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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 06.02.2007
Aktenzeichen: 5 Sa 328/06
Rechtsgebiete: TVG


Vorschriften:

TVG § 4 Abs. 3
TVG § 4 Abs. 5
1. Tarifkonkurrenz liegt vor, wenn verschiedene Tarifverträge mit sich überschneidenden Regelungsbereichen für ein und dasselbe Arbeitsverhältnis unmittelbar und zwingend gelten, ohne dass sich diese Tarifverträge ergänzen, wie dies z.B. regelmäßig bei einem Manteltarifvertrag und einem Entgelttarifvertrag der Fall ist.

2. Der Vorrang eines Haus- bzw. Firmentarifvertrages, der in Tarifkonkurrenz zu einem Verbands- bzw. Flächentarifvertrag steht, ist auf dessen Laufzeit beschränkt. Die durch einen Haustarifvertrag verdrängten Regelungen eines vollwirksamen Verbandstarifvertrags leben nach Fristablauf bzw. Kündigung des Haustarifvertrages wieder auf und entfalten so wieder ihre volle Normwirkung (LAG München, Urt. v. 05.04.2006 - 9 Sa 1068/05 -).


Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 5 Sa 328/06 öD

Verkündet am 06.02.2007

In dem Rechtsstreit

hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 06.02.2007 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzende und die ehrenamtlichen Richter ... und ... als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 15.06.2006, Az.: öD 2 Ca 686 b/06, wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger eine Zulage für unstreitig geleistete Überstunden in der Zeit vom 01.10.2005 bis zum 31.01.2006 nach dem als "Sondervereinbarung für Angestellte der L... Hafengesellschaft mbH" bezeichneten Haustarifvertrag vom 07.04.1961 zusteht.

Der 57-jährige Kläger ist seit dem 01.02.1998 als Angestellter im Betrieb der Beklagten beschäftigt. Kraft beiderseitiger Tarifbindung finden auf das Arbeitsverhältnis die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes, d. h. der Bundesangestelltentarifvertrag in seiner jeweils geltenden Fassung bzw. dessen Nachfolgetarifverträge (TVöD) Anwendung. In § 2 des Arbeitsverhältnisses haben die Parteien zudem geregelt (Bl. 8 d. GA.):

"§ 2

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die im Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung."

Am 07.04.1961 schloss die Beklagte mit der Gewerkschaft öffentliche Dienste, Transport und Verkehr die "Sondervereinbarung für die Angestellten der L... HafenGesellschaft mbH" als so genannten Haustarifvertrag (künftig: HausTV, Bl. 11 f. d. GA.). Soweit hier von Belang enthält dieser HausTV folgende Regelungen:

"Maßgeblich für die Angestellten der L... Hafen-Gesellschaft mbH., und zwar sowohl im Hinblick auf Arbeitsentgelt als auch auf Urlaub, Gehaltszahlung im Krankheitsfall und Kündigung ist der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23.2.61 in seiner jeweiligen Fassung. Darüber hinaus gelten folgende Bestimmungen:

§ Arbeitszeit

...

§ 2 Überstunden, Nachtarbeit, Sonn- und Feiertagsarbeit

1. In verkehrsschwachen Zeiten können Überstunden, die über die regelmäßige Arbeitszeit hinausgehen, abgefeiert werden. Die Mehrarbeitszuschläge werden ausbezahlt.

2. Die erste Überstunde wird halbstündig, jede weitere angefangene Überstunden voll bezahlt.

3. Die Vergütung für Überarbeit (Überstunden und Sonntagsarbeit) entspricht beim Schuppenvorsteher derjenigen eines Vorarbeiters bzw. eines Kranführers, beim Güterschreiber derjenigen eines Gangführers.

4. Die Schichtlöhne werden nach dem Gesamtdurchschnittsverdienst (ohne Kinderzuschläge) der an Überstunden beteiligten Angestellten der einzelnen Gehaltsgruppen berechnet.

5. Als Bemessungsgrundlage für die Mehrarbeit der Angestellten kommt der § 2 der Sondervereinbarung für die Berufsgruppen I bis IV (Anlage 2) zur Anwendung.

6. Die vorstehenden Regelungen (Abs. 1 bis 5) gelten nicht für die im Hauptbüro tätigen Angestellten.

§ 3 Erholungsurlaub und Urlaubsvergütung

...

