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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Beschluss verkündet am 22.11.2001
Aktenzeichen: 4 TaBV 39/00
Rechtsgebiete: GG, ZPO, BetrVG


Vorschriften:

GG Art. 103 Abs. 2
ZPO § 704
ZPO § 890
BetrVG § 23 Abs. 3
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 3
1. Der auf Unterlassung der Anordnung von Überstunden bzw. Mehrarbeit zielende Antrag des Betriebsrats gem. § 23 Abs. 3 BetrVG ist nur zulässig, wenn er einen konkreten betrieblichen Sachverhalt regeln will. Denn der Antrag ist auch darauf gerichtet, zu bestimmen, welchen staatlichen Zwang oder welche Sanktion der Antragsgegner in der späteren Zwangsvollstreckung zu dulden hat. Wegen des Grundsatzes des Art. 103 Abs. 2 GG muss der Verstoß, der ein Ordnungsgeld nach sich ziehen kann, hinreichend deutlich gemacht werden.

2. Das charakteristische der zu unterlassenden Handlung muss so eindeutig beschrieben werden, dass keine Unklarheit besteht, welche Fälle betroffen sind. Wie bei der individualrechtlichen arbeitsrechtlichen Abmahnung muss die Maßnahme derart konkret unterschrieben sein, dass der stattgegebenen Entscheidung zu entnehmen ist, wann im jeweiligen Einzelfall die Rechte des Betriebsrats gegeben sind. Der Betriebsrat muss, soll der Antrag zulässig sein, darin aufnehmen in welchen einzelnen Bereichen er die Mitbestimmung vermisst, welche Personen bei welchen Sachverhalten wann Mehrarbeit leisten und weshalb dort die Mitbestimmung erforderlich ist.

3. Will der Betriebsrat seinen Unterlassungsantrag auf "kollektiv bezogene Mehrarbeit" eingrenzen, dient der Zusatz dann, wenn keine konkreten Fallgestaltungen dem Antrag beigefügt werden, tatsächlich der Verstärkung der Unbestimmtheit seines Verlangens, denn er hat mit dem abstrakten Begriff eine zusätzliche Fragestellung im Erkenntnisverfahren eingefügt.


Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Beschluss

Aktenzeichen: 4 TaBV 39/00

Verkündet am 22. November 2001

Im Beschlussverfahren

hat die IV. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die Anhörung der Beteiligten am 6. September 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht M... als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter E... und W... als Beisitzer

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der antragsgegnerischen Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Neumünster vom 9. August 2000 - 1 Bv 72 c/99 - abgeändert.

Der Antrag des antragstellenden Betriebsrats wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um die Beachtung der Mitbestimmungsrechte im Arbeitszeitbereich bezüglich Überstunden/Mehrarbeit.

Die Arbeitgeberin, Beteiligte zu 2., beschäftigt in ihrem Betrieb in N. rund 350 Arbeitnehmer. Bei dem Beteiligten zu 1. handelt es sich um den bei der Beteiligten zu 2. gebildeten Betriebsrat. Die Beteiligte zu 2. wendet in ihrem Betrieb den Rahmentarifvertrag über eine flexible Arbeitszeitregelung an, der am 21. August 1989 zwischen der S. -S. GmbH & Co und der IG-Metall Bezirksleitung Hamburg Bezirk Küste (im Folgenden RTV genannt) vereinbart worden ist. Die Tarifpartner haben in Nr. 1 RTV vereinbart, dass der Tarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer und die unmittelbar an dem Produktionsprozess gebundenen tariflichen Angestellten (Arbeitsvorbereiter, tarifliche Inselgruppenleiter) der Firma S. -S. GmbH & Co entsprechend § 1 Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer und Angestellten der Metallindustrie Hamburg und Umgebung sowie Schleswig-Holstein in der Fassung vom 3. Februar 1997 und 23. Juni 1998 gilt. Die Tarifpartner haben weiterhin unter 3. Rahmenbedingungen vereinbart, die unter anderem dahingehen:

"3.1 Arbeitszeitrahmen

Grundlage der jeweiligen betrieblichen Arbeitszeitregelungen von Montag bis Freitag ist die tarifliche regelmäßige Arbeitszeit von 35 Stunden in den Woche.

Der Arbeitszeitrahmen reicht in der Regel von Sonntag 23.05 Uhr bis Freitag 20.05 Uhr. Entsprechend der erforderlichen Kapazität und des vorhandenen Arbeitsvolumens kann dieser Arbeitszeitrahmen auf Sonntag 22.00 Uhr bis Samstag 22.00 Uhr erweitert werden. Darüber hinaus kann im Rahmen der erforderlichen Kapazität nach Absprache mit der Gruppe die erste und die letzte Schicht in der Woche auf 10 Stunden erweitert werden.

Von jedem/jeder Mitarbeiter/in bei einem Arbeitsplatz mit 1 bis 3 Mitarbeitern/Schichtarbeitsplatz werden im Quartal nicht mehr als 5 Samstagsschichten eingebracht, jährlich höchstens 18.

Die von dem Unternehmen vorgelegte Kapazitätsplanung ist jeweils für den darauffolgenden Monat verbindlich.

Darüberhinaus besteht die Möglichkeit, in besonderen Fällen, wie z. B. geplanten Investitionen, Produktumstellungen oder nicht vorhergesehener Kapazitätsbedarf ein Schichtmodell ("4. Mann") unter Einbeziehung des Samstages, jedoch nicht dauerhaft und flächendeckend, einzuführen. Die Notwendigkeit ist durch eine verständliche Projekt- oder Kapazitätsplanung nachzuweisen.

Über die Einführung dieser Regelung ist zwischen Unternehmen und Betriebsrat eine einvernehmliche Lösung herbeizuführen.

Es besteht Einvernehmen darüber, daß zunächst alle Flexibilisierungsmöglichkeiten montags bis freitags genutzt werden sollen, bevor die Arbeitszeitflexibilität auf den Samstag ausgedehnt wird.

