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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 19.09.2007
Aktenzeichen: 6 Sa 110/07
Rechtsgebiete: ArbGG, BGB, ZPO, KSchG, BetrVG


Vorschriften:

ArbGG § 72 a
BGB § 613 a
BGB § 613 a Abs. 4 Satz 1
ZPO § 261
ZPO § 301
KSchG § 1 Abs. 2 Satz 1
KSchG § 17
KSchG § 18
BetrVG § 29
BetrVG § 102 Abs. 1 Satz 1
BetrVG § 102 Abs. 1 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 6 Sa 110/07

Verkündet am 19.09.2007

In dem Rechtsstreit

hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 19.09.2007 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer und d. ehrenamtliche Richterin ... als Beisitzerin

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 30.11.2006 - 2 Ca 1321 d/06 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Kündigung sowie um Weiterbeschäftigung.

Die Klägerin war seit dem 15.09.1997 zunächst bei der Textilreinigung W... GmbH & Co. KG beschäftigt. Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin waren Herr S... W... und der Beklagte zu 5.. Herr S... W... ist mittlerweile verstorben. Erbe ist der Beklagte zu 2. geworden. Über das Vermögen der Textilreinigung W... GmbH & Co. KG wurde am 23.07.2002 das Insolvenzverfahren eröffnet. Zum Insolvenzverwalter wurde der Beklagte zu 7. bestellt. Dieser veräußerte den Betrieb an die Textilservice W... GmbH, deren Geschäftsführerin die Beklagte zu 8. war. Über das Vermögen dieses Unternehmens (= Gemeinschuldnerin) wurde am 02.08.2004 das Insolvenzverfahren eröffnet. Zum Insolvenzverwalter wurde der Beklagte zu 1. bestellt (Anlage B 1 = Blatt 32 d. A.). Dieser führte den Betrieb mit circa 100 Arbeitnehmern zunächst weiter.

Am 11.05.2006 beschloss der Gläubigerausschuss, den Betrieb zum 30.06.2006 zu schließen und sämtlichen Mitarbeitern zu kündigen. Gegenüber der Bundesagentur für Arbeit hat der Beklagte zu 1. am 28.06.2006 die beabsichtigte Massenentlassung angezeigt. Zwei Tage später fand eine Betriebsversammlung statt, in der die Mitarbeiter über die Schließung des Betriebs und die anstehenden Kündigungen unterrichtet wurden. An diesem Tag wurde von den Mitarbeitern ein Wahlvorstand zur Wahl eines Betriebsrats eingesetzt. Die Wahl des Betriebsrats fand am 17.07.2006 statt.

Mit Schreiben vom 26.06.2006 (Blatt 9 d. A.), das der Klägerin am Tag der Betriebsversammlung übergeben wurde, kündigte der Beklagte zu 1. das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen fristgerecht zum 30.09.2006. Mit Ausnahme der schwerbehinderten Personen und der in Mutterschutz befindlichen Mitarbeiterinnen erhielten an diesem bzw. an den folgenden Tagen alle Mitarbeiter die Kündigung. Die Beklagte zu 1. hat gegenüber dem Insolvenzgericht am 23.08.2006 angezeigt, dass Unzulänglichkeit der Masse vorliegt.

Die Klägerin hat mit ihrer am 21.07.2006 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung gerügt und geltend gemacht, es habe ein Betriebsübergang gemäß § 613 a BGB stattgefunden. Der Betrieb sei nicht stillgelegt worden. Vielmehr handele es sich um einen verdeckten Betriebsübergang. Die Beklagte zu 6. habe Ende Juni 2006 die bisherigen Kunden der Gemeinschuldnerin wegen einer Weiterführung der Reinigungsarbeiten angeschrieben. Große bisherige Auftraggeber des Beklagten zu 1., wie z. B. die B..., setzten die Zusammenarbeit mit der Beklagten zu 6. fort. Verschiedene bisherige Mitarbeiter des Beklagten zu 1. würden nahtlos seit Anfang Juli 2006 von der Beklagten zu 6. weiterbeschäftigt. Es handele sich dabei u. a. um die Beklagten zu 4. und 5., die bei dem Beklagten zu 1. in verantwortlicher Stellung tätig gewesen seien. Daneben beschäftige die Beklagte zu 6. - insoweit unstreitig - Fahrer weiter, die bisher beim Beklagten zu 1. tätig waren. Schließlich habe die Beklagte zu 6. weitere fünf Mitarbeiter des Beklagten zu 1. übernommen. Der Beklagte zu 1. selber beschäftige die Sekretärin der Firma, Frau H., weiter. Zudem sei ein Textilreinigungsgeschäft ("W...") in der B... Straße in I... mit zwei Mitarbeitern weitergeführt worden. Seit dem 16.07.2006 seien diese beiden Mitarbeiterinnen für einen Herrn O. aus H... tätig.

