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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 16.12.2008
Aktenzeichen: 5 Sa 226/08
Rechtsgebiete: BAT, BhVOAufhebungsVO Schl.-H.


Vorschriften:

BAT § 40
BhVOAufhebungsVO Schl.-H. Art. 2 Nr. 2
BhVOAufhebungsVO Schl.-H. Art. 2 Nr. 3
Gemäß Art. 2 Nr. 2 der Landesverordnung zur Aufhebung der Beihilfeverordnung vom 06.11.2003 (GVBl. Schleswig-Holstein 2003, S. 566 - AufhebungsVO) erhalten Arbeitnehmer, die am 01.01.2004 das 40. Lebensjahr vollendet haben und bis zur Aufhebung der Beihilfeverordnung volle Beihilfe aufgrund einer beihilfekonformen Privatversicherung erhielten, weiterhin entsprechende Beihilfe.

Bereits nach dem Wortlaut dieser Norm ergibt sich, dass unter Beihilfekonformität" nur eine solche Privatversicherung zu verstehen ist, die den Bemessungssatz der Beihilfe auf 100 % aufstockt. Auch nach den sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften wird unter "beihilfekonform" ein Prozenttarif verstanden (vgl. § 257 Abs. 2 a S. 1 Nr. 2 b SGB V).


Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 5 Sa 226/08

Verkündet am 16.12.2008

In dem Rechtsstreit

hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 16.12.2008 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzende und den ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer und die ehrenamtliche Richterin ... als Beisitzerin

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg, Kammer Husum, vom 10.04.2008, Az.: öD 3 Ca 1186/07, wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über das Fortbestehen von Krankenbeihilfeansprüchen des Klägers über den 31.12.2003 hinaus.

Der am ....1956 geborene Kläger ist bei der beklagten Stadt als angestellter Diplompsychologe in Vollzeit beschäftigt.

Am 01.01.1989 trat der Kläger als angestellter Dipl.-Psychologe in die Dienste der Beklagten. Kraft einzelvertraglicher Bezugnahme finden der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) sowie die diesen ergänzenden und ersetzenden Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung Anwendung.

§ 40 BAT enthielt folgende Regelung:

" Für die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen sowie von Unterstützungen werden die bei dem Arbeitgeber jeweils geltenden Bestimmungen angewendet. ..."

In der Vergangenheit erhielt der Kläger Beihilfeleistungen auf der Grundlage der Landesverordnung über die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen an Arbeitnehmer und Auszubildende vom 09.10.1987 (im Folgenden: BeihilfeVO; GVOBl. Schleswig-Holstein 1987, S. 321). Unter § 1 Abs. 1 BeihilfeVO war geregelt:

"Für die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen an Angestellte, Arbeiter und Auszubildende der in § 1 Abs. 1 des Landesbesoldungsgesetzes genannten Träger der öffentlichen Verwaltung sind die aufgrund des § 95 Abs. 2 des Landesbeamtengesetzes für die Beamten des Landes geltenden Vorschriften des Bundes in ihrer jeweils geltenden Fassung sinngemäß anzuwenden."

Durch die Landesverordnung zur Aufhebung der Beihilfeverordnung vom 06.11.2003 (Im Folgenden: AufhebungsVO; GVOBl. Schleswig-Holstein 2003, S. 566) wurde die Beihilfeverordnung zum 01.01.2004 aufgehoben. Artikel 2 der Landesverordnung zur Aufhebung der Beihilfeverordnung lautet:

"1. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die bereits bis zum 30. September 1970 eingestellt wurden und seither in einem ununterbrochenen Beschäftigungsverhältnis zu einem der in § 1 Abs. 1 des Landesbesoldungsgesetzes genannten Träger der öffentlichen Verwaltung gestanden haben, erhalten weiterhin Beihilfen.

2. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die am 01. Januar 2004 das 40. Lebensjahr vollendet haben und bis zur Aufhebung der Landesverordnung in Artikel 1 volle Beihilfe aufgrund einer beihilfekonformen Privatversicherung erhielten, erhalten weiterhin entsprechend diesen Voraussetzungen eine Beihilfe in Anwendung des § 95 Abs. 2 Landesbeamtengesetz.

