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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 08.10.2008
Aktenzeichen: 6 Sa 158/08
Rechtsgebiete: KSchG, BGB


Vorschriften:

KSchG § 1 Abs. 2
BGB § 241
1. Der Arbeitnehmer ist arbeitsvertraglich zu einem mit den Arbeitsschutzvorschriften korrespondierenden Verhalten verpflichtet.

2. Auch wenn die Arbeitsschutz- und Sicherheitsvorschriften nicht schriftlich niedergelegt sind, ist der Arbeitnehmer generell verpflichtet, alles zu unterlassen, was Leben oder Gesundheit von Arbeitskollegen sowie das Eigentum des Arbeitgebers gefährden kann. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung ist grundsätzlich geeignet, eine ordentliche Kündigung zu rechtfertigen.


Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 6 Sa 158/08

Verkündet am 08.10.2008

In dem Rechtsstreit

hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 08.10.2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter ... und ... als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 03.04.2008 - 5 Ca 2133 a/07 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

Der am ...1958 geborene Kläger ist verheiratet und zwei minderjährigen Kindern zum Unterhalt verpflichtet. Er ist gelernter Kfz-Mechaniker und seit dem 17.01.1978 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis liegt der schriftliche Arbeitsvertrag vom 01.03.1982 zugrunde (Anlage K I = Bl. 4 - 5 d. A.). Bei der Beklagten arbeitete der Kläger in verschiedenen Bereichen. Seit dem Jahr 2005 wird er in der Rohrfertigung eingesetzt. Sein monatliches Bruttogehalt betrug zuletzt durchschnittlich 3.000,00 €.

Die Beklagte ist im "Überwasserbereich" (Handelsschiffbau) tätig und beschäftigt ca. 460 Mitarbeiter. Es existiert ein Betriebsrat.

Der Kläger wurde im Bereich "Arbeitssicherheit" zuletzt am 01.11.2006 geschult ("Unterweisung der Beschäftigten nach dem Arbeitsschutzgesetz", vgl. Bl. 29 d. A.).

Die Beklagte erteilte dem Kläger im Jahr 2007 drei Abmahnungen. Die erste Abmahnung datiert vom 13.03.2007 (Bl. 30 d. A.) und war wegen des Vorwurfs der üblen Nachrede bzw. Verleumdung eines Kollegen ausgesprochen worden. Mit der Abmahnung vom 16.04.2007 (Bl. 35 d. A.) warf die Beklagte dem Kläger die unsachgemäße Ablage von Rohren auf einem Metallständer sowie ungebührliches Verhalten gegenüber dem ersten Werker vor. Die dritte Abmahnung stammt ebenfalls vom 16.04.2007 (Bl. 37 d. A.) und war wegen eigenmächtigen Verlassens des Arbeitsplatzes ausgesprochen worden.

Ende Oktober/Anfang November 2007, das genaue Datum ist zwischen den Parteien streitig, warf der Kläger eine Farbspraydose in einen Container in der Rohrhalle. Es handelt sich um einen 160 x 160 x 160 cm großen Container aus Stahl, in dem Schnittreste aus der Brennmaschine entsorgt werden. Der Container trägt die Aufschrift "HEISS" (vgl. Bl. 79 d. A.). Leere Spraydosen sind normalerweise in zwei Containern auf dem Vorplatz zu entsorgen. Auf der fraglichen Spraydose befand sich der Hinweis "hochentzündlich". Dem Kläger waren Mitte Oktober 2007 drei Farbspraydosen ausgehändigt worden, um Materialcontainer zu markieren.

Der Zeuge H. sprach den Kläger auf den Vorfall an, wobei auch hier der Zeitpunkt streitig ist. Der Zeuge berichtete, dass es im Schrottcontainer an der Brennmaschine ein kleines Feuer gegeben habe und dass eine Spraydose hierfür mit ursächlich gewesen sein soll. Später fand noch ein Gespräch mit Herrn M. statt. Der Kläger wurde in diesem Gespräch nochmals auf die Sicherheitsvorschriften hingewiesen.

Die Beklagte hörte den Betriebsrat mit Schreiben vom 17.01.2007 zur beabsichtigten Kündigung des Klägers an (Bl. 25 - 28 d. A.). Der Betriebsrat widersprach der Kündigung (Anlage K III = Bl. 7 d. A.). Mit Schreiben vom 21.11.2007 (Anlage K II = Bl. 6 d. A.) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der Fristen des Tarifvertrags der Metall- und Elektroindustrie MTV zum 31.01.2008.

