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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 28.03.2006
Aktenzeichen: 5 Sa 595/05
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO, BGB


Vorschriften:

ArbGG § 69 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 2 lit. b
ArbGG § 66 Abs. 1
ZPO § 447
ZPO § 448
ZPO § 519
BGB § 249
BGB § 253 Abs. 2
BGB § 280
BGB § 280 Abs. 1
BGB § 823 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 5 Sa 595/05

Verkündet am 28.03.2006

In dem Rechtsstreit

pp.

hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 28.03.2006 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzende und der ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer und die ehrenamtliche Richterin ... als Beisitzerin

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 15.09.2005, Az.: 2 Ca 702/05, wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über Schmerzensgeld wegen Mobbings.

Die Beklagte betreibt ein Einzelhandelsunternehmen mit bundesweiten Filialen. Sämtliche Personalentscheidungen werden in der Verwaltung am Sitz der Beklagten, d. h. in F... getroffen, während der tägliche Einsatz von den jeweiligen Filialleitern organisiert und beaufsichtigt wird. Die einzelnen Filialen werden von einem Gebietsbereichsleiter betreut, der sozusagen als Kontaktstelle zwischen Personalleiter und Personalabteilung fungiert.

Der Kläger war vom 01.06.2003 bis zum 31.07.2004 durch vier aufeinander folgende befristete Arbeitsverträge bei der Beklagten in deren Filialen in M... als Verkäufer zu einem monatlichen Bruttogehalt von € 1.400,-- beschäftigt (Bl. 58 f. d. GA.). Auf das Arbeitsverhältnis fand aufgrund der Bezugnahme im Haustarifvertrag der Tarifvertrag für den Einzelhandel in Bayern Anwendung. Für Verkäufer gilt die Stellenbeschreibung vom 29.06.1995 (Bl. 60-62 d. GA.).

Der Kläger war ausschließlich eingesetzt in der Filiale N... Straße ... in M..., wo er hauptsächlich für den Video- und DVD-Bereich zuständig war. Darüber hinaus übte er weitere Verkäufertätigkeiten aus. Aufgrund der Öffnungszeiten wurde in der Filiale im Zweischichtsystem gearbeitet. Die Frühschicht war von 9:00 bis 17:00 Uhr und die Spätschicht von 13 bis 20:30 Uhr. Neben der Filialleiterin A... und dem Kläger arbeiteten in der Filiale noch vier weitere Verkäufer/innen.

Im August 2003 wurde eine Kassendifferenz über € 850,-- festgestellt und Ende Mai 2004 fehlten € 100,-- in der Kasse. Der Kläger wurde jeweils zu diesen Fehlbeständen angehört. Während seiner Beschäftigungszeit wurde der Kläger anstelle der tariflichen 5-Tagewoche sechs bis sieben Mal an sechs Tagen in der Woche eingesetzt. Während Urlaubs- und Krankheitszeiten anderer Mitarbeiter leistete der Kläger teilweise auch sog. Doppelschichten. Im September / Oktober 2003 begehrte der Kläger gegenüber den Filialleitern Frau B... und Herrn W... eine Versetzung in deren jeweilige Filiale. Der Kläger wandte sich zumindest im Mai 2004 ein Mal wegen Mobbings an den Betriebsrat, nachdem dieser ein Informationsblatt zum Thema Mobbing herausgegeben hatte. Seit August 2004 ist der Kläger arbeitslos. Mit Schreiben vom 01.04.2005 beanspruchte der Kläger gegenüber der Beklagten erfolglos Zahlung eines Schmerzensgeldes über € 5.000,-- da er während seiner Beschäftigungszeit durchgehend von seinen Vorgesetzten gemobbt worden sei (Bl. 211-214).

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands, insbesondere des streitigen Parteivorbringens wie er in der ersten Instanz vorgelegen hat, sowie der erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils einschließlich der Inbezugnahmen verwiesen, § 69 Abs. 2 ArbGG.