3. Das Finanzministerium regelt weitere Voraussetzungen, Umfang und Höhe durch Erlass. ..."

Mit Schreiben vom 06.11.2003 wies das Finanzministerium - soweit hier von Belang - auf Folgendes hin (Bl. 19 f. d. A.):

" ... Beihilfekonform privat versicherte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, denen zu ihren Krankenversicherungsbeiträgen kein Zuschuss im Sinne des § 257 Abs. 2 SGB V von ihrem Arbeitgeber gewährt wird, erhalten weiterhin eine Beihilfe nach den Beihilferegelungen des Landes. Voraussetzung ist, dass diese Personen am 01. Januar 2004 das 40. Lebensjahr vollendet haben (Artikel 2 Nr. 2 der Landesverordnung zur Aufhebung der Beihilfeverordnung). Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die am 01. Januar 2004 das 40. Lebensjahr nicht vollendet haben, haben keinen Anspruch mehr auf die Gewährung von Beihilfe. Diesem Personenkreis wird empfohlen, ihren Versicherungsschutz aufgrund des Wegfalls des Anspruches auf die Gewährung von Beihilfe anzupassen. ... "

Mit Schreiben vom 30.12.2003 wandte sich der Kläger u. a. wie folgt an das Finanzministerium (Bl. 21 d. A.):

"... Im Vertrauen auf das geltende Beihilferecht hatten wir seiner Zeit die bestehenden KV-Verträge soweit modifiziert, dass Beitrag und Leistung in Verbindung mit der Beihilfe eine tragfähige Grundlage für die Heil- und Reha-Behandlung unseres schwerstbehinderten Sohnes ergaben.

Der Wegfall der Beihilfe ist zudem im Rahmen der privaten KV gar nicht ohne Weiteres kompensierbar, weil die Versicherungen erfahrungsgemäß das behinderungsbedingte Risiko nicht versichern wollen.

Wir möchten Sie auf die Situation von Menschen mit Behinderungen nach dem anstehenden Wegfall der Beihilfe aufmerksam machen und bitten um Auskunft, ob es Härtefallbestimmungen für Fälle - wie beschrieben - geben wird. ..."

Der Kläger ist verheiratet und hat drei Kinder. Der älteste, am ....1989 geborene Sohn W... ist aufgrund Sauerstoffmangels bei der Geburt schwerstbehindert und schwerstpflegebedürftig nach Pflegestufe III. Der Kläger und seine Ehefrau waren schon seit Beginn des Arbeitsverhältnisses privat krankenversichert. Nach der Geburt ihres schwerstbehinderten Sohnes R... W... war keine Krankenkasse bzw. private Krankenversicherung bereit, diesen wegen seiner schweren Behinderung zu versichern. Eine Versicherung erfolgte daher im Rahmen der Mitversicherung als versicherte Person nach § 178 a Abs. 3 VVG. Versicherungsnehmer des privaten Krankenversicherungsvertrages mit der Vereinten Krankenversicherung ist der Kläger. Mit der privaten Krankenversicherung wurde von Anfang an ein Selbstbehalttarif vereinbart. Die Selbstbeteiligung beträgt derzeit € 1.800,00 jährlich. Der Kläger erhielt bis zum 31.12.2003 die nicht von der privaten Krankenversicherung übernommen Krankheitskosten, insbesondere auch die Selbstbeteiligung durch die Beihilfekasse ersetzt. Darüber hinaus erhielt und erhält der Kläger einen Beitragszuschuss nach § 257 Abs. 2 SGB V.

Mit Beihilfeantrag vom 30.06.2006 (Bl. 82, 78-81 d. A.) beantragte der Kläger Krankenbeihilfe für die Heilbehandlungen seines Sohnes R... W... in Höhe von € 7.698,22 im Jahr 2005 unter Hinweis auf das Vorliegen eines Härtefalles. Mit Schreiben vom 21.07.2006 (Bl. 25 f. d. A.) lehnte die Versorgungsausgleichskasse der Kommunalverbände in Schleswig-Holstein als Beihilfekasse diesen Antrag ab.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass der Kläger auch über den 31.12.2003 hinaus einen Anspruch auf Krankenkostenbeihilfe für sich, seine Ehefrau sowie die Kinder S... A..., T... C... A... und R... W... A... gegen die Beklagte hat.

hilfsweise

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger beihilfefähige Aufwendungen für den Zeitraum 01.01.2004 bis einschließlich 31.12.2007 in Höhe von 21.418,07 EUR zzgl. Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz i. S. v. § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen und darüber hinaus festzustellen, dass der Kläger auch über den 31.12.2007 hinaus einen Anspruch auf Krankenkostenbeilhilfe für sich, seine Ehefrau sowie die Kinder S... A..., T... C... A... und R... W... A... gegen die Beklagte hat,

höchst hilfsweise

festzustellen, dass die Beklagte dem Kläger zum Ersatz des aus dem unterlassenen Tarifwechsel gemäß § 178 e VVG entstandenen Schadens verpflichtet ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands in erster Instanz, insbesondere des streitigen Parteivorbringens, wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils einschließlich der Bezugnahmen verwiesen, § 69 Abs. 2 ArbGG.