Die Arbeitszeitplanung (u. a. Schichtpläne) wird durch die Mitarbeiter/innen / Teams selbst vorgenommen.

Im Rahmen der Nutzung von Fleximodellen unter Einschluß des Samstags wird die individuelle wöchentliche Arbeitszeit auf 33,5 Stunden verkürzt.

Die darüber hinaus gehenden Flexistunden werden dem individuellen Arbeitszeitkonto als Plusstunden gutgeschrieben.

3.2 Arbeitszeitkonto

Arbeitsstunden, die die jeweilige tarifliche Arbeitszeit über- oder unterschreiten, werden dem individuellen Arbeitszeitkonto gutgeschrieben bzw. belastet. Als Obergrenze werden +170 Stunden, als Untergrenze -140 Stunden festgelegt.

Es wird ein Ausgleichszeitraum der Arbeitszeit von grundsätzlich 24 Monaten vereinbart. Dieser Zeitraum beginnt nach einjähriger Laufzeit und wenn zugleich die Konten deutlich im Plusbereich sind. Für den Fall, daß sich die Arbeitszeitkonten für einzelne Mitarbeiter/innen oder eine Gruppe deutlich im Plusbereich befinden und absehbar ist, daß durch die Kapazitätsplanung die definierten Grenzen erreicht werden, sind zwischen Betriebsrat und Geschäftsführung Gespräche über geeignete Maßnahmen zum Abbau zu führen und zu vereinbaren. Die Umsetzung wird durch die ergänzende Betriebsvereinbarung geregelt.

Am Ende der Laufzeit des Rahmentarifvertrages muß das Arbeitszeitkonto ausgeglichen sein."

Unter 5. RTV haben sich die Tarifpartner dahin geeinigt, dass mit Abschluss dieses Rahmentarifvertrages gleichzeitig eine ergänzende Rahmenbetriebsvereinbarung abgeschlossen wird. In 7. RTV ist die Laufzeit von 5 Jahren vereinbart, die mit Unterzeichnung in Kraft tritt. Die Firma S. -S. GmbH & Co und der Betriebsrat S. -S. GmbH & Co haben am 25. Oktober 1995 die Betriebsvereinbarung Nr. 131 über gleitende Arbeitszeit für Angestellte vereinbart (im Folgenden BV 131 genannt). Die Beteiligten wenden die BV 131 an. Die BV 131 gilt gem. Nr. 1 BV 131 für die Betriebsstätten in N. und dort für alle kaufmännischen und technischen Angestellten (inkl. Auszubildende), soweit sie Arbeitnehmer i. S. d. Betriebsverfassungsgesetzes sind. Gem. Nr. 2 BV 131 können die Mitarbeiter im Rahmen der in ihr festgelegten Grenzen Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit selbst festlegen. Nr. 3 BV 131 bestimmt:

"Die Mitarbeiter/innen können Beginn und Ende ihrer täglichen Arbeitszeit im Rahmen der folgenden Grundsätze selbst festlegen:

3.1 Die Mitarbeiter/innen müssen ihre Arbeitszeit so regeln, daß die vertragliche Arbeitsleistung erfüllt wird; das betrifft auch die erforderliche Besetzung an den einzelnen Arbeitstagen.

3.2 Die Arbeitszeit kann in die Zeit von 6.00 - 22.00 Uhr gelegt werden. Die tägliche Höchstarbeitszeit von Montag bis Freitag darf 10 Stunden nicht überschreiten, ausgenommen in außergewöhnlichen Fällen (§ 14 ArbZG).

Die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei Verlängerung der Arbeitszeit in außergewöhnlichen Fällen sind zu beachten.

3.3 Die tägliche Mindestarbeitszeit bei Anwesenheit des/der Mitarbeiter/in beträgt die Hälfte der durchschnittlichen vertraglichen täglichen Arbeitszeit....."

Nr. 6 BV 131 bestimmt:

Zeitguthaben bzw. Zeitminus

Mit Beginn dieser Vereinbarung am 01. Oktober 1995 beginnen alle Zeiterfassungen bei "NULL".

Alle alten Zeitguthaben bzw. Zeitunterschreitungen, die bis zum 30. Sept. 1995 angefallen sind, sind in Absprache mit den Vorgesetzten abzugelten bzw. durch Freizeitausgleich abzubauen.

Ein Zeitguthaben bzw. ein Zeitminus, das im Rahmen der Gleitzeit entsteht, kann bis zu 16 Stunden Zeitguthaben bzw. Zeitminus in den folgenden Monat übertragen werden.

Erfolgen Zeitüberschreitungen oder -unterschreitungen in Höhe von mehr als 16 Stunden, so wird der jeweilige Arbeitnehmer nach der zweiten Zeitüberschreitung bzw. -unterschreitung ab dem Folgemonat von der Gleitzeitregelung ausgeschlossen. Vorhandene Zeitüberschreitungen werden in Freizeit abgegolten, vorhandene Zeitunterschreitungen werden als unbezahlte Freizeit abgezogen.

In Absprache zwischen dem Vorgesetzten und dem/der betroffenen Mitarbeiter/in besteht die Möglichkeit, Zeitguthaben zusammengefaßt auch für freie Tage zu verwenden...."

In Nr. 7 BV 131 ist vorgesehen, dass die Mitarbeiter aus der Gleitzeit ausgeschlossen werden bei Missbrauch der Gleitzeitregelung, bei Inanspruchnahme der Gleitzeit unter Verstoß gegen die in Ziff. 2 dieser BV festgelegten Grundsätze, bei Zeitüber- oder -unterschreitungen in Höhe von mehr als 16 Stunden nach der zweiten Zeitüber- oder -unterschreitung. Nr. 9 BV 131 regelt:

"Mehrarbeit, Sonn- und Feiertagsarbeit

Mehrarbeit ist die Arbeitszeit, die auf Anordnung geleistet wird und die einzelvertragliche durchschnittliche tägliche Arbeitszeit des/der Mitarbeiters/in überschreitet.