Das Arbeitsgericht hat die Klage auf Zahlung von € 5.000,-- mit Urteil vom 15.09.2006 zurückgewiesen. Aufgrund des von der Rechtsprechung entwickelten Begriffs des Mobbings sei die Kammer nicht davon überzeugt, dass der Kläger ein sog. Mobbing-Opfer sei. Aus dem Vortrag des Klägers, der sich auf handschriftlich niedergelegte 17 Einzelfälle berufe, ergebe sich kein systematisches Handeln einer oder mehrerer Personen, das dazu gedient habe, den Kläger zu kränken oder zu diskriminieren. Ein systematisches Handeln könne nur dann angenommen werden, wenn sich die gerügten Verhaltensweisen über einen Zeitraum von sechs Monaten wöchentlich wiederholten. Dies sei hier nicht der Fall. Soweit sich der Kläger darauf berufe, die Filialleiterin A... habe ihm mehrfach alle Arbeiten übertragen, obgleich noch weitere Arbeitnehmer anwesend gewesen sei, sei der Vortrag unsubstantiiert.

Ohne Angabe von Daten und Umständen lasse sich nicht feststellen ob hinter diesem Verhalten eine herabwürdigende Systematik gelegen habe. Gleiches gelte in Bezug auf den Vorwurf, dass er "gegängelt" und ständig falsch beschuldigt worden sei. Auch in Zusammenhang mit den Diebstählen lasse sich kein systematisches den Kläger erniedrigendes Verhalten der Beklagten feststellen. Auch die Kollegen des Klägers seien befragt worden. Auch der Umstand, dass er nur sechs bis sieben Mal innerhalb eines Jahres an sechs Tagen in der Woche habe arbeiten müssen, belege kein Mobbing ihm gegenüber. Die Nichtversetzung in eine andere Filiale stelle ebenfalls kein Mobbing dar, zumal kein ordnungsgemäßer Antrag gestellt worden sei. Soweit eine Anweisung im Einzelfall ungerechtfertigt gewesen sein sollte, so belege ein derartiger Einzelfall nicht den behaupteten Mobbingvorwurf. Auch der Einsatz zu Doppelschichten sei kein Mobbing, zumal nicht einmal feststehe, ob dieser Einsatz nicht gerechtfertigt war. Letztlich komme es auch nicht darauf an, ob der Kläger im Verhältnis zu den übrigen Mitarbeitern unverhältnismäßig viele Überstunden habe leisten müssen. Denn der Kläger habe die Kausalität zwischen dem behaupteten Mobbingverhalten seiner Vorgesetzten und den behaupteten Gesundheitsschäden nicht dargelegt. Diese könnten auch andere Ursachen haben, zumal sich der Kläger erst acht Monate nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Forderung auf Schmerzensgeld an die Beklagte gewandt habe. Trotz gerichtlicher Aufforderung habe er auch kein diesbezügliches ärztliches Attest eingereicht.

Gegen dieses ihm am 01.12.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23.12.2005 Berufung beim Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein eingelegt und diese am 26.01.2006 begründet.

Der Kläger behauptet,

das Arbeitsgericht habe seine handschriftlichen Aufzeichnungen (Anlage K 1, Bl. 110 d. GA.) unzutreffend gewürdigt. Insbesondere habe er die gerügten Vorfälle jeweils nach Daten und Personen hinreichend konkretisiert. Unter Missachtung seines Beweisangebots auf Parteivernahme habe das Arbeitsgericht gleichwohl seinen Vortrag als unsubstantiiert gewertet. Das Gericht hätte den Kläger trotz dessen Sorge wegen der Fahrtkosten nicht vom persönlichen Erscheinen entbinden dürfen. Im Übrigen sei das Arbeitsgericht fälschlicherweise davon ausgegangen, dass ein pflichtwidriges Verhalten des Arbeitgebers nicht dadurch gerechtfertigt werden könne, dass andere Arbeitnehmer ebenso falsch behandelt würden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 15.09.2005, Az.: 2 Ca 702/05, aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an ihn Schadensersatz in Höhe von € 5.000,00 nebst 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 28.03.2005 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist dem Beschwerdewert nach statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 64 Abs. 2 lit. b, 66 Abs. 1 ArbGG; § 519 ZPO.