Das Arbeitsgericht hat die Klage sowohl in Bezug auf den Hauptantrag als auch in Bezug auf die Hilfsanträge abgewiesen. Über den 31.12.2003 hinaus habe der Kläger gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Krankenbeihilfe. Ein solcher Anspruch folge weder aus § 40 S. 1 BAT, noch aus Art. 2 Nr. 2 AufhebungsVO. Der Kläger erfülle nicht die Ausnahmevoraussetzungen nach Art. 2 Nr. 2 AufhebungsVO. Er habe zwar am Stichtag 01.01.2004 das 40. Lebensjahr vollendet gehabt, habe aber Beihilfe nicht aufgrund einer beihilfekonformen Privatversicherung erhalten. Die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der "Beihilfekonformität" ergebe, dass es sich um einen Prozenttarif handeln müsse. Die Beihilfe bemesse sich nach einem Hundertsatz der beihilfefähigen Aufwendungen. Dies impliziere, dass als beihilfekonform nur eine private Krankenversicherung anzusehen sei, die diesen vom Hundertsatz auf 100 % aufstocke. Dafür sprächen auch sozialversicherungsrechtliche Vorschriften wie § 257 Abs. 2 a S. 1 Nr. 2 b SGB V, 23 Abs. 3 SGB IX. Schließlich entspreche nur diese Auslegung dem Willen des Verordnungsgebers, wie sich auch aus dem Schreiben des Finanzministeriums vom 28.11.2007 ergebe. Darüber hinaus scheide ein Anspruch auf Beihilfe auch deshalb aus, weil der Kläger einen Beitragszuschuss nach § 257 Abs. 2 SGB V erhalte. Der Erlass, der neben der Aufhebungsverordnung weitere Bedingungen an die Ausnahmetatbestände knüpfe, sei auch wirksam. Ein Anspruch aus betrieblicher Übung scheide ebenso aus wie ein Anspruch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Der Kläger könne auch unter Vertrauensschutzgesichtspunkten keine Beihilfe über den 31.12.2003 hinaus beanspruchen. Die Beklagte sei dem Kläger auch nicht zum Ersatz des aus dem unterlassenen Tarifwechsel entstandenen Schadens verpflichtet. Die Beklagte habe das Informationsschreiben des Finanzministeriums vom 06.11.2003 an den Kläger kommentarlos weitergeleitet. Eine darüber hinausgehende Hinweis- und Beratungspflicht der Beklagten sei nicht gegeben. Vielmehr habe sie auf die inhaltliche Richtigkeit und Vollständigkeit des Schreibens des Finanzministeriums vom 06.11.2003 vertrauen dürfen.

Gegen dieses ihm am 04.06.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 01.07.2008 beim Landesarbeitsgericht Berufung eingelegt und diese am 25.07.2008 begründet.

Der Kläger trägt vor,

dass der Erlass des Finanzministeriums vom 06.11.2003 die in Art. 2 Nr. 2 AufhebungsVO bestimmten Voraussetzungen für die Weitergewährung einer Beihilfe ab dem 01.01.2004 nicht habe einschränken können. Hierfür habe es an einer wirksamen Rechtsgrundlage gefehlt (BAG Urt. v. 10.04.2008 - 6 AZR 381/07 -). Der Kläger ist der Auffassung, dass er die Voraussetzung zur Weitergewährung der Beihilfe nach Art. 2 Nr. 2 AufhebungsVO erfülle. Das Gericht habe den Begriff der beihilfekonformen Privatversicherung verkannt. Die Auslegung des strittigen unbestimmten Rechtsbegriffs ergebe, dass eine private Krankenversicherung als beihilfekonform i. S. v. § 257 Abs. 2 a S. 1 Nr. 2 b SGB V gelte, wenn sie den durch die Beihilfe nicht gedeckten beihilfefähigen Aufwand abdecke. Dies ist nicht nur bei einem Prozenttarif der Fall. Beihilfekonformität liege vielmehr nur dann nicht mehr vor, wenn eine Überversicherung eintrete. Eine Überversicherung liege in seinem Falle indessen nicht vor. Bei dem vom Arbeitsgericht zugrunde gelegten Verständnis der Beihilfekonformität verstieße die Aufhebungsverordnung auch gegen höherrangiges Recht, namentlich den Gleichbehandlungsgrundsatz. Da die Aufhebungsverordnung bereits am 28.11.2003 in Kraft getreten sei, wären alle Arbeitnehmer mit einem Selbstbehalttarif verpflichtet gewesen, bis zum 31.12.2003 in einen Prozenttarif zu wechseln, um weiterhin in dem Genuss der Beihilfe zu bleiben. Dies sei nicht gewollt gewesen, sodass allenfalls gemeint gewesen sein konnte, dass ein Beihilfeanspruch als solcher neben einer Privatversicherung bestanden habe. Das Arbeitsgericht habe auch verkannt, dass die Aufhebungsverordnung unwirksam sei, da sie gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 GG verstoße. Ein Sachgrund für die Ungleichbehandlung des Klägers gegenüber Arbeitnehmern mit einem Prozenttarif sei nicht erkennbar. Daneben verstoße die Landesverordnung auch gegen das kommunale Selbstverwaltungsrecht gemäß Art. 28 Abs. 2 GG bzw. Art. 46 Abs. 1 Landesverfassung Schl.-H. Die Aufhebungsverordnung sei zudem unverhältnismäßig, soweit sie keine allgemeine Härtefallregelung vorsehe. Dies ergebe sich insbesondere mit Blick auf das Verbot der Benachteiligung von Behinderten gemäß Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG und das Gleichstellungsgebot behinderter Menschen nach § 1 Abs. 2 Landesbehindertengesetz Schl.-H. Jedenfalls sein Sohn W... sei aufgrund des Landesbehindertengleichstellungsgesetzes durch die Beklagte aktiv zu fördern. Diese Argumentation werde zusätzlich gestützt durch § 3 AGG. Jedenfalls habe das Arbeitsgericht zu Unrecht einen Schadensersatzanspruch verneint. Der Anspruch folge aus Schlechterfüllung der Hinweispflicht. Die Beklagte wäre verpflichtet gewesen, ihn auf die Möglichkeit eines Tarifwechsels hinzuweisen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 10.04.2008 (Az. ö.D. 3 Ca 1186/07) abzuändern und festzustellen, dass der Kläger auch über den 31.12.2003 hinaus einen Anspruch auf Krankenkostenbeihilfe für sich, seine Ehefrau sowie die Kinder S... A..., T... C... A... und R... W... A... gegen die Beklagte hat.