Die Klägerin hat gemeint, aus diesem Geschehen folge, dass der Geschäftsbetrieb des Beklagten zu 1. - wenn auch in anderer Form - fortgesetzt werde. Die vorhandenen, noch rollenden Lkws lieferten die eingesammelte Schmutzwäsche der noch vorhandenen Kunden in die funktionsfähige Betriebsstätte in I.... Dort seien nur die Maschinen wieder einzuschalten. Diejenigen Kunden, die nach dem 30.06.2006 abgesprungen seien, könnten für die Betriebsstätte in I... wieder akquiriert werden.

Der Beklagte zu 2. sei Generalerbe des Herrn S... W.... Die Beklagten zu 3., 4. und 5. seien Gesellschafter, die ihre Gesellschaftsanteile nie richtig erbracht hätten bzw. eine unterkapitalisierte Gesellschaft fortzuführen versucht hätten. Der Beklagte zu 7. sei Insolvenzverwalter über die eigentliche Firma, die insolvent sei. Hier habe es Ausgliederungen gegeben, die derzeit noch nicht nachvollzogen werden könnten. Die Beklagte zu 8. sei Geschäftsführerin der Firma, die mit einer zu geringen Geschäftsausstattung versucht habe, das Unternehmen fortzuführen. Die Beklagte zu 9. sei die Firma, in der die Beklagte zu 8. und die Familie P... ihre gesamten Interessen steuerschonend zusammengefasst hätten. Die Beklagte zu 10. sei ebenfalls beteiligt an diesem Geschehen.

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des Beklagten zu 1. vom 26.06.2006 nicht aufgelöst worden ist.

2. Die Beklagten als Gesamtschuldner kostenpflichtig zu verurteilen, die Klägerin über den 30.09.2006 hinaus zu den bisherigen Bedingungen des Arbeitsverhältnisses unverändert weiterzubeschäftigen.

Die Beklagten zu 1. und 3. bis 7. haben beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte zu 1. hat vorgetragen, einer Sozialauswahl habe es wegen der vollständigen Stilllegung des Geschäftsbetriebs nicht bedurft. Der Mietvertrag über die Betriebsräumlichkeiten sei aufgehoben worden. Nach Anzeige der Massenentlassung seien sämtliche Mitarbeiter freigestellt und zum nächstzulässigen Termin gekündigt worden. Hinsichtlich des Betriebsinventars sei der Verwertungsauftrag erteilt worden. Die Fahrzeuge der Gemeinschuldnerin seien an die Beklagte zu 6. vermietet gewesen und würden nunmehr an Dritte veräußert werden. Die Zweigstelle in der B... Straße sei nur deshalb bis zum 15.07.2006 betrieben worden, um die Waren an die Kunden zurückgeben zu können. Die Mitarbeiterin der Buchhaltung Frau H. sei noch zur Erstellung der Arbeitsbescheinigungen sowie der abschließenden Fakturierung beschäftigt worden.

Eine wirtschaftliche Einheit, der der Arbeitsplatz der Klägerin zugeordnet werden könne, sei nicht auf ein anderes Unternehmen übergegangen. Ob Aufträge oder Mitarbeiter durch die Beklagte zu 6. übernommen worden seien, wisse der Beklagte zu 1. nicht. Eine vertragliche Vereinbarung zwischen ihm und der Beklagten zu 6. sei nicht vorhanden.