Hinsichtlich der Mehrarbeitszuschläge bleibt es bei der Regelung in § 3 Ziff. 1.1, § 6 Ziff. 1 MTV.

Die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bezüglich der Anordnung von Mehrarbeit für Voll- und Teilzeitbeschäftigte werden durch diese BV nicht berührt."

Ende Oktober 1999 wiesen die Gleitzeitkonten von zumindest 34 Arbeitnehmern mit der Möglichkeit von maximal 16 Plusstunden und von 5 Arbeitnehmern mit der Möglichkeit von maximal 170 Plusstunden mehr als die nach der Betriebsvereinbarung zulässigen Plusstunden auf (vgl. Liste des Betriebsrats vom 14. Dezember 1999 auf Bl. 4 d. A.).

Der Beteiligte zu 1. hat hierzu behauptet, dass nach alledem festzustellen sei, dass die Beteiligte zu 2. mit einer Unzahl von Fällen angeordnet, durch Übertragung von Arbeiten stillschweigend angeordnet oder jedenfalls zumindest geduldet habe, dass die jeweiligen Beschäftigten neben der Übertragung von 16 bzw. 170 Plusstunden eine Unzahl von Überstunden leisteten. Der Betriebsrat habe in einer Vielzahl von Gesprächen ständig darauf hingewiesen, dass seitens der Beteiligten zu 2. darauf zu achten sei, dass gegen die Betriebsvereinbarung nicht verstoßen werde. Mit den genannten Fällen habe die Beteiligte zu 2. grob gegen ihre Verpflichtungen aus der abgeschlossen Betriebsvereinbarung und gegen § 87 Abs. 1 Ziff. 3 Betriebsverfassungsgesetz verstoßen.

Der Beteiligte zu 1. hat beantragt,

der Beteiligten zu 2. - bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu DM 20.000,-- für jeden einzelnen Fall in Bezug auf jeweils einen Arbeitnehmer - zu untersagen, eine Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit für Angestellte ("Überstunden") anzuordnen oder zu dulden, soweit nicht die die Leistung von Mehrstunden über die vertraglich geschuldete wöchentliche Arbeitszeit hinaus im Rahmen bestehender Vereinbarungen (Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung) erfolgt oder sofern nicht die Zustimmung des Betriebsrates dazu erteilt ist oder aber die fehlende Zustimmung des Betriebsrates durch den Spruch einer Einigungsstelle ersetzt worden ist oder aber Notstandsfälle im Sinne der Rechtsprechung vorliegen.

Die Beteiligten zu 2. hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Die Beteiligte zu 2. hat hierzu unbestritten vorgetragen: Sie habe wegen des Abbaues der aufgelaufenen Stunden nahezu alle betroffenen Mitarbeiter angesprochen. Am 16. März 2000 habe der Mitarbeiter Jürgen U. zum Thema Gleitzeitkonten alle betroffenen Vorgesetzten per E-Mail aufmerksam gemacht, dass nach Durchsicht der Gleitzeitkontostände Februar 2000 und der Hinweise der Herren M. und H. auf der Betriebsversammlung vom 14. März 2000 die Rückführung der überhöhten Gleitzeitkontostände auf das tarifliche Niveau von + 16 Stunden dringend zu veranlassen sei. Sie, die Beteiligte zu 2., habe 28 % an Aufträgen über Plan erhalten und zudem erhebliche Überstunden abgebaut. Sie habe im Umfang von ca. 50 Mitarbeitern Neueinstellungen über Leiharbeitnehmer und befristete Arbeitsverträge vorgenommen. Die angelaufenen Stunden seien von ihr weder angeordnet noch geduldet worden. In einem Zeitraum von sechs Monaten habe sich ein unterschiedlicher Kurvenverlauf entwickelt mit einem Abbau und teilweise Unterschreiten der Nulllinie ins Minus und einem Aufbau. Hierin sei die Schwankung im Bereich der Erledigung der Aufgaben erkennbar. Auch die Betriebsratsmitglieder T. und P. wichen trotz schriftlicher Aufforderung ständig von den Regelungen der Betriebsvereinbarung ab. Der Beteiligte zu 1. habe das verfolgte Ziel bereits erreicht, da seitens der Beteiligten zu 2. das ernsthafte Bestreben nachhaltig verfolgt werde, sich im Rahmen der Vereinbarungen und gesetzlichen Vorschriften zu verhalten.

Das Arbeitsgericht hat nach dem Antrag des Betriebsrats erkannt und das unter anderem damit begründet: Die Beteiligte zu 2. habe im vorliegenden Fall zumindest geduldet, dass zahlreiche Mitarbeiter Überstunden, d. h. über die nach den Regelungen der Betriebsvereinbarung zulässigen Plusstunden hinausgehende Stunden, geleistet haben. Sie habe die Arbeitsleistung jeweils entgegengenommen und die Stunden in das Gleitzeitkonto des betreffenden Mitarbeiters aufgenommen. Es sei nicht ersichtlich, dass es sich jeweils nur im individuelle, den einzelnen Arbeitnehmer betreffende Umstände und Maßnahmen gehandelt hätte. Auch die übrigen Voraussetzungen für einen Anspruch nach § 23 Abs. 3 BetrVG lägen vor, denn die Beteiligte zu 2. habe in ganz erheblichem Ausmaß von einer Vielzahl von Arbeitnehmern Überstunden entgegengenommen, ohne die Zustimmung des Betriebsrats beantragt zu haben. Die Wiederholungsgefahr werde indiziert durch die Vielzahl der Verstöße in der Vergangenheit. Es reiche nicht aus, wenn sich die Beteiligte zu 2. nur darum bemühe, die überhöhten Gleitzeitkontostände auf das tarifliche Niveau von + 16 Stunden zurückzuführen. Würde die Beteiligte zu 2. ankündigen, dass vom Betriebsrat nicht genehmigte Mehrarbeit von ihr nicht gewollt sei und dementsprechend auch nicht bezahlt würde, wäre das Problem erledigt. Das habe sie aber nicht getan. Dem Unterlassungsbegehren des Beteiligten zu 1. wäre daher stattzugeben gewesen.