hilfsweise

das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 10.04.2008 (Az. ö.D. 3 Ca 1186/07) abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger beihilfefähige Aufwendungen für den Zeitraum 01.01.2004 bis einschließlich 31.12.2007 in Höhe von 21.418,07 EUR zzgl. Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz i. S. v. § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen und darüber hinaus festzustellen, dass der Kläger auch über den 31.12.2007 hinaus einen Anspruch auf Krankenkostenbeihilfe für sich, seine Ehefrau sowie die Kinder S... A..., T... C... A... und R... W... A... gegen die Beklagte hat,

höchst hilfsweise

das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 10.04.2008 (Az. ö.D. 3 Ca 1186/07) abzuändern und festzustellen, dass die Beklagte dem Kläger zum Ersatz des aus dem unterlassenen Tarifwechsel gemäß § 178 e VVG entstandenen Schadens verpflichtet ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt

das angefochtene Urteil. Insbesondere sei es rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Abschaffung der Gewährung von Beihilfe durch Rechtsverordnung erfolgt sei. In gleichrangiger Weise sei die eine Verordnung durch eine andere Verordnung in gleicher Rechtsnormenqualität aufgehoben worden. Zudem sei dem Vertrauensschutz durch die durch Rechtsverordnung eingeführte Härtefallregelung Rechnung getragen worden. Das Arbeitsgericht habe den Begriff der Beihilfekonformität auch zutreffend ausgelegt. Für die Auslegung sei der Wille des Verordnungsgebers maßgeblich. Als beihilfekonform sei letztlich nur eine private Krankenversicherung anzusehen, die den Beihilfebemessungssatz auf 100 % aufstocke. Hierfür sprächen auch die sozialversicherungsrechtlichen Normen. Der Kläger habe eine Privatversicherung mit Selbstbehalt abgeschlossen. Die Krankenversicherungsleistungen ergänzten daher nicht den Prozenttarif nach dem Beihilferecht. Dies müsse umso mehr gelten, da der Kläger für die Krankenversicherungsleistungen einen Beitragszuschuss bekommen habe. Die Härtefallregelung der Aufhebungsverordnung sei auch nicht willkürlich.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 16.12.2008 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist dem Beschwerdewert nach statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 64 Abs. 2 lit. b; 66 Abs. 1 ArbGG; § 519 ZPO.

In der Sache selbst hat die Berufung keinen Erfolg. Die Berufung ist unbegründet.

Das Arbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Beihilfe über den 31.12.2003 hinaus. Der Feststellungsantrag ist zwar zulässig, aber unbegründet. Insbesondere fällt der Kläger nicht unter die Ausnahmevorschrift des Art. 2 Abs. 2 AufhebungsVO (I.). Die Hilfsanträge sind ebenfalls unbegründet. Dem Kläger stehen Schadensersatzansprüche nicht zu (II.).

I. Der Hauptantrag ist als Feststellungsantrag zulässig. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen kann insoweit auf die zutreffenden Ausführungen unter Ziff. 1. Der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen werden. Auch die Beklagte selbst hat weder erstinstanzlich noch zweitinstanzlich Einwände gegen die Zulässigkeit des Feststellungsantrags erhoben.

Die Feststellungsklage ist aber unbegründet.

1. Zutreffend hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass § 40 S. 1 BAT selbst keinen Anspruch auf Beihilfe gewährt. Vielmehr werden nach § 40 Satz 1 BAT für die Gewährung von Beihilfen in Krankheitsfällen "die bei dem Arbeitgeber jeweils geltenden Bestimmungen angewendet". Insoweit handelt es sich bei der Tarifnorm "lediglich" um eine Verweisungsnorm auf bereits vorhandene Beihilferegelungen. § 40 BAT gewährt mithin keinen Anspruch auf Erlass solcher Beihilferegelungen. Anspruchsnorm kann mithin nur eine im Geltungsbereich des Arbeitgebers geltende Beihilfeverordnung sein.