Die Beklagten zu 3. bis 5. haben bestritten, zu irgendeinem Zeitpunkt Gesellschafter der Gemeinschuldnerin des Beklagten zu 1. gewesen zu sein. Vielmehr seien auch sie Arbeitnehmer des Beklagten zu 1. gewesen und hätten ebenfalls eine Kündigung erhalten.

Die Beklagte zu 6. hat vorgetragen, die Lastkraftwagen der Gemeinschuldnerin seien nur im ersten Monat nach der Betriebsschließung durch sie genutzt worden. Die Beklagten zu 1. und 6. hätten sich auf keinen Mietvertrag einigen können, so dass die Fahrzeuge zwischenzeitlich zurückgegeben worden seien. Es sei richtig, dass die Beklagte zu 6. einem wesentlichen Teil der Kunden des Beklagten zu 1. angeboten habe, diese künftig zu beliefern. Tatsächlich bearbeite sie aber nur einen kleinen Teil der Aufträge in ihrem Betrieb. Die B...aufträge etwa würden von einem Textilreinigungs- und Wäschereibetrieb in H... bearbeitet. Einen Kaufpreis habe sie, die Beklagte zu 6., weder an den Beklagten zu 1. noch an sonst jemanden gezahlt. An Mitarbeitern seien lediglich die von der Klägerin genannten Fahrer übernommen worden. Betriebsanlagen, d. h. Maschinen und Anlagen, Wasch- und Reinigungsmittel und sonstige Betriebs- und Geschäftsausstattung seien nicht übernommen worden.

Der Beklagte zu 7. hat vorgetragen, dass der Schlusstermin im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Firma Textilreinigung W... GmbH & Co. KG am 13.10.2005 stattgefunden habe.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 30.11.2006 die Klage abgewiesen und dies im Wesentlichen damit begründet, dass die Voraussetzungen eines Betriebsübergangs nicht vorgetragen seien.

Gegen dieses ihr am 14.02.2007 zugestellte hat die Klägerin am 13.03.2007 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 14.05.2007 am 14.05.2007 begründet.

Sie trägt vor, die Anschrift des Beklagten zu 2. sei korrekt angegeben. Das gelte auch für die der Beklagten zu 8.. Der Beklagte zu 9. sei im Gewerberegister in N... eingetragen. Die Anschrift der Beklagten zu 10. habe sie aus dem Handelsregisterauszug entnommen.

Wie erstinstanzlich vorgetragen, habe Herr S... W... kurz vor seinem Tod festgestellt, dass es notwendig sei, wesentliche Teile des Vermögens der Haftungsmasse zu entziehen. Daher habe er sein Testament neu gestaltet und dem Beklagten zu 2. die wesentlichen Teile zugewandt. Die Beklagten zu 3. bis 5. hätten ihre Gesellschaftereinlagen nie erbracht. Die Beklagte zu 8. habe die Gesellschaft nur mit einem Kapital von 25.000,-- EUR ausgestattet, was für ein Wäschereiunternehmen dieser Größe völlig unzureichend sei. Das habe die Insolvenz zur Folge gehabt. Der Beklagte zu 1. sei im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung Sozius des Beklagten zu 7. und deshalb verpflichtet gewesen, die zu geringe Kapitalausstattung geltend zu machen.

Die Klägerin behauptet weiterhin, es seien ausreichend Kunden vorhanden gewesen, um den Betrieb fortzuführen. Die Beklagte zu 6. habe die Kunden übernommen.

Zudem sei die Kündigung wegen unterlassener Anhörung des Betriebsrats unwirksam. Bereits die Bildung eines Wahlvorstands verpflichte den Arbeitgeber jedenfalls zur Nachholung des Anhörungsverfahrens. Schließlich sei bis heute nicht nachgewiesen, dass die Massenentlassung genehmigt worden sei.

Die Klägerin beantragt,

1. unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils vom 30.11.2006 - 2 Ca 1322 d/06 - festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des Beklagten zu 1. vom 26.06.2007 nicht aufgelöst worden ist,

2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, die Klägerin über den 30.09.2006 hinaus zu den bisherigen Bedingungen des Arbeitsverhältnisses unverändert weiterzubeschäftigen.

