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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Beschluss verkündet am 28.01.2003
Aktenzeichen: 5 TaBV 25/02
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 40 Abs. 2
Sofern im Betrieb des Arbeitgebers ein innerbetriebliches elektronisches Informations- und Kommunikationssystem (Intranet) besteht, hat auch der Betriebsrat im Rahmen seiner gegenüber den Arbeitnehmern bestehenden Unterrichtungspflichten gemäß § 40 Abs. 2 BetrVG Anspruch auf Nutzung dieses Systems. Dies gilt jedenfalls dann uneingeschränkt, wenn die betriebsinterne Kommunikation per Intranet gängige Praxis ist, wie z.B. in einem High-tech-Unternehmen der Elektroindustrie.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Beschluss

Aktenzeichen: 5 TaBV 25/02

Verkündet am 28.01.2003

Im Beschlussverfahren mit den Beteiligten

hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die Anhörung der Beteiligten am 28.01.2003 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Otten-Ewer als Vorsitzende und die ehrenamtlichen Richter Dau und Geng als Beisitzer

beschlossen:

Tenor:

1. Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichtes Elmshorn vom 4. Juli 2002, Aktenzeichen 2 BV 25 d/02, wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

Der Antragsteller ist der Betriebsrat bei der Firma E...-E... Systems W... Gesellschaft für A... mbH, der Antragsgegnerin (künftig: Arbeitgeberin). Die Beteiligten streiten in dem vorliegenden Beschlussverfahren darüber, ob der Betriebsrat das bei der Arbeitgeberin installierte Intranet nutzen darf und ob die Arbeitgeberin Beiträge des Betriebsrats aus dem Intranet eigenmächtig entfernen darf. In einem vorangegangenen betriebsverfassungsrechtlichen Beschlussverfahren machte der Betriebsrat gegenüber der Arbeitgeberin erfolgreich die Zugangsberechtigung zum Internet geltend (LAG Schleswig-Holstein, Beschluss v. 30.10.2002, Az. 1 TaBV 16/02); dieser Beschluss ist noch nicht rechtskräftig.

Die Arbeitgeberin beschäftigt in ihrem Betrieb in W... 644 Mitarbeiter. Ca. 500 Arbeitsplätze sind mit PC ausgestattet, die alle an das betriebsinterne Intranet angeschlossen sind. Zwei Mitglieder des 11-köpfigen Betriebsrats sind freigestellt und können jeweils im Betriebsratsbüro über einen PC verfügen.

Im September 1999 schlossen die Beteiligten eine Betriebsvereinbarung "Intranet und Internet" (Bl. 32-34 d.GA., künftig: BV). In der Präambel heißt es, dass durch die Einführung und Nutzung des Intranets die Kommunikation innerhalb des Unternehmens vereinfacht und verbessert werden soll, um die Geschäftsprozesse hinsichtlich einer verbesserten Wettbewerbsfähigkeit zu optimieren. Laut Ziff. 4 BV haben alle Arbeitsplatzrechner Zugang zum Intranet; Mitarbeiter, welche keinen Arbeitsplatzrechner besitzen, erhalten über einen der Abteilung zugeordneten PC die Möglichkeit, auf die E...-Hilfe zuzugreifen.

Seit Anfang 2000 stellte auch der Betriebsrat auf einer eigenen Seite selbstbestimmt Informationen, Mitteilungen und Nachrichten ins Intranet. Die Beiträge des Betriebsrats konnten über die Menue-Punkte "E... Intern", Unterpunkt "Betriebsrat" abgerufen werden (Bl. 35 d.GA.).

Anlässlich einer Betriebsversammlung vom Februar 2002 verteilte der Betriebsrat Fragebögen an die Mitarbeiter zu dem von der Arbeitgeberin geplanten Pilotprojekt "Vertrauensorientierte Arbeitszeit". Eine Auswertung der ca. 100 zurückgereichten Bögen gab der Betriebsrat am 19.03.2002 über das Intranet bekannt. Ohne den Betriebsrat zu informieren, ließ die Arbeitgeberin die Auswertung der Mitarbeiterbefragung aus dem Intranet entfernen. Aufgrund des hierdurch zwischen den Beteiligten ausgelösten Streits untersagte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat mit Schreiben vom 09.04.2002 (Bl. 7 d. GA.) mit sofortiger Wirkung die Möglichkeit der Informationsgebung per Intranet, ohne dies vorher mit der Geschäftsführung abgesprochen zu haben. Die Arbeitgeberin verwies den Betriebsrat zur Bewältigung seiner Informationsaufgabe auf die zur Verfügung gestellten "Schwarzen Bretter", die Mitarbeiter-Rundschreiben, Betriebsversammlungen und notfalls Sprechstunden.