In der Sache selbst hat die Berufung keinen Erfolg.

Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes. Das Arbeitsgericht hat die dahingehende Zahlungsklage des Klägers sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zu Recht abgewiesen. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholung kann auf die sorgfältigen Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen werden. Lediglich ergänzend und auf den Sachvortrag des Klägers in der Berufungsinstanz eingehend sei noch auf Folgendes hingewiesen:

1. Der Kläger beruft sich hinsichtlich seiner Zahlungsansprüche auf durch Mobbing seiner Vorgesetzten verursachte gesundheitliche Schäden. Infolge des Mobbings leide er unter erheblichen Depressionen, Nervenzusammenbrüchen und starken Wutausbrüchen. Mobbing selbst ist keine eigenständige Anspruchsgrundlage für eine vertragliche oder deliktische Haftung des Arbeitgebers. Mithin kommt eine Haftung für durch Mobbing verursachte Schäden oder Schmerzen nur dann in Betracht, wenn die allgemeinen gesetzlichen Haftungsvoraussetzungen auch erfüllt sind. Eine mögliche gesetzliche Anspruchsgrundlage sind §§ 280, 253 Abs. 2 BGB. Die Zahlung eines Schmerzensgeldes setzt mithin voraus, dass die Tatbestandsvoraussetzungen einer Schadensersatz zusprechenden Norm erfüllt sind. Der Kläger hat indessen die tatbestandlichen Voraussetzungen einer "positiven Vertragsverletzung" nach § 280 Abs. 1 BGB nicht substantiiert dargelegt. Als vertragliche Nebenpflicht trifft den Arbeitgeber eine Fürsorgepflicht gegenüber dem Arbeitnehmer. Insbesondere hat er das ihm zustehende Direktionsrecht nach billigem Ermessen auszuüben und die Arbeitsumgebung menschengerecht und menschenwürdig zu gestalten sowie die Ehre und Gesundheit des Arbeitnehmers zu bewahren und zu schützen. Verletzt der Arbeitgeber diese ihm obliegenden Fürsorgepflichten fahrlässig oder gar vorsätzlich, hat er dem Arbeitnehmer grundsätzlich die daraus entstandenen Schäden nach §§ 280 Abs. 1, 249 BGB zu ersetzen. Unter den Voraussetzungen kann daneben ein Anspruch auf Schmerzensgeld aus deliktischer Haftung nach §§ 823 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB bestehen.

a) Sowohl die vertragliche als auch die deliktrechtliche Anspruchsgrundlage setzen einzelne, konkrete Tathandlungen des Schädigers voraus, mit denen dieser rechtswidrig und schuldhaft in den geschützten Rechtskreis des sog. Mobbingopfers eingegriffen hat. Das Arbeitsgericht ist insoweit von der von der Rechtsprechung entwickelten zutreffenden Definition des Mobbings ausgegangen. Der Arbeitnehmer, der unter Berufung auf Mobbing Schmerzensgeld geltend macht, hat im Prozess die Darlegungs- und Beweislast für die begangenen Rechtsgutverletzungen einschließlich des erforderlichen Verschuldens und der daraus resultierenden Erkrankungen (LAG Hamm, Urt. v. 21.12.2004 - 13 (5) Sa 659/04 -, zit. n. Juris). Der Arbeitnehmer hat mithin die beanstandeten Verhaltensweisen so konkret darzulegen und zu beweisen, dass in jedem Einzelfall beurteilt werden kann, ob diese Verhaltensweisen rechtswidrige, diskriminierende Verhaltensweisen darstellen und ob diese die Erkrankung des Arbeitnehmers verursacht haben. Das Verschulden des Arbeitgebers bzw. des für ihn Handelnden muss sich nicht nur auf die einzelnen Tathandlungen, sondern auch auf die hierdurch ausgelöste Erkrankung des sog. Mobbingopfers beziehen (LAG Berlin, Urt. v. 15.07.2004 - 16 Sa 2280/03 -, NZA-RR 2005, 13 ff.). Der Arbeitnehmer hat mithin auch darzulegen und zu beweisen, dass der Arbeitgeber zumindest damit rechnen musste, dass dessen rechtswidrige Handlungen grundsätzlich auch geeignet waren, bei ihm, dem Arbeitnehmer, Gesundheitsschäden auszulösen.

