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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 06.10.2006
Aktenzeichen: 5 Sa 205/05
Rechtsgebiete: BGB, SGB IV


Vorschriften:

BGB § 826
SGB IV § 28 g
Über die materielle Unrichtigkeit des Vollstreckungsbescheids hinaus setzt ein Schadensersatzanspruch wegen Titelmissbrauchs nach § 826 BGB das Hinzutreten besonderer Umstände voraus, die sich aus der Art und Weise der Titelerlangung oder der beabsichtigten Vollstreckung ergeben und die das Vorgehen des Gläubigers als sittenwidrig prägen, sodass die Durchbrechung der Rechtskraft gerechtfertigt erscheint. Sofern der Titel nicht erschlichen worden ist, reicht die bloße Kenntnis des Gläubigers von der materiell-rechtlichen Unrichtigkeit des Titels nicht aus.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 5 Sa 205/06

Verkündet am 06.10.2006

In dem Rechtsstreit

hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 06.10.2006 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzende und die ehrenamtlichen Richter ... und ... als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichtes Elmshorn vom 27. April 2006, Aktenzeichen 3 Ca 164 e/06, abgeändert und die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz trägt die Klägerin.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch um einen Erstattungsanspruch der ehemaligen Klägerin wegen abgeführter Erstattungsbeiträge zur Sozialversicherung und Steuern.

Der Beklagte war bei der klagenden Spedition seit dem 01.06.2002 als Arbeitnehmer beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete zwischenzeitlich. Mit Schreiben vom 03.05.2005 forderte der Beklagte die Klägerin unter Fristsetzung bis zum 17.05.2005 erfolglos auf, den abgerechneten Lohn für Januar 2004 in Höhe von € 2.198,21 brutto an ihn auszuzahlen. Der Beklagte erwirkte am 19.06.2005 gegen die Klägerin wegen abgerechneter (Bl. 12 d. GA.), aber nicht gezahlter Lohnansprüche für Januar 2004 einen Vollstreckungsbescheid zum Mahnbescheid vom 06.06.2005 über eine Forderung in Höhe von € 2.198,61 brutto nebst Zinsen in Höhe von 8 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.02.2005 (Bl. 35 d. GA.). Der Vollstreckungsbescheid wurde der Klägerin am 21.06.2005 zugestellt. Im Vollstreckungsverfahren ließ der Beklagte das Geschäftskonto der Klägerin pfänden. Daraufhin wies die Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom 02.07.2005 darauf hin, dass es sich bei dem gepfändeten Betrag um einen Bruttobetrag handele und ihm lediglich ein Nettobetrag über € 1.652,15 zustehe. Letztlich überwies die Klägerin, unter Abzug vermeintlich unberechtigt gezahlter vermögenswirksamer Leistungen in Höhe von € 720,00 zzgl. Mahnspesen, an den Beklagten einen Teilbetrag über € 1.025,82 (Bl. 15 d. GA.). In der Folgezeit fand eine vorgerichtliche Korrespondenz zwischen den Parteivertretern über die Berechtigung des Abzugs für die vermögenswirksamen Leistungen statt. Wegen des Inhalts wird auf die Anlagen K 6 (Bl. 16 d. GA.), K 7 (Bl. 18 f. d. GA.), K 10 (Bl. 22 d. GA.) verwiesen. Mit Schreiben vom 29.08.2005 bestätigte der für die Beklagte tätige Steuerberater ihr, dass "für den Lohnabrechnungszeitraum Januar 2005 beim Finanzamt keine Lohnsteuerbeträge und bei den Krankenkassen keine Sozialversicherungsbeiträge mehr offen" seien (Bl. 21 d. GA.). Zur Vermeidung weiterer Vollstreckungsmaßnahmen zahlte die Klägerin letztlich an den Beklagten den vollständigen Bruttobetrag aus dem Vollstreckungsbescheid vom 19.06.2005. Gleichzeitig forderte sie den Kläger mit Schreiben vom 16.11.2005 wegen ungerechtfertigter Bereicherung in Bezug auf die vermögenswirksamen Leistungen zur Rückzahlung des vollstreckten Betrages in Höhe von € 1.384,08 auf (Bl. 24 f. d. GA.). Die Beklagte unterließ es ihrerseits nach erfolgter Vollstreckung, den Einzug der Arbeitnehmeranteile und der Steuern gegenüber der Einzugsstelle und dem Finanzamt mitzuteilen.