Gegen den ihr am 5. Oktober 2000 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts Neumünster richtet sich die am 6. November 2000 eingelegte und - nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 15. Januar 2001 - am 15. Januar 2001 begründete Beschwerde der Beteiligten zu 2..

Die Beteiligte zu 2. begründet ihre Beschwerde damit: Die Parteien hätten sich anlässlich eines Seminars Ende November 2000 über die außergerichtliche Erledigung dieses Verfahrens geeinigt. Später habe aber der Vorsitzende des Beteiligten zu 1. mitgeteilt, dass man einer Erledigungserklärung nicht zustimmen würde.

Der Antrag des Beteiligten zu 1. sei unbestimmt und völlig indifferent. Es sei zu definieren, was mit dem einzelnen Fall gemeint sei. Nach Meinung der Beteiligten zu 2. sei der einzelne Fall die Anordnung einer Maßnahme und nicht eine einzelne Stunde. Darüber hinaus sei noch eine Definition im Einzelfall erforderlich, da die Beteiligten entsprechende Betriebsvereinbarungen formuliert hätten, die Maßstab einer Beurteilung sein müssten. Im Falle von Gleitzeit oder Flexibilisierung sei es durchaus möglich, dass über die geschuldete wöchentliche Arbeitszeit hinaus gearbeitet werde. Vor diesem Hintergrund sei der Antrag genauestens zu definieren und nicht in einer so weiten Form zu fassen, wie diese vom Arbeitsgericht in der Entscheidung geschehen sei. Darüber hinaus zwängen sie individuelle Notfälle in ihrem Betriebe, kurzfristig Leistungen zu erbringen. Dies sei auch in der Vergangenheit jeweils so geschehen und auch gehandhabt worden, ohne dass darüber eine Vereinbarung zwischen den Parteien abgeschlossen worden sei. Diese Möglichkeiten dürften auf keinen Fall verschlossen werden. Eine besondere Genauigkeit hinsichtlich der Formulierung des Antrags sei erforderlich, da die Beschwerdeführerin erst kürzlich habe erfahren müssen, dass es offenbar einige Kräfte gebe, die einen solchen Beschluss nach über 10 Jahren aus der Schublade zögen und Anträge mit hohen Ordnungsgeldern erstellten, um dann die Höhe der Ordnungsgelder zur Grundlage und zum Maßstabe des Gegenstandswertes zu machen. Die Bestimmtheit sei für nachfolgende Führungskräfte von Bedeutung, da die Ursache eines solchen Beschlusses in der späteren Zukunft eventuell nicht mehr rekonstruiert werden könnten. Sie, die Beschwerdeführerin, habe eine durch Personen vorgenommene Duldung nicht zugelassen. Es handele sich um persönliche Einstellungen zu der Arbeit einzelner Mitarbeiter, die vollendete Tatsachen schüfen, so dass sie, die Beteiligte zu 2., ebenfalls vor vollendete Tatsachen gestellt worden sei. Entsprechende Maßnahmen habe sie ergriffen, um die Mitarbeiter auf die Problematik und die rechtlichen Hintergründe aufmerksam zu machen. Für sie sei es jedoch mehr als schwierig und auch problematisch, die Mitarbeiter derart zu gängeln, dass sie solche Verhaltensweisen einstellten. Eine Anordnung allein reiche nicht aus. Dies zeige die Vergangenheit. Entsprechende Sanktionen fruchteten nicht, wie das Beispiel der Betriebsratsmitglieder deutlich mache, die von den Annehmlichkeiten der Gleitzeit ausgeschlossen wurden, weil sie gegen die betrieblichen Vereinbarungen, die ihr eigenes Gremium abgeschlossen habe, verstoßen hätten, da sie der Auffassung seien, dass diejenigen, die solche Vereinbarungen herbeiführten, dem Arbeitsablauf nicht dienlich handelten. Es sei überhaupt nicht nachvollziehbar, dass der Betriebsrat derartige Anträge stelle, wenn seine eigenen Mitglieder gegen Regelungen verstießen, weil sie diese Regelungen nicht für zutreffend hielten und die vertretene Meinung ihres Vorsitzenden ebenfalls nicht für allgemein gültig erachteten. Die Beteiligten hätten im Jahre 2000 das in der Vergangenheit praktizierte Verfahren akzeptiert, dass bei großem und überraschendem Arbeitsanfall entsprechende Stunden nur einer Absprache bedürften und keiner Genehmigung im Einzelfall. Dieser Fall sei im Jahre 2000 aufgrund eines nicht vorhergesehenen Auftragbooms eingetreten, dessen habe die Beschwerdeführerin nicht so schnell habe Herr werden können; Einstellungen nützten nichts. Das vom Arbeitsgericht Neumünster vorgeschlagene Verhalten könne sie nicht zeigen, da damit die Arbeitsmoral der Mitarbeiter auch für die normale Leistung negativ beeinflusst würde. Die Mitarbeiter leisteten die Tätigkeit nicht, weil sie irgendjemanden ärgern wollten, sie leisteten die Arbeit, weil sie erkennten, dass eine solche Arbeitsleistung zur Bewältigung der Aufgaben erforderlich sei. Würde die Beschwerdeführerin einer solchen Arbeitshaltung durch sanktionierte Reglementierungen und entsprechende Maßnahmen begegnen, würde der einzelne Mitarbeiter nicht mehr verstehen, was geschehe, die innere Gleichgültigkeit wäre die Folge.

Die Beteiligte zu 2. beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Neumünster - 1 BV 72 c/99 - vom 9. August 2000 aufzuheben und dem Antrag stattzugeben.

Der Beteiligte zu 1. beantragt,

die Beschwerde der Beteiligten zu 2. zurückzuweisen.

Der Beteiligte zu 1. trägt vor: Im Gegensatz zur Auffassung der Beteiligten zu 2. hätten die Beteiligten sich nicht über eine Erledigung des vorliegenden Verfahrens geeinigt. Vielmehr habe die Erledigung ausschließlich die Verfahren betroffen, in denen bereits im gewerblichen Bereich konkrete Ordnungsgelder verhängt worden seien.