Der Kläger hat gemeint, die Kündigung sei schon deshalb unwirksam, weil der Betriebsrat der Kündigung widersprochen habe. Die Weiterbeschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz im Unternehmen sei möglich. Der Betriebsrat habe in seinem Widerspruch ausgeführt, dass er, der Kläger, in die Bereiche "Ausrüstung des U-Boot-Baus" oder des "Überwasserschiffbaus" umgesetzt werden könne. Es handele sich um eine andere Abteilung, in der zum großen Teil Leiharbeitnehmer eingesetzt seien und in dem es zu Beginn des Jahres freie Arbeitsstellen für Schlosser gegeben habe. Der Betriebsrat habe ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Schwierigkeiten erst bestünden, seit der Kläger in die Rohrhalle gekommen sei. Davor sei das Arbeitsverhältnis 28 Jahre störungsfrei verlaufen.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, es fehle auch an einem Kündigungsgrund. Bei dem vorgeworfenen Verhalten handele es sich um eine Lappalie. Es sei nichts passiert und es hätte auch nichts passieren können. Der Vorfall habe sich nicht am 25.10.2007 ereignet, sondern am 02.11.2007 oder am 09.11.2007. Das genaue Datum erinnere er, der Kläger, nicht. Er habe jedenfalls nur eine Dose in den fraglichen Container geworfen.

Der Kläger hat behauptet, nach Abschluss der Markierungsarbeiten seien zwei der drei Spraydosen leer gewesen. Die volle Dose habe er in das Büro seines Meisters, Herrn R., gebracht. Die beiden leeren Spraydosen habe er wieder mitgenommen, um sie zu entsorgen. Von diesen Dosen habe er die Ventilköpfe abgeschraubt und auf die Arbeitstheke gelegt. Eine Dose habe er in den Schrottcontainer neben der Brennmaschine gelegt. Die Dose habe er in ein Eisenrohr gesteckt, welches sich bereits im Container befunden habe. Um die Spraydose in das Rohr zu legen, habe er sich weit über den Containerrand beugen müssen, der zu diesem Zeitpunkt etwa zu einem Viertel voll gewesen sei. Heiße Teile hätten sich nicht in dem Container befunden, sonst hätte er auch gar nicht hinein fassen können. Die Brennmaschine sei zu dieser Zeit nicht gelaufen. Der Kläger hat bestritten, dass in diesem Container überhaupt glühende Brennteile entsorgt werden. Richtig sei zwar, dass die Metallrohre beim Schneiden heiß werden, sie kühlten aber sehr schnell wieder ab und seien, wenn sie in den Container geworfen werden, bestenfalls noch warm, aber nicht heiß oder gar glühend.

Die eingeworfene Dose habe nicht angefangen zu brennen. Dies sei auch gar nicht möglich gewesen, weil die Dose gar keinen Deckel gehabt habe, der hätte Feuer fangen können. Nachdem er über den Brand informiert worden sei, habe er nochmals in den Container geschaut. Er habe dort weder die Spraydose noch Reste von Löschwasser sehen können. Im Übrigen erscheine ein Brand, ausgelöst durch einen Plastikdeckel, unwahrscheinlich, da der Deckel eher schmelzen würde als Feuer zu fangen. Angesichts der Größe des Containers hätte selbst bei einer Explosion der Dose niemand verletzt werden können, weil die Dose sehr weit unten gelegen habe. Mit einer Gefahr für Kollegen habe er nicht gerechnet.

Der Kläger hat behauptet, er sei erst am darauf folgenden Montag von Herrn H. auf den Vorfall angesprochen worden. Er habe sich sofort entschuldigt. Das Gespräch mit Herrn M. habe erst zwei Tage nach dem Gespräch mit Herrn H. stattgefunden.

Der Kläger hat behauptet, er sei im Rahmen der Arbeitssicherheitsschulungen nicht darüber belehrt worden, dass Spraydosen nicht in den Container mit heißem Inhalt entsorgt werden dürfen. Natürlich wisse er aber, dass man Spraydosen nicht ins Feuer werfen darf.