Der Betriebsrat hat vorgetragen,

dass für ihn die Nutzung des Intranets i. S. d. § 40 Abs. 2 BetrVG erforderlich sei. Alle Mitarbeiter hätten eine Zugangsmöglichkeit zum Intranet. Die Arbeitgeberin nutze das Intranet in erheblichem Maße, um die Mitarbeiter über geplante Neuerungen oder betriebliche Nachrichten zu informieren. Teilweise handele es sich um Maßnahmen, bei denen auch der Betriebsrat zu beteiligen sei. Unter diesen Umständen sei es ein nicht hinzunehmender Nachteil, wenn der Betriebsrat die entsprechende Gegeninformation nur über das "Schwarze Brett" übermitteln könne. Letztlich gehe es der Arbeitgeberin nicht darum, dem Betriebsrat grundsätzlich den Intranetzugang zu entziehen, sondern um eine unzulässige inhaltliche Kontrolle dessen, was der Betriebsrat an Mitteilungen und Informationen über das Intranet verbreite. Durch die eigenmächtige Entfernung der Diskussionsbeiträge zum Thema "Vertrauensarbeit" sei die Arbeitgeberin bereits in rechtswidriger Weise tätig geworden und habe durch das Schreiben vom 09.04.2002 dokumentiert, dass sie auch künftig die Betriebsratsinformationen inhaltlich kontrollieren wolle, sodass Wiederholungsgefahr bestehe. Damit liege der Fall einer groben Pflichtverletzung gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 BetrVG vor.

Der Betriebsrat hat beantragt,

1. die Beteiligte zu 2) zu verpflichten, dem Beteiligten zu 1) zu gestatten, Informationen und Beiträge im Rahmen seiner Aufgaben nach dem Betriebsverfassungsgesetz auch ohne vorherige Zustimmung der Beteiligten zu 2) in das bei der Beteiligten zu 2) installierte Intranet zu stellen;

2. der Beteiligten zu 2) aufzugeben, es zu unterlassen, vom Beteiligten zu 1) im Rahmen seiner Aufgaben nach dem Betriebsverfassungsgesetz in das Intranet gestellte Informationen oder Beiträge eigenmächtig zu entfernen.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Die Arbeitgeberin hat vorgetragen,

für die Erforderlichkeit eines Sachmittels i. S. d. § 40 Abs. 2 BetrVG genüge es nicht, dass durch seinen Einsatz die Geschäftsführung des Betriebsrats lediglich erleichtert werde bzw. sich rationeller gestalten lasse. Aus Gründen der Effektivität der Betriebsratsarbeit werde daher ein Sachmittel erst dann erforderlich, wenn ohne seinen Einsatz die Wahrnehmung anderer Rechte und Pflichten des Betriebsrats vernachlässigt würden. Diese Voraussetzungen habe der Betriebsrat jedoch nicht dargelegt. Im Übrigen habe der Betriebsrat die Möglichkeit, seine Informationen an die Mitarbeiter schnell und mit wenig Aufwand per e-Mail zu verschicken. Die Arbeitgeberin beruft sich auf eine Entscheidung des Arbeitsgerichts Frankfurt a.M. vom 13.11.2001 - 8 BV 633/00 - (NZA-RR 2002, 252 f.).