Hinsichtlich der Antragstellung werde darauf verwiesen, dass diese Antragsform seit vielen Jahren ein Standardantrag sei. Es dürfe darauf hingewiesen werden, dass die Betriebsvereinbarung im Betrieb der Beteiligten zu 2. der Flexibilität des Arbeitseinsatzes einen sehr großen Raum gebe, dass aber die Beteiligte zu 2. sich beharrlich geweigert habe, diese Betriebsvereinbarung einzuhalten. Sie habe gegenüber den einzelnen Beschäftigten, die gegen die Betriebsvereinbarung über Monate hinweg verstoßen hätten, keine sichtbaren oder gar wirksamen Schritte ergriffen. Eines stimme allerdings im Schriftsatz der Beteiligten zu 2.: "Hier geht es um grundsätzliche Probleme" - nämlich darum, ob ein Arbeitgeber von ihm selbst abgeschlossene Betriebsvereinbarungen einhalten sollte oder nicht. Es sei noch einmal betont, dass im Antrag ausschließlich alle über die maximale Grenze von 16 Plusstunden hinausgehenden Stunden zum Monatsende Oktober 1999 enthalten seien. Für praktisch jeden anderen Monat der letzten Jahre könnten dieselben oder auch andere Arbeitnehmer belegt werden, die ebenfalls weit über diese 16 (bzw. für manche Personenkreise 170) Stunden hinaus übertragen hätten. Es gehe also nicht um viele Beschäftigte, die zu einem einzigen Monatsende die Betriebsvereinbarung verletzt hätten, sondern um viele Beschäftigte, die zu vielen Monatsenden gegen die Betriebsvereinbarung - mit Duldung der Beteiligten zu 2. - verstoßen hätten.

Mit dem am Nachmittag des 5. September 2001 bei dem Beschwerdegericht eingegangenen Schriftsatz trägt der beteiligte Betriebsrat drei Hilfsanträge vor und stellt diese auch in der Verhandlung:

Hilfsantrag Nr. 1

der Beteiligten zu 2. - bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu DM 20.000,-- für jeden einzelnen Fall in Bezug auf jeweils einen Arbeitnehmer - zu untersagen, eine nicht aus individuellen Gründen in der Person des Arbeitnehmers liegende Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit für Angestellte ("Überstunden") anzuordnen oder zu dulden,

- soweit nicht die die Leistung von Mehrstunden über die vertraglich geschuldete wöchentliche Arbeitszeit hinaus im Rahmen bestehender Vereinbarungen (Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung) erfolgt

- oder sofern nicht die Zustimmung des Betriebsrates dazu erteilt ist oder aber die fehlende Zustimmung des Betriebsrates durch den Spruch einer Einigungsstelle ersetzt worden ist

- oder aber Notstandsfälle im Sinne der Rechtsprechung vorliegen

- oder aber diese Überstunden im Rahmen von Arbeitskampmaßnahmen einseitig angeordnet werden dürfen.

Hilfsantrag Nr. 2

der Beteiligten zu 2. - bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu DM 20.000,-- wegen einer jeden Zuwiderhandlung - zu untersagen, Mehrarbeit anzuordnen oder Mehrarbeit entgegenzunehmen, die darauf beruht, daß die im Betrieb oder in den einzelnen Abteilungen anfallende Arbeitszeit mit den vorhandenen Arbeitskräften nicht innerhalb der tariflichen bzw. individuell vereinbarten Arbeitszeit mit den vorhandenen Arbeitskräften bewältigt werden kann, sofern der Betriebsrat hierzu nicht seine Zustimmung erteilt hat bzw. dessen Zustimmung durch die Einigungsstelle ersetzt ist;

Hilfsantrag Nr. 3

der Beteiligten zu 2. - bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu DM 20.000,-- wegen einer jeden Zuwiderhandlung - zu untersagen, kollektiv bezogene Mehrarbeit anzuordnen oder Mehrarbeit entgegenzunehmen, die darauf beruht, daß die im Betrieb oder in den einzelnen Abteilungen anfallende Arbeitszeit mit den vorhandenen Arbeitskräften nicht innerhalb der tariflichen bzw. individuell vereinbarten Arbeitszeit mit den vorhandenen Arbeitskräften bewältigt werden kann, sofern

- es sich nicht um

- der Betriebsrat hierzu nicht seine Zustimmung erteilt hat bzw. dessen Zustimmung durch die Einigungsstelle ersetzt ist;

- oder aber Notstandsfälle im Sinne der Rechtsprechung vorliegen

- oder aber diese Überstunden im Rahmen von Arbeitskampfmaßnahmen einseitig angeordnet werden dürfen.

Die Beteiligte zu 2. beantragt,

auch die Anträge vom 4. September 2001 zurückzuweisen.

Die Beteiligte zu 2. beantragt hilfsweise,

eine Erklärungsfrist einzuräumen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt ihrer in der Beschwerde gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig. Sie statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und innerhalb der verlängerten Beschwerdebegründungsfrist begründet worden. Die Beschwerde musste auch in der Sache Erfolg haben.

1. Da das Ziel der Beteiligten zu 2. im Beschwerdeverfahren ist, die Abänderung des arbeitsgerichtlichen Beschlusses und die Zurückweisung des Antrags des Betriebsrats zu erreichen, ist der Antrag aus dem Schriftsatz vom 3. November 2000 (Bl. 69 d. A.), dem Beschluss des Arbeitsgerichts Neumünster - 1 BV 72 c/99 - vom 9. August 2000 aufzuheben und dem Antrag stattzugeben, dahin auszulegen, dass das Begehren auf die Zurückweisung des Antrags zielt. Das folgt bereits aus dem erstinstanzlichen Verfahrensziel, denn dort hat die Beteiligte zu 2. beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Das ergibt sich auch aus dem Vortrag in der Begründungsschrift, wonach der Beschluss des Arbeitsgerichts aufzuheben sei und dem "unbestimmten und völlig indifferenten Antrag" nicht stattgegeben werden dürfe. Letztlich folgt es auch aus dem ausdrücklich in der Beschwerdeinstanz gestellten Antrag "auch die Anträge vom 4. September 2001" zurückzuweisen". Damit hat die Beteiligte zu 2. deutlich gemacht, dass sie sämtliche Anträge des Beteiligten zu 1. zurückgewiesen haben möchte.