Die Beklagten zu 1. bis 7. beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil und verweisen hierzu auf ihr erstinstanzliches Vorbringen. Der Beklagte zu 1. betont, die am 11.05.2006 beschlossene Betriebsstilllegung sei umgesetzt worden. Sämtlichen Mitarbeitern sei gekündigt worden. Es seien weder Aufträge noch Kundendateien, Umlaufvermögen, Mitarbeiter oder anderes auf Dritte übertragen worden.

Der Beklagte zu 2. rügt, dass seine von der Klägerin angegebene Anschrift nicht zutreffe. Die Berufung sei deshalb - soweit sie ihn betreffe - unzulässig, weil ihm die Klage nicht zugestellt worden sei.

Die Beklagten zu 3. bis 5. wiederholen ihren Vortrag, sie seien nie Gesellschafter oder Geschäftsführer der Textilservice W... GmbH gewesen.

Die Beklagte zu 6. trägt vor, sie habe den Betrieb des Beklagten zu 1. nicht übernommen. Die Ausstattung sei nach wie vor vorhanden, so dass der Betrieb - wie von der Klägerin behauptet - jederzeit wieder aufgenommen werden könne. Sie selbst habe sich zwar bemüht, einen Teil der durch die Schließung nunmehr ungebundenen Kunden für sich zu gewinnen. Das sei ihr aber weder bei der B... noch bei den erwähnten Hotels gelungen. Die vorübergehend von dem selbständigen Wäschereibetrieb in H... übernommenen Aufträge seien inzwischen auch entfallen. Zudem könne die reine Auftragsübernahme keinen Betriebsübergang begründen.

Die Beklagten zu 1. und 7. bestreiten, mit dem jeweils anderen in Sozietät verbunden gewesen zu sein.

Die Berufungsschrift konnte den Beklagten zu 8. bis 10. unter den angegebenen Anschriften nicht zugestellt werden.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf den Akteninhalt, insbesondere die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokollerklärungen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

I. Weil gegenüber den Beklagten zu 2. sowie 8. bis 10. bislang kein erstinstanzliches Urteil vorliegt, ist die Berufung - soweit sie sich gegen diese Beklagten richtet - unzulässig. Bei dem angefochtenen Urteil handelt es sich, wenn auch nicht als solches bezeichnet, nur um ein Teilurteil im Sinne von § 301 ZPO. Gegenüber den Beklagten zu 2. sowie 8. bis 10 liegt kein wirksames Urteil vor, denn ihnen ist die Klage nicht zugestellt worden. Ein Prozessrechtsverhältnis zwischen der Klägerin und den Beklagten ist nicht begründet worden. Die Klage wird erhoben durch Einreichung und Zustellung der Klageschrift an den Gegner. Die Einreichung bewirkt die Anhängigkeit der Klage, die Zustellung ihre Rechtshängigkeit. Mangels Zustellung der Klagschrift an die Beklagten zu 2. sowie 8. bis 10. ist die Klage ihnen gegenüber noch nicht rechtshängig im Sinne von § 261 ZPO. Zu Unrecht hat das Arbeitsgericht daher die gegenüber den Beklagten zu 2. und 8. bis 10. erhobene Klage als unzulässig zurückgewiesen.

II. Die Berufung der Klägerin gegenüber dem Beklagten zu 1. sowie den Beklagten zu 3. bis 7. ist zulässig.

Zwar war die Berufungsschrift nicht unterschrieben (s. Bl. 71 d. A.). Dies führt im vorliegenden Fall aber nicht zur Unzulässigkeit der Berufung, weil zumindest die beglaubigten Abschriften der Berufungsschrift von einem Rechtsanwalt unterzeichnet waren (BAG 02.12.1992 - 4 AZR 277/92 - BAGE 72,48).