Das Arbeitsgericht hat

den Anträgen stattgegeben. Nachdem in § 40 Abs. 2 BetrVG durch das Betriebsverfassungs-Reformgesetz Informations- und Kommunikationstechnik als Arbeitsmittel aufgeführt seien, welche der Arbeitgeber dem Betriebsrat zur Verfügung stellen müsse, sei grundsätzlich davon auszugehen, dass auch dem Betriebsrat ein Anspruch auf Nutzung eines bereits installierten Intranets zustehe, insbesondere, wenn der Arbeitgeber das Intranet seinerseits für Mitteilungen an die Beschäftigten verwende. Dies werde vorliegend noch dadurch bekräftigt, dass der Betriebsrat das Intranet für die Betriebsratsinformationen bereits seit zwei Jahren genutzt habe. Die Arbeitgeberin sei verpflichtet, dem Betriebsrat ungehinderten Zugang zum Intranet für die Erledigung der Betriebsratsarbeit zu ermöglichen. Die Arbeitgeberin dürfe die Informationsarbeit des Betriebsrats nicht inhaltlich begrenzen; die Grenzen seien durch das Betriebsverfassungsgesetz festgelegt.

Der Unterlassungsanspruch gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 BetrVG sei ebenfalls begründet. Durch die Entfernung der strittigen Umfrage-Auswertung des Betriebsrats aus dem Intranet habe die Arbeitgeberin gegen ihre Pflichten aus §§ 74 Abs. 1 Satz 2 u. 78 BetrVG verstoßen. Da bis zum 19.03.2002 ein Zugangsverbot zum Intranet gegenüber dem Betriebsrat nicht ausgesprochen worden war, hätte es der Arbeitgeberin oblegen, vor der Entfernung des Textes mit dem Betriebsrat eine Lösungsmöglichkeit zu suchen. Da die Arbeitgeberin nach wie vor die Zugangsberechtigung des Betriebsrats zum Intranet bestreitet, bestehe auch Wiederholungsgefahr.

Gegen diesen ihr am 19.08.2002 zugestellten Beschluss hat die Arbeitgeberin am 19.09.2002 Beschwerde eingelegt und die Beschwerde am 18.10.2002 begründet.

Die Arbeitgeberin trägt vor,

der Anspruch auf Intranetzugang sei nicht durch § 40 Abs. 2 BetrVG gedeckt. Mit der Novellierung des § 40 Abs. 2 BetrVG sollte das bisherige Recht nicht geändert werden; nach der Gesetzesbegründung habe sie nur klarstellende Funktion. An der Notwendigkeit der Erforderlichkeit der beispielhaft genannten Sachmittel habe sich nichts geändert. Auch habe das Arbeitsgericht verkannt, dass es im Rahmen der Prüfung der Erforderlichkeit der vom Betriebsrat begehrten Sachmittel nicht darauf ankomme, ob der Arbeitgeber dieses Sachmittel selbst nutzt oder nicht. Auch der Umstand, dass dem Betriebsrat der Gebrauch des Intranets in der Vergangenheit zugestanden worden sei, habe keine Bedeutung für die Beurteilung der Erforderlichkeit. Im Betriebsverfassungsrecht gebe es auch nicht das Rechtsinstitut der betrieblichen Übung. Dem Betriebsrat stehe zwar bei der Auswahl eines Sachmittels ein Beurteilungsspielraum zu, aber erst dann, wenn es für die Erledigung der Betriebsratsaufgaben erforderlich sei. Ein die Effektivität steigerndes Sachmittel werde deshalb erst dann erforderlich, wenn ohne seinen Einsatz die Wahrnehmung anderer Rechte und Pflichten des Betriebsrats vernachlässigt werden müsste. Insoweit stehe dem Betriebsrat auch nur ein Beurteilungsspielraum bei der Auswahl der erforderlichen Sachmittel zu. Da dem Antrag zu 1. kein Anspruch zugrunde liege, fehle auch dem Antrag zu 2. die Rechtsgrundlage.

Die Arbeitgeberin beantragt,

in Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 04.07.2002 - 2 BV 25 d/02 - die Anträge zurückzuweisen.

Der Betriebsrat beantragt,

die Beschwerde der Beteiligten zu 2) zurückzuweisen.

