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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 17.09.2008
Aktenzeichen: 6 Sa 142/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 280
BGB § 1360a
Der haushaltsführende Ehepartner, der in einem Arbeitsverhältnis zum anderen Ehepartner steht, handelt pflichtwidrig, wenn er eigenmächtig Geld aus dem Unternehmen des anderen Ehepartners herauszieht, um sich Haushaltsgeld zu beschaffen.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 6 Sa 142/08

Verkündet am 17.09.2008

In dem Rechtsstreit

hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 17.09.2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und d. ehrenamtlichen Richter ... und ... als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 20.02.2008, 1 Ca 822/07, wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Rückzahlung eines Betrages, den die Beklagte aus dem Betrieb des Klägers vereinnahmt hat.

Die Beklagte ist die geschiedene Ehefrau des Klägers. Die Parteien lebten seit Januar 2006 voneinander getrennt.

Die Beklagte war seit 01.07.1995 beim Kläger angestellt und übernahm Büro- und Buchhaltungsarbeiten in seinem Betrieb. Im Januar 2006 stellte der Kläger die Beklagte frei. Das Arbeitsverhältnis endete jedoch erst am 29.02.2008.

Noch während ihrer aktiven Tätigkeit für den Kläger wies die Beklagte die als Büroangestellte im klägerischen Betrieb beschäftigte Frau H... an, einen auf Herrn W... lautenden Direktversicherungsvertrag zum 01.04.2004 zu kündigen. Herr W... war Mitarbeiter des Klägers. Es ergab sich ein Rückkaufwert nebst Überschussbeteiligung in Höhe von 2.216,89 EUR. Diesen Betrag ließ sich die Beklagte auf ihr Privatkonto bei der Nord-Ostsee-Sparkasse überweisen.

Der Kläger hat gemeint, dass der Beklagten dieser Betrag nicht zustehe, weil Herr W... nicht in der Firma der Beklagten, der E... GmbH & Co. KG, sondern in der Firma O... beschäftigt war.

Der Kläger hat bestritten, dass die Beklagte berechtigt war, den Betrag im Hinblick auf im Rahmen der Ehe getätigte eigene Aufwendungen für sich persönlich zu vereinnahmen. Er habe von dem Vorgang nichts gewusst.

Nachdem der Kläger zunächst Klage in Höhe von 5.279,76 EUR erhoben hatte, hat er - nach Rücknahme der Klage im Übrigen - beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.216,89 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.04.2007 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, sie habe im Rahmen der Ehe persönlich oder durch die Firma E... GmbH & Co. KG für die Firma des Klägers erhebliche Beträge ausgelegt. Zudem hätten die Parteien zum Zeitpunkt der Rückzahlung gemeinsam gelebt und gewirtschaftet und miteinander abgesprochen, welche Beträge wohin gezahlt werden sollten. Aus steuerlichen Gründen habe der Rückkaufwert nicht auf das Firmenkonto fließen sollen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und dies im Wesentlichen damit begründet, dass die Beklagte sich den streitigen Betrag rechtsgrundlos von der Versicherung habe auszahlen lassen.

Gegen das ihr am 04.04.2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 23.04.2008 Berufung eingelegt und gleichzeitig begründet.

Sie behauptet, über ihr Konto seien alle privaten Geschäfte der Parteien abgewickelt worden. Auch das Haushalts- und Wirtschaftsgeld sei auf dieses Konto überwiesen worden. Aufgefüllt worden sei das Konto aus den Einnahmen des Betriebs des Klägers durch Privatentnahmen von den Geschäftskonten des Klägers. Sie, die Beklagte, habe zu diesem Zweck Kontovollmacht für die Geschäftskonten besessen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 20.02.2008 (1 Ca 822/07) abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und weist darauf hin, dass die Beklagte als Angestellte des Klägers betriebliche Gelder ohne Wissen des Klägers auf ihr Konto umgeleitet habe.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist dem Beschwerdewert nach statthaft (§ 64 Abs. 2 lit. b ArbGG) und form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden (§ 66 Abs. 1 ArbGG i. V. m. §§ 519, 520 ZPO). Die Beklagte hat zwar weder in der Berufungsschrift noch in ihrer Berufungsbegründung einen Berufungsantrag formuliert. Das führt aber nicht zur Unzulässigkeit ihres Rechtsmittels. Es reicht aus, dass sich aus dem Inhalt der Berufungsbegründung entnehmen lässt, dass die Beklagte das Urteil des Arbeitsgerichts vollständig abgeändert wissen will (BAG 20.12.1988 - 1 ABR 63/87 - NZA 1989, 393; BGH 29.01.1987 - IX ZR 36/86 - NJW 1987, 1335).

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Beklagte zu Recht zur Zahlung verurteilt.

1. Der Kläger hat gegen die Beklagte Anspruch auf Zahlung des Betrages in Höhe von 2.216,89 EUR als Schadensersatz gemäß § 280 Abs. 1 BGB.