Die Klägerin hat ihre Berufung auch fristgemäß begründet. Sie hat innerhalb des Laufs der Berufungsbegründungsfrist um Verlängerung dieser Frist nachgesucht. Dabei hat sie zwar ein falsches Aktenzeichen angegeben, jedoch konnte ihr Fristverlängerungsantrag aufgrund des mitgeteilten Rubrums dem hiesigen Verfahren zugeordnet werden.

III. Die Berufung ist unbegründet.

1. Mit ihrem Antrag, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis "der Parteien" nicht durch die Kündigung des Beklagten zu 1. aufgelöst worden ist, wendet sich die Klägerin entgegen der offenen Antragsformulierung nur gegen den Beklagten zu 1.. Sie hat im Berufungstermin klargestellt, dass sie mit diesem Antrag die Wirksamkeit der Kündigung vom 26.06.2006 angreifen und den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zum Beklagten zu 1. geltend machen will.

Bei dieser Auslegung des Antrags ist die Feststellungsklage nicht schon deshalb unbegründet, weil die Klägerin mehrere Beklagte in Anspruch nimmt, die bei Ausspruch der streitgegenständlichen Kündigung nicht ihre Arbeitgeber waren.

2. Die gegen den Beklagten zu 1. als letzten Arbeitgeber der Klägerin gerichtete Kündigungsschutzklage kann aber keinen Erfolg haben, weil die Kündigung sozial gerechtfertigt im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG ist und auch keine anderen Gründe zur Unwirksamkeit der Kündigung führen.

a) Die Kündigung ist sozial gerechtfertigt, weil sie durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung der Klägerin in dem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Der Beklagte zu 1. hat den zunächst fortgeführten Betrieb zum 30.06.2006 stillgelegt. Die dort beschäftigten Mitarbeiter haben Ende Juni/Anfang Juli 2006 die Kündigung erhalten. Dass der ursprüngliche Betrieb am bisherigen Ort tatsächlich weitergeführt wird, behauptet selbst die Klägerin nicht. Sie hat vielmehr bereits erstinstanzlich vorgetragen, die Maschinen könnten jederzeit wieder eingeschaltet werden. Eingeschaltet werden können nur abgeschaltete Maschinen.

Die Stilllegung des Betriebs ist eine unternehmerische Maßnahme, die im Kündigungsschutzprozess nicht auf ihre Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit nachzuprüfen ist. Als Unternehmerentscheidung unterliegt sie nur einer gerichtlichen Missbrauchskontrolle dahin, ob sie offensichtlich unsachlich oder willkürlich ist (BAG 24.10.1979 - 2 AZR 940/77 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 8; BAG 30.04.1987 - 2 AZR 184/86 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 48).

Anhaltspunkte dafür, dass die Stilllegungsentscheidung willkürlich getroffen worden ist, fehlen. Vielmehr legen der Entschluss des Gläubigerausschusses, den Betrieb stillzulegen, und die Anzeige der Massearmut nahe, dass der Beklagte zu 1. als Insolvenzverwalter keine andere Entscheidung als die der Betriebsschließung treffen konnte. Die Behauptung, es seien bis Anfang Mai 2006 noch Mitarbeiter eingestellt worden, kann Willkür nicht begründen. Zum einen bleibt im Dunkeln, warum die Einstellung von Mitarbeitern auf Willkür hindeuten soll. Zum anderen ist die Entscheidung des Gläubigerausschusses, den Betrieb stillzulegen, erst am 11.05.2006 getroffen worden und damit nach der behaupteten Einstellung dieser Mitarbeiter.

b) Die Kündigung ist nicht gemäß § 613 a Abs. 4 Satz 1 BGB unwirksam, weil sie wegen eines Betriebsübergangs ausgesprochen wurde. Die Klägerin hat bereits zu den Voraussetzungen eines Betriebsübergangs nicht schlüssig vorgetragen.