Wegen des weiteren - insbesondere streitigen - Vorbringens der Parteien in erster Instanz sowie der erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Mit Urteil vom 27.04.2006 hat das Arbeitsgericht der Zahlungsklage teilweise stattgegeben. Der Klägerin stehe gegenüber dem Beklagten ein Schadensersatzanspruch in Höhe von € 545,30 gemäß § 826 BGB nebst Zinsen zu. Wenn der Arbeitnehmer aufgrund eines Bruttotitels die Vergütungsbestandteile in voller Höhe eintreibe, es jedoch unterlasse, diese Beiträge an die Sozialversicherung abzuführen bzw. deren Einzug zu melden, so sei er dem Arbeitgeber gegenüber für bereits abgeführte Beiträge erstattungspflichtig. Der Erstattungsforderung der Klägerin stehe auch § 28 g S. 2 und 3 SGB IV nicht entgegen. Diese Vorschrift bezwecke nicht, dass der Arbeitnehmer Vergütungsbestandteile endgültig solle behalten dürfen, über die er die Verfügungsgewalt erst durch aktives Betreiben der Zwangsvollstreckung aus einem Bruttobetrag erlangt habe. Von der Rückzahlungspflicht sei auch die von der Klägerin abgeführte Lohnsteuer in Höhe von € 77,00 erfasst. Soweit der Beklagte die Abführung der Sozialversicherungsbeiträge und Steuern bestreite, sei dies angesichts des substantiierten Vortrags der Klägerin unbeachtlich.

Der Beklagte sei indessen nicht verpflichtet, an die Klägerin vermögenswirksame Leistungen für 18 Monate à € 40,00, mithin insgesamt € 720,00 zu erstatten. Insoweit sei die Klage abzuweisen gewesen.

Gegen dieses ihm am 17.05.2006 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 19.05.2006 Berufung beim Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein eingelegt und diese am 15.06.2006 begründet.

Der Beklagte trägt vor,

gemäß § 28 e SGB IV habe der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag nach § 28 d SGB IV an die Einzugsstelle zu zahlen, wobei er nach § 28 g SGB IV den vom Beschäftigten zu tragenden Anteil nur durch entsprechenden Lohnabzug geltend machen könne. Nach § 28 g S. 3 SGB IV dürfe ein unterbliebener Abzug nur in den nächsten drei Monaten nachgeholt werden, danach nur dann, wenn der Abzug ohne Verschulden des Arbeitgebers unterblieben sei. Diese Voraussetzungen lägen vorliegend indessen nicht vor. Darüber hinaus habe zu dem Zeitpunkt als die Klägerin Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge beansprucht habe, kein Beschäftigungsverhältnis mehr bestanden. Bestehe das Beschäftigungsverhältnis nicht mehr oder fielen aus anderen Gründen Zahlungen nicht mehr an, so gelte die Regelung des § 28 e Abs. 1 SGB IV, d. h. der Arbeitgeber habe den vollen Beitrag zu zahlen. In der Berufungsverhandlung hat sich der Beklagte zudem darauf berufen, dass einzig mögliche Anspruchsgrundlage § 826 BGB sei, da der Beklagte aus einem rechtskräftigen Titel vollstreckt habe.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 27.04.2006, Az.: 3 Ca 164 e/06, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze sowie der Sitzungsniederschrift vom 06.10.2006 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist dem Beschwerdewert nach statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 64 Abs. 2 lit. b; 66 Abs. 1 ArbGG; § 519 ZPO.

Die Berufung ist auch begründet.

1. Die Klägerin hat gegenüber dem Beklagten keinen bereicherungsrechtlichen Anspruch auf Erstattung der strittigen Sozialversicherungsbeiträge und Steuern in Höhe von € 545,30. Der Beklagte hat diesen Betrag gerade nicht ohne Rechtsgrund gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 BGB erhalten. Die Zahlung erfolgte unstreitig aufgrund eines rechtkräftigen Vollstreckungsbescheids und damit nicht ohne Rechtsgrund. Auf diese Anspruchsgrundlage stützt die Klägerin ihren Zahlungsantrag auch nicht.

2. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts steht der Klägerin aber auch kein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten wegen Titelmissbrauchs nach § 826 BGB zu.

