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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 29.01.2008
Aktenzeichen: 5 Sa 340/07
Rechtsgebiete: ArbGG, LohnTV, MTV, TVG, BetrVG, BGB


Vorschriften:

ArbGG § 69 Abs. 2
ArbGG § 72 a
LohnTV § 2
LohnTV § 7 Ziff. 11
MTV § 6
TVG § 3 Abs. 1
TVG § 3 Abs. 3
TVG § 4 Abs. 4
TVG § 4 Abs. 5
BetrVG § 77
BetrVG § 77 Abs. 2
BetrVG § 77 Abs. 3
BetrVG § 77 Abs. 3 S. 1
BetrVG § 87
BGB § 288 Abs. 1
BGB § 291
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 5 Sa 340/07

Verkündet am 29.01.2008

In dem Rechtsstreit

hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 18.12.2007 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzende und die ehrenamtlichen Richter ... und ... als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn, Kammer Meldorf, vom 28.06.2007, Az.: 5 Ca 455 c/07, abgeändert und wie folgt geändert:

a) Die Beklagte wird verurteilt an den Kläger Vergütungsdifferenzen für den Monat Januar 2007 über den durch erstinstanzliches Urteil ausgeurteilten Betrag von € 828,53 brutto weitere € 84,15 brutto somit € 912,68 brutto nebst 5 %-Punkte über dem Basiszinsatz der Europäischen Zentralbank seit dem 22.03.2007 zu zahlen.

b) Die Beklagte wird verurteilt an den Kläger Vergütungsdifferenzen für den Monat Februar 2007 über den durch erstinstanzliches Urteil ausgeurteilten Betrag von € 485,41 brutto weitere € 517,28 brutto somit € 1.002,69 brutto nebst 5 %-Punkte über dem Basiszinsatz der Europäischen Zentralbank seit dem 19.04.2007 zu zahlen.

c) Die Beklagte wird verurteilt an den Kläger Vergütungsdifferenzen für den Monat März 2007 über den durch erstinstanzliches Urteil ausgeurteilten Betrag von € 455,77 brutto weitere € 273,50 brutto somit € 729,27 brutto nebst 5 %-Punkte über dem Basiszinsatz der Europäischen Zentralbank seit dem 23.05.2007 zu zahlen.

2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn, Kammer Meldorf, vom 28.06.2007, Az.: 5 Ca 455 c/07, wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz trägt die Beklagte.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Zahlungsansprüche aus einem Arbeitsverhältnis.

Der am ...1956 geborene Kläger ist bei der Beklagten seit dem 18.06.1981 als Kraftfahrer beschäftigt. Einzelvertraglich vereinbarten die Parteien einen Stundenlohn von € 8,00 brutto. Der Kläger ist Mitglied der Gewerkschaft ver.di, die Beklagte war bis zum 31.12.2005 Mitglied des Verbandes Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung e.V., N.... Gemäß § 2 des Lohntarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer des Verkehrsgewerbes - Güterkraftverkehr - in Schleswig-Holstein (künftig: LohnTV) vom 23.08.2004 betrug der Stundenlohn für im Nahverkehr eingesetzte Kraftfahrer mit einer 5-jährigen Betriebszugehörigkeit € 9,90 brutto. Nach § 6 des Manteltarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer des Verkehrsgewerbes in Schleswig-Holstein vom 25.07.2001 (künftig: MTV) haben tarifgebundene Arbeitnehmer Anspruch auf Mehrarbeitszuschläge in Höhe von 25 %, sofern die Mehrarbeit während der Nacht geleistet wird, erhöht sich dieser auf 50 %. Für geleistete Nachtarbeit (21:00 Uhr - 6:00 Uhr) erhält der Arbeitnehmer einen Zuschlag von 25 %, für geleistete Sonntagsarbeit einen Zuschlag von 50 % und für geleistete Arbeit an gesetzlichen Wochenfeiertagen einen Zuschlag von 150 %. Am 30.10.2006 schlossen die Tarifvertragsparteien einen neuen ab dem 01.01.2007 gültigen Manteltarifvertrag ab. Am 31.10.2006 einigten sie sich auf einen neuen ab dem 01.01.2007 gültigen Lohntarifvertrag, der gemäß § 7 Ziff. 11 den LohnTV vom 23.08.2004 außer Kraft setzt. Mit Wirkung ab dem 01.01.2007 erhöhte sich der tarifliche Stundenlohn für Kraftfahrer im Nahverkehr mit einer 5-jährigen Betriebszugehörigkeit auf € 10,18 brutto.

Mit Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 24.08.2006 (Az.: 5 Ca 1028 c/05) sowie mit Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 08.02.2007 (Az.: 5 Ca 1769 b/06) wurde die Beklagte rechtskräftig verurteilt Vergütungsdifferenzen zwischen dem tatsächlich gezahlten Stundenlohn in Höhe von € 8,00 brutto und dem tariflichen Stundenlohn inklusive der tariflichen Zeitzuschläge für die Monate von November 2004 bis einschließlich Dezember 2006 zu zahlen.

