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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 12.06.2007
Aktenzeichen: 5 Sa 83/07
Rechtsgebiete: BEEG/BErzGG


Vorschriften:

BEEG/BErzGG § 15 Abs. 6
BEEG/BErzGG § 15 Abs. 7
1. Nach § 15 Abs. 6 BEEG hat der Arbeitnehmer während der Elternzeit Anspruch auf Verringerung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit. Der Arbeitgeber kann die Vereinbarung einer entsprechenden Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit nur aus dringenden betrieblichen Gründen ablehnen. Diese liegen u. a. vor, wenn der Arbeitsplatz nicht teilbar ist, der Arbeitnehmer mit der verringerten Arbeitszeit nicht eingeplant werden kann oder keine Beschäftigungsmöglichkeit besteht.

2. Auf eine fehlende Beschäftigungsmöglichkeit kann sich der Arbeitgeber dann nicht berufen, wenn der Arbeitgeber bereits vor der fristgemäßen Erklärung des Arbeitnehmers über die Zeiten der beanspruchten Elternzeit (§§ 16 Abs. 1 S. 1; 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 5) unbefristet eine Ersatzkraft einstellt.

3. § 15 Abs. 7 BEEG begründet nach seinem Wortlaut keinen Anspruch auf eine bestimmte vertragliche Festlegung der verringerten Arbeitszeit. Der Arbeitnehmer kann den Antrag auf Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit jedoch mit einer konkreten Verteilungsvorgabe der Arbeitszeiten verbinden. In dem Fall ist zu prüfen, ob der Arbeitgeber bei Ausübung seines Direktionsrechts gemäß §§ 106 GewO, 315 Abs. 3 BGB verpflichtet ist, den Arbeitnehmer zu den geforderten Arbeitszeiten zu beschäftigen.

4. Dem Antrag auf Teilzeitbeschäftigung außerhalb der betriebsüblichen Arbeitszeiten können dringende betriebliche Gründe nach § 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 5 BEEG entgegenstehen.


Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 5 Sa 83/07

Verkündet am 12.06.2007

In dem Rechtsstreit

hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 12.06.2007 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzende und die ehrenamtlichen Richter ... und ... als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 11.01.2007, Az. 1 Ca 2147/06, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Teilzeitbeschäftigung während ihrer Elternzeit.

Die 34-jährige, verheiratete Klägerin studierte Lebensmitteltechnologie und ist seit April 2001 bei der Beklagten als Produktentwicklerin für ein Bruttomonatsgehalt von zuletzt EUR 2.690,00 beschäftigt. Die Beklagte entwickelt und produziert Getränkepulver für die Kakao- und Cappuccinogetränke und verkauft diese an diverse Kaffeeröstereien. Sie beschäftigt ca. 55 Arbeitnehmer, u. a. einen Produktentwickler in Vollzeit, der unmittelbar dem Geschäftsführer W. unterstellt ist.

Am 30.09.2003 wurde das erste Kind der Klägerin geboren. Die Klägerin stellte einen Antrag auf Elternzeit für drei Jahre (bis 30.09.2006). Mit Schreiben vom 20.01.2004 äußerte die Klägerin den Wunsch, zukünftig in Teilzeit im Umfang von 15 Wochenstunden wieder für die Beklagte zu arbeiten. Einen entsprechenden Anspruch machte sie durch Klage vor dem Arbeitsgericht Lübeck - 4 Ca 1983/04 - geltend. Die Klage wurde durch Urteil vom 08.09.2004 abgewiesen. Die Klägerin legte gegen dieses Urteil Berufung ein, wurde dann zwischenzeitlich erneut schwanger. Im Hinblick hierauf regte das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein durch Verfügung der Vorsitzenden vom 15.02.2005 an, "angesichts des neuen Lebenssachverhalts die Berufung zurückzunehmen." Ggf. sei über einen neuen Teilzeitwunsch der Klägerin zu späterer Zeit der Versuch einer Einigung zu erzielen. Die Klägerin nahm daraufhin die Berufung gegen das Urteil mit Schreiben vom 18.02.2005 zurück. Am 23.02.2005 wurde das zweite Kind der Klägerin geboren.