Der Betriebsrat trägt vor,

dass das Arbeitsgericht seinen Anträgen mit zutreffender Begründung stattgegeben habe. Er wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag zur Erforderlichkeit der Nutzung des Intranets. Die Arbeitgeberin verkenne, dass zunächst der Betriebsrat darüber entscheide, welche sachlichen Mittel für ihn erforderlich und damit vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen seien. Dies gelte auch für Informationsmittel. Dabei sei auch von Bedeutung, welcher Informationsmittel sich der Arbeitgeber bediene. Mögliche widerstreitende Interessen des Arbeitgebers, der Belegschaft und des Betriebsrats seien sodann aus der Sicht eines vernünftigen Dritten gegeneinander abzuwägen. Die Arbeitgeberin habe keinen Grund dafür genannt, warum sie dem Betriebsrat die Zugangsberechtigung zum Intranet nach zwei Jahren entzogen hat.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, § 87 Abs. 2 i.V.m. § 66 Abs. 1, § 89 Abs. 1 u. 2 ArbGG. In der Sache bleibt sie erfolglos.

1. Das Arbeitsgericht hat mit zutreffender Begründung dem Verpflichtungsantrag des Betriebsrat stattgegeben. Die Arbeitgeberin ist gemäß § 40 Abs. 2 BetrVG verpflichtet, dem Betriebsrat zu gestatten, Informationen und Beiträge im Rahmen seiner Aufgaben nach dem Betriebsverfassungsgesetz auch ohne vorherige Zustimmung der Arbeitgeberin in das betriebsinterne Intranet zu stellen.

a) Nach § 40 Abs. 2 BetrVG hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat für die laufende Geschäftsführung u.a. sachliche Mittel sowie Informations- und Kommunikationstechnik in erforderlichem Umfang zur Verfügung zu stellen. Bei der Prüfung, ob für die laufende Geschäftsführung des Betriebsrats ein Sachmittel erforderlich ist, steht dem Betriebsrat ein Beurteilungsspielraum zu. Der gerichtlichen Überprüfung unterliegt, ob die verlangte technische Ausstattung der Wahrnehmung gesetzlicher Aufgaben dienen soll und der Betriebsrat seine Entscheidungen nach pflichtgemäßem Ermessen getroffen hat. Dies ist der Fall, wenn er die berechtigten Interessen der Belegschaft an einer sachgerechten Wahrnehmung der gesetzlichen Aufgaben des Betriebsrats und die Interessen des Arbeitgebers, insbesondere an einer Begrenzung seiner Kostenbelastung, angemessen berücksichtigt hat (BAG, Beschl. v. 12.05.1999 - 7 ABR 36/97 -, AP Nr. 65 zu § 40 BetrVG 1972; LAG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 30.10.2002 - 1 TaBV 16/02 -).

Die arbeitsgerichtliche Kontrolle, ob das vom Betriebsrat beanspruchte Sachmittel i. S. v. § 40 Abs. 2 BetrVG erforderlich ist, beschränkt sich darauf, ob das verlangte Sachmittel aufgrund der konkreten betrieblichen Situation der Erledigung einer gesetzlichen Aufgabe des Betriebsrats dient und der Betriebsrat nicht nur die Interessen der Belegschaft berücksichtigt hat, sondern bei seiner Entscheidung auch den berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rechnung getragen hat. Dient das jeweilige Sachmittel der Erledigung betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben und hält sich die Interessenabwägung des Betriebsrats im Rahmen seines Beurteilungsspielraums, können die Gerichte die Entscheidung des Betriebsrats nicht durch ihre eigene ersetzen (BAG, Beschl. v. 09.06.1999 - 7 ABR 66/97 -, AP Nr. 66 zu § 40 BetrVG 1972).

aa) Zu den gesetzlichen Aufgaben des Betriebsrates gehört es, im Rahmen seiner Zuständigkeit die Arbeitnehmer des Betriebs umfassend und rechtzeitig zu unterrichten. Die hierfür erforderlichen Sachmittel hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat gemäß § 40 Abs. 2 BetrVG zur Verfügung zu stellen.

Das Intranet ist ein über EDV gesteuertes betriebsinternes Kommunikationsmittel und zählt somit zu den Sachmitteln im obigen Sinne. Nach dem Willen des antragstellenden Betriebsrats soll es im Rahmen seiner betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben zur Verbreitung von Informationen und Beiträgen des Betriebsrats an die Mitarbeiter verwendet werden. Von Anfang 2000 bis März 2002 hat der Betriebsrat das Intranet bereits uneingeschränkt als Art elektronisches "Schwarzes Brett" genutzt. Dem Betriebsrat steht grundsätzlich ein Beurteilungsspielraum zu, welcher Sachmittel er sich zur Informationsübermittlung bedient.

