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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Beschluss verkündet am 26.10.2009
Aktenzeichen: 5 Ta 176/09
Rechtsgebiete: ZPO, GKG, KSchG


Vorschriften:

ZPO §§ 3 ff.
ZPO § 278 Abs. 6
GKG § 42 Abs. 4 S. 1 Halbs. 1
GKG § 42 Abs. 4 S. 1 Halbs. 2
KSchG § 9
KSchG § 10
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss

Aktenzeichen: 5 Ta 176/09

26.10.2009

In dem Beschwerdeverfahren

hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein am 26.10.2009 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzende

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts Kiel vom 17.08.2009, Az. 1 Ca 953 a/09, wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Im Hauptsacheverfahren stellte die Klägerin folgenden Antrag:

"die Beklagte zu verurteilen, mit der Klägerin einen Aufhebungsvertrag mit folgendem Inhalt abzuschließen:

1. Es besteht Einvernehmen darüber, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Ablauf des 31. Juli 2009 enden wird.

2. Für den Verlust des Arbeitsplatzes zahlt die Beklagte an die Klägerin eine Abfindung gemäß § 19 Abs. 1 der Betriebsvereinbarung über einen Interessenausgleich und Sozialplan zum Projekt SWK 2015 vom 20.04.2007 in Höhe von 105.248,92 EUR.

3. Die gegenseitigen Ansprüche aus den Entgeltabrechnungen für die Monate Mai, Juni und Juli 2009 sind noch offen und werden von der Beklagten gesondert abgerechnet. Soweit noch Entgeltansprüche der Klägerin (z. B. aus evtl. Zeitguthaben) bestehen, werden diese bei Ausscheiden ausbezahlt. Überzahlungen (evtl. Minusstunden aus dem Zeitkonto) sind von der Klägerin zu erstatten.

4. Die Beklagte wird die Arbeitspapiere ordnungsgemäß ausfüllen sowie ein qualifiziertes Zeugnis erstellen und diese Unterlagen der Klägerin nach ihrem Ausscheiden zusenden.

5. Die Parteien sind sich darüber einig, dass weitergehende Ansprüche der Klägerin aus dem Arbeitsverhältnis und dessen Auflösung gegenüber der Beklagten nicht mehr bestehen. Alle gegenseitigen Ansprüche der Parteien sind mit der Durchführung dieses Vergleiches erledigt; hiervon ausgenommen ist die Abrechnung der persönlichen Bezüge aus den Beschäftigungsmonaten Mai bis Juli 2009 z. B. aus Kauf im Casino oder Inanspruchnahme von privatem Tanken."

Zuvor hatte die Klägerin, die sich beruflich umorientieren wollte, die Beklagte außergerichtlich aufgefordert, mit ihr eine einvernehmliche Vertragsauflösung gemäß § 18 der Betriebsvereinbarung vom 20.04.2007 (Bl. 6 ff. d. A.) gegen Zahlung einer Sozialplanabfindung in Höhe von € 105.248,92 abzuschließen. Dies hatte die Beklagte abgelehnt, jedoch einer - wie gewünscht - vorzeitigen einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum 31.07.2009 zugestimmt.

Das Hauptsacheverfahren wurde durch Feststellungsbeschluss vom 14.07.2009 über das Zustandekommen eines Prozessvergleichs gemäß § 278 Abs. 6 ZPO beendet. Wegen des Inhalts des Prozessvergleichs wird auf Bl. 104 d. A. verwiesen.

Nach Anhörung der Parteien und Parteivertreter hat das Arbeitsgericht den Wert des Streitgegenstandes auf € 118,710,00, d. h. in Höhe von drei Bruttomonatsgehältern zuzüglich der Sozialplanabfindung, festgesetzt.

Gegen diesen ihr am 18.08.2009 zugestellten Beschluss hat die Klägerin persönlich am 26.08.2009 sofortige Beschwerde eingelegt. Der Streitwert sei wie bei Bestandsstreitigkeiten nur mit drei Bruttomonatsgehältern ohne Hinzurechnung einer begehrten Sozialplanabfindung festzusetzen.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 21.09.2009 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Wegen der Begründung wird auf Bl. 120 f d. A. verwiesen.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, aber in der Sache nicht begründet.

Die Streitwertfestsetzung in Höhe von € 118.710,00 ist nicht zu beanstanden. Das Arbeitsgericht hat das ihm nach §§ 3 ff. ZPO bei der Streitwertfestsetzung zustehende Ermessen nicht überschritten.