Die Kündigung sei trotz der Abmahnungen unverhältnismäßig. Die Abmahnung vom 16.03.2007 sei nicht einschlägig. Zudem seien die fremdenfeindlichen Äußerungen aus dem Zusammenhang gerissen. Die Abmahnung wegen unerlaubten Verlassens des Arbeitsplatzes sei ebenfalls nicht einschlägig. Der erhobene Vorwurf sei auch unberechtigt. Die weitere Abmahnung vom 16.04.2007 wegen unsachgemäßer Lagerung von Metallrohren könnte zwar einschlägig sein, allerdings habe er nicht gegen Sicherheitsvorschriften verstoßen. Er sei am fraglichen Tag wiederholt von seinem Vorgesetzten wegen seiner Arbeit kritisiert worden. Es sei zu einer Auseinandersetzung gekommen. Im Anschluss daran habe er seinen Arbeitsplatz verlassen. Zu diesem Zeitpunkt seien nur noch zwei Restrohrstücke auf der Ablage der Maschine gewesen, die er nacheinander mit dem Kran zum Materialständer gefahren und dort ordnungsgemäß abgelegt habe. Dass andere Rohre z. T. sehr ungeordnet auf dem Rohrständer gelegen hätten, habe er nicht zu vertreten gehabt. Er sei nicht der einzige gewesen, der Rohre auf den Metallständer gelegt habe.

Schließlich scheitere die Kündigung daran, dass die Interessenabwägung zu seinen Gunsten ausgehen müsse. Er sei seit 30 Jahren bei der Beklagten beschäftigt. Die Kündigung treffe ihn besonders hart, da er seine Ehefrau und seine beiden Kinder unterhalten müsse. Er habe sich ein Haus gekauft, für das noch jahrelang Abträge zu leisten seien. Aufgrund seines Alters und weil er psychisch und physisch angeschlagen sei, sei es für ihn außerordentlich schwer, einen anderen Arbeitsplatz zu finden. In seinem erlernten Beruf als Kfz-Mechaniker sei er seit Jahren nicht mehr tätig gewesen und trotz seines langjährigen Aufenthalts in Deutschland beherrsche er die deutsche Sprache nur unvollkommen. Er, der Kläger, habe die meiste Zeit bei der Arbeit auf der Werft verbracht und seine Sprachkenntnisse und Aussprache seien hierdurch geprägt. Mit diesen schlechten Voraussetzungen werde er auf dem freien Arbeitsmarkt allenfalls Hilfsarbeiten bekommen.

Schließlich hat der Kläger gemeint, die gewählte Kündigungsfrist sei zu kurz. Die Kündigungsfrist aus dem Tarifvertrag verstoße gegen das Gleichbehandlungsgebot, weil gewerbliche Arbeitnehmer gegenüber Angestellten ungerechtfertigt benachteiligt würden.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass durch die Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 21.11.2007 das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht zum 31.01.2008 endete, sondern darüber hinaus unverändert fortbesteht.

2. Die Beklagte zu verpflichten, den Kläger vorläufig bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten Arbeitsbedingungen zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat gemeint, die dem Kläger gegenüber ausgesprochene Kündigung sei aus verhaltensbedingten Gründen wirksam. Der Kläger habe durch sein Verhalten gezeigt, dass er nicht gewillt sei, sich an Arbeitsanweisungen seiner Vorgesetzten und an Anweisungen zur Arbeitssicherheit zu halten. Das Vertrauensverhältnis zu seinen Vorgesetzten und Kollegen sei endgültig zerstört.

Der Vortrag des Klägers, dass er am 02. oder am 09.11.2007 eine Spraydose in den Schrottcontainer geworfen habe, werde von ihr, der Beklagten, unstreitig gestellt. Mit diesem Vortrag habe der Kläger einen weiteren vergleichbaren Vorfall zugestanden und damit die bereits angenommene Wiederholungsgefahr bestätigt. Der Kläger habe eine weitere Dose am 25.10.2007 in den Schrottcontainer eingeworfen. Der Container stehe ausschließlich für zu verschrottende Brennerteile bereit. In ihm befänden sich heiße und glühende Metallteile. Eingeworfene Spraydosen könnten sich entzünden. Der Schrott, der in den Container eingeworfen werde, könne bis zu 2.000 °C heiß sein.

Die vom Kläger eingeworfene Spraydose habe tatsächlich Feuer gefangen. Der Dosendeckel, der sich noch auf der Spraydose befunden habe, habe gebrannt, da sich im Container glühende und sehr heiße Brennerteile befunden hätten. Der Zeuge H. sei durch den Geruch brennenden Plastiks aufmerksam geworden und habe beim Umblicken eine kleine "Rauchsäule" gesehen. Die Flamme sei nicht sehr groß gewesen, weil nur der Deckel gebrannt habe. Er habe nach einem an der Maschine befindlichen Eimer mit Wasser gegriffen und die Dose gelöscht.