Die Beklagte hat diesen Betrag unter Verletzung der ihr als Mitarbeiterin in der Buchhaltung und im Büro obliegenden arbeitsvertraglichen Pflichten an sich auszahlen lassen. Sie hatte die finanziellen Interessen des Klägers - ihres Arbeitgebers - zu wahren. Die Beklagte durfte den zum Firmenvermögen des Klägers gehörenden Betrag nicht für sich vereinnahmen.

a) Der streitige Betrag gehörte zum Firmenvermögen des Klägers. Im Gegensatz zu der für den Arbeitnehmer K... abgeschlossenen Versicherung lautet die für den Arbeitnehmer W... abgeschlossene Versicherung auf die Firma O.. (LV 426705648.5; vgl. Anlage K 2 = Bl. 7 ff. d. A.). Die Beklagte hat die Versicherung mit Schreiben vom 26.02.2004 unter dem Briefkopf der Firma des Klägers kündigen lassen. Auch hieraus ist zu ersehen, dass die Versicherung zum Firmenvermögen des Klägers gehörte und der Auszahlungsbetrag diesem zustand.

b) Soweit die Beklagte behauptet hat, sie bzw. die Firma E... GmbH & Co. KG hätten Aufwendungen gehabt, will sie eine Verrechnungsmöglichkeit reklamieren. Dieser Vortrag ändert jedoch nichts daran, dass ihr Verhalten pflichtwidrig war. Denn sie trägt ohne Beweisantritt und unter Vorlage nicht nachvollziehbarer Listen streitige Zahlungen vor, die nicht erkennen lassen, dass - und wenn ja welche - aufrechenbaren Ansprüche bestehen.

c) Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, sie habe den streitgegenständlichen Betrag als Haushalts-/Wirtschaftsgeld vereinnahmen dürfen. Richtig ist, dass in der bestehenden Ehe die Ehegatten einander verpflichtet sind, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten, § 1360 Satz 1 BGB. Der angemessene Unterhalt der Familie umfasst alles, was nach den Verhältnissen der Ehegatten erforderlich ist, um die Kosten des Haushalts zu bestreiten und die persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten und den Lebensunterhalt der gemeinsamen unterhaltsberechtigten Kinder zu befriedigen, § 1360 a Abs. 1 BGB. Zum Familienunterhalt gehören das Haushalts-/Wirtschaftsgeld und die sonstigen Gelder für die im Rahmen der Haushaltsführung zu bestreitenden Ausgaben. Der verdienende Ehegatte hat das Haushaltsgeld ohne vorherige Aufforderung des haushaltsführenden Ehegatten für einen angemessenen Zeitraum im Voraus zu entrichten, § 1360 a Abs. 2 Satz 2 BGB. Der haushaltsführende Ehegatte muss das ihm treuhänderisch überlassene, nicht übereignete Geld sodann für den Familienunterhalt verwenden. Wird der Anspruch auf Entrichtung des Haushaltsgeldes nicht erfüllt, ist der Anspruch im Wege der Leistungsklage und ggf. durch einstweilige Verfügung geltend zu machen (Palandt/Brudermüller BGB 66. Aufl. § 1360a Rn. 5). Eine eigenmächtige Beschaffung des Haushaltsgeldes aus dem Vermögen des anderen Ehegatten kommt nicht in Betracht. Erst recht darf der haushaltsführende Ehepartner nicht eigenmächtig Geld aus dem Unternehmen des anderen Ehepartners herausziehen, um sich das Haushaltsgeld zu beschaffen.

Selbst wenn der Vortrag der Beklagten als richtig unterstellt wird, wonach sie für die Geschäftskonten des Klägers Vollmacht hatte und Entnahmen auf ihr Privatkonto überweisen durfte, war die Auszahlung des Rückkaufwerts nebst Überschussbeteiligung hiervon nicht gedeckt. Der streitige Betrag ist gerade nicht über das Geschäftskonto des Klägers auf das Konto der Beklagten geflossen. Das Privatkonto ist nicht auf die von der Beklagten als üblich bezeichnete Weise aufgefüllt worden. Die Beklagte trägt nicht substantiiert vor, dass ihr in Rede stehendes Vorgehen mit dem Kläger abgestimmt war. Die Beklagte hat pauschal und ohne Beweisantritt behauptet, der Kläger habe gewollt, dass die Rückkaufwerte aus steuerlichen Gründen nicht auf das Firmenkonto fließen. Sie lässt offen, wann und bei welcher Gelegenheit ihr der Kläger erlaubt hat, Gelder aus gekündigten Versicherungsverträgen für das Privatkonto zu vereinnahmen. Der Kläger hat eine solche Abrede stets bestritten. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass er die Weiterleitung des Betrags auf das Privatkonto veranlasst oder auch nur bemerkt hat.

d) Der Entstehung eines Schadens in Höhe des der Beklagten zugeflossenen Betrags steht nicht entgegen, dass der Kläger Vollmacht für das Konto der Beklagten hatte und somit eigene Ausgaben damit hätte bestreiten können. Die Beklagte hat im Berufungstermin ausdrücklich erklärt, dass der Kläger von seiner Vollmacht keinen Gebrauch gemacht hat. Weil er von dem Überweisungsvorgang nichts wusste, hatte er keinen Anlass, den Betrag von der Beklagten heraus zu verlangen, um ihn wieder dem Firmenvermögen zuzuführen oder für eigene Zwecke zu verbrauchen. Auch bei der Zumessung des Haushaltsgeldes konnte er diesen erheblichen Betrag nicht berücksichtigen.

2. Weil der Anspruch bereits aus § 280 Abs. 1 BGB folgt, kann offen bleiben, ob dem Kläger aufgrund einer rechtswidrigen Handlung der Beklagten ggf. auch ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266 StGB zusteht oder ob er sein Begehren - wie vom Arbeitsgericht angenommen - auf § 812 BGB stützen kann.

3. Der Zinsanspruch steht dem Kläger gem. §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1, 291 BGB zu.

4. Die Beklagte trägt die Kosten ihrer erfolglosen Berufung, § 97 ZPO.

Zur Zulassung der Revision besteht kein Anlass. Es handelt sich um eine ausschließlich am Einzelfall orientierte Entscheidung, die sich im Rahmen der höchstrichterlich aufgestellten Rechtsgrundsätze hält.

Ende der Entscheidung

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