Als Nachfolgerin für die Klägerin stellte die Beklagte zunächst Frau K. ein, die am 30.04.2005 aus dem Betrieb ausschied. Mit Wirkung ab dem 18.04.2005 stellte die Beklagte Herrn M. als Produktentwickler in Vollzeit und unbefristet ein.

Mit Schreiben vom 06.04.2006 wandte sich die Klägerin, vertreten durch ihre zuständige Gewerkschaft, erneut an die Beklagte. Das Schreiben lautet auszugsweise wörtlich wie folgt (Bl. 4 und 34 d. GA.):

"... Wie Ihnen hinlänglich bekannt, befindet sich Frau L. bis zum 30.09.2006 in der Elternzeit für das erstgeborene Kind.

Weiter ist Ihnen bekannt, dass Frau L. am 23.02.2005 ein zweites Kind geboren hat. Für dieses zweite Kind wurde bisher von Frau L. kein Antrag auf Gewährung der gesetzlichen Elternzeit gestellt:

Ab dem 01.10.2006 bis 28.02.2007 beantragt Frau L. für das zweitgeborene Kind Elternzeit mit einer vollständigen Suspendierung von der Arbeitsleistung (Elternzeit Null).

Des Weiteren wird folgender Antrag gestellt:

Beginnend ab dem 01.03.2007 beantragt Frau L. Erwerbstätigkeit mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 15 Stunden. Die Verteilung der Arbeitstage soll hierbei auf die Tage Dienstag, Mittwoch, Donnerstag und Freitag erfolgen. Als Arbeitszeit für die Tage Dienstag bis Donnerstag wird eine Zeit zwischen 16.00 - 19.00 Uhr und für den Freitag zwischen 12.00 - 18.00 Uhr beantragt.

Frau L. ist gerne bereit, für den beantragten Zeitraum auch eine andere Tätigkeit als ihre bisherige durchzuführen z. B. in der Qualitätssicherung oder im Musterversand. ...

Das dritte Lebensjahr des zweitgeborenen Kindes endet am 23.02.2008. Bis zu diesem Zeitpunkt wird Teilzeiterwerbstätigkeit im genannten Umfang beantragt.

Damit schöpft Frau L. ihren Anspruch auf Elternzeit nicht voll aus und spart einen Teil aus diesem Budget an...

Es wird daher beantragt, dass Frau L. einen Zeitraum von 12 Monaten direkt am Anschluss ab dem 24.02.2008 nimmt. ..."

Mit Schreiben vom 28.04.2006 lehnte die Beklagte sowohl den Teilzeitwunsch, als auch die Übertragung eines Teils des Anspruchs auf Elternzeit schriftlich ab (Bl. 5 d.GA.). Die von der Klägerin begehrte Teilzeitbeschäftigung sei aus organisatorischen Gründen nicht möglich, weil sie jedenfalls von Dienstag bis Donnerstag nach den beantragten Arbeitszeiten nur jeweils eine Stunde lang während der regulären Arbeitszeiten von Herrn M. und des Vorgesetzten W. anwesend wäre. Dies stünde den Versuchsabläufen und der erforderlichen Kommunikation zwischen der Abteilungsführung und den übrigen Mitarbeitern entgegen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands in erster Instanz, insbesondere des streitigen Parteivorbringens, sowie der erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils einschließlich der Inbezugnahmen verwiesen, § 69 Abs. 2 ArbGG.