In den Monaten Januar bis einschließlich März 2007 rechnete die Beklagte das Arbeitsverhältnis nach einem Stundenlohn von € 8,00 brutto ab (Bl. 6, 27, 33 d. GA.). Mit Schreiben vom 06.03.2007 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass seit Anfang Januar 2007 für ihn die Lohnabrechnungsbedingungen gölten, wie sie sich aus der anliegenden Betriebsvereinbarung vom 31.03.2006 ergäben (Bl. 14, 15 - 17 d. GA.). Danach seien jedwede Zuschlagszahlungen zum Stundenlohn für die Laufzeit der Betriebsvereinbarung ausgesetzt. Die Betriebsvereinbarung vom 31.03.2006 hatte gemäß § 7 eine Laufzeit bis zum 31.03.2007. Am 23.03.2007 schlossen die Betriebsparteien eine gleich lautende Betriebsvereinbarung ab (Bl. 52 -54 d. GA.).

Mit seiner vor dem Arbeitsgericht erhobenen Klage hat der Kläger die Vergütungsdifferenzen zwischen dem tatsächlich abgerechneten und gezahlten Lohn für die Monate Januar bis März 2007 und dem ihm nach dem Lohntarifvertrag zustehenden Lohn einschließlich der Zulagen sowie zusätzliche Überstundenvergütung geltend gemacht.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands in erster Instanz, insbesondere des streitigen Parteivorbringens, sowie der erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils einschließlich der Inbezugnahmen verwiesen, § 69 Abs. 2 ArbGG.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 28.06.2007 teilweise stattgegeben. Der Kläger habe Anspruch auf den Tariflohn. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht auf das rechtskräftige Urteil vom 24.08.2006 (Az.: 5 Ca 1028 c/05) verwiesen. Der Lohntarifvertrag gelte danach kraft Tarifbindung beider Parteien. Hieran habe auch der einseitige Verbandsaustritt der Beklagten nichts geändert, § 4 Abs. 5 TVG. Eine andere Abmachung i. S. v. § 4 Abs. 4 TVG sei nicht in der Betriebsvereinbarung zu erblicken. Die Beklagte habe keine den Formvorschriften des § 77 Abs. 2 BetrVG entsprechende Betriebsvereinbarung vorgelegt. Auch der Umstand, dass mit Wirkung ab dem 01.01.2007 die bisher auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträge durch andere Tarifverträge abgelöst worden seien, berühre grundsätzlich die Ansprüche des Klägers aus der Nachwirkung nicht. Insbesondere habe die Beklagte mit dem Kläger keine andere Abmachung i. S. v. § 4 Abs. 5 TVG getroffen. Die Betriebsvereinbarungen vom 31.03.2006 und 23.03.2007 seien unbeachtlich. Nach § 77 Abs. 3 S. 1 BetrVG könnten Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt seien oder üblicherweise geregelt würden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Entsprechend der Funktion der Nachwirkung blieben die tariflich geregelten Arbeitsbedingungen in dem Zustand erhalten, wie sie sich zur Zeit des Ablaufs des Tarifvertrages am 31.12.2006 darstellten. Die Tarifnormen gölten im Nachwirkungszeitraum statisch weiter. Der Kläger habe mithin für Januar bis März 2007 Anspruch auf den Tariflohn, den tariflichen Überstunden- und Nachtarbeitszuschlag sowie das tarifliche Urlaubsgeld. Soweit der Kläger darüber hinaus Ansprüche auf Mehrarbeitsvergütung und tarifliche Zuschläge für zusätzliche Mehrarbeit und Nachtarbeit geltend mache, seien diese nicht substantiiert dargelegt worden.

Gegen dieses ihr am 06.08.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 14.08.2007 beim Landesarbeitsgericht Berufung eingelegt und diese am 30.08.2007 begründet. Der Kläger hat seinerseits gegen das ihm am 06.08.2007 zugestellte erstinstanzliche Urteil am 05.09.2007 beim Landesarbeitsgericht Berufung eingelegt und diese am Montag, den 08.10.2007 begründet.

In Bezug auf ihre Berufung meint die Beklagte,

die Nachwirkung der alten Lohn- und Manteltarifverträge gemäß § 4 Abs. 5 TVG sei durch die am 31.10.2006 neu abgeschlossenen Tarifverträge, die am 01.01.2007 unstreitig in Kraft getreten seien, beendet worden. Darüber hinaus sei die Nachwirkung der alten Tarifverträge auch durch den Abschluss der Betriebsvereinbarungen vom 31.03.2006 und vom 23.03.2007 beendet worden, da der Betriebsrat nachwirkende betriebliche Bestimmungen durch Betriebsvereinbarung ersetzen könne.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des am 28.06.2007 verkündeten und am 06.08.2007 zugestellten Urteils des Arbeitsgerichts Elmshorn, Az.: 5 Ca 455 c/07, die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt

insoweit das angefochtene Urteil.