b) Diesen Voraussetzungen wird der Vortrag des Klägers nicht im Ansatz gerecht. Das Arbeitsgericht hat sich eingehend mit den vom Kläger in seiner schriftlichen Auflistung erhobenen 17 Vorwürfen auseinandergesetzt und ist zu dem zutreffenden Ergebnis gelangt, dass der klägerische Vortrag - trotz der 17 "Vorfälle" - zu pauschal sei, um die Rechtswidrigkeit der jeweils beanstandeten Weisungen und Anordnungen der Filialleiterin, des Gebietsleiters sowie seiner Kolleginnen beurteilen zu können.

aa) Lediglich ergänzend sei der Kläger darauf hingewiesen, dass der Arbeitgeber grundsätzlich berechtigt ist, die im Arbeitsvertrag lediglich rahmenmäßig umschriebene vertraglich geschuldete Arbeit durch Arbeitsanweisungen zu konkretisieren. Der Kläger hat nicht einmal im Ansatz substantiiert dargelegt, dass die Beklagte bzw. die Filialleiterin das so definierte Direktionsrecht rechtswidrig überschritten hat. Der Kläger war als Verkäufer eingestellt, sodass es grundsätzlich nicht zu beanstanden war, dass die Filialleiterin ihn anwies, nicht nur in der Video- und DVD-Abteilung zu arbeiten, sondern auch andere Tätigkeiten (Warenannahme, Kasse, Aufräum- und Putztätigkeiten) zu übernehmen. Sofern der Kläger meint, ihm seien von seinen Kolleginnen an einzelnen Tagen bestimmte Aufräumtätigkeiten aus schikanösen Motiven heraus zugeteilt worden, so hätte er die näheren Begleitumstände im Einzelnen darlegen müssen. Es kann diesseits nicht beurteilt werden, welche Tätigkeiten in der Filiale an den besagten Tagen Priorität hatten. Es steht dem Arbeitgeber auch grundsätzlich zu, gerade bei krankheits- und urlaubsbedingten personellen Engpässen Überstunden in Form von Doppelschichten und 6-Tagewoche anzuordnen. Der Kläger selbst räumt ein, dass er zusätzliche Schichten leisten musste, wenn andere Mitarbeiter Urlaub oder freie Tage hatten. Typische Urlaubsmonate sind Juli und August, sodass es auch nicht verwundert, dass der Kläger gerade in diesen Monaten Überstunden geleistet hat. Es kann nicht festgestellt werden, dass dieser überobligatorische Einsatz des Klägers einen diskriminierenden Hintergrund hatte.