Mit Urteil vom 11.01.2007 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Dem Teilzeitbegehren der Klägerin stünden dringende betriebliche Gründe i. S. v. § 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 4 BErzGG entgegen. Die Beklagte habe anstelle der Klägerin unbefristet Herrn M. als Vollzeitkraft zum 18.04.2005 eingestellt. Zum Zeitpunkt der Einstellung sei ihr Teilzeitbegehren rechtskräftig vom Arbeitsgericht Lübeck abgewiesen worden und ein neuer Antrag auf Teilzeitbeschäftigung noch nicht gestellt. Die Klägerin habe ihre Berufung gegen das erste arbeitsgerichtliche Urteil ohne jeden Vorbehalt zurückgenommen. Eine generelle Verpflichtung des Arbeitgebers sich auf Teilzeitwünsche von Arbeitnehmern, die in Elternzeit unter vollständiger Freistellung von Arbeitsleistung sind, einzustellen, gebe es nicht. Hieran ändere auch der Umstand nichts, dass die Klägerin in der Vergangenheit einen Teilzeitwunsch bis zum Arbeitsgericht verfolgt habe. Bis April 2005 sei für die Beklagte in keiner Weise erkennbar gewesen, ob die Klägerin auch nach der Geburt ihres zweiten Kindes während der Elternzeit in Teilzeit für sie tätig sein wolle. Auch habe sie keine Dispositionen in der Vertragsgestaltung mit Herrn M. treffen müssen, auf einen zukünftigen Teilzeitwunsch während der Elternzeit vorbereitet zu sein. Die Beklagte habe auch dargelegt, dass Herr M. nicht bereit gewesen sei, seine wöchentliche Arbeitszeit zu reduzieren. Auf die weiteren von der Beklagten geltend gemachten Einwände gegen den Teilzeitanspruch der Klägerin komme es nicht an. Diese bezögen sich ausschließlich auf die Verteilung der Arbeitszeit, die nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens sei.

Gegen dieses ihr am 24.01.2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 23.02.2007 beim Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Berufung eingelegt und diese nach gewährter Fristverlängerung bis zum 24.04.2007 am 23.04.2007 begründet.

Die Klägerin trägt vor,

das Arbeitsgericht habe im angefochtenen Urteil allein darauf abgestellt, dass die von der Klägerin früher besetzte Stelle nunmehr mit dem unbefristete und in Vollzeit eingestellten Herrn M. besetzt sei, dessen Arbeitsbedingungen nur durch eine Änderungskündigung abänderbar seien. Indessen habe die Beklagte nicht substantiiert vorgetragen, welche konkreten Maßnahmen sie ergriffen habe, die Arbeitszeit des Herrn M. - einvernehmlich oder einseitig - so zu verringern, dass ein Arbeitszeitvolumen von 15 Stunden für die Klägerin zur Verfügung gestanden hätte. Hierbei habe das Gericht nicht berücksichtigt, dass sie, die Klägerin bereits sehr frühzeitig Interesse an einer Arbeitsaufnahme geäußert habe. Im Übrigen sei im Frühjahr 2007 eine Halbtagsstelle im Labor der Beklagten befristet in Teilzeit besetzt worden. Sie sei fachlich geeignet, die entsprechenden Tätigkeiten zu verrichten.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 11.01.2007 aufzuheben und einer Verringerung der Arbeitszeit der Klägerin in Teilzeit mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 15 Stunden mit Wirkung zum 01.03.2007 zuzustimmen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt

das angefochtene Urteil. Sie habe die Beschäftigung des Herrn M. auch nicht zugunsten der Klägerin anders organisieren können. Die Klägerin übersehe, dass Herr M. bereits im April 2005 als Vollzeitkraft eingestellt worden sei. Zu diesem Zeitpunkt habe sie, die Beklagte, nicht davon ausgehen können, dass die Klägerin eine Teilzeittätigkeit ausüben wolle. Herr M. sei auch nicht bereit, seine Vollzeittätigkeit zugunsten der Klägerin zu reduzieren. Es sei zum 01.02.2006 befristet bis zum 31.01.2008 eine medizinisch-technische Laborassistentin für das Labor, Bereich Mikrobiologie, mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden und einem Stundenlohn von € 11,54 eingestellt worden. Für diese Stelle sei die Klägerin überqualifiziert. Im Übrigen entspreche diese Tätigkeit auch nicht dem von der Klägerin gewünschten Arbeitsumfang und der zeitlichen Lage der Arbeitszeiten.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 12.06.2007 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist dem Beschwerdewert nach statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 64 Abs. 2 lit. b; 66 Abs. 1 ArbGG; § 519 ZPO.