Es kann dahingestellt bleiben, ob der Vollstreckungsbescheid - wie die Klägerin meint - deshalb materiell-rechtlich unrichtig ist, weil in ihm eine Brutto- anstelle der nur noch geschuldeten Nettozahlung tituliert ist, denn die Voraussetzungen des § 826 BGB liegen nicht vor. Da die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Titelmissbrauchs nach § 826 BGB nicht erfüllt sind, braucht die im angefochtenen Urteil als auch in den Berufungsschriftsätzen aufgeworfene Rechtsfrage, ob dem geltend gemachten Erstattungsanspruch die sozialrechtlichen Vorschriften des SGB IV, insbesondere § 28 g SGB IV entgegen stehen, nicht geklärt zu werden.

a) Nach § 826 BGB ist derjenige zum Schadensersatz verpflichtet, der einem anderen in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zufügt. Das Ausnutzen eines unzutreffenden Urteils oder Vollstreckungsbescheids ist nach der Rechtsprechung sittenwidrig, wenn die Unrichtigkeit offensichtlich ist, der von dem Urteil Gebrauch machende Teil die Unrichtigkeit kennt und - nach strengen Maßstäben zu prüfende - besondere Unrechtsumstände hinzutreten, welche die Verwertung des Urteils als unerträglich oder in hohem Maße als unbillig erscheinen lassen (Jauernig, BGB, 11. Aufl., Rn. 23 zu § 826). Über die materielle Unrichtigkeit des Vollstreckungsbescheids hinaus setzt ein Schadensersatzersatzanspruch aus § 826 BGB mithin das Hinzutreten besonderer Umstände voraus, die sich aus der Art und Weise der Titelerlangung oder der beabsichtigten Vollstreckung ergeben und die das Vorgehen des Gläubigers als sittenwidrig prägen, sodass Letzterem zugemutet werden muss, die ihm unverdient zugefallene Rechtsposition aufzugeben.

Die Durchbrechung der Rechtskraft eines Vollstreckungstitels, auch eines Vollstreckungsbescheides, auf der Grundlage eines Schadensersatzanspruchs nach § 826 BGB darf nur in besonders schwerwiegenden, eng begrenzten Ausnahmefällen gewährt werden, weil sonst die Rechtskraft ausgehöhlt und die Rechtssicherheit beeinträchtigt würde. Die Rechtskraft muss nur dann zurücktreten, wenn es mit dem Gerechtigkeitsgedanken schlechthin unvereinbar wäre, dass der Titelgläubiger seine formelle Rechtsstellung unter Missachtung der materiellen Rechtslage zu Lasten des Schuldners ausnutzt (st. Rspr.: BGH, Urt. v. 29.06.2005 - VIII ZR 299/04 -, NJW 2005, 2991; BGH, Urt. v. 09.02.1999 - VI ZR 9/98 -, NJW 1999, 1257; BGH, Urt. v. 30.06.1998 - VI ZR 160/97 -, NJW 1998, 2818).

b) Hieran gemessen liegen die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs wegen Titelmissbrauchs hier nicht vor, auch wenn es ungerecht ist oder zumindest erscheint, dass der Beklagte die seinerseits nicht abgeführten Sozialversicherungsbeiträge und Steuern behalten darf.

aa) Ein verwerflicher und damit sittenwidriger Gebrauch eines rechtskräftigen Titels kann z.B. vorliegen, wenn der Gläubiger das Mahnverfahren bewusst missbraucht, um für einen ihm nicht zustehenden Anspruch einen Vollstreckungstitel zu erlangen (BGH, Urt. v. 29.06.2005 - VIII ZR 299/04 -, a.a.O.).

Es liegen indessen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger vorliegend bewusst rechtsmissbräuchlich das Mahnverfahren gewählt hat, um einen der Höhe nach materiell-rechtlich unberechtigten Vollstreckungstitel zu erlangen. Das Gegenteil ist der Fall. Die Klägerin hatte den Lohnanspruch des Beklagten abgerechnet und damit die Forderung sozusagen anerkannt. Vor Einleitung des Mahnverfahrens hatte der Beklagte die Klägerin im Mai 2005 erfolglos zur Begleichung der Gehaltsansprüche für Juni 2004 aufgefordert. Grundsätzlich schuldet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die vereinbarte Bruttovergütung, sodass eine Lohnklage auch auf den Bruttobetrag zu richten ist (Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 10. Aufl., Rn. 4 zu § 71; vgl. BAG, Beschl. v. 07.03.2001 - GS 1/00 -, AP Nr. 4 zu § 288 BGB). Dabei kann als wahr unterstellt werden, dass die Klägerin die Sozialversicherungsbeiträge und Steuern bereits zum Zeitpunkt der Abrechung der streitgegenständlichen Lohnansprüche abgeführt hatte. Auch angesichts dieses Umstandes erschließt sich der Kammer nicht, inwiefern der Beklagte bei Beantragung des Mahnbescheids hiervon auch tatsächlich Kenntnis gehabt haben sollte. Angesichts einer lange Zeit überfälligen Lohnforderung liegt es eher nahe, dass der Arbeitgeber nicht nur den Nettolohn nicht ausgezahlt, sondern auch die öffentlich-rechtlichen Abgaben nicht abgeführt hat. Die nach § 826 BGB zu fordernde Voraussetzung einer bewussten Schädigungsabsicht (Vorsatz) kann nicht festgestellt werden.