bb) Das Betriebsverfassungs-Reformgesetz hat durch die explizite Aufnahme der Informations- und Kommunikationstechnik in § 40 Abs. 2 BetrVG ausdrücklich klargestellt, dass der Betriebsrat auch von diesen modernen Kommunikationsmitteln zur Bewältigung seiner gesetzlichen Informations-Aufgaben nicht ohne Weiteres ausgeschlossen werden darf. Vielmehr ist damit klargestellt, dass die modernen Kommunikationstechniken grundsätzlich auch zum normalen Geschäftsbedarf des Betriebsrats zählen, wenn und soweit sie der Erfüllung der Betriebsratsarbeit dienen. Im Rahmen der Ermessensentscheidung (Beurteilungsspielraum) hat der Betriebsrat indessen den betriebsüblichen Standard zu berücksichtigen.

Sofern im Betrieb ein innerbetriebliches elektronisches Informations- und Kommunikationssystem (Intranet) besteht, ist mit der h. M. in der Literatur davon auszugehen, dass der Betriebsrat Anspruch auf die Nutzung dieses Systems hat (Fitting, BetrVG, 21. Aufl., Rn. 133 zu § 40 BetrVG; Fabricius, GK-BetrVG, 7. Aufl., Rn. 166 zu § 40 BetrVG; Löwisch, BB 2001, 1734, 1744; Hanau, RdA 2001, 65, 71; Konzen, RdA 2001, 76, 84; Beckschulze / Henkel, DB 2001 1491, 1499; a.A.: Richardi, BetrVG, 8. Aufl., Rn. 80 zu § 40 BetrVG). Dies gilt jedenfalls dann uneingeschränkt, wenn die betriebsinterne Kommunikation per Intranet in dem betreffenden Betrieb gängige Praxis ist, wie z.B. in einem High-Tech-Unternehmen der Elektroindustrie (ArbG Paderborn, Beschl. v. 29.01.1998 - 1 BV 35/97 -, DB 1998, 678 f., LAG Baden-Württemberg, Beschl. v. 26.09.1997 - 5 TaBV 1/97 -, DB 1998, 887 f.).

b) Hieran gemessen ist die Arbeitgeberin (Antragsgegnerin) verpflichtet, dem Betriebsrat zu gestatten, sich im Rahmen seiner betriebsverfassungsrechtlichen Informationspflichten - ohne vorherige Zustimmung der Arbeitgeberin - per Intranet an die Arbeitnehmer zu wenden.

aa) Im Antrag hat der Betriebsrat klargestellt, dass er das Intranet ausschließlich für seine nach dem Betriebsverfassungsgesetz bestehenden Informationspflichten gegenüber der Belegschaft nutzen will. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig. Damit dient der begehrte Zugang zum Intranet aber auch einer gesetzlichen Aufgabe des Betriebsrates.

bb) Bei der Auswahl des Sachmittels "Intranet" zur Erfüllung der Betriebsratsaufgaben hat der Betriebsrat gerade nicht den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum überschritten.

An dieser Stelle verkennt die Arbeitgeberin in ihrer Beschwerdebegründungsschrift (Seite 3, Ziff. 2 d; Bl. 67 d.GA.), dass sich der dem Betriebsrat zugebilligte Beurteilungsspielraum sehr wohl auf die Erforderlichkeit eines Sachmittels bezieht. Das von einem Betriebsrat nach § 40 Abs. 2 BetrVG angeforderte Sachmittel muss zur Erledigung der konkreten gesetzlichen Betriebsratsaufgaben (hier: Informationspflichten gegenüber der Belegschaft) geeignet und bestimmt sein. Die Informationspflichten lassen sich aber unter Verwendung diverser Sachmittel (z.B.: "Schwarzes Brett", Rundbriefe; Telefaxe, Intranet, Internet, Betriebsversammlung, Sprechstunden) erfüllen. Im Rahmen der Auswahl zwischen diesen Sachmitteln steht dem Betriebsrat ein Beurteilungsspielraum zu. Dies folgt bereits daraus, dass der Betriebsrat seine Geschäftsführung eigenständig und in eigener Verantwortung führt. Zur Geschäftsführung zählt auch die umfassende und rechtzeitige Unterrichtung der Arbeitnehmer. Mithin steht es sowohl im pflichtgemäßen Ermessen des Betriebsrats, welche Informationen er zur Weitergabe an die Arbeitnehmer für zweckmäßig erachtet, als auch, welchen Weg er zur Weitergabe der Informationen benutzt (vgl. BAG, Beschl. v. 21.11.1978 - 6 ABR 85/76 -, AP Nr. 15 zu § 40 BetrVG; BAG, Beschl. v. 09.06.1999 - 7 ABR 66/97 -, a.a.O.; LAG Baden-Württemberg, Beschl. v. 26.09.1997 - 5 TaBV 1/97 -, aaO.).