2. Als Anspruchsgrundlage kommt vorliegend nur Art. 2 Abs. 2 AufhebungsVO in Betracht. Die Beihilfeverordnung für Angestellte und Arbeiter vom 09.10.1987 selbst ist mit Erlass der Aufhebungsverordnung vom 06.11.2003 aufgehoben worden. Art 2 AufhebungsVO enthält in den Nrn. 1 und 2 Ausnahmevorschriften, in denen ungeachtet der Aufhebung der Beihilfeverordnung Angestellte und Arbeiter weiterhin Beihilfe beanspruchen können. Der Kläger wird hiervon indessen nicht erfasst. Er erfüllt weder die Voraussetzungen nach Art. 2 Nr. 1 AufhebungsVO (a) noch diejenigen nach Art. 2 Nr. 2 AufhebungsVO (b).

a) Die Aufrechterhaltung der Beihilfe über den 31.12.2003 hinaus setzt nach Art. 2 Nr. 1 AufhebungsVO voraus, dass der Angestellte bereits zum 30.09.1970 eingestellt wurde und seither in einem ununterbrochenen Beschäftigungsverhältnis zu einem Träger der öffentlichen Verwaltung steht. Der Kläger ist indessen erst seit dem 01.01.1989 bei der Beklagten beschäftigt, sodass die Ausnahmevorschrift des Art. 2 Nr. 1 AufhebungsVO für ihn nicht in Betracht kommt.

b) Der Kläger fällt aber auch nicht unter die Ausnahmevorschrift des Art. 2 Nr. 2 AufhebungsVO. Diese Vorschrift setzt voraus, dass der Angestellte am 01.01.2004 das 40. Lebensjahr vollendet hat und bis zur Aufhebung der Beihilfeverordnung volle Beihilfe aufgrund einer beihilfekonformen Privatversicherung erhalten hat. Zwar war der Kläger am 01.01.2004 bereits 47 Jahre alt und hatte damit das 40. Lebensjahr vollendet, indessen hatte der Kläger zu keinem Zeitpunkt Anspruch auf volle Beihilfe aufgrund einer beihilfekonformen Privatversicherung. Der Kläger war zwar privatversichert, aber nicht beihilfekonform. Vielmehr hatte er sich entschieden, nicht den für Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes geltenden Standardtarif abzuschließen, sondern einen Tarif mit Selbstbeteiligung gewählt.

Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich bei seiner privaten Krankenversicherung nicht um eine beihilfekonforme Privatversicherung i. S. v. Art. 2 Nr. 2 AufhebungsVO. Der Verordnungsgeber hat den Begriff "beihilfekonform" nicht definiert. Vielmehr handelt es sich bei dem zusammengesetzten Wort "beihilfekonform" um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Der Begriff ist mithin ausfüllungs- bzw. auslegungsbedürftig.

Bereits nach dem Wortlaut ergibt sich, dass hierunter nur eine Privatversicherung zu verstehen ist, die den Bemessungssatz der Beihilfe auf 100 % aufstockt. Dies folgt sowohl aus dem Wortlaut selbst als auch aus dem Sinn und Zweck der Ausnahmevorschrift des Art. 2 Nr. 2 AufhebungsVO.

Die strittige Voraussetzung der Beihilfekonformität setzt sich aus den Worten "Beihilfe" und "konform" zusammen. Konform bedeutet so viel wie übereinstimmend, einheitlich, gleichgeordnet, gleichgerichtet. Durch die Verbindung mit dem Wort "Beihilfe" ergibt sich, dass es sich um eine an die Maßstäbe des Beihilferechts angepasste Privatversicherung handeln muss. Die Privatversicherung muss mit den Bemessungsgrundsätzen der Beihilfe übereinstimmen. Die Beihilfe selbst bemisst sich nach einem bestimmten Prozentsatz der (katalogmäßig aufgelisteten) beihilfefähigen Aufwendungen (siehe § 6 BhVO für Beamtinnen und Beamte in Schleswig-Holstein). Eine beihilfekonforme Privatversicherung schließt mithin die Deckungslücke zwischen der prozentual bemessenen Beihilfe und den tatsächlichen angefallenen Heilkosten.