2. Die Anträge des Betriebsrats und zwar sowohl der Hauptantrag als auch die Hilfsanträge sind mangels Bestimmtheit unzulässig.

2.1. Die Anforderungen, die an die Bestimmtheit eines Unterlassungsantrags zu stellen sind, ergeben sich aus der Bedeutung des Antrags für das Erkenntnisverfahren und vor allem für das Vollstreckungsverfahren. Der Klagantrag dient im Erkenntnisverfahren zur Bestimmung des Streitgegenstandes, in dem er den Umfang des gerichtlich eingeforderten Begehrens feststellt. Das gilt ebenso für den Antrag im Beschlussverfahren. Das Gericht ist grundsätzlich an diesen Antrag gebunden. Das dann folgende Vollstreckungsverfahren dient der Verwirklichung des Anspruchs durch staatlichen Zwang. Die Zwangsvollstreckung geschieht losgelöst von der materiellen Rechtslage rein formell nach Maßgabe des Titels, der seinerseits den Inhalt und Umfang des Rechts auf Vollstreckung für Schuldner und Gläubiger sowie für den Staat bestimmt (Stein-Jonas-Münzberg, ZPO, Rdnr. 21, 22, 25 vor § 704; LAG Schl.-Holst., Beschl. v. 1. August 1996 - 4 TaBV 25/95 -). Der Antrag ist also auch darauf gerichtet - ist die Entscheidung in Rechtskraft erwachsen - zu bestimmen, welchen staatlichen Zwang der Antragsgegner in der späteren Zwangsvollstreckung zu dulden hat. Der Unterlassungsanspruch gewinnt im Erkenntnisverfahren besondere Bedeutung, als an die Nichtbefolgung des Unterlassungsgebotes, das in der dem Antrag entsprechenden Entscheidung niedergelegt ist, ein Ordnungsgeld geknüpft ist. Auch wenn das Ordnungsgeld grundsätzlich der Erzwingung der Unterlassung dient, enthält es als repressive Rechtsfolge, nämlich als Sühne für eine vorausgegangene Zuwiderhandlung, zusätzlich auch den Charakter einer Sanktion (Bundesverfassungsgericht in BVerfGE, Bd. 20, 323 - 332 ff.; Dietz-Richardi, Betriebsverfassungsgesetz, Rdnr. 66, 82 zu § 23; LAG Schl.-Holst., Beschl. v. 13. Januar 1992 - 4 TaBV 54/91 -; LAG Schl.-Holst., Beschl. v. 1. August 1996 - 4 TaBV 25/95 -; BAG, Beschl. v. 27. November 1990 - 1 ABR 77/89 - unter I.1. der Gründe).

Wegen des Grundsatzes des Art. 103 Abs. 2 GG muss der in Rechtskraft erwachsene Anspruch in der Vollstreckung dem Antragsgegner den Verstoß, der ein Ordnungsgeld nach sich ziehen kann, hinreichend deutlich machen. Der Antragsgegner muss dem Antrag entnehmen können, welches Risiko für ihn besteht, damit er sich dementsprechend umfassend verteidigen kann. Nur eine genaue Bezeichnung der von ihm erwarteten Leistung eröffnet dem Gegner die Möglichkeit, zu prüfen, ob er den Anspruch anerkennen oder sich gegen ihn zur Wehr setzen will (BGH in NJW 1978, 1584 und BGH in NJW 1985, 1036). Daher ist der Antragsteller auch bei Formulierungsproblemen gehalten, zumindest das Charakteristische der zu unterlassenden Handlung eindeutig zu beschreiben. Im Hinblick auf das drohende Vollstreckungsverfahren sind an die bestimmte Bezeichnung des Verbots für die Zwangsvollstreckung strenge Anforderungen zu stellen, so dass schon der Antrag im Erkenntnisverfahren für jedermann, nicht nur für den Schuldner, sondern auch für das Gericht und die Vollstreckungsorgane, eindeutig und verständlich sein muss. Die Handlung - bzw. hier: Unterlassung - ist so genau zu bestimmen, dass sie für die Zwangsvollstreckung klar ist (BAG in NJW 1979, 2364; BAG in NJW 1985, 646; BAG, Beschl. v. 17. März 1987 - 1 ABR 65/85 - in DB 1987, 2051 - 2052; BAG, Beschl. v. 6. Dezember 1994 - 1 ABR 30/94 - in SAE 1996, 137 - 138; LAG Schl.-Holst., Beschl. v. 29. August 1988 - 4 TaBV 56/87 -; LAG Schl.-Holst., Beschl. v. 13. Januar 1992 - 4 TaBV 54/91 - auf S. 7 ff.; LAG Schl.-Holst., Beschl. v. 1. August 1996 - 4 TaBV 25/95 - auf S. 16).