In der Sache selbst hat die Berufung indessen keinen Erfolg.

Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihr Angebot vom 06.04.2006 auf Verringerung der Arbeitszeit während der Elternzeit auf 15 Stunden wöchentlich zustimmt.

I. Zutreffend hat das Arbeitsgericht in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils festgestellt, dass durch den Antrag der Klägerin auf Teilzeitbeschäftigung vom 06.04.2006 die formellen Voraussetzungen des Antrags auf Zustimmung einer Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit nach § 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 1 und 2 BEEG (bis zum 31.12.2006: § 15 Abs. 7 BErzGG) sowie § 15 Abs. 7 Nr. 5 und Abs. 7 S. 2 BEEG erfüllt sind. Insoweit kann zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf Ziff. I. und II. der angefochtenen Entscheidung verwiesen werden.

II. Die Klägerin hat jedoch materiell-rechtlich keinen Anspruch auf die von ihr begehrte Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit für das zweite Kind.

1. Dem Klageantrag steht nicht entgegen, dass die Beklagte zu einer rückwirkenden Vertragsänderung verurteilt werden soll. Spätestens seit dem In-Kraft-Treten des § 311a Abs. 1 BGB i. d. F. des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) am 01.01.2002 steht der Wirksamkeit eines Vertrags nicht (mehr) entgegen, dass der Schuldner nach § 275 Abs. 1 BGB n. F. nicht zu leisten braucht, auch wenn das Leistungshindernis schon bei Vertragsschluss vorliegt. Der rückwirkende Vertragsabschluss ist nicht deshalb nichtig, weil er auf eine unmögliche Leistung gerichtet ist (BAG, Urt. v. 27.042004 - 9 AZR 522/03 -, AP Nr. 12 zu § 8 TzBfG; Urt. v. 09.05.2006 - 9 AZR 278/95 -, AP Nr. 47 zu § 15 BErzGG).

Dem Leistungsantrag der Klägerin auf Teilzeitbeschäftigung mit Wirkung ab dem 01.03.2007 kann indessen nicht mehr stattgegeben werden, da dieser Zeitraum bereits verstrichen ist. Ist der vom Arbeitnehmer gewünschte Zeitraum verstrichen, kann das Klagebegehren nur noch mit der Feststellungsklage i. S. v. § 256 ZPO verfolgt werden. Eine entsprechende Klagänderung wäre gemäß § 533 ZPO i. V. m. § 256 ZPO auch in der Berufungsinstanz zulässig gewesen und ist mit gerichtlicher Verfügung vom 25.05.2007 auch angeregt worden. Das für die Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche besondere Interesse ergibt sich daraus, dass die gerichtlich festgestellte Verpflichtung des Arbeitgebers zur Festlegung der Arbeitszeit zu Ansprüchen des Arbeitnehmers aus Annahmeverzug (§ 615 Satz 1 BGB) führt (BAG, Urt. v. 09.05.2006 - 9 AZR 278/05 -, AP Nr. 47 zu § 15 BErzGG).

Entgegen der Anregung hat die Klägerin ihren den zurückliegenden Zeitraum vom 01.03.2007 bis zum 12.06.2007 betreffenden Leistungsantrag nicht auf einen entsprechenden Feststellungsantrag umgestellt.

2. Der Leistungsantrag ist aber auch nicht für die Zukunft begründet.

a) Der Verringerung der vertraglichen Arbeitszeit der Klägerin stehen vorliegend dringende betriebliche Gründe i. S. v. § 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 4 BEEG entgegen.