Zudem hat der Verordnungsgeber den bereits im Sozialversicherungsrecht üblichen Begriff der Beihilfekonformität verwandt. Auch nach den sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften wird unter "beihilfekonform" ein Prozenttarif verstanden. Dies folgt aus § 257 Abs. 2 a S. 1 Nr. 2 b SGB V. Nach dieser Vorschrift erhalten Beamte einen Beitragszuschuss zu einer privaten Krankenversicherung, wenn das private Versicherungsunternehmen sich verpflichtet, Beamten mit Anspruch auf Beihilfe einen branchenüblichen Standardtarif anzubieten, dessen die Beihilfe ergänzende Vertragsleistungen den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung vergleichbar sind und dessen Beitrag sich aus der Anwendung des durch den Beihilfesatz nicht gedeckten Vom-Hundert-Anteils ergibt. Auch nach dieser sozialversicherungsrechtlichen Vorschrift wird die Beitragsbezuschussung davon abhängig gemacht, dass die private Krankenversicherung den Beihilfesatz auf 100 % aufstockt. Der Begriff "beihilfekonforme Versicherung" findet sich im Bereich der Gesetze zur sozialen Pflegeversicherung. In § 23 SGB XI ist die Versicherungspflicht für Versicherte der privaten Krankenversicherungsunternehmen geregelt. Nach § 23 Abs. 3 S. 2 SGB XI ist die beihilfekonforme Versicherung so auszugestalten, dass ihre Vertragsleistungen zusammen mit den Beihilfeleistungen, die sich bei Anwendung der in § 14 Abs. 1 und 5 der Beihilfevorschriften des Bundes festgelegten Bemessungsgrundsätze ergeben, den in Absatz 1 S. 2 des § 23 SGB XI vorgeschriebenen Versicherungsschutz gewährleisten. Auch hiernach muss die Privatversicherung den Prozentsatz der Beihilfe aufstocken.

3. Das so gefundene Auslegungsergebnis führt auch nicht zu einem Verfassungsverstoß.

a) Die Beihilfeverordnung vom 23.12.1977 ist ebenso rechtswirksam durch Art. 1 AufhebungsVO aufgehoben wie durch Art. 2 Nrn. 1 und 2 AufhebungsVO rechtswirksam Übergangsvorschriften in Form von Härtefallregelungen geschaffen worden sind. Die gesetzliche Grundlage für eine Regelung der Gewährung von Beihilfe für Arbeitnehmer und Auszubildende im öffentlichen Dienst des Landes Schleswig-Holstein war § 12 Landesbesoldungsgesetz i. d. F. vom 23.12.1977 (= LBesG, GVOBl. Schl.-H. S. 508). Gemäß § 12 Abs. 2 LBesG bestimmt das Ministerium für Finanzen und Energie die Gewährung von Beihilfen an Angestellte, Arbeiterinnen und Arbeiter sowie Auszubildende, soweit tarifliche Regelungen nicht entgegenstehen, durch Verordnung. In der gleichen Art und Weise kann das Finanzministerium folglich Aufhebungen, Änderungen und Einschränkungen der Beihilfeberechtigung durch Verordnung beschließen.

b) Nach Art. 2 AufhebungsVO haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unter den dort genannten Voraussetzungen im Sinne einer Härtefallregelung weiterhin Anspruch auf Beihilfe. Art. 2 AufhebungsVO verletzt entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Dabei ist zu berücksichtigen, dass in Art. 2 AufhebungsVO in den Nrn. 1 und 2 zwei Ausnahmetatbestände aufgeführt sind, unter deren Voraussetzungen die Angestellten weiterhin Beihilfe beanspruchen können.

(1) Art. 2 Nr. 1 AufhebungsVO enthält eine Stichtagsregelung, die auf den Beginn des ununterbrochenen Beschäftigungsverhältnisses abstellt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts - der sich die Kammer uneingeschränkt anschließt - sind Stichtagsregelungen Ausdruck einer gebotenen pauschalierten Betrachtung. Sie sind aus Gründen der Praktikabilität ungeachtet der damit verbundenen Härten zur Abgrenzung des begünstigten Personenkreises gerechtfertigt, wenn sich die Wahl des Stichtages am gegebenen Sachverhalt orientiert und demnach vertretbar ist (BAG Urt. v. 18.03.2004 - 6 AZR 4/03 -, AP Nr. 4 zu § 1 BeihilfeVO NRW).