§ 4 Geltungsdauer dieser Sondervereinbarung

1. Diese Sondervereinbarung tritt am 1. April 1961 in Kraft.

2. Die Geltungsdauer dieser Sondervereinbarung richtet sich nach der des Rahmentarifvertrages für die invalidenversicherungspflichtigen Arbeitnehmer der Gesellschaft.

Hintergrund und Zielsetzung dieses HausTV war seinerzeit, diejenigen Angestellten, die unmittelbar im Hafenumschlag und somit "Schulter an Schulter" mit den Hafenarbeitern tätig waren, bezüglich der Arbeitszeiten und der Vergütung von Überstunden nicht schlechter zu stellen als die gewerblichen Arbeitnehmer. Durch den HausTV erhielten die Angestellten die gleichen Überstundenzulagen wie die Hafenarbeiter der Beklagten, die höher waren als diejenigen nach dem BAT.

Die Beklagte kündigte den HausTV mit Schreiben vom 27.09.2004 gegenüber dem Betriebsrat und nochmals mit Schreiben vom 19.11.2004 (Bl. 24 ff. d. GA.) gegenüber der Gewerkschaft v.... Mit Schreiben vom 01.03.2005 (Bl. 27 d. GA.) informierte sie ihre Angestellten darüber, dass mit Wirkung ab dem 01.10.2005 der TVöD den BAT ablöse und wies ferner darauf hin, dass sie die Vereinbarung über die Zahlung der erhöhten Mehrarbeitsvergütungen für Angestellte in Anlehnung an den Hafenarbeitertarif (HausTV) bereits im Oktober 2004 gekündigt habe. Sie sehe ab dem 01.02.2005 keine Rechtspflicht mehr zur Zahlung dieser erhöhten Leistungen. Wegen der noch laufenden Tarifgespräche und Verhandlungen mit dem Betriebsrat würde die erhöhte Mehrarbeitsvergütung vorläufig weitergezahlt, allerdings als freiwillige und stets widerrufliche Zahlung, auf die auch bei wiederholter Gewährung kein Rechtsanspruch bestehe. Nachdem sich die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes auf die Einführung des TVöD zum 01.10.2005 geeinigt hatten, teilte die Beklagte dem Betriebsrat mit Schreiben vom 11.08.2005 mit, dass sie ab dem 01.10.2005 die freiwillige Mehrarbeitsvergütung entsprechend des gekündigten HausTV nicht mehr zahlen werde. Die Beklagte stellte die Zahlung der erhöhten Mehrarbeitszuschläge für Angestellte nach dem HausTV mit Wirkung ab dem 01.10.2005 ein. Der Kläger leistete unstreitig von Oktober bis Dezember 2005 36,3 Überstunden und erhielt hierfür auf der Grundlage des TVöD Mehrarbeitszuschläge in Höhe von insgesamt € 154,57. Nach dem HausTV errechneten sich Überstundenzuschläge über insgesamt € 223,97.

Über den Differenzbetrag in Höhe von € 69,40 hat der Kläger am 15.03.2006 vor dem Arbeitsgericht Klage erhoben.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands in erster Instanz, insbesondere des streitigen Parteivorbringens, sowie der erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils einschließlich der Inbezugnahmen verwiesen, § 69 Abs. 2 ArbGG.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Seit dem Inkrafttreten des TVöD sei der in der Nachwirkung befindliche HausTV ersetzt worden. Das Arbeitsverhältnis werde unstreitig kraft beiderseitiger Tarifbindung vom TVöD erfasst. Eine Nachwirkung gemäß § 4 Abs. 5 TVG komme daher nicht in Betracht. Denn die Nachwirkung setze voraus, dass der Tarifvertrag nicht durch eine andere Abmachung ersetzt werde. Als eine solche Abmachung sei der TVöD anzusehen. Hieran ändere auch der Umstand nichts, dass der HausTV als speziellere Regelung bisher die Regelungen des BAT zur Mehrarbeit als allgemeineren Tarifvertrag verdrängt habe. Befinde sich der speziellere Tarifvertrag in der Nachwirkung so entfalte er keine Wirkung mehr, da nunmehr die zwingende Wirkung des allgemeineren Tarifvertrages eingreife. Der HausTV sei gekündigt worden, sodass mit Wirkung ab dem 01.10.2005 die Regelungen des TVöD anzuwenden seien. Der HausTV weise auch keine so genannte Öffnungsklausel auf. Dem Kläger stehe auch kein einzelvertraglicher Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung nach dem HausTV zu. Bei § 2 des Arbeitsvertrages handele es sich um eine dynamische Bezugnahmeklausel in Form einer Gleichstellungsabrede.