bb) Ungeachtet dessen ist bei der Frage des Verschuldens des Arbeitgebers auch zu beachten, dass der Arbeitnehmer grundsätzlich die Möglichkeit hat, sich gegen unrechtmäßige Arbeitsanweisungen tatsächlich und rechtlich zur Wehr zu setzen. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass ein Arbeitnehmer, der auf den Arbeitsplatz angewiesen ist, in aller Regel in der schwächeren Position ist. Sofern er eine Arbeitsanweisung wegen Überschreitung des Direktionsrechts nicht befolgt, setzt er sich womöglich des Vorwurfs einer Arbeitsverweigerung mit der Gefahr einer fristlosen Kündigung aus. Indessen darf diese Gefahr auch nicht dazu führen, dass der Arbeitnehmer sehenden Auges alles "schluckt" und sich im Nachhinein auf Mobbing beruft und Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche geltend macht. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Arbeitgeber nicht selbst handelt, sondern die jeweils unmittelbaren Vorgesetzten oder Kollegen des gemobbten Arbeitnehmers. Gerade in diesen Fällen hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit, sich beim Arbeitgeber direkt zu beschweren und vertragsgemäße Beschäftigung einzufordern. Es ist mithin stets zu prüfen, ob es dem Arbeitnehmer zumutbar war, sich beim Arbeitgeber über Mobbing-Handlungen zu beschweren und entsprechende Abhilfe zu fordern. Dies gebietet letztlich auch die Schadensminderungspflicht.

Der Kläger hat sich - soweit ersichtlich - weder bei dem Bereichsleiter noch in der Personalverwaltung der Beklagten über konkrete Arbeitsanweisungen beschwert und insoweit auch zu keiner Zeit zu erkennen gegeben, dass er bestimmte Arbeiten und die angeordnete Mehrarbeit nicht leisten wollte. Mangels gegenteiligen Vortrags konnte der Kläger die Mehrarbeit auch "abfeiern". Hierfür spricht zumindest sein entsprechender Eintrag im Oktober 2003 in der Anlage K 1.

cc) Auch steht es dem Arbeitgeber oder Vorgesetzten grundsätzlich zu, konkrete Arbeitsweisen und Schlechtleistungen zu beanstanden. Das Rügerecht korrespondiert letztlich auch mit der Fürsorgepflicht. Dem Grundgedanken der Fürsorgepflicht folgend hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung auf beanstandete Leistungsmängel hinzuweisen. Aus dem Vortrag des Klägers kann nicht geschlussfolgert werden, dass die Beklagte bzw. die Vorgesetzten des Klägers das Direktionsrecht rechtswidrig ausgeübt haben. Pauschale Vorwürfe wie "haben mich nicht in Ruhe gelassen", "haben mich gegängelt", "bin schlecht angegriffen worden", "bin die ganze Zeit beobachtet worden" ersetzen keinen fundierten Tatsachenvortrag.

dd) Der Arbeitgeber ist auch befugt, wenn nicht gar gegenüber allen "redlichen" Arbeitnehmern verpflichtet, festgestellte Kassenfehlbestände aufzuklären. In diesem Zuge hat er auch das Recht, alle Arbeitnehmer zu dem Diebstahlsverdacht anzuhören. Dass hierdurch zunächst einmal alle Arbeitnehmer verdächtigt werden, ist im Zuge der Ermittlungstätigkeit hinzunehmen. Es ist auch nicht verwerflich, dass die Beklagte von allen Arbeitnehmern eine schriftliche "Unschuldserklärung" verlangte. Der Kläger hat insbesondere auch nicht behauptet, dass die Beklagte bzw. die Filialleiterin und der Gebietsleiter ihn auch nach Anhörung und Abgabe der Erklärung noch weiter unberechtigterweise verdächtigt haben. Dass ein solcher Vorfall nicht nur für den Kläger, sondern für alle beteiligen Personen unangenehm ist und eine psychische Belastung darstellt, liegt auf der Hand, ändert aber nichts an der Rechtmäßigkeit der Aufklärungsarbeit der Beklagten.

2. Der Kläger rügt mit der Berufungsbegründung auch zu Unrecht, dass das Arbeitsgericht seinen Vortrag trotz des Beweisangebots der Parteivernahme als unsubstantiiert gehalten habe.