aa) Ein Betriebsübergang liegt vor, wenn ein neuer Rechtsträger die wirtschaftliche Einheit unter Wahrung von deren Identität fortführt (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BAG 24.08.2006 - 8 AZR 556/05 - DB 2006, 2818; BAG 13.07.2006 - 8 AZR 331/05 - NZA 2006, 1357). Der Begriff "Einheit" bezieht sich auf eine organisierte Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung. Ob eine Einheit übergegangen ist, ergibt sich aus der Berücksichtigung sämtlicher den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen. Dazu gehören als Teilaspekte der Gesamtwürdigung u. a. die Art des betreffenden Unternehmens oder Betriebes, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft, der etwaige Übergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeit. Die Identität der Einheit ergibt sich also nicht nur aus der Tätigkeit, sondern auch aus anderen Merkmalen, wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und ggf. den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln (BAG 22.01.1998 - 8 AZR 757/96 - EzA § 613 a BGB Nr. 162).

bb) Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs lässt sich aus dem Vortrag der Klägerin weder auf den Übergang des gesamten Wäschereibetriebs noch auf den Übergang des Betriebsteils, in dem die Klägerin beschäftigt war, schließen. Die entscheidenden materiellen Betriebsmittel sind nicht übergegangen. Wenn die Klägerin vorträgt, dass in der Betriebsstätte I... die Maschinen lediglich wieder angestellt werden müssten, wird gerade deutlich, dass eine produktive Tätigkeit in der Wäscherei nicht mehr stattfindet. Die technischen Betriebsmittel sind also noch vorhanden, werden aber nicht mehr genutzt, auch nicht von der Beklagten zu 6..

Der Hinweis der Klägerin, die Beklagte zu 6. habe Kunden übernommen, reicht zur Begründung eines Betriebsübergangs nicht aus. Es kann deshalb offen bleiben, in welchem Umfang die Beklagte zu 6. Kunden übernommen hat. Die Identität eines Wäschereibetriebs bestimmt sich nämlich nicht allein und auch nicht im Wesentlichen durch den Kundenstamm. Kennzeichnend sind vielmehr die technischen Betriebsmittel, etwa Wasch- und Reinigungsmaschinen, Trockner, Bügeleinrichtungen und Ähnliches. Diese materiellen Betriebsmittel sind auch nach dem Vortrag der Klägerin in der bisherigen Betriebsstätte verblieben. Ohne diese Geräte kann der Wäschereibetrieb nicht weitergeführt werden. Sie kennzeichnen die Art des Betriebes und dessen Ausrichtung (Großwäscherei, Spezialreinigung usw.). Neben den technischen Betriebsmitteln spielen die Betriebsräumlichkeiten und die Kenntnisse und Fähigkeiten der bislang beschäftigten Mitarbeiter, insbesondere der so genannten "Know-how"-Träger, eine Rolle. Die Kunden und Lieferantenbeziehungen stehen als weiteres gleichwertiges Merkmal daneben, können aber alleine nicht die Identität des Betriebes ausmachen.

Zu keinem anderen Ergebnis führt es, wenn - wie von der Klägerin behauptet - einzelne ehemalige Arbeitnehmer aus dem vom Beklagten zu 1. geführten Betrieb von der Beklagten zu 6. übernommen worden sind. Zwar kann im Einzelfall ein Betriebsübergang deshalb vorliegen, weil bestimmte Mitarbeiter übernommen worden sind (LAG Köln 12.08.2004 - 6 TaBV 42/04 - LAG Report 2005, 255). Das setzt aber voraus, dass die übernommenen Mitarbeiter über eine besondere Fachkunde verfügen und der Betrieb(steil) ohne diese Mitarbeiter nicht sinnvoll betrieben werden kann. Eine solche herausgehobene Bedeutung kann für die angeblich übernommenen Mitarbeiter nicht festgestellt werden. Wenn neben den fünf unstreitig übernommenen Fahrern die Beklagten zu 4. und 5. sowie fünf weitere Mitarbeiter von der Beklagten zu 6. übernommen worden sein sollten, reicht das in Ansehung des Vortrags der Klägerin zur Qualifikation dieser Mitarbeiter nicht aus. Die "hervorgehobene" Stellung der Beklagten zu 4. und 5. ist nicht konkret dargelegt. Es ist nicht ersichtlich, welche Tätigkeit sie zuvor in dem Betrieb ausgeführt haben. Es kann nicht gefolgert werden, dass der Weiterbetrieb ohne sie unmöglich wäre. In Anbetracht der Zahl der im stillgelegten Betrieb beschäftigten rund 100 Mitarbeiter vermag die Einstellung von etwas mehr als 10 Mitarbeitern die Identitätswahrung nicht zu begründen.