An die Bestimmtheit des Antrags ist bei einem Unterlassungsantrag von Seiten des Antragstellers die Angabe der verletzten Mitwirkungsnorm zu fordern sowie die Benennung der Verletzungsform, also des Verhaltens, dessen Unterlassung dem Arbeitgeber aufgegeben werden soll. Die Handlung bzw. die Unterlassung muss aber so genau umschrieben werden, dass keine Unklarheit herrscht, welche Fälle betroffen sind. Der antragstellende Betriebsrat muss dem antragsgegnerischen Arbeitgeber genau angeben, in welchen Fällen der Betriebsrat verlangt, dass vor der Ableistung von Überstunden seine Zustimmung eingeholt wird. Nicht zu Unrecht hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass der mit § 23 Abs. 3 BetrVG in einem Beschlussverfahren zu erreichende Verfahrenserfolg kollektivrechtlich einer individualrechtlichen Abmahnung durch den Arbeitgeber wegen Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten eines Arbeitnehmers entspricht. Daher muss diese Maßnahme so konkret umschrieben sein, dass der stattgebenden Entscheidung zu entnehmen ist, wann die Rechte des Betriebsrats gegeben sind (BAG, Beschl. v. 17. Mai 1983 - 1 ABR 21/80 - in BB 1983, 1984). Mit der Entscheidung über den Antrag muss feststehen, für welche konkreten Maßnahme oder konkreten Vorgang ein Mitbestimmungsrecht bejaht oder verneint wird. Der Unterlassungsantrag darf sich nicht in der Wiederholung einer gesetzlichen Unterlassungsnorm erschöpfen (BAG,BB 1991,548 ff.).

2.2. Bei dem Hauptantrag des Beteiligten zu 1. handelte es sich hingegen im Wesentlichen um eine in teilweise andere Worte gekleidete Wiederholung des Gesetzestextes. Wenn der Beteiligte zu 1. eine Mitbestimmung bei der Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit für Angestellte fordert, so entspricht das der Regelung des § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG, indem dort geregelt ist, dass der Betriebsrat mitzubestimmen hat bei vorübergehenden Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit. Soweit der Beteiligte zu 1. auch die Duldung der Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit einbezieht, hat er lediglich das neuere Verständnis des Bundesarbeitsgerichts des § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG einbezogen (vgl. BAG, Beschl. v. 27. November 1990 - 1 ABR 77/89 - unter B I.2 der Gründe). Soweit er das Mitbestimmungsrecht einschränkt, als nicht bereits ein Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung die Leistung von Mehrstunden vorsieht, betrifft dies die Frage des Einleitungssatzes des § 87 Abs. 1 BetrVG: "... soweit eine ... tarifliche Regelung nicht besteht ......". Soweit der Beteiligte weiter eine Einschränkung in Bezug auf den Spruch der Einigungsstelle vorsieht, folgt dies unmittelbar aus § 87 Abs. 2 BetrVG, denn darin ist bestimmt "Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat". Auch bei der Ausgrenzung der Notstandsfälle handelt es sich nicht um eine konkrete Fallgestaltung, sondern um den globalen Bezug auf die Rechtsprechungsdefinition des Notstands.

2.3. Nicht anders ist es bei dem Hilfsantrag 1., wo im 2. Halbsatz mit der Herausnahme der Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit aus individuellen Gründen aus der Mehrarbeit lediglich ein Tatbestandsmerkmal des § 87 Abs. 1 BetrVG verdeutlicht werden soll, nämlich das der Mitbestimmung bei kollektiven Maßnahmen im Gegensatz zu den individuellen Maßnahmen. Die Herausnahme der Mitbestimmung bei Überstunden im Rahmen von Arbeitskampfmaßnahmen im Hilfsantrag 1. stellt ebenfalls nur eine Einschränkung ohne konkreten Anlass dar, die die Rechtsprechung entwickelt hat (BAG v. 24. April 1979 in BB 1979, 1348; BAG v. 30. August 1994 in BB 1995, 99; BAG v. 11. Mai 1995 in DB 1996, 223 f).

2.4. Der Hilfsantrag 2. wiederholt in seiner Fallgestaltung lediglich den Gesetzestext des § 87 I Nr. 3 BetrVG mit anderen Worten und entspricht vollständig dem Hauptantrag, ausgenommen die Erweiterung um die Begriffe Betrieb oder einzelne Abteilungen. Aber auch damit wird der Betriebsbegriff, auf den das gesamte Betriebsverfassungsgesetz abstellt expressis verbis wiederholt; der allgemeine Hinweis auf die "einzelnen Abteilungen" bringt nicht ansatzweise einen Hinweis, welche konkreten Teile des Betriebs sein können.

2.5. Beim Hilfsantrag 3. handelt es sich um eine Mischung des Hauptantrags mit den Hilfsanträgen 1. und 2.. Auch die vom Antragsteller in dem Hilfsantrag 3. vorgenommene Abgrenzung führt nicht zu einer tatsächlichen Konkretisierung. Soweit er nämlich seine Anträge auf "kollektiv bezogene Mehrarbeit" eingrenzen will, dient dieser Zusatz keiner Eingrenzung, weil es sich bei dem Wort "kollektiv" um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt. Der Antragsteller lässt aber im Antrag gerade nicht erkennen, welche konkreten Umstände er dem von ihm verwendeten Begriff "kollektiv" zuordnen will. Der Betriebsrat sagt mit diesem Antrag nicht mehr, als dass er dort dem Arbeitgeber die Duldung oder Anordnung von Überstunden verbieten lassen möchte, die seinem vermeintlichen Mitbestimmungsrecht unterliegen; damit hat er in seinen Antrag eine zusätzliche Fragestellung eingefügt, die die Unbestimmtheit seines Begehrens verstärkt (so schon LAG Schl.-Holst., Beschl. v. 29. September 1988 - 4 TaBV 56/87 - auf Seite 14 der Gründe). Auch mit der Einschränkungen bezüglich der Mitbestimmung im Hilfsantrag 3.: "... sofern es sich nicht um .... oder aber Notstandsfälle im Sinne der Rechtsprechung vorliegen, oder aber diese Überstunden im Rahmen von Arbeitskampfmaßnahmen einseitig angeordnet werden dürfen" hat der Beteiligte zu 1. wiederum abstrakte Begriffe eingeführt, die im Streitfall jeweils anhand der Rechtsprechung dahin zu untersuchen sind, ob die noch unbekannten Fallkonstellationen jeweils welcher Rechtsprechung unterliegen. Eine derartige Rechtsfindung über den Umfang der Mitbestimmung erst im Vollstreckungsverfahren zeigt, dass die Anträge unzulässig sind. Die Bestimmtheit des Tenors im Erkenntnisverfahren ist aber gerade wegen der strafenden Elemente in der Erzwingung von Unterlassungen sowohl nach § 890 ZPO wie nach § 23 Abs. 3 BetrVG unverzichtbare Voraussetzung (BAG, Beschl. v. 27. November 1990 - 1 ABR 77/89 - unter B I 1. der Gründe).