Die Beklagte hat behauptet, der Zeuge H. hätte sich auch verbrennen können, wenn die Dose im Zeitpunkt des Hineinschauens in den Container explodiert wäre. Auch die Abteilung für Arbeitssicherheit sei der Auffassung, dass durch plötzlich austretendes Treibgas die Gefahr einer Stichflamme bestehe und dies bei Körperkontakt zu erheblichen Verbrennungen führe.

Die Beklagte hat behauptet, Herr H. habe den Kläger unmittelbar nach dem Vorfall angesprochen. Der Kläger habe lapidar erwidert, es wäre nicht so schlimm gewesen, weil die Spraydose fast leer gewesen sei. Der Vorgesetzte Herr M. habe den Kläger am selben Tag befragt. Der Kläger habe weder ihm noch Herrn R. für seine Handlung eine Erklärung geben können. Der Kläger habe den Betriebsrat falsch informiert, um die Angelegenheit herunterzuspielen.

Die Beklagte hat behauptet, der Kläger habe am 29.03.2007 die Rohre ungeordnet in die Materialständer abgelegt, und zwar die großen Rohre nach oben und die kleinen Rohre nach unten. Darauf habe der Zeuge F. den Kläger hingewiesen. Bei Arbeitsbeginn des Klägers sei der Materialständer ordnungsgemäß befüllt gewesen. Folglich sei die Abmahnung vom 16.04.2007 berechtigt und einschlägig.

Einen freien Arbeitsplatz, auf dem der Kläger hätte eingesetzt werden können, habe es nicht gegeben. Zu Beginn des Jahres seien bei der Beklagten keine Schlosserstellen oder andere für den Kläger geeignete Stellen frei gewesen. Aufgrund der Vorwürfe sei es der Beklagten auch nicht zumutbar, den Kläger anderweitig einzusetzen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Kündigungsfristen des § 14 Ziff. 2 MTV seien verfassungsgemäß. Unterschiedliche Kündigungsfristen für Arbeiter und Angestellte seien sachlich gerechtfertigt.

Das Arbeitsgericht hat in der Sitzung vom 03.04.2008 Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen K. und der Zeugin T.. Wegen des Beweisbeschlusses und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und das im Wesentlichen damit begründet, der Beklagten sei eine Weiterbeschäftigung des Klägers zuzumuten. Sein Interesse am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses überwiege das Beendigungsinteresse der Beklagten. Wegen der weiteren Begründung wird auf die angefochtene Entscheidung verwiesen.

Gegen das ihr am 21.04.2008 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Beklagte am 09.05.2008 Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 20.07.2008 - am 18.07.2008 begründet.

Die Beklagte bestreitet, dass der Kläger Reue gezeigt oder sich entschuldigt hat. Er habe nicht angedeutet, dass er sich über Sicherheitsvorschriften bzw. über die Tatsache, dass eine Spraydose nicht in den Container mit den Brennerteilen gehört, im Unklaren gewesen sei. Die vom Arbeitsgericht angenommene Gedankenlosigkeit des Klägers habe es nicht gegeben. Die Beklagte bestreitet dagegen nicht mehr, dass der Kläger die Spraydose in ein Rohr in dem Container gesteckt hat. Sie behauptet, von einer solchen Dose könne der Deckel nicht entfernt werden. Der Kläger könne nicht erklären, warum er die beiden leeren Dosen unterschiedlich entsorgt und warum er nicht den leeren Container für die Farbreste benutzt hat. Es stellt sich auch die Frage, weshalb der Kläger die Spraydose nicht einfach in den Container geworfen habe, sondern sich die Mühe gemacht habe, sie in ein Rohr zu stecken. Folglich sei von einer bewussten Handlung und Gefährdung auszugehen. Das Arbeitsgericht hätte daher davon ausgehen müssen, dass der Kläger zwei Spraydosen vorschriftswidrig entsorgt hat.

Zu Unrecht sei das Arbeitsgericht von einer Einsatzmöglichkeit des Klägers auf einem anderen Schlosserarbeitsplatz ausgegangen. Es habe keine Möglichkeit gegeben, den Kläger aus der Rohrhalle an einen anderen Arbeitsplatz umzusetzen. Etwas anderes habe auch die Beweisaufnahme nicht ergeben. Die Zeugen hätten übereinstimmend ausgesagt, dass der Kläger nur einfache Schlossertätigkeiten ausüben könne. Der Austausch mit einem leistungsgeminderten Mitarbeiter sei nicht möglich. Zudem seien die Pflichtverletzungen des Klägers auf jedem Arbeitsplatz relevant.