Diesen Beurteilungsspielraum hat der Betriebsrat (Antragsteller) vorliegend nicht überschritten. Unter Berücksichtigung der Interessen der Arbeitnehmer und der konkreten Verhältnisse des Betriebes kann die Arbeitgeberin den Betriebsrat im vorliegenden Falle nicht auf das "Schwarze Brett", das Verfassen von Rundbriefen oder Abhalten von Betriebsversammlungen verweisen.

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass im Betrieb der Arbeitgeberin unbestritten das Intranet das übliche betriebsinterne Kommunikationsmittel ist. Dies ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass 78 % der Arbeitnehmer über ihren PC direkten Zugang zum Intranet haben und die übrigen 22 % der Arbeitnehmer ebenfalls die Möglichkeit haben, über einen ihnen zugeordneten PC Intranet zu nutzen. Bereits aus der Präambel der BV folgt, dass die Nutzung des Intranets die Kommunikation innerhalb des Betriebs vereinfachen und verbessern soll, um letztlich die Wettbewerbsfähigkeit zu optimieren. Damit haben die Betriebsparteien klargestellt, dass das Intranet zum üblichen Kommunikationsmittel innerhalb des Betriebes erhoben worden ist. Wenn aber üblicherweise zwischen Geschäftsleitung und Belegschaft über Intranet kommuniziert wird, somit die Arbeitnehmer sich auf diese Kommunikationsart eingestellt haben, darf der Betriebsrat von diesem Medium nicht ausgeschlossen sein. In diesen Fällen gebietet es bereits die "Waffengleichheit", dass sich auch der Betriebsrat im Rahmen seiner Informationspflicht per Intranet an die Arbeitnehmer wenden kann (Konzen, DB 2001, 1491, 1499). Der Verweis des Betriebsrats auf ein "Schwarzes Brett" oder Rundschreiben muss in diesen Fällen als "vorsintflutlich" und damit unsachlich angesehen werden. Dies gilt um so mehr, da der Betriebsrat bereits das betriebsinterne Intranet über zwei Jahre lang als elektronisches "Schwarzes Brett" benutzt hat. Die Arbeitnehmer haben sich auf diese Art der Information eingestellt. Zu Recht hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass es dem Betriebsrat kaum möglich wäre, den Mitarbeitern zu vermitteln, warum er seine Informationen - anders als die übrigen auf der auf der Menue-Seite des Intranets angeführten - nicht mehr über das Intranet vermitteln darf.

cc) Da der Betriebsrat bereits in seinem Büro über zwei PC verfügt, entstehen der Arbeitgeberin durch die Zugangsberechtigung des Betriebsrats zum Intranet auch unstreitig keine weitergehenden Kosten. Die Arbeitgeberin hat weder plausible noch berechtigte Gründe aufgeführt, warum sie dem Betriebsrat mit dem Schreiben vom 09.04.2002 die Nutzung des Intranets zur Informationsweitergabe - ohne vorherige Zustimmung der Geschäftsleitung - untersagt hat. Die Kammer kann insoweit nur mutmaßen, dass es der Arbeitgeberin allein um das Prinzip geht, dem Betriebsrat die Unterrichtung der Arbeitnehmer nicht zu "leicht zu machen", indem sie ihn auf die Möglichkeit des "Schwarzen Brettes" verweist. Die Arbeitgeberin kann sich auch nicht mit Erfolg auf den Beschluss des ArbG Frankfurt a.M. v. 13.11.2001 (a.a.O.) berufen. Der dieser Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt war mit dem hiesigen nicht vergleichbar. Unstreitig hatte der dortige Betriebsrat neben den gängigen Informationsmitteln ("Schwarzes Brett", Rundbrief, Betriebsversammlung) auch Zugriff auf ein elektronisches Kommunikationssystem. Er konnte e-Mails über das Internet versenden. Vorliegend verweigert die Arbeitgeberin dem Betriebsrat aber nach wie vor einen eigenen Internetanschluss; der hierzu ergangene Beschluss des LAG Schleswig-Holstein vom 30.10.2002 ist noch nicht rechtskräftig und die Arbeitgeberin hat bereits angekündigt, hiergegen Rechtsbeschwerde einzulegen.