Der Betriebsrat muss wohl in seinen Antrag aufnehmen, in welchen einzelnen Bereichen er die Mitbestimmung vermisst und welche Personen aus welchen Sachverhalten Überstunden leisten sollen und weshalb dort die Mitbestimmung erforderlich ist. So hat das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 10. Juni 1986 (DB 1986, 2391-2392) den Antrag eines Betriebsrats, festzustellen, dass die Anordnung für Mehrarbeit für den Mitarbeiter B. für die Zeit ab 16. April 1983 der Mitbestimmung des Antragstellers unterlag, für nicht ausreichend gehalten, wohl aber den dann eingeschränkten Antrag: Festzustellen, dass der Betriebsrat mitzubestimmen hat, wenn der Arbeitgeber Überstunden des Angestellten B. anordnet oder von ihm entgegen nimmt, die darauf beruhen, dass die in den Abteilungen Einkauf und Verkauf anfallende Arbeit mit den vorgesehenen Arbeitskräften nicht bewältig werden kann. Zutreffend hat z. B. das Arbeitsgericht Stuttgart (Beschl. v. 23. Juli 2001 -6 BV 167/00 -) den allerdings nicht begründeten Antrag wenigstens für zulässig gesehen, wo der beteiligte Betriebsrat und die weiter dort beteiligte Gewerkschaft unter anderem beantragt haben: 1. Der Arbeitgeberin wird aufgegeben, spätestens am 1. September eines jeden Jahres mit solchen Beschäftigten, für die das Arbeitszeitmodell NEZE gilt und deren Stundensaldo an diesem Tag für den laufenden Ausgleichszeitraum mehr als 100 Stunden ausweist, den Zeitausgleich so zu planen und umzusetzen, dass am 30. September des entsprechenden Jahres ein Guthaben von 100 Stunden nicht überschritten wird. 2. Der Arbeitgeberin wird untersagt, es zu dulden, dass Beschäftigte morgens vor 6.00 Uhr und abends nach 19.00 Uhr arbeiten oder täglich mehr als 10 Stunden arbeiten oder ein Gleitzeitguthaben überschreiten, im Rahmen des Arbeitszeitmodells "Klassik" von mehr als 30 Stunden am Ende eines Kalendermonats, im Rahmen des Arbeitszeitmodells "NEZE" von mehr als 100 Stunden am 30. September eines jeden Jahres, ohne dass der Betriebsrat der abweichenden Arbeitszeit vorher zugestimmt hat oder ohne dass seine Zustimmung durch einen Spruch der Einigungsstelle ersetzt worden ist."

Von den mit den betrieblichen Verhältnissen am besten vertrauten Beteiligten des Verfahrens, wie gerade hier den Betriebsrat, kann erwartet werden, dass er die jeweilige Fallgestaltung konkret bezeichnet, die sich ohne Schwierigkeiten darstellen lassen. Auch wenn einem Betriebsrat zunächst die Gründe für den einzelnen Überstundenfall nicht bekannt sind, kann er bei seinen Arbeitskollegen die einzelnen Sachverhalte aufklären und damit die Konkretisierung selbst vornehmen und nicht dem Gericht überlassen. Es ist aber nicht Aufgabe eines Gerichts, solche Fallgestaltungen anhand des Vorbringens des Antragstellers selbst zu bilden. Das hat der beteiligte Betriebsrat verkannt. Bezüglich der von ihm erst in der Beratung vom Beschwerdegericht erstmals überprüften Anträge war auch kein weiterer Hinweis zu geben, denn der Inhalt des vierseitigen Schriftsatzes vom 4. September 2001 konnte von der Kammer erst im Verlaufe der abschließenden Beratung vollinhaltlich zur Kenntnis genommen werden. Hätte das Gericht dem Betriebsrat eine abermalige Möglichkeit der Nachbesserung der Anträge gegeben, hätte das zur Terminsverlegung führen müssen, verbunden mit der Möglichkeit der Stellungnahmen der beteiligten Arbeitgeberin sowohl zu dem Antragschriftsatz vom 4. September 2001 - entsprechend ihrem Begehren - als auch zur Bestimmung eines weiteren Erörterungstermins. Das lässt sich aber mit der Eilbedürftigkeit dieses Verfahrens nicht vereinbaren.

Ungeachtet der Unzulässigkeit wären die Anträge auch überwiegend unbegründet gewesen, zumindest insoweit, als der Hauptantrag, der Hilfsantrag 1., der Hilfsantrag 2. und der Hilfsantrag 3. auf das Verbot der Anordnung kollektivbezogener Mehrarbeit zielen, denn einer solchen Verfehlung der Arbeitgeberin berühmt sich der Betriebsrat gerade nicht. Er hat vielmehr in ungenauer Beschreibung vermeintlichen Fehlverhaltens des Arbeitgebers nur vage den Vorwurf erhoben: "Nach alledem ist festzustellen, dass die Beteiligte zu 2. in einer Unzahl von Fällen angeordnet durch Übertragung von Arbeiten stillschweigend angeordnet oder jedenfalls zumindest geduldet hat, dass die jeweiligen Beschäftigten .... eine Unzahl von Überstunden leisten". Das Arbeitsgericht hat ebenfalls nur festgestellt, dass die Beteiligte zu 2. im vorliegenden Fall zumindest geduldet habe, dass zahlreiche Mitarbeiter Überstunden über die nach den Regelungen der Betriebsvereinbarung zulässigen Plusstunden geleistet hätten. Darauf kam es jedoch nicht mehr an.

Der Antrag des Betriebsrats war daher zurückzuweisen.

Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.

Gegen die Entscheidung ist die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden; wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72a Arbeitsgerichtsgesetz verwiesen.

Ende der Entscheidung

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