Bei der Interessenabwägung hätte das Arbeitsgericht auch den Aspekt der Störung des Betriebsfriedens bzw. des Betriebsklimas berücksichtigen müssen. Durch die bewusste Platzierung der Spraydose neben dem Arbeitsplatz des Zeugen H. werde das Betriebsklima belastet. Nicht nachvollziehbar sei, wie das Arbeitsgericht den "nachhaltigen Eindruck" gewonnen habe, der Kläger habe in der Rohrhalle Schwierigkeiten mit seinen Kollegen und Vorgesetzten. Die ausgesprochenen Abmahnungen reichten zur Begründung solcher Schwierigkeiten nicht.

Die Beklagte meint, das Arbeitsgericht habe den sozialen Daten des Klägers im Rahmen der Interessenabwägung zu viel Gewicht beigemessen.

Die Voraussetzung für einen Weiterbeschäftigungsanspruch nach § 102 Abs. 5 BetrVG lägen auf Grundlage des Widerspruchs des Betriebsrats nicht vor.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 03.04.2008 - Az. 5 Ca 2133 a/07 - wird abgeändert und die Klage abgewiesen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und betont nochmals, dass er nur eine Spraydose in den fraglichen Container geworfen habe. Er bestreitet weiterhin, dass diese Dose gebrannt habe.

Zu Unrecht rüge die Beklagte, das Arbeitsgericht habe ihren Vortrag nicht als wahr unterstellt und hätte keine Gedankenlosigkeit des Klägers annehmen dürfen. Aus dem Umstand, dass der Kläger die Dose falsch entsorgt hat, könne nicht auf Schädigungsabsicht geschlossen werden.

Der Kläger bestreitet weiterhin, am 29.03.2007 Rohre falsch gestapelt zu haben und bezweifelt, dass es Sicherheitsvorschriften hierfür gebe.

Der Kläger hält eine Umsetzung auf einen anderen Arbeitsplatz, sei dieser frei oder nicht, für möglich.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist statthaft (§ 64 Abs. 2 lit. c ArbGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§ 66 Abs. 1 ArbGG i. V. m. §§ 519, 520 ZPO). In der Sache hat das Rechtsmittel der Berufung jedoch keinen Erfolg.

II. Die Klage ist zulässig. Der Feststellungsantrag bedarf allerdings der Auslegung.

Die Berufungsverhandlung hat deutlich gemacht, dass es dem Kläger allein darum geht, die Kündigung vom 21.11.2007 mit einem Kündigungsschutzantrag anzugreifen. Einen weitergehenden allgemeinen Feststellungsantrag will er trotz des Zusatzes "sondern darüber hinaus unverändert fortbesteht" nicht stellen.

III. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 21.11.2007 nicht wirksam zum 31.01.2008 beendet worden. Die Kündigung ist sozial ungerechtfertigt, denn sie ist nicht durch Gründe im Verhalten des Klägers bedingt, § 1 Abs. 1, 2 KSchG (1.). Die Beklagte ist deshalb auch zur Weiterbeschäftigung des Klägers verpflichtet (2.).

1. Das Arbeitsgericht hat die Kündigung vom 21.11.2007 zu Recht als sozialwidrig angesehen.

a) Eine Kündigung aus Gründen im Verhalten des Arbeitnehmers im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG ist sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer mit dem ihm vorgeworfenen Verhalten eine Vertragspflicht - in der Regel schuldhaft - erheblich verletzt, das Arbeitsverhältnis konkret beeinträchtigt wird, eine zumutbare Möglichkeit einer anderen Beschäftigung nicht besteht und die Lösung des Arbeitsverhältnisses in Abwägung der Interessen beider Vertragsteile billigenswert und angemessen erscheint (BAG 13.12.2007 - 2 AZR 818/06 -; 31.05.2007 - 2 AZR 200/06 - NZA 2007, 922; 12.01.2006 - 2 AZR 21/05 - AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 53).