Hier spricht auch die Übernahme der Fahrzeuge durch die Beklagte zu 6. nicht entscheidend für einen Betriebsübergang. Denn es handelt sich nicht um die wesentlichen Betriebsmittel eines Wäschereibetriebs. Der Wäschetransport ist nicht an bestimmte Fahrzeuge gebunden. Die gleichzeitige Übernahme der Fahrer rechtfertigt keine andere Beurteilung. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Fahrer über besonderes Know-how verfügen. Es ist nicht erkennbar, welche besonderen Kenntnisse sie neben den Streckenkenntnissen vorweisen, die ihnen eine Schlüsselposition verleihen. Zu bedenken ist ferner, dass die Übernahme von Teilen des Fuhrparks allenfalls einen Betriebsteilübergang begründen könnte. In diesem Betriebsteil hat die Klägerin aber unstreitig nicht gearbeitet.

In der Gesamtschau lässt sich aus der Übernahme von Aufträgen, Fahrzeugen und von etwa 10 % der Mitarbeiter nicht darauf schließen, dass ein Betrieb unter Wahrung seiner Identität auf die Beklagte zu 6. übergegangen ist.

c) Die Kündigung ist nicht gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam.

Nach § 102 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung zu hören. Stichtag ist die Konstituierung eines neu gewählten Betriebsrats gemäß § 29 BetrVG (BAG 23.08.1984 - 6 AZR 520/82 - AP BetrVG 1972 §102 Nr. 36). Im vorliegenden Fall ist die Kündigung vor diesem Zeitpunkt ausgesprochen worden. Das Kündigungsschreiben ist der Klägerin an dem Tag zugegangen, an dem die Mitarbeiter einen Wahlvorstand zur Wahl des Betriebsrats eingesetzt haben.

d) Die Kündigung ist schließlich nicht nach §§ 17, 18 KSchG unwirksam.

§ 17 KSchG verlangt vor der Durchführung von Massenentlassungen eine Massenentlassungsanzeige. Dieser Pflicht hat der Beklagte zu 1. vor Ausspruch der Kündigung genügt. Unstreitig hat er die Kündigungen vor ihrem Ausspruch gegenüber der Bundesagentur für Arbeit angezeigt. Damit hat er zwar nicht die Sperrfrist des § 17 KSchG eingehalten, weil er bereits zwei Tage nach Erstattung der Anzeige die ersten Kündigungen ausgesprochen hat. Das führt aber nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung. Die Sperrfrist hat nach richtlinienkonformer Auslegung praktisch kaum noch Bedeutung. Die Kündigung kann unmittelbar nach Erstattung der Anzeige ausgesprochen werden. Das folgt aus der Entscheidung des EuGH vom 27.01.2005 (vgl. auch LAG Hamm 29.06.2006 - 15 Sa 299/06 - zitiert nach Juris).

2. Soweit die Klägerin alle Beklagten, insbesondere auch die Beklagten zu 3. bis 5. sowie 7. auf Weiterbeschäftigung in Anspruch nimmt, ist ihre Klage unschlüssig. Es ist nicht erkennbar und konnte von der Klägerin auch im Berufungstermin nicht begründet werden, warum die Beklagten Gesamtschuldner eines Weiterbeschäftigungsanspruchs sein sollen. Zur Weiterbeschäftigung kann nur der Arbeitgeber, nicht irgendeine andere Person verpflichtet werden. Dritte mögen ggf. zum Schadensersatz verpflichtet sein. Daraus ergibt sich aber kein gegen sie gerichteter Beschäftigungsanspruch. Nicht einmal im Ansatz ist vorgetragen, dass die Beklagten sich zusammengetan hätten, um den vom Beklagten zu 1. geführten Wäschereibetrieb weiterzuführen.

IV. Die Klägerin hat die Kosten ihrer erfolglosen Berufung zu tragen, § 97 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG lagen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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