Gegen dieses ihm am 12.07.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 31.07.2006 vor dem Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Berufung eingelegt und diese nach gewährter Fristverlängerung bis zum 12.10.2006 am 12.10.2006 begründet.

Der Kläger ist der Auffassung,

dass sich die in § 2 Ziff. 3 HausTV geregelte Mehrarbeitsvergütung nach der Kündigung im Stadium der Nachwirkung befunden habe. In der Präambel des HausTV hätten die Tarifvertragsparteien zumindest konkludent eine Öffnungsklausel vereinbart. Dies ergebe sich aus der Formulierung "darüber hinaus". Im HausTV seien die Mehrarbeitszuschläge des einschlägigen Flächentarifvertrags (BAT) nicht einfach angehoben, sondern eine völlig eigenständige Regelung getroffen worden. Die Regelungen über Mehrarbeitsvergütung im HausTV hätten mithin die entsprechenden Regelungen des Flächentarifvertrags (BAT) ersetzt. Es sei auch möglich, dass ein HausTV mit derselben Gewerkschaft eine Öffnungsklausel für den beim Arbeitgeber geltenden Verbandstarifvertrag normiere. Dies ergebe sich aus § 4 Abs. 3 TVG. Demzufolge bestehe keine Tarifkonkurrenz. Der HausTV wirke folglich gemäß § 4 Abs. 5 TVG nach. Selbst bei Vorliegen einer Tarifkonkurrenz sei der HausTV nicht durch den jetzt geltenden TVöD abgelöst worden. Denn die vertragsschließenden Parteien des HausTV hätten gerade nicht die Möglichkeit ergriffen, die Nachwirkung auszuschließen. Nehme man die auch im Nachwirkungszeitraum fortgeltende Gestaltungswirkung des Willens der Tarifvertragspartner ernst, spreche mehr für eine Nachwirkung speziellerer Tarifverträge auch bei gleichzeitiger Fortgeltung allgemeiner Flächentarifverträge. Im Verhältnis zwischen nachwirkendem und vollwirksamem HausTV sollten deshalb dieselben Konkurrenzwirkungen angewendet werden, wie im Verhältnis vollwirksamer Tarifverträge untereinander.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck, Az.: öD 2 Ca 686 b/06, vom 15.06.2006, zugestellt am 12.07.2006, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 69,04 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 20.03.2006 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt

das angefochtene Urteil. Der HausTV und der TVöD stünden im Verhältnis der Tarifkonkurrenz, zumindest seit Inkrafttreten des vollwirksamen Flächentarifvertrages TVöD habe dieser den sich in der Nachwirkung befindlichen "spezielleren" HausTV verdrängt. Dem stehe auch nicht etwa eine Öffnungsklausel in der Präambel des HausTV entgegen. Die Präambel enthalte eine solche nicht, vielmehr bedeute der Satz "Darüber hinaus gelten folgende Bestimmungen", dass neben und zusätzlich zu den weiterhin in vollem Umfang geltenden Regelungen des BAT die dann folgenden Regelungen des HausTV gelten sollten. Die Tarifvertragsparteien hätten in der Präambel des HausTV auch keine Öffnungsklausel als abweichende Abmachung i. S. d. § 4 Abs. 3 TVG vereinbart. Der Kläger übersehe, dass es für abweichende günstigere Regelungen keiner Öffnungsklausel bedurfte. Im Übrigen könnte eine Öffnungsklausel in Bezug auf einen Flächentarifvertrag auch nicht in einem HausTV vereinbart werden. Hierzu hätte es der Zustimmung des für den Flächentarifvertrag zuständigen Arbeitgeberverbands bedurft. Aber auch das Argument des Klägers, dass die Tarifvertragsparteien des HausTV von der Möglichkeit des Ausschlusses der Nachwirkung des HausTV gerade keinen Gebrauch gemacht hätten, verhelfe dem Kläger nicht zum gewünschten Erfolg. Nach der Rechtsprechung und der Literaturmeinung gelte die Kollisionsregel, dass der nach § 4 Abs. 1 TVG vollwirksame Tarifvertrag den nach § 4 Abs. 5 TVG lediglich nachwirkenden Tarifvertrag verdränge. Hieran änderten auch tarifpolitische Wunschvorstellungen nichts.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf den Inhalt der Berufungsschriftsätze sowie der Sitzungsniederschrift vom 06.02.2007 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig.