a) Der Kläger verkennt an dieser Stelle, dass ein Beweisangebot keinen substantiierten Tatsachenvortrag ersetzen kann. Mit Auflagenbeschluss vom 28.06.2005 ist der anwaltlich vertretene Kläger auch eingehend darauf hingewiesen worden, was er vorzutragen hat, um seine Ansprüche schlüssig zu machen. Hierauf hat der Kläger nur noch die Anlage K 1 eingereicht und auf deren Inhalt Bezug genommen. Der Anlage K 1 ist indessen - wie oben ausgeführt - auch nicht zu entnehmen, dass die Beklagte bzw. die für sie handelnden Personen den Kläger fortgesetzt durch Überschreitung des Direktionsrechts angefeindet, schikaniert oder diskriminiert haben. Den Vorwürfen ist nicht zu entnehmen, dass die jeweils gerügten Anordnungen in Überschreitung des Direktionsrechts erfolgten. Teilweise erschöpfen sie sich in pauschalen Floskeln wie "gängeln" etc. Infolge dieses pauschalen Vortrags war kein Beweis - in welcher Form auch immer - zu erheben. Der für einen unsubstantiierten Vortrag angebotene Zeugenbeweis ist stets als unzulässiger Ausforschungsbeweis zurückzuweisen.

b) Ungeachtet dessen lagen weder Voraussetzungen zur Vernehmung der beweispflichtigen Partei nach § 447 ZPO, noch einer Vernehmung von Amts wegen nach § 448 ZPO vor. Die Beklagte hat der Vernehmung des Klägers als Partei unstreitig nicht zugestimmt. Schweigen auf einen dementsprechenden Antrag kann nicht als Zustimmung gewertet werden. Die Zustimmung muss vielmehr als Prozesshandlung ausdrücklich erklärt und protokolliert (§ 160 Abs. 3 Ziff. 3 ZPO) werden.

Auch kam eine Vernehmung des Klägers nach § 448 ZPO nicht in Betracht. Als Ausnahme zum zivilprozessualen Beibringungsgrundsatz ist § 448 ZPO gegenüber anderen Beweismitteln subsidiär, d. h. es müssen zunächst alle anderen Beweismittel ausgeschöpft sein. Der Kläger befand sich hinsichtlich der strittigen Vorfälle gerade nicht in sog. Beweisnot. Er hätte sich auf das Zeugnis der hieran beteiligten Personen (Filialleiterin, Bereichsleiter, Kolleginnen) berufen können. Es wäre dann Sache des Gerichts gewesen, die Glaubwürdigkeit der Zeugen und die Glaubhaftigkeit deren Aussagen zu würdigen und ggf. danach bei etwaig verbleibenden Zweifeln noch den Kläger von Amts wegen nach § 448 ZPO zu vernehmen.

3. Zutreffend hat das Arbeitsgericht darauf erkannt, dass der Kläger überdies nicht dargetan habe, dass die Beklagte durch rechtswidrige Arbeitsanweisungen und Behandlungen des Klägers diesen in seiner Gesundheit geschädigt hat. Mit diesem entscheidungserheblichen Einwand hat sich der Kläger in der Berufungsbegründung in keiner Weise auseinander gesetzt. Er hat nach wie vor nicht unter Beweis gestellt, dass er überhaupt gesundheitliche Schäden in Form einer psychischen Erkrankung davon getragen hat. Insbesondere hat er kein diesbezügliches ärztliches Attest vorgelegt. Nicht jedes aggressive und unbeherrschte Verhalten hat Krankheitswert. Nervenzusammenbrüche und Depressionen sind diagnosefähige Erkrankungen und auch behandlungsbedürftig. Der Kläger hat weder vorgetragen noch unter Beweis gestellt, dass er sich deshalb (seit wann) in ärztlicher Behandlung befindet.

Ungeachtet dessen hat der Kläger den Ursachenzusammenhang zwischen den behaupteten Mobbinghandlungen und dem aufgezeigten "Krankheitsbild" nicht dargelegt. Aggressives Verhalten und Depressionen sind nicht zwingend eine Ursache von Mobbing. Auch Arbeitslosigkeit, Beziehungsstress und/ oder finanzielle Nöte können ebenso Frustration und Aggressivität gegen jedermann auslösen.

4. Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 ZPO, 64 Abs. 6 ArbGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision lagen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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