Ein entgegenstehender betrieblicher Grund liegt insbesondere dann vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht, § 8 Abs. 4 S. 2 TzBfG. Im Gegensatz zu § 8 Abs. 4 TzBfG genügen für die Ablehnung eines Anspruchs auf Verringerung der wöchentlichen Arbeitszeit nach § 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 4 BEEG jedoch nicht betriebliche Gründe jeder Art. Vielmehr müssen diese Gründe "dringend", d. h. von besonderem Gewicht sein (BAG, Urt. v. 19.04.2005 - 9 AZR 233/04 -, a. a. O.). Dabei ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber gegen den Anspruch der Arbeitnehmerin auf Elternzeit ohne jegliche Arbeitsleistung keine Einwendungen erheben kann. Daraus folgt, dass sich die dringenden betrieblichen Gründe i. S. d. § 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 4 BEEG gerade daraus ergeben müssen, dass durch den Wunsch nach Teilzeitarbeit der in Elternzeit befindlichen Arbeitnehmerin erhebliche Beeinträchtigungen für den Arbeitgeber bestehen.

b) Hier liegen die Voraussetzungen des § 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 4 BEEG im vorliegenden Falle vor, sodass die Klägerin die beantragte Teilzeitbeschäftigung nach § 15 Abs. 6 BEEG nicht beanspruchen kann.

aa) Zwar kann die Beklagte der beantragten Teilzeitarbeit nicht entgegenhalten, dass die zuvor von der Klägerin innegehabte Stelle nunmehr von dem in Vollzeit beschäftigten Mitarbeiter M. besetzt sei. Insoweit kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 19.04.2005 - 9 AZR 233/04 - (a.a.O.) berufen. Der dieser Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt ist mit dem hiesigen nicht vergleichbar. In dem dortigen Fall hatte der Arbeitgeber aufgrund der zunächst beantragten Null-Elternzeit die Stelle befristet mit einer Vertretungskraft wieder besetzt. Die Vergleichbarkeit zum zitierten BAG-Fall folgt auch nicht daraus, dass die Klägerin ihren während der Elternzeit fürs erste Kind gestellten Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit im Berufungsverfahren zurückgenommen hatte.

Die Klägerin befand sich unstreitig bis zum 30.09.2006 in der so genannten Null-Elternzeit fürs erste Kind. Noch vor Ablauf dieser Elternzeit wurde das zweite Kind am 23.02.2005 geboren. Die achtwöchige Mutterschutzfrist nach § 6 Abs. 1 MuSchG für dieses Kind endete am 20.04.2005. Da sich die Klägerin zu jenem Zeitpunkt noch nach wie vor in der Elternzeit für das erste Kind befand, hatte sie nach der Geburt des zweiten Kindes - zunächst einmal - keine Veranlassung, sich bereits über die Elternzeiten fürs zweite Kind gemäß § 16 Abs. 1 BErzGG zu erklären. Rechtzeitig vor Ablauf der fürs erste Kind bewilligten Elternzeit, d. h. vor dem 30.09.2006, und innerhalb der (damals noch geltenden) achtwöchigen Antragsfrist nach § 16 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BErzGG hat die Klägerin mit Schreiben vom 06.04.2006 den Antrag auf Elternzeit nach § 15 Abs. 1 BErzGG gestellt und gleichzeitig beantragt, einer Arbeitszeitverringerung auf 15 Wochenstunden ab dem 01.03.2007 zuzustimmen.