Für eine verhaltensbedingte Kündigung gilt das Prognoseprinzip. Die Kündigung stellt keine Sanktion für eine begangene Vertragspflichtverletzung dar, sondern dient der Vermeidung des Risikos weiterer erheblicher Pflichtverletzungen. Die vergangene Pflichtverletzung muss sich deshalb noch in der Zukunft belastend auswirken (BAG 13.12.2007 - 2 AZR 818/06 -; 31.05.2007 - 2 AZR 200/06 - NZA 2007, 922; 12.01.2006 - 2 AZR 179/05 - AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 54). Eine negative Prognose kann gestellt werden, wenn aus der konkreten Vertragspflichtverletzung und der daraus resultierenden Vertragsstörung geschlossen werden kann, der Arbeitnehmer werde auch zukünftig den Arbeitsvertrag nach einer Kündigungsandrohung erneut in gleicher oder ähnlicher Weise verletzen. Demnach erfordert eine Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung regelmäßig eine vorherige Abmahnung. Diese dient der Objektivierung der negativen Prognose. Liegt eine ordnungsgemäße Abmahnung vor und verletzt der Arbeitnehmer erneut seine vertraglichen Pflichten, kann regelmäßig davon ausgegangen werden, es werde auch künftig zu weiteren Vertragsstörungen kommen.

b) Unter Zugrundelegung des Vortrags der Beklagten liegt, wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, eine Pflichtverletzung des Klägers vor. Zu Recht hat das Arbeitsgericht auch die Abmahnung vom 16.04.2007 (Blatt 35 d. A.) als einschlägig angesehen. Allerdings rechtfertigt die Pflichtverletzung eine verhaltensbedingte Kündigung noch nicht. Nach der Interessenabwägung ist das Vorliegen eines verhaltensbedingten Kündigungsgrundes zu verneinen.

aa) Indem der Kläger eine Farbspraydose in den Container in der Rohrhalle geworfen hat, hat er eine vertragliche Nebenpflicht verletzt. Gemäß § 241 Abs. 2 BGB hat der Arbeitnehmer auf Rechte, Rechtsgüter und Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen (Rücksichtnahmepflicht). Der Arbeitnehmer hat dafür Sorge zu tragen, dass Personen, Eigentum und sonstige Rechtsgüter des Arbeitgebers bei Durchführung des Arbeitsverhältnisses nicht verletzt werden (von Hoyningen-Huene/Linck Kündigungsschutzgesetz, 14. Auflage, § 1 Rdn. 464). Unfallverhütungsvorschriften dienen dem Schutz dieser Rechtsgüter. Der Arbeitnehmer ist daher arbeitsvertraglich zu einem den Arbeitsschutzvorschriften korrespondierenden Verhalten verpflichtet (vgl. Wank/Borgmann, Deutsches und Europäisches Arbeitsrecht, 1993, S. 50 f m. w. N.). Die Arbeitsschutz- und Sicherheitsvorschriften müssen auch nicht schriftlich niedergelegt sein. Der Arbeitnehmer ist vielmehr generell verpflichtet, alles zu unterlassen, was Leben und Gesundheit von Arbeitskollegen sowie das Eigentum des Arbeitgebers gefährden kann. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung ist grundsätzlich geeignet, eine ordentliche Kündigung zu rechtfertigen, wobei ihr in der Regel eine Abmahnung vorauszugehen hat (vgl. LAG Hamm 11.09.1997 - 12 Sa 964/97 -).

Die Berufungskammer folgt dem Arbeitsgericht darin, dass der Kläger sich eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung hat zu Schulden kommen lassen, indem er die Spraydose in den Container in der Rohrhalle geworfen hat. Nicht entscheidend ist, ob die Entsorgung von Sprayflaschen in solchen Containern ausdrücklich untersagt worden ist oder dass anlässlich der Schulungen über Arbeitssicherheit hierüber belehrt worden ist. Zum einen ergibt sich aus dem Leitfaden für die regelmäßige Arbeitssicherheitsunterweisung der Mitarbeiter entsprechend der BGV A 1 § 4, dass jeder Arbeitnehmer verpflichtet ist, seinen Arbeitsbereich so herzurichten und zu verlassen, dass kein Feuer entstehen kann. Weiter heißt es dort, dass Verpackungsmaterialien und andere Abfälle in die dafür vorgesehenen Abfallbehälter gehören und Gefäße mit Restmengen leicht entzündlicher Stoffe in das entsprechende Lager.