Zur Begründung seiner Berufung trägt der Kläger vor, das Arbeitsgericht habe seine Zahlungsklage zu Unrecht teilweise abgewiesen. Im Einzelnen stünden ihm noch folgende Ansprüche zu:

Januar 2007

Entgegen der Januar-Abrechnung habe er nicht nur 2 sondern insgesamt 19 Nachtarbeitsstunden geleistet. Bei der Beklagten gelte die Zeit von 20:00 Uhr bis 6:00 Uhr als Nachtarbeitszeit und sei dementsprechend mit dem tariflichen Zuschlag von 50 % zu vergüten. Am 05.01., 08.01., 15.01. sowie am 29.01.2007 habe er um 4:00 Uhr seinen Dienst aufgenommen, sodass ihm Nachtarbeitszuschläge für jeweils zwei Nachtarbeitsstunden zustünden. An neun weiteren, genau bezeichneten Tagen habe er jeweils um 5:00 Uhr angefangen zu arbeiten und am 26.01.2007 um 5:30 Uhr. Am 30.01.2007 habe er von 5:00 Uhr bis 21:30 Uhr gearbeitet, sodass ihm für diesen Tag Nachtarbeitszuschläge für 1,5 Stunden zustünden. Insgesamt ergeben sich Nachtarbeitszuschläge für 19 Stunden, zuerkannt habe das Arbeitsgericht indessen nur für 2 Stunden. Hieraus ergebe sich eine Differenz von 17 Nachtarbeitsstunden, die mit einem Zuschlag von 50 % zu vergüten seien, mithin mit € 84,15 brutto (17 x 4,95).

Februar 2007

Entgegen der Februar-Abrechnung habe er nicht nur 177,5 Stunden, sondern insgesamt 212,5 Stunden gearbeitet. Insoweit verweist der Kläger auf eine tabellarische Monatsaufstellung, die den Arbeitsbeginn und das Arbeitsende ausweist (Bl. 130 f. d. GA.). Zum Beleg der eingetragenen Zeiten verweist der Kläger auf die Tachoscheiben der einzelnen Tage (Bl. 132 - 134 d. GA.). Den Arbeitnehmern der Beklagten stünde pro Arbeitstag eine bezahlte Stunde Pause zu. Aus der Übersicht und den beigefügten Tachoscheiben ergebe sich, dass der Kläger tatsächlich 212,5 Stunden gearbeitet habe. Ihm stehe mithin Vergütung für 35 zusätzlich geleistete Arbeitsstunden zu, mithin € 346,50 (35 x 9,90). Ferner habe er Anspruch auf zusätzlichen Überstundenzuschlag für 67,5 Stunden. Dies ergebe sich ebenfalls aus der tabellarischen Aufstellung. Das Arbeitsgericht habe demgegenüber ihm nur Überstundenzuschläge für 23,5 Stunden zuerkannt, sodass sich eine Differenz von 44 Stunden errechne, für die ihm noch Überstundenzuschläge zustünden, mithin € 108,90 brutto (44 x 2,475). Im Februar habe er ausweislich der Aufstellung und der Tachoscheiben insgesamt 12,5 Nachtarbeitsstunden geleistet, für die ihm noch Nachtzuschläge zustünden, mithin € 61,88 brutto (12,5 x 4,95).

März 2007

Im März 2007 habe er nicht nur - wie in der Märzabrechnung ausgewiesen - 199,5 Stunden, sondern tatsächlich 213 Stunden insgesamt gearbeitet. Der Kläger verweist insoweit ebenfalls auf eine tabellarische Auflistung der Arbeitsstunden sowie beiliegende Tachoscheiben (Bl. 135 - 139 d. GA.). Ihm stünden mithin weitere Lohnansprüche für 13,5 Stunden zu, mithin € 133,65 brutto (13 x 9,90). Unter Berücksichtigung der geleisteten Samstagsarbeit und der von Montag bis Freitag über die reguläre Arbeitszeit (Montag bis Donnerstag je acht Stunden und Freitag 6,5 Stunden) hinaus geleisteten Arbeitsstunden habe er zudem Anspruch auf Überstundenzuschläge für 68,5 Überstunden. Das Arbeitsgericht habe indessen nur 31 Überstunden zugrunde gelegt, sodass ihm noch Zuschläge für 37,5 Überstunden zustünden, mithin € 92,82 brutto (37,5 x 2,475). Unberücksichtigt habe das Arbeitsgericht auch gelassen, dass er insgesamt 9,5 Nachtarbeitsstunden geleistet habe. Dies ergebe sich ebenfalls aus der Auflistung sowie den Tachoscheiben. Ihm stünden mithin Nachtzuschläge über € 47,03 zu (9,5 x 4,95).