Dieser zeitliche Ablauf belegt, dass sich die Beklagte zur Begründung der der Teilzeitbeschäftigung der Klägerin entgegenstehenden Gründe nicht auf die vorgenommene Ersatzeinstellung des Herrn M. berufen kann. Die unbefristete Wiederbesetzung der klägerischen Stelle am 18.04.2005 stellt vorliegend keinen dringenden betrieblichen Grund dar, der einer Teilzeitarbeit der Klägerin entgegensteht. Die Klägerin hatte zu jenem Zeitpunkt weder Elternzeit fürs zweite Kind beantragt, noch sich über die konkrete Ausgestaltung der Elternzeit fürs zweite Kind (Null-Elternzeit, Teilzeitarbeit) erklärt. Hierzu war sie auch nicht verpflichtet, vielmehr musste sie nur die Fristen nach §§ 16 Abs. 1, 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 5 BErzGG (jetzt: §§ 16 Abs. 1, 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 5 BEEG) einhalten. Zum Zeitpunkt der unbefristeten Einstellung des Herrn M. konnte die Beklagte mithin gerade nicht davon ausgehen, dass die Klägerin auch fürs zweite Kind bis zur Vollendung dessen dritten Lebensjahres so genannte Null-Elternzeit nimmt. Eine dementsprechende Erklärung hatte die Klägerin weder abgegeben, noch war sie nach dem Verlauf des Vorprozesses nahe liegend. Gerade der Umstand, dass die Klägerin auch während der Elternzeit fürs erste Kind eine Teilzeitbeschäftigung angestrebt hatte, belegt ihr grundsätzliches Interesse neben der Kinderbetreuung in Teilzeit weiterzuarbeiten. Da das zweite Kind bei Ablauf der Elternzeit fürs erste Kind bereits gut anderthalb Jahre alt war, musste die Beklagte im April 2005 davon ausgehen, dass die Klägerin nach Ende der Elternzeit fürs erste Kind entweder gar keine Elternzeit fürs zweite Kind beansprucht und ihre Arbeit am 01.10.2006 in Vollzeit wieder aufnimmt oder Elternzeit mit Teilzeitbeschäftigung beantragt. Aus Sicht der Kammer hat die Beklagte - ungeachtet der Frage der Teilbarkeit der Stelle oder sonstiger dringender betrieblicher Gründe - den Antrag auf Teilzeitarbeit durch die unbefristete Einstellung des Herrn M. vereitelt, zumindest kann sie sich in Bezug auf die Ablehnung der Teilzeitarbeit hierauf nicht berufen (vgl. Pressemitteilung des BAG Nr. 41/07 zum Urteil vom 05.06.2007 - 9 AZR 82/07 -). Bevor die Beklagte wusste, ob die Klägerin am 01.10.2006 ihre Arbeit in Vollzeit oder aufgrund eines Antrags auf Elternzeit nur in Teilzeit oder überhaupt noch nicht wieder aufnimmt, hat sie durch die unbefristete Einstellung des Herrn M. vollendete Tatsachen geschaffen, die der jetzt beantragten Teilzeitbeschäftigung entgegenstehen.

bb) Ungeachtet dessen stehen andere dringende betriebliche Gründe der Teilzeitbeschäftigung der Klägerin entgegen.

(1) § 15 Abs. 7 BEEG begründet nach seinem Wortlaut keinen Anspruch auf eine bestimmte vertragliche Festlegung der verringerten Arbeitszeit. Das steht indessen einer auf entsprechende Verteilung gerichteten Klage nicht entgegen. Soweit die Zeit der Arbeitsleistung - wie hier - nicht durch eine arbeitsvertragliche Regelung bestimmt ist, bestimmt der Arbeitgeber die Arbeitszeiten kraft seines Direktionsrechts nach billigem Ermessen, § 106 GewO v. V. m. § 305 Abs. 3 BGB. Soll der Arbeitgeber das Weisungsrecht mit einem bestimmten Inhalt ausüben, so steht dem Arbeitnehmer zur Durchsetzung seines behaupteten Anspruchs die Leistungsklage zur Verfügung. Eine unbillige oder fehlende Leistungsbestimmung des Arbeitsgebers wird nach § 315 Abs. 3 BGB sodann durch das Gericht ersetzt (BAG, Urt. V. 09.05.2006 - 9 AZR 278/05 -, a. a. O.). Unter prozessökonomischen Gründen kann der Arbeitnehmer mithin sein Teilzeitbegehren sofort mit einem bestimmten Verteilungswunsch verknüpfen.

