. 05.11.2002 - 9 AZR 451/01 -, zit. n. Juris, Rn. 19). Ein Anspruch auf Einstellung oder Beförderung wächst dem Bewerber indessen nur zu, wenn sich nach den Verhältnissen im Einzelfall jede andere Entscheidung als rechtswidrig oder ermessensfehlerhaft darstellt und mithin die Berücksichtigung dieses Bewerbers die einzig rechtmäßige Entscheidung ist, weil er absolut im Verhältnis zu den Mitbewerbern der in jeder Hinsicht am besten geeignete ist (BAG, Urteil v. 02.02.1997 - 9 AZR 668/96 -, zit. n. Juris, Rn. 18).

Von einer solchen Ermessensreduzierung kann jedoch keine Rede sein. Die Klägerin begründet die angebliche Ermessensreduzierung im Wesentlichen damit, ihrer Mitbewerberin K.-W. fehle die charakterliche Eignung, und zwar belegt durch ihr Verhalten im ersten Auswahlverfahren. Die Berufungskammer will nicht verhehlen, dass sie es für äußerst befremdlich hält, sofern Frau K.-W. im ersten Auswahlverfahren tatsächlich etwaige vorherige Kenntnisse über die zu erwartenden Fragen eingesetzt hätte. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob sie diese Kenntnisse im Zusammenhang mit Mitarbeitern der Beklagten oder eigenmächtig erworben hätte. In jedem Fall wäre es bedenklich, wenn sie sich auf diese Art und Weise einen Vorteil gegenüber der Klägerin hätte verschaffen wollen. Dies wäre sicherlich ein Aspekt, der bei der Auswahlentscheidung im Rahmen der Prüfung der persönlichen Eignung mit zu berücksichtigen wäre. Ungeachtet dessen ist dennoch nicht davon auszugehen, dass sich das Ermessen derart reduziert hat, dass nur noch eine Entscheidung zugunsten der Klägerin ausgehen kann. Die Prüfung der fachlichen und persönlichen Eignung im Rahmen der Bestenauslese ist eine höchst komplexe. Sie setzt voraus, dass sich das Auswahlgremium einen umfassenden Eindruck von der Eignung der Bewerber macht. Letztlich soll nur der öffentliche Arbeitgeber ein persönlichkeitsbezogenes Werturteil darüber abgeben, ob und inwieweit der Bewerber den fachlichen und persönlichen Anforderungen des konkreten Amtes entspricht. Gerichte würden ihre Kompetenz überschreiten, wenn sie - wie hier - nur einen Aspekt der Beurteilung der persönlichen Eignung zum Anlass nähmen, das Ermessen insoweit zu reduzieren, dass damit dieser Bewerber von vornherein zurücktreten muss. Vielmehr bleibt es weiterhin ureigene Kompetenz der Beklagten, im Rahmen der zu treffenden Auswahlentscheidung - natürlich auch unter Berücksichtigung des Verlaufs des ersten Auswahlverfahrens - das erforderliche umfassende persönlichkeitsbezogene Werturteil abzugeben. Von einer Ermessensreduzierung von vornherein nur auf die Klägerin kann deshalb nicht ausgegangen werden.

2. Auch der Hilfsantrag ist zwar zulässig, aber nicht begründet.

Entgegen der Auffassung der Beklagten steht der Zulässigkeit des Hilfsantrages nicht ein fehlendes Rechtsschutzbedürfnis entgegen. Bei dem Hilfsantrag handelt es sich um einen Leistungsantrag. Leistungsanträge scheitern grundsätzlich nicht am Rechtschutzbedürfnis, sondern allenfalls an der Begründetheit.

Dieser Hilfsantrag ist unbegründet. Die Klägerin begehrt mit ihm, dass die Beklagte endlich über ihre Bewerbung auf der Grundlage der Stellenausschreibung L 120.13/98 entscheidet.

Insoweit ist der Klägerin zu entgegnen, dass ihr aus Artikel 33 Abs. 2 GG eine rechtschutzfähige Position für eine Konkurrentenklage erst dann erwächst, sofern die Beklagte eine sie nicht berücksichtigende Auswahlentscheidung trifft und dies den Bewerbern mitteilt (vgl. dazu LAG Hamm, Urteil v. 14.08.2003 - 11 Sa 1743/02 -, zit. n. Juris, Rn. 43). Auch hier gilt also, dass zunächst die Entscheidung der Beklagten abgewartet werden muss. Das Berufungsgericht verkennt insoweit allerdings nicht, dass es nicht zu akzeptieren ist, wenn ein Arbeitgeber bei Aufrechterhaltung einer Stellenausschreibung faktisch das Verfahren verzögert, die Bewerbung nicht bescheidet und insoweit dennoch vollendete Tatsachen herstellt, indem er die Stelle - wenn auch kommissarisch - mit einer anderen Person besetzt. Ein Arbeitgeber, der so vorgeht, setzt sich zumindest dem Risiko aus, sich gegebenenfalls gegenüber dem Bewerber später schadenersatzpflichtig zu machen, dem die Stelle vorenthalten wird, obwohl er im Rahmen einer Bestenauslese eigentlich hätte berücksichtigt werden müssen. Es könnte daraus auch zunächst ein Anspruch eines Bewerbers folgen, dass zumindest in angemessener Zeit das Bewerbungsverfahren zum Abschluss gebracht wird.

Ob ein solcher Anspruch tatsächlich rechtlich begründbar ist, kann jedoch hier dahingestellt bleiben, denn der Beklagten kann jedenfalls noch nicht vorgeworfen werden, sie habe das Verfahren bewusst und schuldhaft verzögert mit der Folge, dass sie nunmehr per Urteil zur Bescheidung der Bewerbung angehalten werden müsste. Denn entscheidend ist, dass die Beklagte berechtigt war, zunächst den Abschluss dieses Rechtsstreites abzuwarten. Denn Gegenstand dieses Verfahrens ist in den Hauptanträgen immer das Begehren der Klägerin gewesen, die Beklagte durch Urteil zu veranlassen, ihr die Stelle zu übertragen. Angesichts dieses Begehrens der Klägerin konnte die Beklagte jedenfalls bis zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung zunächst mit der Auswahlentscheidung beziehungsweise Bescheidung der Bewerbungen auf der Grundlage der neuen Stellenausschreibung abwarten. Denn wenn sie im Rahmen des Berufungsverfahrens mit dem Hauptantrag verurteilt worden wäre, wäre das Auswahlverfahren gegenstandslos geworden.

3. Aus diesem Grunde scheitert auch der geltend gemachte Schadenersatzanspruch. Unabhängig davon, ob mit der Argumentation der Klägerin ein solcher Anspruch rechtlich überhaupt begründbar ist, bleibt jedenfalls festzuhalten, dass eine schuldhafte Verzögerung jedenfalls bis zum Termin der Berufungsverhandlung am 13. September 2007 aus den oben unter 2. dargelegten Gründen nicht feststellbar ist. Allerdings ist der Beklagten auch in aller Deutlichkeit zu sagen, dass weder eine bewusste Verzögerung der Auswahlentscheidung noch der faktische Vollzug durch dauerhafte "kommissarische Besetzung" als akzeptabel erscheinen. Mag die Beklagte daher ohne weitere Verzögerung nunmehr zeitnah eine Entscheidung treffen.

Nach alledem sind derzeit die Ansprüche der Klägerin nicht begründet, weshalb die Berufung mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen ist. Anlass zur Zulassung der Revision besteht nicht.

Ende der Entscheidung

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