In der Sache selbst hat die Berufung indessen keinen Erfolg.

Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen kann und soll auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen werden. Lediglich ergänzend und auf den Sachvortrag des Klägers in zweiter Instanz eingehend wird noch auf Folgendes hingewiesen:

1. Der HausTV stand in Tarifkonkurrenz zu dem seinerzeit geltenden BAT, der durch den TVöD abgelöst worden ist. Das Arbeitsverhältnis der Parteien unterliegt nach wie vor kraft beiderseitiger Tarifbindung den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes. Zu dem vollwirksamen Verbandstarifvertrag des öffentlichen Dienstes, d. h. dem den BAT ablösenden TVöD, steht der HausTV in Tarifkonkurrenz.

a) Tarifkonkurrenz liegt dann vor, wenn verschiedene Tarifverträge mit sich überschneidenden Regelungsbereichen für ein und dasselbe Arbeitsverhältnis unmittelbar und zwingend gelten, ohne dass sich diese Tarifverträge ergänzen, wie dies z. B. regelmäßig bei einem Manteltarifvertrag und einem Entgelttarifvertrag der Fall ist. Die Tarifkonkurrenz kann durch die Tarifvertragsparteien selbst verursacht werden, wenn der Arbeitgeber - wie hier - an einen Verbandstarifvertrag gebunden ist und mit derselben Gewerkschaft einen hausinternen Tarifvertrag mit demselben Regelungsbereich abschließt. Nach dem Grundsatz der Spezialität kommt in einem solchen Fall der Tarifkonkurrenz allein der Tarifvertrag zur Anwendung, der dem Betrieb räumlich, betrieblich, fachlich und persönlich am nächsten steht und deshalb den Erfordernissen und Eigenarten des Betriebes und der darin tätigen Arbeitnehmer am besten gerecht wird (BAG, Urt. v. 18.10.2006 - 10 AZR 576/05 -, zit. n. Juris). Dies war im vorliegenden Fall der zwischen der Beklagten und der Gewerkschaft Ö... abgeschlossene HausTV. Dieser HausTV hat nach dem Spezialitätsgrundsatz in Teilbereichen die Regelungen des BAT (jetzt TVöD) verdrängt.

b) Nach diesen Grundsätzen steht der HausTV in Tarifkonkurrenz zum BAT bzw. TVöD. Der BAT nebst den diesen ergänzenden Regelungen enthielt - ebenso wie der diesen ablösende TVöD - unstreitig Regelungen zur Mehrarbeitsvergütung der Angestellten. In Überschneidung hierzu enthält der HausTV hiervon abweichende, für die Angestellten günstigere Regelungen. Nach dem Spezialitätsgrundsatz fand mithin in Bezug auf die Mehrarbeitsvergütung der HausTV während dessen Laufzeit Anwendung.

2. Die vorbeschriebene Tarifkonkurrenz zwischen dem HausTV und dem BAT bzw. TVöD endete indessen mit der Kündigung des HausTV, spätestens mithin am 01.02.2005.

Der Vorrang eines Haustarifvertrages gegenüber einem Verbands- bzw. Flächentarifvertrag ist indessen auf dessen Laufzeit beschränkt. Ist die in einem Haustarifvertrag festgelegte Laufzeit abgelaufen bzw. der Haustarifvertrag - wie hier - wirksam gekündigt worden, endet gleichzeitig das Konkurrenzverhältnis zum vollwirksamen Flächen- bzw. Verbandstarifvertrag. Die durch einen Haustarifvertrag verdrängten Regelungen eines vollwirksamen Verbandstarifvertrags leben wieder auf und entfalten so wieder ihre volle Normwirkung (LAG München, Urt. v. 05.04.2006 - 9 Sa 1068/05 -, zit. n. Juris).

Mit der wirksamen Kündigung des HausTV lebten mithin die verdrängten Regelungen der Verbandstarifverträge des öffentlichen Dienstes wieder auf. Für den streitgegenständlichen Zeitraum kann der Kläger mithin keine Mehrarbeitsvergütung nach dem HausTV beanspruchen. Dieser wirkte aufgrund der durch die Kündigung desselben beendeten Tarifkonkurrenz nicht nach.