(2) Dies hat die Klägerin vorliegend getan. Sie hat ihren Antrag vom 06.04.2006 auf Verringerung der Arbeitszeit auf 15 Wochenstunden verknüpft mit einer ganz bestimmten Verteilungsvorgabe der Arbeitszeit auf die Wochentage Dienstag bis Donnerstag von 16:00 bis 19:00 Uhr und Freitag von 12:00 bis 18:00 Uhr. Das Arbeitszeitverlangen konnte nur einheitlich angenommen oder abgelehnt werden. Dies ergibt sich aus dem insoweit eindeutigen Wortlaut des Antragsschreibens vom 06.04.2006. Die hierin angegebene Lage der Arbeitszeit wurde seitens der Klägerin nicht als Wunsch oder Vorschlag, sondern als Bedingung für den Teilzeitbeschäftigungsantrag vorgegeben, was aus der Formulierung "Als Arbeitszeit ... wird ... beantragt" hervorgeht. Dass die Klägerin nur zu diesen Arbeitszeiten arbeiten wollte, ergibt sich zudem aus ihrem während des Erziehungsurlaubs fürs erste Kind gestellten Teilzeitantrag. Auch in jenem Antrag hatte die Klägerin genau diese Arbeitszeiten angegeben. Obgleich die Beklagte bereits damals unter Hinweis auf entgegenstehende betriebliche Gründe den Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit zu just diesen Arbeitszeiten abgelehnt hatte, hat die Klägerin jetzt nochmals sozusagen "kompromisslos" an der vorgegebenen Lage der Arbeitszeiten festgehalten. Der Klägerin kam es auf die Lage der Arbeitszeit entscheidend an, da sie sich - wie auch in der Berufungsverhandlung bestätigt - die Kinderbetreuung mit ihrem Ehemann teilen will.

Dem steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin in dem Klagantrag die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage und Uhrzeiten nicht mit aufgenommen hat. Denn in ihren Schriftsätzen hat sie an der zuvor mit Schreiben vom 06.04.2006 vorgegebenen Verteilung der Arbeitszeiten festgehalten und hat zudem versucht aufzuzeigen, warum es der Beklagten möglich sein sollte, die Klägerin auch außerhalb der betriebsüblichen Arbeitszeiten zu beschäftigen. Die Klägerin hat mithin die im Antrag vom 06.04.2006 geforderten Arbeitszeiten im Klageverfahren weiterhin verteidigt. Auch in der Berufungsbegründung hat sie nicht zuerkennen gegeben, dass sie auch bereit sei, zu anderen Arbeitszeiten in Teilzeit zu arbeiten. Der Klagantrag ist mithin dahingehend auszulegen, dass er dem mit Schreiben vom 06.04.2006 gegenüber der Beklagten gestellten Antrag entspricht. Die innerhalb der Vierwochenfrist des § 15 Abs. 7 S. 4 BErzGG (jetzt § 15 Abs. 7 S. 4 BEEG) erklärte Ablehnung der Teilzeitbeschäftigung bezog sich ausdrücklich auch nur auf den konkreten Antrag vom 06.04.2006, den die Klägerin sodann mit dem vorliegenden Verfahren gerichtlich geltend gemacht hat.

(3) Der mit der konkreten Lage der Arbeitszeit verbundene Antrag auf Teilzeitbeschäftigung ist nicht begründet. Ihm stehen dringende betriebliche Gründe i. S. v. § 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 5 BEEG entgegen.

Es kann dahingestellt bleiben, ob, wie die Beklagte behauptet, die Stelle des Produktentwicklers überhaupt teilbar ist. Denn die von der Klägerin beantragte konkrete Lage der Arbeitszeiten steht dringenden betrieblichen Erfordernissen entgegen.