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 28.06.2007, Az.: 5 Ca 455 c/07, den erstinstanzlichen Anträgen des Klägers in vollem Umfang wie folgt zu entsprechen:

a) die Beklagte zu verurteilen an ihn Vergütungsdifferenzen für den Monat Januar 2007 über den durch erstinstanzliches Urteil ausgeurteilten Betrag von 828,53 € weitere 84,15 €, insgesamt somit 912,68 € nebst 5 %-Punkten über dem Basiszins der Europäischen Zentralbank seit dem 22.03.2007 zu zahlen,

b) die Beklagte zu verurteilen an ihn Vergütungsdifferenzen für den Monat Februar 2007 über den durch erstinstanzliches Urteil ausgeurteilten Betrag von 485,41 € weitere 517,28 €, insgesamt somit 1.002,69 € nebst 5 %-Punkten über dem Basiszins der Europäischen Zentralbank seit dem 19.04.2007 zu zahlen,

c) die Beklagte zu verurteilen, an ihn Vergütungsdifferenzen für den Monat März 2007 über den durch erstinstanzliches Urteil ausgeurteilten Betrag von 455,77 € weitere 273,50 €, insgesamt somit 729,27 € nebst 5 %-Punkten über dem Basiszins der Europäischen Zentralbank seit dem 23.05.2007 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Beklagte erwidert hierauf, dass auf das Arbeitsverhältnis Tarifrecht nicht anwendbar sei. Der Kläger habe im Januar 2007 nicht 19, sondern nur zwei Nachtstunden gearbeitet. Dienstbeginn sei 6:00 Uhr. Der Kläger könne die Fahrtzeit zwischen seinem Wohnort und dem Betriebssitz nicht mit einrechnen. Der Kläger habe im Februar nur 177,5 Stunden und nicht 212,5 Stunden gearbeitet. Maßgeblich sei die reguläre Arbeitszeit. Insbesondere habe der Kläger nicht dargelegt, von wem, wann und aus welchem Grund er aufgefordert worden sei, Mehrarbeit zu leisten. Der Hinweis auf die Tachoscheiben ersetze keinen substantiierten Sachvortrag. Im März 2007 habe der Kläger auch nur 199,5 Stunden und nicht wie behauptet 213 Stunden gearbeitet. Auch hier sei sein Vortrag unsubstantiiert.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 18.12.2007 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

A.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig.

In der Sache selbst hat die Berufung indessen keinen Erfolg.

Das Arbeitsgericht hat der Klage - im zuerkannten Umfang - sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zu Recht stattgegeben. Der Kläger hat auch für die Monate Januar bis einschließlich März 2007 Anspruch auf den zum Zeitpunkt 31.12.2005 geltenden Tariflohn sowie die dementsprechenden tariflichen Zuschläge. Die hiergegen von der Beklagten erhobenen Einwände rechtfertigen kein anderes Ergebnis. Weder der Verbandsaustritt zum 31.12.2005 (1.) noch der Abschluss der Betriebsvereinbarungen vom 31.03.2006 bzw. 23.03.2007 (2.) noch der Abschluss neuer Tarifverträge (3.) beendeten die statisch fortgeltenden tariflichen Ansprüche des Klägers.

1. Die Beklagte ist trotz ihres Verbandsaustritts zum 31.12.2005 zur Zahlung des tariflichen Stundenlohns sowie der Zeitzuschläge nach dem bis zum 31.12.2006 geltenden LohnTV und MTV verpflichtet.

a) Obgleich die Tarifgebundenheit der Beklagten nach § 3 Abs. 1 TVG unstreitig mit dem Ende von deren Mitgliedschaft in dem die Tarifgebundenheit vermittelnden Arbeitgeberverband am 31.12.2002 endete, finden vorliegend die zum 31.12.2006 geltenden tariflichen Bestimmungen weiterhin auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Denn mit der Beendigung der Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband tritt die sogenannte verlängerte Tarifgebundenheit bzw. Nachbindung nach § 3 Abs. 3 TVG ein. Danach bleibt die Tarifgebundenheit bestehen bis der Tarifvertrag endet. § 3 Abs. 3 TVG ordnet für den Fall des Verbandsaustritts durch Aufrechterhaltung der Tarifgebundenheit die zwingende Weitergeltung des Tarifvertrages bis zu dessen Beendigung an (BAG Urt. v. 15.10.2003 - 4 AZR 573/02 -, AP Nr. 41 zu § 4 TVG). Bis zum 31.12.2006 war die Beklagte daher gem. § 3 Abs. 3 TVG trotz ihres Verbandsaustrittes an die bis zum 31.12.2006 geltenden Mantel- und Lohntarifverträge gebunden.

Die hier streitigen Ansprüche resultieren indessen aus einem danach liegenden Zeitraum, nämlich der Zeit vom 01.01. bis 31.03.2007. Insoweit kann sich der Kläger vorliegend hinsichtlich der tariflichen Ansprüche nicht auf die verlängerte Tarifgebundenheit gemäß § 3 Abs. 3 TVG stützen. Diese endete mit Inkrafttreten der neuen Mantel- und Lohntarifverträge am 01.01.2007. Jede Änderung eines Tarifvertrages ist als Beendigung im Sinne des § 3 Abs. 3 TVG - auch hinsichtlich der unveränderten Bestimmungen - anzusehen (BAG Urt. v. 07.11.2001 - 4 AZR 703/00 -, AP Nr. 11 zu § 3 TVG). Daher endete die sich aus § 3 Abs. 3 TVG ergebende Tarifgebundenheit/ Nachbindung der Beklagten mit Abschluss der Mantel- und Lohntarifverträge vom 30. bzw. 31.10.2006 ab deren Inkrafttreten, mithin am 01.01.2007.

b) Aus dem Ende der tariflichen Nachbindung im Sinne des § 3 Abs. 3 TVG folgt jedoch entgegen der Ansicht der Beklagten nicht, dass der Kläger die sich aus den - alten - Mantel- und LohnTV ergebenden Ansprüche oder Rechte ab Inkrafttreten der - neuen - Tarifverträge, d.h. ab dem 01.01.2007, nicht mehr hat.