Die unterschiedliche Behandlung von Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis zu einem öffentlichen Arbeitgeber bereits seit vielen Jahren, d. h. zumindest seit dem 30.09.1970, ununterbrochen bestanden hat und solchen, die erst nach diesem Stichtag in den öffentlichen Dienst eingetreten sind, ist sachlich gerechtfertigt. Die Stichtagsregelung dient dem Zweck, die öffentlichen Haushalte zu entlasten. Es steht einem Arbeitgeber nicht nur grundsätzlich frei, bisher gewährte Leistungen, zu deren Erbringung er kollektivrechtlich nicht gezwungen ist, für neu eingestellte Arbeitnehmer auszuschließen, vielmehr obliegt es grundsätzlich auch seiner freien Entscheidung, bisher gewährte Leistungen für die Zukunft auszuschließen, sofern die Arbeitnehmer hierauf keinen tariflichen Anspruch haben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass § 40 BAT eine reine Verweisungsnorm auf bereits vorhandene bzw. noch bestehende Beihilferegelungen ist. Der öffentliche Arbeitgeber ist weder verpflichtet, Beihilfevorschriften zu erlassen, noch ist ihm verwehrt, bestehende Beihilferegelungen wieder aufzuheben. Nur solange Beihilfevorschriften in Kraft sind, hat der Arbeitnehmer einen tariflichen Anspruch auf Anwendung derselben. Zudem handelt es sich bei der Beihilfe nicht um eine durch eine bestimmte Dauer der Zugehörigkeit zum öffentlichen Dienst erdiente Gegenleistung des Arbeitgebers, sondern um einen anlassbezogenen Zuschuss zum laufendem Gehalt (BAG Urt. v. 25.10.2001 - 6 AZR 560/00 -, zit. n. Juris). Der Angestellte des öffentlichen Dienstes muss mithin - ebenso wie die Beamtinnen und Beamten - auch unter Vertrauensschutzgesichtspunkten stets damit rechnen, dass sich Beihilfevorschriften ändern. Die Stichtagsregelung ist unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes auch sachlich gerechtfertigt. Gerade die langjährig beschäftigten und damit auch älteren und schutzwürdigeren Arbeitnehmer sollen von dem beschlossenen Wegfall der Beihilfeberechtigung ausgenommen werden. Die mit der Stichtagsregelung des Art. 2 Nr. 1 AufhebungsVO normierte Ausnahmevorschrift verstößt mithin nicht gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz.

(2) Aber auch Art. 2 Nr. 2 AufhebungsVO ist mit höherem Recht vereinbar.

(a) Insbesondere verstößt er nicht gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz, Art. 3 Abs. 1 GG.

Zunächst einmal enthält auch Art. 2 Nr. 2 AufhebungsVO ebenfalls eine Stichtagsregelung, d. h. nur diejenigen Arbeitnehmer, die am 01.01.2004 bereits das 40. Lebensjahr vollendet hatten, bleiben künftig weiter beihilfeberechtigt. Die älteren Arbeitnehmer sind schutzwürdiger, weil sie eine Anpassung des privaten Versicherungsschutzes häufig nur noch aufgrund eines sog. Risikozuschlags erhalten. Die Differenzierung aufgrund des Alters ist mithin sachlich gerechtfertigt.

Aber auch das weitere Erfordernis der Beihilfekonformität ist mit dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar. Tragender Gesichtspunkt dieser Ausnahmeregelung ist, dass in aller Regel diejenigen Arbeitnehmer, die nicht beihilfekonform privat krankenversichert waren, auch nach der Beihilfeverordnung keinen Anspruch auf die volle Beihilfe hatten. Diese Arbeitnehmer sind insoweit weniger schutzwürdig, weil sie von dem Wegfall der Beihilfe weniger betroffen sind. Diejenigen, die nicht eine beihilfekonforme Versicherung abgeschlossen hatten, erhielten in aller Regel bereits nach den bisherigen Berechnungsgrundsätzen der Beihilfeverordnung nur geringere oder gar keine Beihilfeleistungen. Insoweit ist die Ausnahme derjenigen Arbeitnehmer, die nicht beihilfekonform privat krankenversichert sind, sachlich gerechtfertigt. Die sachliche Rechtfertigung erschließt sich auch aus § 178 e VVG a.F. (seit 01.01.2008: § 199 VVG). Hiernach haben privat Versicherte mit Anspruch auf Beihilfe gegenüber der privaten Krankenversicherung einen Anspruch auf Anpassung ihres Versicherungsschutzes im Rahmen der bestehenden Krankheitskostentarife, sofern sie einen entsprechenden Antrag binnen zwei Monaten seit Inkrafttreten der Änderung stellen. Es ist in diesem Falle mithin gewährleistet, dass eine Versicherungslücke nicht entsteht. Etwaig zu tragende höhere Beiträge sind in diesem Falle grundsätzlich hinzunehmen.

(b) Zudem ist Art. 2 Nr. 2 AufhebungsVO auch mit den Vorgaben der Landesverfassung vereinbar. Zwar sieht der insoweit allein in Betracht zu ziehende Art. 5 a der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein vor, dass das Land die Rechte und Interessen pflegebedürftiger Menschen schützt und eine Versorgung fördert, die allen Pflegebedürftigen ein menschenwürdiges Leben ermöglicht. Indessen hätte es auch diese Vorschrift nicht geboten, bei Erlass der AufhebungsVO für aufgrund von Behinderung pflegebedürftige Angehörige von Arbeitnehmern eine Sonderregelung zu treffen. Zum einen handelt es sich bei der Verfassungsbestimmung um eine Programmvorschrift, die dem Normgeber einen weiten Regelungsspielraum belässt. Insbesondere lässt sich aus der Vorschrift nicht ableiten, dass das Land gehalten ist, das verfassungsrechtlich gebotene Mindestversorgungsniveau gerade durch Erlass entsprechender beihilferechtlicher Regelungen zu gewährleisten. Zum anderen hatten es auch derartige Arbeitnehmer durch rechtzeitige Umstellung der Versicherung auf eine beihilfekonforme Ausgestaltung in der Hand, der Ausnahmevorschrift des Art. 2 Nr. 2 AufhebungsVO zur Geltung zu verhelfen und dadurch die Gewährleistung einer den verfassungsrechtlichen Vorgaben genügenden Krankenversorgung ihrer entsprechend behinderten Angehörigen zu erwirken.