bb) Die Sittenwidrigkeit der Vollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid folgt aber auch nicht daraus, dass die Klägerin dem Beklagten nach Rechtskraft des Vollstreckungsbescheids - soweit ersichtlich - erstmals mit Schreiben vom 02.07.2005 eine Berechung aufgestellt hat, nachdem ihm, dem Beklagten, nach Abzug der Steuern und Sozialversicherungsbeiträge sowie vermögenswirksamen Leistungen für 11 Monate nur noch € 1.025,82 netto zuständen. Zwar kommt § 826 BGB gerade bei der sittenwidrigen Erwirkung oder Verwendung von Vollstreckungsbescheiden aufgrund der Besonderheiten des Mahnverfahrens (keine materielle Schlüssigkeitsprüfung) als "Rettungsanker" zu Anwendung. Der die Rechtskraft durchbrechende Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB steht dem Vollstreckungsschuldner indesssen nur in den Fällen zu, in denen ein geschäftsunerfahrener Verbraucher durch das Mahnverfahren überrumpelt und de facto einer effektiven Wahrnehmung seiner Rechte beraubt wird. Dieses Schutzes bedürfen indessen nicht Selbstständige und Gewerbetreibende, die es aus Nachlässigkeit unterlassen, sich im Rahmen des Mahnverfahrens zur Wehr zu setzen und § 826 BGB benützen wollen, um diese Versäumnisse zu heilen (MünchKomm BGB / Wagner, 4. Aufl., Rn. 136 zu § 826).

Der Klägerin steht nach diesen Grundsätzen mithin nicht allein deshalb ein Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB gegen den Beklagten zu, weil sie ihn nach Rechtskraft darauf hingewiesen hat, dass die Sozialabgaben und Steuern bereits abgeführt worden sind. Mit diesem Einwand der teilweisen Erfüllung wäre die Klägerin bei einer Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 Abs. 2 ZPO präkludiert. Die Klägerin muss sich an dieser Stelle vorwerfen lassen, dass sie nicht rechtzeitig gegen Mahnbescheid und Vollstreckungsbescheid Widerspruch bzw. Einspruch eingelegt hat. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Beklagte seinerseits die Klägerin rechtsmissbräuchlich davon abgehalten hat, fristgerecht Widerspruch gegen den Mahnbescheid bzw. Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid einzulegen. Wenn aber der Schuldner mit Einwendungen gegen einen unter lauteren Umständen erwirkten rechtskräftigen Titel präkludiert ist, so führen diese Einwendungen auch dann nicht zu einem sittenwidrigen Titelmissbrauch, wenn der Gläubiger im Laufe der Zwangsvollstreckung schlichte Kenntnis von der (teilweisen) Nichtschuld erlangt hat. Dies ist letztlich Folge der Rechtskraft eines Vollstreckungstitels, die nur unter den strengen Voraussetzungen des § 826 BGB durchbrochen werden kann, welche hier nicht vorliegen.

Ungeachtet dessen weist die Kammer auch darauf hin, dass allein das an den Beklagtenvertreter gerichtete Schreiben der Klägerin vom 02.07.2005 noch nicht belegt, dass die Klägerin die Sozialabgaben und Steuern auch tatsächlich gezahlt hat. Die Klägerin hat hierin lediglich eine Berechnung aufgestellt und nicht gleichzeitig behauptet, dass sie die Abgaben auch tatsächlich an die Krankenkasse und das Finanzamt abgeführt hat. Das Schreiben beinhaltet den Erklärungswert einer Abrechnung. Dass sie das an sie gerichtete Schreiben des Steuerberaters H... vom 29.08.2005 dem Beklagten zur Kenntnis gebracht hat, behauptet die Klägerin nicht einmal. Letztlich kommt es hierauf indessen auch nicht an.

3. Nach alledem war die Klage unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 ArbGG.

Gründe, die die Zulassung der Revision geboten hätten, lagen nicht vor, § 72 Abs. 2 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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