Vielmehr hat der Gesetzgeber mit § 4 Abs. 5 TVG angeordnet, dass die Normen des auslaufenden, beendeten Tarifvertrages über den Beendigungszeitpunkt hinaus für die vom Tarifvertrag erfasst gewesenen Arbeitsverhältnisse weiter gelten, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden. Insoweit handelt es sich um die sogenannte Nachwirkung eines Tarifvertrages.

Die Nachwirkung des Tarifvertrages nach § 4 Abs. 5 TVG setzt den Fortbestand der beiderseitigen Mitgliedschaft der Arbeitsvertragsparteien in den tarifschließenden Verbänden nicht voraus. Eine unmittelbare zwingende Wirkung entfalten die Rechtsnormen eines Tarifvertrages nur bei beiderseitiger Tarifgebundenheit (§ 3 Abs. 1 TVG), wie sie hier nur bis zum 31.12.2005 vorlag, oder bei einer Allgemeinverbindlichkeitserklärung (§ 5 Abs. 4 TVG). Nach dem Ende der originären (§ 3 Abs. 1 TVG) und verlängerten Tarifgebundenheit (§ 3 Abs. 3 TVG) fehlt es an einer Legitimation für die bisherige Rechtsnormerstreckung auf die damals tarifunterworfenen Arbeitsverhältnisse. § 4 Abs. 5 TVG schafft deshalb einen Rechtsgrund für den Fortbestand des bisherigen Tarifinhalts zwischen den Arbeitsvertragsparteien bis zu einer anderen Abmachung. Auf Grund der gesetzlichen Regelung kommt es zu einer Erweiterung der Tarifgeltung (BAG Urt. v. 15.10.2003 - 4 AZR 573/02 -, a.a.O.) und zwar unabhängig davon, ob die beiderseitige Verbandsmitgliedschaft im Nachwirkungszeitraum fortbesteht. Grundlage der Weitergeltung ist nicht mehr der abgelaufene Tarifvertrag, sondern die gesetzliche Vorschrift (LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 12.05.2005 - 3 Sa 105/05 -, NZA-RR 2005, 426 ff.). § 4 Abs. 5 TVG dient letztlich den Interessen der Arbeitsvertragsparteien - Arbeitgeber und Arbeitnehmer - für die es wichtig ist, dass ihr Arbeitsverhältnis nach Beendigung des Tarifvertrages nicht inhaltsleer wird. § 4 Abs. 5 TVG sieht die dispositive - also die durch eine neue Regelung wie einschlägiger Tarifvertrag, Abänderungsvertrag, Änderungskündigung etc. abänderbare Weitergeltung der Tarifnormen nach Ablauf des Tarifvertrages vor (BAG a.a.O). Die Nachwirkung im Sinne des § 4 Abs. 5 TVG schließt sich auch bei einem Verbandsaustritt dem Ende der verlängerten Tarifgebundenheit nach § 3 Abs. 3 TVG an (BAG v. 07.11.2001 - 4 AZR 703/00 -, a.a.O.). Bei einer entsprechenden Fallkonstellation folgt daher der Nachbindung die Nachwirkung des Tarifvertrages, bis die Tarifnormen durch eine andere Abmachung im Sinne des § 4 Abs. 5 TVG ersetzt werden.

c) Nach Ablauf des Tarifvertrages gelten daher seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden. Während des Nachwirkungszeitraumes besteht nach den Wortlaut der gesetzlichen Regelung keine unmittelbare und zwingende Wirkung der Tarifvertragsnormen. Vielmehr sind sie dispositiv. Andere Abmachungen nach § 4 Abs. 5 TVG können Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen in den Grenzen von §§ 87, 77 BetrVG und Individualabreden sein (ErfK/ Schaub, 8. Aufl., Rn. Ziff. 77 zu § 4 TVG mit BAG-Rspr.-Nachw.). Sofern mithin keine anderen Abmachungen i. S. v. § 4 Abs. 5 TVG getroffen worden sind, finden die - alten - Tarifnormen weiterhin auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Findet auf das Arbeitsverhältnis kraft neuerlicher Tarifbindung beider Parteien kein (neuer) Tarifvertrag Anwendung und haben die Parteien auch keine einzelvertragliche Abänderung der vormals geltenden tariflichen Arbeitsbedingungen vereinbart, bleibt ihm gegen den Willen des Arbeitnehmers nur die Änderungskündigung, gegen die der Arbeitnehmer durch den allgemeinen und besonderen Kündigungsschutz geschützt ist (LAG Schl.-H., Urt. v. 12.05.2005 - 3 Sa 105/05 -, a.a.O.).

