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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 05.12.2007
Aktenzeichen: 6 Sa 258/07
Rechtsgebiete: ArbGG, TVG, MTV, BGB


Vorschriften:

ArbGG § 72 a
TVG § 4 Abs. 3
MTV § 24
BGB § 288 Abs. 1
BGB § 291
BGB § 488 Abs. 1
BGB § 812 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 6 Sa 258/07

Verkündet am 05.12.2007

In dem Rechtsstreit

hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 05.12.2007 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter ... und ... als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 07.06.2007 - 3 Ca 2262 e/06 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um arbeitsvertragliche Ansprüche auf Urlaubsgeld und Zuwendung für das Jahr 2006 sowie um die Berechtigung der Beklagten zum Gehaltsabzug.

Die 1973 geborene Klägerin trat am 15.07.1995 als examinierte Altenpflegerin in die Dienste der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin. Sie arbeitet in Teilzeit mit einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 36 Stunden in der von der Beklagten betriebenen Residenz W... in B.... Die Klägerin erhielt zuletzt ein festes Grundgehalt von 2.103,61 EUR brutto zuzüglich Nacht-, Sonn- und Zeitzuschläge für Urlaub. Im September 2006 zahlte ihr die Beklagte insgesamt 2.456,29 EUR brutto (Anlage K 3 = Bl. 30 d.A.).

Die Klägerin ist Mitglied der Gewerkschaft ver.di.

Die Beklagte schloss mit der Klägerin einen schriftlichen Arbeitsvertrag mit Datum 10./15.05.2001 (Anlage K 1 = Bl. 7 ff. d.A.). Nach dessen Anlage 1 hat der Beschäftigte Anspruch auf eine Sonderzuwendung in Höhe von 100 % des Septembergehaltes des laufenden Jahres, soweit das Arbeitsverhältnis am 01.01. des laufenden Jahres bestand und über den 31.03. des Folgejahres hinaus fortbesteht. Nach Anlage 2 zum Arbeitsvertrag besteht ein Anspruch auf Urlaubsgeld in Höhe von 500,00 DM (=255,65 EUR) bei Vollzeitbeschäftigung, fällig am 01.07. des laufenden Jahres. Nichtvollbeschäftigte erhalten den Teil des Urlaubsgeldes, der ihrer durchschnittlichen Arbeitszeit entspricht (vgl. Anlage K 1 = Bl. 12 d. A.).

Die Beklagte betreibt in der Bundesrepublik Deutschland zahlreiche Alten- und Pflegeheime. Die ... Unternehmensgruppe beschäftigt etwa 6.000 Arbeitnehmer. Die ... C... und C... für Senioreneinrichtungen AG schloss mit Datum vom 24.09.2004 mit der Gewerkschaft ver.di einen Manteltarifvertrag (im Folgenden: MTV). Dort heißt es unter anderem wie folgt:

§ 1 Geltungsbereich:

1. ...

2. Dieser Tarifvertrag gilt persönlich für Arbeitnehmer, die in einem Arbeitsverhältnis stehen und Mitglied der vertragsschließenden Gewerkschaft sind. Mit Inkrafttreten des Tarifvertrages werden entsprechende Arbeitsverträge abgeschlossen. ...

§ 24 Besitzstandswahrung:

1. Soweit sich aus der Anwendung dieses Tarifvertrages und diesen ergänzenden und ersetzenden Tarifverträgen ein niedrigeres Gesamteinkommen als nach den für den jeweiligen Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Tarifvertrages oder anderer Regelungen ergibt, gelten folgende Regelungen:

a) Bei denjenigen Arbeitnehmern, die am 30.09.2004 schon bei ... S... beschäftigt waren und deren Stufung nach Berufsjahren bzw. Lebensalter erfolgte, bleibt diese Stufung so lange bestehen, bis er die Anspruchsvoraussetzungen dieses Tarifvertrages zur Höherstufung erfüllt.

b) Arbeitnehmer, deren bisherige Vergütung in Form eines Festbetrages höher ist als die, die sie nach den jeweils gültigen Regelungen dieses Tarifvertrages bekommen würden, erhalten den Differenzbetrag als persönliche Zulage.

§ 27 Inkrafttreten, Laufzeit:

1. Dieser Tarifvertrag tritt mit Wirkung vom 01.10.2004 in Kraft.

2. Die §§ 10, 12, 12a, 12b, 12c, 13, 16a, 19 und 20 treten mit Wirkung vom 01.01.2005 in Kraft.

Bis zu diesem Zeitpunkt bleiben die entsprechenden, für den einzelnen Arbeitnehmer bis zum Inkrafttreten dieses Tarifvertrages geltenden einzelvertraglichen und tarifvertraglichen Regelungen in Kraft. .....