3. Dem steht auch nicht § 4 Abs. 5 TVG entgegen.

a) Nach dieser Vorschrift gelten nach Ablauf eines Tarifvertrages seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden. Die Nachwirkung bezweckt, dass das Arbeitsverhältnis durch den Wegfall der tariflichen Regelungen nicht gleichsam inhaltslos wird. Diese Regelungslücke entsteht indessen nicht, wenn nunmehr im einzelnen Arbeitsverhältnis kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit der zuvor in Konkurrenz zurückgetretene Verbandstarifvertrag gilt. Der Verbandstarifvertrag erfasst sodann die bisher von dem spezielleren Haustarifvertrag beherrschten Arbeitsverhältnisse so, dass eine Nachwirkung des gekündigten spezielleren Haustarifvertrags ausscheidet (BAG, Urt. v. 19.01.1962 - 1 AZR 147/61 -, AP Nr. 11 zu § 5 TVG; LAG München, Urt. v. 05.04.2006 - 9 Sa 1068/05 -, a.a.O.).

b) Hieran gemessen wirkte der HausTV nach Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr nach. Die Tarifkonkurrenz hat mithin zur Folge, dass der sich aufgrund der Kündigung nur noch im Nachwirkungsstadium befindliche HausTV durch den uneingeschränkt gültigen BAT bzw. den diesen ablösenden TVöD verdrängt wurde (LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 15.02.2005 - 2 Sa 10/05 -, zit n. Juris). An dessen Stelle trat mithin der vollwirksame BAT bzw. der diesen ablösende TVöD. Die Überstundenvergütung richtet sich nach der Kündigung des HausTV mithin ausschließlich wieder nach den für den öffentlichen Dienst geltenden Tarifverträgen, für den streitgegenständlichen Zeitraum mithin nach dem TVöD.

4. Auch der Einwand des Klägers, die Tarifkonkurrenz scheide vorliegend aus, weil die Tarifvertragsparteien in der Präambel des HausTV eine Öffnungsklausel in Bezug auf die entsprechenden Regelungen des BAT vereinbart hätten, verhilft der Berufung nicht zum Erfolg.

a) Zum einen lässt sich dem Wortlaut der Präambel des HausTV nicht im Ansatz eine derartige Öffnungsklausel entnehmen. Vielmehr ergibt sich aus den Worten "darüber hinaus", dass neben den vollwirksamen Regelungen des BAT zusätzlich die Regelungen des HausTV gelten sollten. Der HausTV hat mithin auch nach dem erklärten Willen der tarifvertragsschließenden Beklagten und der Ö... die Regelungen des BAT zur Überstundenvergütung nicht in Gänze ersetzt, sondern nur für dessen Laufzeit verdrängt.

b) Zudem weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass eine Öffnungsklausel für die in einem Verbands- bzw. Flächentarifvertrag geregelten Normen nur von den Tarifvertragsparteien des zu öffnenden Tarifvertrages, d. h. des Verbandstarifvertrages, vereinbart werden können, nicht hingegen von denjenigen des hausinternen Tarifvertrags.

c) Ungeachtet dessen waren die Tarifvertragsparteien des strittigen HausTV vorliegend auch ohne so genannte Öffnungsklausel (im BAT) nicht gehindert, die vom BAT abweichenden Regelungen des § 2 HausTV zu vereinbaren, da sie dem Günstigkeitsprinzip nach § 4 Abs. 3 TVG entsprachen.

d) Auch das Argument des Klägers, aus der Tatsache, dass die Beklagte und die Ö... im HausTV nicht ausdrücklich die Nachwirkung ausgeschlossen hätten, sei zu folgern, dass der HausTV nachwirke, überzeugt nicht. Im Gegenteil, wenn die Tarifvertragsparteien des HausTV die unter Ziff. 1 und 2 dieser Entscheidungsgründe dargestellten "normalen" Rechtswirkungen der Tarifkonkurrenz hätten ausschließen wollen, hätten sie die Nachwirkung des HausTV ausdrücklich vereinbaren müssen.

5. Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 ArbGG.

Die Revision war mangels rechtsgrundsätzlicher Bedeutung nicht zuzulassen, § 72 Abs. 2 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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