Die Nachwirkung gemäß § 4 Abs. 5 TVG gilt fort, sie ist vorliegend nicht durch eine "andere Abmachung" beendet worden.

2. Die Beklagte kann sich in Bezug auf die hier streitigen Ansprüche insoweit nicht mit Erfolg auf die Betriebsvereinbarung vom 31.03.2006, deren Laufzeit am 31.03.2007 endete, berufen.

Da § 4 Abs. 5 TVG den Regelungsbereich der Betriebsparteien nicht erweitert, kommen ablösende Betriebsvereinbarungen aufgrund der Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG als andere Abmachungen i. S. v. § 4 Abs. 5 TVG, welche die Nachwirkung von tariflichen Anspruchsnormen beenden, kaum in Betracht. Ablösende Betriebsvereinbarungen werden daher nur im Rahmen der allgemeinen betriebsverfassungsrechtlichen Vereinbarungsmacht wirksam, sodass eine Regelung nach § 87 BetrVG durch einen nachwirkenden Tarifvertrag regelmäßig nicht gesperrt ist (BAG Urt. v. 27.11.2002 - 4 AZR 660/01 -, AP Nr. 34 zu § 87 BetrVG 1972 ,Tarifvorrang'). Hingegen ist den Betriebsparteien der Regelungsbereich von Individualnormen gemäß § 77 Abs. 3 BetrVG regelmäßig verschlossen (LAG Köln Urt. v. 01.08.2007 - 3 Sa 406/07 -, zit. n. Juris; Däubler/ Bepler, TVG, 2. Aufl., Rn. 902 zu § 4 TVG; Wiedemann/ Wank, TVG, 7. Aufl., Rn. 354 zu § 4 TVG).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kommt indessen die strittige Betriebsvereinbarung vorliegend nicht als "andere Abmachung" im Sinne des § 4 Abs. 5 TVG in Betracht. Insoweit greift die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG ein. Danach können Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Streitgegenständlich sind hier Arbeitsentgelte, die durch den Lohntarifvertrag geregelt sind. Dies gilt sowohl für den eigentlichen Stundenlohn als auch für die Zeitzuschläge. Die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG gilt auch im sogenannten Nachwirkungszeitraum.

3. Die Nachwirkung der (alten) Mantel- und Lohntarifverträge endete auch nicht etwa durch den Abschluss neuer Tarifverträge. Hierbei handelt es nicht um andere Abmachungen i. S. v. § 4 Abs. 5 TVG. Der Kläger verkennt an dieser Stelle, dass sich die "andere Abmachung" nach § 4 Abs. 5 TVG auf das konkrete Arbeitsverhältnis der Parteien beziehen muss. Die Abmachung muss mithin gerade die Vertragsbedingungen der Parteien neu regeln.

Ein neuer, d. h. ablösender Tarifvertrag kommt zwar grundsätzlich als "andere Abmachung" i. S. v. § 4 Abs. 5 TVG in Betracht. Dies setzt indessen voraus, dass der neue Tarifvertrag unmittelbar und zwingend auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet. Dies ist hier indessen unstreitig nicht der Fall. Die mit Wirkung ab dem 01.01.2007 in Kraft getretenen neuen Mantel- und Lohntarifverträge sind auf das Arbeitsverhältnis der Parteien schon deshalb nicht anwendbar, weil die Beklagte nicht tarifgebunden ist. Die Beklagte beruft sich vorliegend auch gar nicht auf die Anwendbarkeit der neuen Tarifverträge. Die tariflichen Ansprüche des Klägers wären dann noch höher als nach dem durch die Nachwirkung fortgeltenden alten Lohntarifvertrag. Vielmehr meint die Beklagte rechtsirrig, dass durch Inkrafttreten der neuen Tarifverträge die Nachwirkung sozusagen automatisch ende. Dies ist - wie ausgeführt -nicht der Fall.

4. Nur vorsorglich sei darauf hingewiesen, dass sich die Beklagte aber auch nicht darauf berufen kann, dass sie mit dem Kläger einzelvertraglich eine andere Abmachung i. S. v. § 4 Abs. 5 TVG vereinbart habe. Insbesondere hat die ursprünglich mit dem Kläger (ggf. tarifwidrig) einzelvertraglich getroffene Vereinbarung eines Stundenlohns über € 8,00 brutto die Nachwirkung nicht beendet. Unstreitig fanden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien bis zum Verbandsaustritt der Beklagten die hier in Rede stehenden Tarifverträge kraft beiderseitiger Tarifbindung Anwendung. Durch die Tarifbindung sind entgegenstehende Abmachungen, soweit sie nicht zugunsten des Klägers getroffen worden sind (§ 4 Abs. 3 TVG), durch die tariflichen Regelungen ersetzt worden. Die tariflichen Regelungen sind mithin Inhalt des Arbeitsvertrages geworden. Der Kläger hatte mithin unstreitig Anspruch auf den Tariflohn und die tariflichen Zeitzuschläge. Seit dem Verbandsaustritt der Beklagten wirkte die Tarifbindung der Beklagten zunächst fort (§ 3 Abs. 3 TVG) und seit Inkrafttreten der neuen Tarifverträge, d. h. seit dem 01.01.2007 wirken die alten Tarifverträge nach (§ 4 Abs. 5 TVG). Eine andere ablösende Abmachung nach § 4 Abs. 5 TVG kann sich dementsprechend nur auf eine solche beziehen, die während des Nachwirkungszeitraums getroffen wird. Die Parteien haben indessen seit dem 01.01.2007 unstreitig keinen Änderungsvertrag zur Absenkung des Stundenlohns von € 9,90 brutto auf € 8,00 brutto noch die Streichung der Zeitzuschläge vereinbart.