Die Tarifvertragsparteien schlossen zudem am 24.09.2004 einen Vergütungstarifvertrag Nr. 1 zum MTV, der am 01.01.2005 in Kraft trat. Er regelt Grundvergütungen, Ortszuschläge, Stundenvergütungen und eine allgemeine Zulage (Bl. 52 f. d.A.). Der ebenfalls am 24.09.2004 abgeschlossene Tarifvertrag über eine Zuwendung (Bl. 47 ff. d.A.) ist ab dem 01.10.2004 gültig und sieht vor, dass der Arbeitnehmer unter den in § 2 genannten Anspruchsvoraussetzungen eine Zuwendung in Höhe von 82 % der Septembervergütung des laufenden Jahres erhält, zahlbar in 12 gleichen monatlichen Beträgen für jeden vollen Beschäftigungsmonat. Beginn der Zahlung ist jeweils der November des Kalenderjahres. Eine Urlaubsgeldzahlung ist nach den tariflichen Regelungen nicht vorgesehen.

Die Beklagte zahlte der Klägerin im Jahr 2006 kein Urlaubsgeld. Ebenso wenig zahlte sie im November 2006 an die Klägerin die in der Anlage 1 zum Arbeitsvertrag vereinbarte Zuwendung. Die Klägerin erhielt im November ausweislich der Verdienstabrechnung nur eine Zahlung in Höhe von 143,75 EUR mit der Bezeichnung "Sonderzuwendung 1/12".

Gleichzeitig zog die Beklagte der Klägerin in den Monaten Juni 2006 bis März 2007 jeweils 80,38 EUR netto mit der Bezeichnung "Rückzahlung Darlehen 1/12 (11-2003)" ab. Die Beklagten hatte an die Klägerin im November 2003 eine Nettozahlung mit der Bezeichnung "Sonderzahlungsvorschuss" geleistet. Eine Zuwendung hatte die Klägerin für das Jahr 2003 daneben nicht erhalten.

Die Klägerin hat mit ihrer Klage Zahlung eines Urlaubsgeldes für 2006 in Höhe von 239,05 EUR brutto verlangt. Weiter hat sie für das Jahr 2006 eine Zuwendung nach Anlage 1 des Arbeitsvertrages in Höhe von 2.456,29 EUR brutto abzüglich gezahlter 143,75 EUR brutto gefordert, d.h. den Differenzbetrag von 2.312,54 EUR brutto. Schließlich hat sie Zahlung der in den Monaten Juni 2006 bis November März 2007 von der Vergütung abgezogenen Beträge in Höhe von insgesamt 803,80 EUR netto geltend gemacht und hierzu die Ansicht vertreten, dass eine Darlehensabrede nicht bestehe.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Ansprüche der Klägerin auf Sonderzuwendung und Urlaubsgeld seien aufgrund des Abschlusses der Tarifverträge hinfällig. Zudem sei ein kollektiver Günstigkeitsvergleich vorzunehmen, demzufolge die bisher an die Klägerin gezahlte Vergütung einschließlich der Sonderzahlung ergebe, dass die tarifvertraglichen Leistungen insgesamt günstiger für die Klägerin seien und daher auch kein Anspruch auf arbeitsvertraglich vereinbarte Sonderzuwendungen bestehe. Die Beklagte hat behauptet, ihr stehe gegen die Klägerin ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung in Höhe von 964,56 EUR zu.

Das Arbeitsgericht hat der Klage in vollem Umgang entsprochen.

Gegen dieses ihr am 08.06.2007 zugestellte Urteil richtet sich die am 25.06.2007 eingelegte Berufung der Beklagten, die sie am 06.08.2007 begründet hat.

Die Beklagte meint, die Klägerin könne ihre Ansprüche nicht auf den Arbeitsvertrag vom 10./15.05.2001 nebst dessen Anlagen 1 und 2 stützen. Es sei ein kollektiver Günstigkeitsvergleich anzustellen. Der Manteltarifvertrag, der Vergütungstarifvertrag und der Zuwendungstarifvertrag bildeten ein Gesamtpaket. Dieses Paket sei insgesamt günstiger, so dass ein Anspruch auf Sonderzuwendung und Urlaubsgeld entfalle. Die Anlagen 1 und 2 des Arbeitsvertrages, die Ansprüche auf Sonderzuwendungen regeln, seien durch den Manteltarifvertrag abgelöst worden. Hinsichtlich der Zahlung des Urlaubsgeldes und der Zuwendung für das Jahr 2006 sei ein Sachgruppen-vergleich anzustellen. Die Tarifvertragsparteien hätten einen Sachzusammenhang zwischen der laufenden Vergütung und den Zuwendungen hergestellt. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts stehe ihr, der Beklagten, auch ein Rückzahlungsanspruch aus dem Sonderzahlungsvorschuss für das Jahr 2003 zu. Bei der Zahlung habe es sich um ein Angebot zum Abschluss eines Darlehensvertrags gehandelt. In der internen Mitteilung vom Februar 2004 sei unmissverständlich dargelegt worden, dass es sich um ein Arbeitgeberdarlehen mit Rückzahlungsanspruch handele. In der internen Mitteilung vom Januar 2004 sei ausdrücklich auf die Verzinsung des Darlehens verzichtet worden. Dass es sich nicht um eine Weihnachtsgeldzahlung gehandelt habe, lasse sich den Verdienstabrechnungen entnehmen. Daher könnte sie die Zahlung ratenweise wieder in Abzug bringen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 07.06.2007 - 3 Ca 2262e/06 - wird abgeändert und die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags mit Rechtsausführungen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und innerhalb der Berufungsbegründungsfrist auch begründet worden.