1. Streitgegenständlich war die Abgabe einer Willenserklärung auf Abschluss eines Auflösungsvertrages gegen Zahlung einer Sozialplanabfindung. Die Bewertung einer auf Abgabe einer Willenserklärung gerichteten Klage richtet sich nach §§ 3 ff. ZPO. Vorliegend umfasst die geforderte Willenserklärung mehrere Teilbereiche, insbesondere die Zustimmung zur Aufhebung des Arbeitsvertrages und die Zustimmung zur Zahlung einer Abfindung.

a) Im Hinblick auf die Bewertung der Zustimmungserklärung zur einvernehmlichen Aufhebung des Arbeitsvertrages darf indessen nicht verkannt werden, dass § 42 Abs. 4 S. 1 Halbs. 1 GKG das wirtschaftliche Interesse des Arbeitnehmers am Bestand seines Arbeitsverhältnisses aus sozialpolitischen Gründen nur mit einem Vierteljahreseinkommen bewertet wissen will (GK-ArbGG, Schleusener, Stand September 2009, Rn. 336 zu § 12). § 42 Abs. 4 S. 1 Halbs. 1 GKG findet als Wertvorschrift mithin bezogen auf Ziff. 1 des abzuschließenden Aufhebungsvertrages vorliegend ebenfalls analog Anwendung. Es ist mithin nicht zu beanstanden, dass das Arbeitsgericht den Wert für die beantragte Abgabe der Willenserklärung einer einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.07.2009 mit drei Bruttomonatsgehältern bewertet hat.

b) Die Klägerin verlangte von der Beklagten indessen nicht nur die Zustimmungserklärung zur einvernehmlichen Aufhebung des Arbeitsverhältnisses (Bestandsstreitigkeit), sondern auf die Zustimmungserklärung zur Zahlung einer Sozialplanabfindung. Entgegen der Auffassung der Klägerin bzw. ihrer Rechtsschutzversicherung findet § 42 Abs. 4 S. 1 Halbs. 2 GKG vorliegend keine - auch nicht entsprechende - Anwendung. Nach dieser Vorschrift ist eine Abfindung nicht streitwerterhöhend zu berücksichtigen. Das in dieser Wertvorschrift normierte Additionsverbot betrifft solche Abfindungen, die im Rahmen einer gerichtlichen Auflösung der §§ 9 und 10 KSchG festgesetzt werden. Das Additionsverbot des § 42 Abs. 4 S. 1 Halbs. 2 GKG greift allerdings nicht ein, wenn eine vom Ausgang eines Kündigungsrechtsstreits bzw. einer Bestandsschutzstreitigkeit unabhängige Abfindung eingeklagt wird, etwa aufgrund eines Sozialplans, eines Tarifvertrages oder einer besonderen arbeitsvertraglichen Zusage (HWK/Kalb, 3. Aufl., Rn. 23 zu § 12 ArbGG; LAG Köln Beschl. v. 22.12.2007 - 8 Ta 26/07 -, zit. n. Juris; LAG Rheinland-Pfalz Beschl. v. 09.10.2009 - 1 Ta 219/07 -, zit. n. Juris; LAG München Beschl. v. 12.12.2006 - 7 Ta 378/06 -).

Hieran gemessen greift vorliegend das Additionsverbot des § 42 Abs. 4 S. 1 Halbs. 2 GKG nicht. Unstreitig handelt es sich bei der im Klagantrag formulierten Ziff. 2 des begehrten Aufhebungsvertrages um eine Sozialplanabfindung. Der eigentliche Streit der Parteien bestand darin, ob im Falle der von der Klägerin initiierten Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses, §§ 18, 19 der Betriebsvereinbarung vom 20.04.2007 greifen, d. h. ob die Klägerin wegen des Abschlusses eines Aufhebungsvertrages Anspruch auf eine Sozialplanabfindung hat. Die Parteien haben nicht um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses als solche gestritten, sondern um den (vermeintlichen) klägerischen Anspruch auf eine Sozialplanabfindung. Die Beklagte hatte bereits vor Klagerhebung der einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses zugestimmt, nur die Zahlung der geforderten Sozialplanabfindung abgelehnt. Hieraus wird deutlich, dass die Klägerin nicht eine Abfindungszahlung nach §§ 9, 10 KSchG begehrt, sondern eine Sozialplanabfindung nach §§ 18, 19 der Betriebsvereinbarung vom 20.04.2007.

c) Mithin ist die von der geforderten Willenserklärung umfasste Abfindungszahlung neben dem Auflösungsbegehren bei der Wertfestsetzung nach §§ 3 ff. ZPO gesondert zu berücksichtigen.

2. Nach alledem war die sofortige Beschwerde mit der Kostenfolge des § 07 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Gegen diesen Beschluss ist ein weiteres Rechtsmittel nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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