5. Das Arbeitsgericht hat dem Kläger nach alledem die geltend gemachten Differenzbeträge aufgrund der fortwirkenden tariflichen Nachwirkung zu Recht zuerkannt, sodass die Berufung der Beklagten insgesamt zurückzuweisen war.

B.

Die Berufung des Klägers ist zulässig und auch begründet.

Der Kläger hat gegenüber der Beklagten - über die für die Monate Januar bis März 2007 zuerkannten Zahlungsansprüche - noch weitergehende Lohnansprüche für Januar 2007 über € 84,15 brutto, für Februar 2007 über € 517,28 brutto und für März 2007 über € 273,50 brutto. Der Kläger hat über die bereits abgerechneten regulären Arbeits- und Überstunden in den Monaten Februar und März 2007 noch zusätzliche Überstunden im behaupteten Umfang geleistet. Desweiteren hat er Anspruch auf einen 50 %igen Zuschlag für 19 im Januar geleistete Nachtarbeitsstunden.

1. Für den Monat Januar 2007 kann der Kläger Zahlung eines weiteren Nachtzuschlags über € 84,15 brutto beanspruchen. Der Kläger hat unbestritten vorgetragen, dass abweichend von und soweit günstiger als nach dem Manteltarifvertrag bei der Beklagten die Zeit von 20:00 Uhr bis 6:00 Uhr als Nachtzeit gilt. Sodann hat er im Einzelnen unter Angabe des Arbeitsbeginns und des Arbeitsendes vorgetragen, an welchen Tagen er wie viele Nachstunden gearbeitet hat. Zusätzlich hat er in einer tabellarischen Übersicht sowohl die Nachtstunden, Überstunden, Normalstunden sowie Gesamtstunden als auch die Pausenzeiten sowie die Fahrtziele aufgelistet. Zum Beleg der Angaben hat er sich auf die beiliegenden Scheiben der Fahrtenschreiber berufen, die die Fahrtzeiten auswiesen. Desweiteren hat er in sich schlüssig vorgetragen, dass neben den reinen Fahrtzeiten noch arbeitstäglich Rüstzeiten von 15 bis 20 Minuten hinzuzurechnen seien. Hierauf hat die Beklagte ihrerseits lediglich entgegnet, dass der Kläger die evtl. Fahrtzeiten von seinem Wohnort zum Betriebssitz der Beklagten nicht mit einrechnen dürfe. Angesichts des substantiierten Vortrags des Klägers ist das Bestreiten der Beklagten pauschal und nicht einlassungsfähig und damit insgesamt unerheblich.

2. Der Kläger hat auch Anspruch auf die von ihm geltend gemachte Überstundenvergütung für die Monate Februar und März 2007 inklusive der hierauf anfallenden Zeitzuschläge nach dem LohnTV a. F.

a) Der Arbeitnehmer, der in einem Rechtsstreit von seinem Arbeitgeber die Vergütung von Überstunden fordert, muss beim Bestreiten grundsätzlich im Einzelnen darlegen und ggf. beweisen, an welchen Tagen und zu welchen Tageszeiten er über die übliche Arbeitszeit hinaus gearbeitet hat. Er muss vortragen, von welcher Normalarbeitszeit er ausgeht, dass er tatsächlich gearbeitet und welche Tätigkeit er ausgeführt hat. Je nach der Einlassung des Arbeitgebers besteht eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast. Des Weiteren muss er vortragen, ob die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet, zumindest aber billigend geduldet oder aber zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig waren (BAG Urt. v. 03.11.2004 - 5 AZR 648/03 -, zit. n. Juris; BAG Urt. v. 29.05.2002 - 5 AZR 370/01 -, EzA § 611 BGB ,Mehrarbeit' Nr. 10; BAG Urt. v. 17.04.2002 - 5 AZR644/00 -, AP Nr. 40 zu § 611 BGB ,Mehrarbeit'). Dies gilt grundsätzlich auch für im Speditionsgewerbe tätige Kraftfahrer (LAG Schl.-H., Urt. v. 31.05.2005 - 5 Sa 38/05 -, LAGE § 3 ArbZG Nr. 2; Thüringer LAG Urt. v. 19.03.2001 - 4/6/5 Sa 527/99 -, LAGE § 3 ArbZG Nr. 1). Bestreitet mithin der Arbeitgeber das Vorhandensein von Mehrarbeit, dann muss ein Berufskraftfahrer, der einen Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung geltend macht, im Einzelnen darlegen, an welchen Tagen und zu welchen Tageszeiten er über die übliche Arbeitszeit hinaus tätig geworden ist. Hat er für jeden Mehrarbeitstag Angaben zum Ablauf seiner Arbeitszeit gemacht, indem er den Arbeitsbeginn, die Art der Tätigkeit bis zum Fahrtbeginn, den Fahrtbeginn, die Fahrtstrecke, die Ankunftszeit, die Art der Tätigkeit nach Fahrtende bis zum Arbeitsende und ggf. die fahrt- oder arbeitszeitverlängernden Vorkommnisse bezeichnet, dann ist der im Güterverkehr unternehmerisch tätige Arbeitgeber verpflichtet, für jeden der angegebenen Mehrarbeitstage im Einzelnen die Tatsachen vorzutragen, aus denen sich ergibt, dass die vom Arbeitnehmer dargelegte Mehrarbeitszeit nicht richtig sein kann. Dazu gehört auch die Vorlage der arbeitgeberseitigen Zeit- und Routenplanung für den jeweils betroffenen Fahrauftrag (Thüringer LAG Urt. v. 19.02.2002 - 5/6/5 Sa 527/99 -, a.a.O.).