In der Sache hat die Berufung jedoch keinen Erfolg. Die Beklagte ist ungeachtet der Existenz des MTV, des Zuwendungs- und des Vergütungstarifvertrags verpflichtet, der Klägerin das arbeitsvertraglich vereinbarte Urlaubsgeld sowie die arbeitsvertraglich vereinbarte Sonderzuwendung zu zahlen. Der Gehaltsabzug ab Juni 2006 war unberechtigt. Im Einzelnen:

1.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf Zahlung des anteiligen Urlaubsgeldes für das Jahr 2006 in Höhe von 239,05 EUR brutto sowie der restlichen Sonderzuwendung in Höhe von 2.312,54 EUR brutto. Diese Ansprüche beruhen auf den Anlagen 1 und 2 ihres Arbeitsvertrages.

Die Klägerin kann sich trotz des Inkrafttretens des MTV, des Vergütungstarifvertrags sowie des Tarifvertrages über eine Zuwendung (jeweils vom 24.09.2004) auf die günstigeren arbeitsvertraglichen Regelungen berufen. Die genannten Tarifverträge sind wegen beiderseitiger Tarifbindung (§ 3 Abs. 1 TVG) auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar (§ 4 Abs. 1 TVG), wovon die Parteien übereinstimmend ausgehen.

Die Beklagte verkennt aber weiterhin Bedeutung und Inhalt des in § 4 Abs. 3 TVG kodifizierten Günstigkeitsprinzips. Entgegen der Auffassung der Beklagten kann für den Günstigkeitsvergleich nicht auf die Gesamtbeträge abgestellt werden, die sich aus der Summe aller Vergütungsansprüche aus den drei genannten Tarifverträgen ergeben. Die Kammer wiederholt an dieser Stelle ihre Rechtsausführungen aus ihrem Urteil vom 11.07.2007, mit dem der Rechtsstreit zwischen den Parteien über die gleichen Streitgegenstände für das Jahr 2005 rechtskräftig entschieden worden ist (6 Sa 466/06):

a)

Beim Günstigkeitsvergleich ist nach einhelliger Auffassung ein so genannter Sach-gruppenvergleich vorzunehmen (BAG 07.11.1989 - GS 3/85 - NZA 1990, 816; Schaub/Schaub 11. Aufl. § 204 Rn. 40). Dabei sind die in einem inneren Zusammenhang stehenden Normen des Tarifvertrags mit denen des Arbeitsvertrags zu vergleichen. Beim Vergleich von unterschiedlichen Leistungen kommt es darauf an, ob diese funktional äquivalent sind. Ein Günstigkeitsvergleich scheidet danach aus, wenn die zu vergleichenden Leistungen mit unterschiedlichen Gegenleistungen verbunden sind (BAG 30.03.2004 - 1 AZR 85/03; BAG 27.01.2004 - 1 AZR 148/03 - jeweils zitiert nach JURIS). Im Rahmen des Günstigkeitsvergleichs sind auch vor Inkrafttreten eines Tarifvertrags abgeschlossene arbeitsvertragliche Vereinbarungen zu berücksichtigen (BAG 25.07.2001 - 10 AZR 391/00 - zitiert nach JURIS).

Der von der Beklagten offenbar für richtig gehaltene Gesamtvergleich, der alle Regelungen des aus dem MTV, dem Vergütungs- und dem Zuwendungstarifvertrag bestehenden Pakets erfasst (Seite 3 der Berufungsbegründung) kommt nicht in Betracht. Würde man sich bei dem Günstigkeitsvergleich auf die Gesamtheit aller Arbeitsbedingungen beziehen, wäre ein rationales objektivierbares Günstigkeitsurteil nicht mehr möglich (Löwisch/Rieble, TVG 2. Aufl., Rn. 300 zu § 4 TVG). Denn dann müsste man den Vergleich konsequenterweise nicht nur auf die Geldansprüche, sondern auch auf die weiteren Rahmenbedingungen, wie Kündigungsfristen und Urlaub erstrecken. Damit aber wäre ein nachvollziehbares objektives Günstigkeitsurteil nicht mehr möglich.