Dabei verkennt die Kammer nicht, dass der Arbeitnehmer wegen seiner familiären Einbindung (Kinderbetreuung) in aller Regel auf eine bestimmte Lage seiner Arbeitszeit angewiesen ist, sodass seinen Interessen regelmäßig der Vorrang gebührt. Denn jede Arbeitszeitverringerung führt zwangsläufig zu einer Änderung der Arbeitszeit, sei es, dass die Arbeitsstunden an einzelnen oder allen Arbeitstagen verkürzt oder auf einen oder mehrere Arbeitstage pro Woche konzentriert werden. Durch die Arbeitszeitverringerung ist somit notgedrungen auch die betriebliche Arbeitsorganisation betroffen. Um den Teilzeitanspruch während der Elternzeit nicht auszuhebeln entspricht eine den Interessen und Wünschen des Arbeitgebers gegenläufige Ermessensentscheidung nur dann billigem Ermessen i. S. v. § 315 Abs. 3 BGB, wenn dem Arbeitgeber dringende betriebliche Gründe zur Seite stehen. Anders als in § 8 TzBfG kann sich der Arbeitgeber nicht auf betriebliche Gründe jeder Art berufen, um Einwendungen gegen eine Teilzeitbeschäftigung zu erheben. Vielmehr müssen die betrieblichen Gründe dringend sein. Es muss sich um Gründe handeln, die den in § 1 Abs. 2 KSchG genannten vergleichbar sind (Willikonsky, MuSchG, 2. Aufl., Rn. 20 zu § 15 BEEG; LAG München, Urt. v. 03.03.2004 - 9 Sa 782/03 -, LAG-Report 2005, 197 ff.). Der Arbeitgeber darf das Teilzeitverlangen nur ablehnen, wenn die begehrte Teilzeitbeschäftigung unmöglich oder dem Arbeitgeber unzumutbar ist.

Dies vorausgesetzt ist es der Beklagten unzumutbar, die Klägerin - wie von ihr beantragt - in Teilzeit zu beschäftigen. Ihr Teilzeitbegehren bezieht sich nicht auf eine "schlichte" Vormittags- oder Nachmittagstätigkeit. Vielmehr hat die Klägerin beantragt, sie mit reduzierter Arbeitszeit größtenteils außerhalb der regulären bzw. betriebsüblichen Arbeitszeiten zu beschäftigen. Je nach Arbeitsanfall beginnt die Arbeitszeit im Betrieb der Beklagten morgens zwischen 7:00 Uhr und 8:00 Uhr und endet von montags bis donnerstags zwischen 16:00 Uhr und 17:00 Uhr und freitags zwischen 12:00 Uhr und 15:00 Uhr. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig. Die Klägerin beansprucht demgegenüber eine Beschäftigung von Dienstag bis Donnerstag von 16:00 Uhr bis 19:00 Uhr und am Freitag von 12:00 Uhr bis 18:00 Uhr. Damit will sie überwiegend außerhalb der betriebsüblichen Arbeitszeiten arbeiten, sodass die erforderliche Kommunikation zwischen ihr und den übrigen Mitarbeitern aller Abteilungen sowie zwischen ihr und der Geschäftsleitung weitgehend nicht bzw. nur sehr eingeschränkt stattfinden kann. Unstreitig könnte die Klägerin auch nicht an den jeweils arbeitstäglich stattfindenden Frühbesprechungen teilnehmen, nicht einmal an einem ihrer Arbeitstage. Als Produktentwicklerin hat sie die Nahtstelle zwischen Produktion und Vertrieb inne und muss somit nicht nur zu den Mitarbeitern der eigenen Abteilung, sondern auch zu denjenigen der anderen Abteilungen in direktem Kontakt stehen. Sie ist zudem der Geschäftsleitung direkt unterstellt. Die von der Klägerin geforderten Arbeitszeiten würden nicht nur eine Änderung der Arbeitsabläufe innerhalb einer bestehenden Arbeitsorganisation bedingen, sondern eine völlige Änderung der Arbeitsorganisation als solche notwendig machen, bis hin zu etwaigen Änderungskündigungen gegenüber anderen Mitarbeitern. Hierzu kann die Beklagte indessen nicht verpflichtet werden.

III. Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 ArbGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision lagen nach § 72 Abs. 2 ArbGG nicht vor.

Ende der Entscheidung

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