b) Hieran gemessen hat der Kläger seine diesbezüglichen Ansprüche auf zusätzliche Mehrarbeitsvergütung substantiiert dargelegt, ohne dass die Beklagten dem substantiiert entgegengetreten wäre. Der Kläger hat für jeden einzelnen Tag Anfang und Ende der Arbeitszeit, Anfang und Ende der Beladung bzw. Entladung, Anfang und Ende der Pausen, die Tank- und die Rüstzeiten unter Benennung der Fahrtziele angegeben. Dies ergibt sich aus der tabellarischen Aufstellung der Anlagen B 2 (Bl. 130 d. GA.) und B 3 (Bl. 135 d. GA.) zur Berufungsbegründungsschrift sowie aus den auf den Kopien der Fahrtenschreiber befindlichen Tabellen (Bl. 131 - 34, 137 -139 d. GA.), die als Anlagenkonvolute zu den Anlagen B2 und B3 eingereicht worden sind. Die Tabellen weisen mithin nicht nur die wöchentliche oder monatliche Summe der geleisteten Arbeitsstunden auf, sondern differenzieren nach Tag, Arbeitsbeginn, Arbeitsende, Arbeitsunterbrechung und Art der Tätigkeit. Die tabellarische Aufstellung ist zudem übersichtlich gestaltet und in sich verständlich nachzuvollziehen. Sie beinhaltet einen substantiierten Vortrag. Danach hat der Kläger im Februar 2007 bei einer Normalarbeitszeit von 132,5 Stunden insgesamt 212,5 Stunden gearbeitet, mithin 120,5 Überstunden geleistet. Im März 2007 hat er bei einer regulären Arbeitszeit von insgesamt 135 Stunden 213 Stunden gearbeitet und damit 114,5 Überstunden erbracht.

c) Soweit die Beklagte die sich hieraus ergebenden Differenzen zu den von ihr jeweils abgerechneten Arbeitsstunden (Februar: 177,5 Stunden; März: 199,5 Stunden) pauschal bestreitet, kommt sie der ihr obliegenden Darlegungspflicht nicht im Ansatz nach. Die seitens der Beklagten erhobenen Einwände sind unbeachtlich, da pauschal und unsubstantiiert. Insbesondere kann die Beklagte angesichts des substantiierten Vortrags des Klägers nicht damit gehört werden, dass der Geschäftsführer keine Mehrarbeit angeordnet habe. Der Beklagten wäre es vielmehr möglich und auch zumutbar gewesen, auf die substantiiert dargelegten Arbeitszeiten einzugehen und ihrerseits an Hand der Einsatzpläne und der vorgegebenen Routen vorzutragen, inwieweit die Fuhraufträge innerhalb der regulären bzw. der von ihr zugestandenen Arbeitszeit hätten erledigt werden können. Der Kläger hat mithin neben den ihm bereits zuerkannten Ansprüchen noch Anspruch auf weitere Mehrarbeitsvergütung für zusätzlich im Februar geleitstete 35 Überstunden und im März zusätzlich geleistete 13,5 Überstunden sowie den hieraus resultierenden Zeitzuschlägen.

d) Die Berechnung der zusätzlichen Überstundenvergütungen und der hieraus resultierenden Zeitzuschläge ist von der Beklagten nicht beanstandet worden, sodass sie als zugestanden gilt.

3. Die geltend gemachten Zinsansprüche ergeben sich aus §§ 288 Abs. 1; 291 BGB.

C.

Nach alledem war die Berufung der Beklagten abzuweisen und das erstinstanzliche Urteil auf die Berufung des Klägers hin abzuändern und der Klage insgesamt stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 ArbGG.

Die Revision war mangels rechtsgrundsätzlicher Bedeutung nicht zuzulassen, § 72 Abs. 2 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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