Daraus wird hinreichend deutlich, dass die Mitarbeiter alles zu unterlassen haben, was eine Feuer- oder Explosionsgefahr begründen kann. Zum anderen folgt dies auch aus der oben beschriebenen allgemeinen Pflicht, durch das Verhalten am Arbeitsplatz weder sich selbst, Kollegen oder Rechtsgüter des Arbeitgebers zu gefährden. Dass der Kläger diese Pflicht durch sein Verhalten schuldhaft verletzt hat, hat er in der Berufungsverhandlung letztlich selbst eingeräumt. Er hat erklärt, dass er gewusst hat, dass er die Spraydose nicht in dem Container in der Rohrhalle entsorgen durfte. Darüber will er sogar mit einem anderen Mitarbeiter gesprochen haben.

bb) Die Abmahnung vom 16.04.2007 (Blatt 35 d. A.) rügt zwar nicht eine identische Pflichtverletzung, wie sie der Kündigung zugrunde liegt. Dennoch ist sie hinsichtlich eines erhobenen Vorwurfs einschlägig. Mit der Abmahnung hat die Beklagte dem Kläger die unsachgemäße Ablage von Rohren auf einem Metallständer sowie ungebührliches Verhalten gegenüber einem anderen Mitarbeiter vorgeworfen. Aus der Abmahnung ist für den Kläger deutlich geworden, dass die Beklagte auf die Einhaltung von Anweisungen, die der Sicherheit dienen, Wert legt und eine Gefährdung der Sicherheit am Arbeitsplatz als vergleichbare, kündigungsrechtlich relevante Pflichtverletzung ansehen würde. In der Abmahnung heißt es ausdrücklich: "Die Einhaltung der Arbeitssicherheitsanweisungen müssen in Ihrem eigenen Interesse und zum Schutz anderer Mitarbeiter/innen unbedingt eingehalten werden. Mit Ihrem Verhalten gefährdeten Sie die Sicherheit unserer Kollegen und Kolleginnen". Für die Gleichartigkeit der Pflichtverletzungen reicht es nach der Rechtsprechung des Zweiten Senats des Bundesarbeitsgerichts für eine negative Prognose aus, wenn die jeweiligen Pflichtwidrigkeiten aus demselben Bereich stammen und somit Abmahnung und Kündigungsgründe in einem inneren Zusammenhang stehen (BAG 13.12.2007 - 2 AZR 818/06 -; 16.01.1992 - 2 AZR 412/91 - EzA BGB § 123 Nr. 36).

cc) Im Ergebnis zutreffend hat das Arbeitsgericht entschieden, dass Versetzungsmöglichkeiten, die zu einer Beendigung der Störung des Arbeitsverhältnisses führen, im vorliegenden Fall als mildere Maßnahme nicht in Betracht kommen. Zwar sind Umsetzungs- und Versetzungsmöglichkeiten grundsätzlich auch bei verhaltensbedingten Kündigungen zu prüfen. Die Beklagte weist aber zu Recht darauf hin, dass bei der in Rede stehenden Pflichtverletzung (Missachtung von Arbeitsschutz- und Sicherheitsvorschriften) die Beschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz nicht geeignet ist, die Störung des Arbeitsverhältnisses zu beenden. Auch wenn der Kläger auf einem anderen Arbeitsplatz Sicherheits- bzw. Arbeitsschutzvorschriften missachtet, stört dies das Arbeitsverhältnis.