(c) Schließlich beruft sich der Kläger zu Unrecht auf § 2 Abs. 2 des Gesetzes zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung in Schleswig-Holstein des Landes Schleswig-Holstein (Landesbehindertengleichstellungsgesetzes - LBGG - vom 16.12.2002, GVOBl. 2002, S. 264). Die Zielsetzung des Landesbehindertengleichstellungsgesetzes entspricht derjenigen des Art. 5 a Landesverfassung, § 1 LBGG. Nach § 2 Abs. 2 S. 1 LBGG liegt eine Benachteiligung im Sinne dieses Gesetzes vor, wenn Menschen mit und ohne Behinderung ohne zwingenden Grund unterschiedlich behandelt werden und dadurch Menschen mit Behinderung in der gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beeinträchtigt werden. Nach Satz 2 dieser Norm ist eine unterschiedliche Behandlung insbesondere dann nicht gerechtfertigt, wenn sie ausschließlich oder überwiegend auf Umständen beruht, die in unmittelbarem oder mittelbarem Zusammenhang mit der Behinderung steht. Ist eine Benachteiligung aus zwingenden Gründen nicht zu vermeiden, ist für den Ausgleich ihrer Folgen Sorge zu tragen, soweit hiermit nicht ein unverhältnismäßiger Mehraufwand verbunden ist, § 2 Abs. 2 S. 3 LBGG. Vorliegend beruft sich der Kläger indessen gerade nicht darauf, dass durch die Vorschriften der Aufhebungsverordnung eine benachteiligende Ungleichbehandlung behinderter Menschen erfolge, vielmehr begehrt er stattdessen eine begünstigende Sonderregelung für diesen Personenkreis. Hierfür gibt das Landesbehindertengleichstellungsgesetz aber keine Grundlage her.

Der als Hauptantrag gestellte Feststellungsantrag ist nach alledem unbegründet.

II. Der Kläger hat aber auch keinen Anspruch auf Zahlung des hilfsweise geltend gemachten Schadensersatzes. Die Beklagte ist dem Kläger nicht zum Ersatz des aus dem unterlassenen Tarifwechsel entstandenen Schadens verpflichtet. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen kann und soll insoweit auf die zutreffenden Gründe unter Ziff. I. 3. der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen werden. Die Angriffe des Klägers in der Berufungsbegründung rechtfertigen keine andere Beurteilung der Rechtslage.

Die Beklagte hat ihre Hinweispflicht nicht verletzt. Insbesondere hat sie das Hinweisschreiben des Finanzministeriums vom 06.11.2003 unstreitig an den Kläger weitergeleitet. Der Kläger war mithin unstreitig über die bevorstehende Änderung des Beihilferechts informiert. Zwar richtet sich der in dem strittigen Schreiben enthaltene Rat, "den Versicherungsschutz auf Grund des Wegfalls des Anspruchs auf die Gewährung von Beihilfe anzupassen" ausdrücklich nur an die Personen, "die am 1. Januar 2004 das 40. Lebensjahr nicht vollendet" hatten, indessen ist in dem vorangegangenen Satz ausdrücklich vermerkt, dass nur "beihilfekonform privat versicherte Arbeitnehmer ... weiterhin eine Beihilfe .." erhalten, wenn sie bereits am 01.01.2004 40 Jahre alt sind. Der Kläger hat diesen Hinweis auf ein bestehendes Anpassungserfordernis seines privaten Versicherungsschutzes auch verstanden. Anders ist der Inhalt seines Schreibens vom 30.12.2003 nicht zu verstehen. Soweit der Kläger in dem Berufungstermin eingewandt hat, dass der Hinweis auch zu spät erfolgt sei, ist auf die Zweimonatsfrist des § 158 e VVG a. F. hinzuweisen.

III. Nach alledem war die Klage unbegründet mit der Folge, dass die Berufung zurückzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 ArbGG. Die Revision war wegen rechtsgrundsätzlicher Bedeutung gemäß § 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG zuzulassen. Streitgegenständlich waren die Auslegung einer landesweit geltenden Beihilfevorschrift sowie deren Verfassungsmäßigkeit. Die Rechtssache hat mithin über die Einzelfallentscheidung hinaus rechtsgrundsätzliche Bedeutung.

Ende der Entscheidung

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