Aufgrund der bereits seit zwei Jahren gehandhabten Praxis, Betriebsratsinformationen an die Arbeitnehmer ins Intranet zu stellen, liegt es nicht nur im Interesse des Betriebsrats, sondern auch im Interesse der Arbeitnehmer diese Art der Unterrichtung durch den Betriebsrat beizubehalten, zumal sie weniger zeit- und arbeitsaufwendig ist als über die herkömmlichen Medien ("Schwarzes Brett", Rundbriefe, Betriebsversammlungen) und keine entgegenstehenden betrieblichen Interessen der Geschäftsleitung ersichtlich sind. Der Betriebsrat hat mithin das ihm zustehende Ermessen bei der Auswahl des Intranets zur umfassenden und rechtzeitigen Unterrichtung der Arbeitnehmer gerade nicht überschritten.

2. Auch hinsichtlich des Tenors zu Ziff. 2 des angefochtenen Beschlusses ist die Beschwerde unbegründet. Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 3 Satz 1 BetrVG liegen vor. Nach dieser Vorschrift hat der Betriebsrat bei groben Verstößen des Arbeitgebers gegen die sich aus dem Betriebsverfassungsgesetz ergebenden Pflichten einen materiell-rechtlichen Unterlassungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber. Die groben Pflichtverletzungen müssen objektiv erheblich und offensichtlich schwerwiegend sein (BAG, Beschl. 16.07.1991 - 1 ABR 69/90 -, AP Nr. 44 zu § 87 BetrVG 1972). Dabei kommt es nicht auf ein Verschulden des Arbeitgebers an. Auch kann ein einmaliger Verstoß eine grobe Pflichtverletzung darstellen, dies gilt insbesondere dann, wenn der Arbeitgeber gleichzeitig zum Ausdruck bringt, dass er auch künftig die Rechte des Betriebsrats missachten werde.

Gemessen hieran, war der Arbeitgeberin gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 BetrVG aufzugeben, es zukünftig zu unterlassen, Informationen und Beiträge des Betriebsrats, die dieser im Rahmen seiner Aufgaben nach dem Betriebsverfassungsgesetz in das Intranet eingestellt hat, eigenmächtig zu entfernen. Indem die Arbeitgeberin eigenmächtig ohne vorherige Absprache mit dem Betriebsrat die von diesem ins Intranet gestellte Zusammenfassung der Umfrage zur "Vertrauensorientierten Arbeitszeit" wieder entfernen ließ, hat sie sowohl gegen ihre Pflichten gemäß § 74 Abs. 1 Satz 2 BetrVG als auch aus § 78 BetrVG verstoßen. Ein Arbeitgeber ist grundsätzlich nicht befugt, in die vom Betriebsverfassungsgesetz gedeckte inhaltliche Arbeit des Betriebsrats einzuwirken. Dies hat die Arbeitgeberin vorliegend getan. Sie hat die ihr nicht genehme Auswertung der Mitarbeiterbefragung aus dem Intranet entfernt und das zu einem Zeitpunkt, als sie dem Betriebsrat die Zugangsberechtigung noch nicht entzogen hatte. Zudem hat die Arbeitgeberin - wie das vorliegende Beschlussverfahren verdeutlicht - dem Betriebsrat beharrlich dessen Recht streitig gemacht, Informationen eigenständig und unzensiert an die Arbeitnehmer über das Intranet zu verbreiten. Damit hat die Arbeitgeberin eine Wiederholungsgefahr dokumentiert.

3. Nach alledem war die Beschwerde der Arbeitgeberin in vollem Umfang zurückzuweisen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Die Rechtsbeschwerde ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen worden.

Ende der Entscheidung

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