dd) Der Pflichtenverstoß des Klägers ist allerdings nicht so schwerwiegend, dass er angesichts der persönlichen Umstände des Klägers, insbesondere der Dauer seiner Betriebszugehörigkeit, geeignet wäre, die streitgegenständliche Kündigung zu rechtfertigen. Die Interessenabwägung zwischen dem Beendigungsinteresse des Arbeitgebers und dem Bestandsschutzinteresse des Arbeitnehmers geht trotz der teilweise berechtigten Bedenken zugunsten des Klägers aus. Dabei wird nicht übersehen, dass bei der verhaltensbedingten Kündigung an die Interessenabwägung keine so hohen Anforderungen zu stellen sind, wie bei der personenbedingten Kündigung, weil der Arbeitnehmer durch ihm zurechenbares steuerbares Verhalten den Kündigungsgrund selbst herbeigeführt hat. Für das Beendigungsinteresse der Beklagten spricht im vorliegenden Fall, dass sie ein berechtigtes Interesse daran hat, dass die Belegschaft vor weiteren Verstößen des Klägers gegen die Arbeitssicherheit geschützt wird. Auch eine Wiederholungsgefahr kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Denn der Kläger hat die Spraydose in den Container in der Schrotthalle geworfen, obwohl er wusste, dass er das nicht durfte. Auf diese Weise wollte er, so hat er sich in der Berufungsverhandlung eingelassen, verhindern, dass die Dose in "falsche Hände" gerät und ihm dies später vorgehalten wird. Um sich zu schützen, hat sich der Kläger also über ein ihm bekanntes Verbot hinweggesetzt. Der Einschätzung des Klägers, es handele sich um eine Lappalie, ist eindeutig zu widersprechen. Die Pflichtverletzung ist vielmehr erheblich, denn die unsachgemäße Entsorgung von feuergefährlichen Gegenständen kann schwerwiegende Folgen für Leib und Leben haben. Für das Beendigungsinteresse der Beklagten spricht auch, dass der Kläger sich seines Fehlverhaltens bewusst war und dennoch nicht davon Abstand genommen hat. Er hat seine Interessen über die der Beklagten und auch seiner Kollegen gesetzt. Allerdings hat die Berufungskammer nicht feststellen können, dass der Kläger eine Schädigungsabsicht hatte. Unstreitig hat er die fragliche Dose in ein Metallrohr gesteckt und sie somit vor äußeren Einflüssen geschützt. Für die Vermutung der Beklagten, er habe damit ein Geschoss konstruieren wollen, sind keine Anhaltspunkte vorgetragen oder ersichtlich. Auch ist kein materieller oder immaterieller Schaden eingetreten. Selbst wenn mit der Beklagten davon ausgegangen wird, dass sich die vom Kläger in den Container eingeworfene Dose entzündet hat, konnte der Brand doch umgehend gelöscht werden. Für die Interessenabwägung ist dieser Punkt im Übrigen nicht entscheidend, denn die Entstehung eines Schadens ist nicht notwendige Bedingung einer verhaltensbedingten Kündigung.

Zugunsten des Klägers sind sein Lebensalter und seine Unterhaltsverpflichtungen zu berücksichtigen, auch wenn diese Gesichtspunkte nur eine untergeordnete Rolle spielen (vgl. BAG 05.04.2001 - 2 AZR 159/00 - AP BGB § 626 Nr. 171; 16.03.2000 - 2 AZR 75/99 - AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 114). Der Kläger ist seiner Ehefrau sowie zwei minderjährigen Kindern zum Unterhalt verpflichtet. Er ist 50 Jahre alt und damit in einem Alter, in dem es für ihn schwierig wäre, eine vergleichbare Anstellung zu finden. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil er trotz langjährigen Aufenthalts in Deutschland die deutsche Sprache nach wie vor nicht beherrscht. Auch deshalb, weil er in seinem erlernten Beruf als Kfz-Mechaniker seit 30 Jahren nicht mehr gearbeitet hat, sind seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt als schlecht zu beurteilen. Im Rahmen der Interessenabwägung kommt der langjährigen Betriebszugehörigkeit des Klägers entscheidende Bedeutung zu. Bei Ausspruch der Kündigung bestand das Arbeitsverhältnis fast 30 Jahre. Störungen sind erst im letzten Jahr aufgetreten. Aus der Zeit vor dem Jahr 2007 liegt weder eine Abmahnung noch eine Ermahnung des Klägers vor. Aus diesem Grund sieht die Berufungskammer die schuldhafte Pflichtverletzung des Klägers noch nicht als geeignet an, die streitgegenständliche Kündigung zu rechtfertigen. Dem Kläger muss allerdings klar sein, dass er sein Arbeitsverhältnis durch sein Fehlverhalten ernsthaft gefährdet hat und die Beklagte vergleichbare Pflichtverletzungen nicht mehr wird hinnehmen müssen.

2. Es kann offen bleiben, ob der Kläger nach § 102 Abs. 5 BetrVG Weiterbeschäftigung verlangen kann. Insbesondere muss dem Einwand der Beklagten, der Widerspruch sei nicht ordnungsgemäß erfolgt, weil die Begründung nicht den formalen Anforderungen des § 102 Abs. 3 BetrVG entspräche, nicht nachgegangen werden. Denn der Kläger kann sein Begehren auf den vom Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts durch Rechtsfortbildung entwickelten allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch stützen (BAG GS 27.02.1985 - GS 1/84 - AP BGB § 611 Beschäftigungspflicht Nr. 14). Der gekündigte Arbeitnehmer hat danach einen arbeitsvertragsrechtlichen Anspruch auf Beschäftigung über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses.

IV. Die Beklagte hat die Kosten ihrer erfolglosen Berufung zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG nicht vorliegen. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung, die sich im Rahmen der vom Bundesarbeitsgericht zur Interessenabwägung aufgestellten Rechtsgrundsätze hält.

Ende der Entscheidung

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