Der von der Beklagten angeführte "kollektive Günstigkeitsvergleich"(Seite 3 der Berufungsbegründung) ist ebenfalls nicht maßgeblich. Entscheidend ist vielmehr das Interesse des einzelnen Arbeitnehmers (individuelle Günstigkeit). Wendet der Tarifvertrag dem Arbeitnehmer ein Individualrecht zu, so kann sich eine andere Abmachung dann durchsetzen, wenn sie eine für den Arbeitnehmer günstigere Rechtsfolge auslöst (Löwisch/Rieble, TVG, 2. Aufl., Rd.-Ziff. 291 zu § 4 TVG). Auf das Gesamtinteresse der Belegschaft oder einer Gruppe von Arbeitnehmern kommt es nur bei betrieblichen und betriebsverfassungsrechtlichen Normen an (Schaub/Schaub 11. Aufl. § 204 Rn. 39).

b)

In Anwendung dieser Grundsätze sind die einzelvertraglichen Regelungen zum Urlaubsgeld und zur Zuwendung für die Klägerin günstiger als die vergleichbaren tariflichen Vereinbarungen. Folglich werden die arbeitsvertraglichen Regelungen durch die Tarifbestimmungen nicht verdrängt.

Eine Sachgruppe bilden alle einzelvertraglichen Sonderzahlungen, zu denen das Urlaubsgeld und die Zuwendung gehören. Ihr sind die entsprechenden tariflichen Leistungen gegenüberzustellen. Es ist für den Sachgruppenvergleich nicht weiter zu unterscheiden zwischen Urlaubsgeld und Zuwendung. Beides sind Einmalzahlungen, die deshalb zu einer Sachgruppe zusammenzufassen sind.

Auf arbeitsvertraglicher Seite ist somit neben der Zuwendung in Höhe eines vollen Septembergehalts das pauschale Urlaubsgeld in den Vergleich einzustellen. Dem steht die tarifliche Zuwendung in Höhe von 82 % der Septembervergütung gegenüber. Die arbeitsvertragliche Regelung ist folglich die günstigere Regelung im Sinne des § 4 Abs. 3 TVG.

c)

Ein alle Entgeltansprüche erfassender (beschränkter) Gesamtvergleich scheidet aus einem weiteren Grund aus.

In der Regelung zur Besitzstandwahrung in § 24 MTV und der hierzu vereinbarten Protokollnotiz heißt es ausdrücklich, dass als Bestandteile des monatlichen Gesamteinkommens die Grundvergütung, der Ortszuschlag und die allgemeine Zulage bei der Besitzstandswahrungsberechnung heranzuziehen sind. Einmalzahlungen, die bei der Berechnung des jeweiligen "Gesamteinkommens" zu berücksichtigen wären, sind ausdrücklich nicht erwähnt worden. Angesichts der in der Protokollnotiz vorgenommenen Definition des Gesamteinkommens dürfen sie daher nicht in den Gesamtvergleich mit einbezogen werden.

2.

Die Beklagte hat der Klägerin die in den Monaten Juni 2006 bis März 2007 abgezogenen Nettobeträge von 80,38 EUR, d.h. insgesamt 803,80 EUR, auszuzahlen. Der monatliche Abzug war unberechtigt.

Es ist nicht nachvollziehbar, wie zwischen den Parteien ein Darlehensvertrag zustande gekommen sein soll, der eine Rückzahlung in monatlichen Raten ab Dezember 2005 vorsieht. Gemäß § 488 Abs. 1 BGB wird der Darlehensgeber durch den Darlehensvertrag verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen; der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuerstatten. Der Abschluss eines Darlehensvertrags setzt danach eine Einigung über die Höhe des zur Verfügung gestellten Geldbetrags, die Laufzeit, die Verzinslichkeit (ggf. Zinshöhe) und die Aus- und Rückzahlungsmodalitäten voraus. Zwar kann ein Darlehensvertrag auch konkludent geschlossen werden. Die Vertragspartner müssen aber um den notwendigen Inhalt eines solchen Vertrags wissen. Die Zahlung im November 2003 kann nicht als Angebot zum Abschluss eines Darlehensvertrags gedeutet werden. Das verbietet schon die Bezeichnung als "Sonderzahlungsvorschuss für das Jahr 2003". Dass hier nur ein Darlehen gewährt werden sollte, war danach jedenfalls bei Zahlung im November nicht erkennbar. Im Zusammenhang mit dem Zahlungszeitpunkt liegt es vielmehr nahe, die Leistung als Vorschuss auf die Sonderzuwendung anzusehen. Der Wortteil "Vorschuss" lässt nämlich nicht auf eine Rückzahlungspflicht schließen, sondern viel eher auf eine Verrechnung mit bestehenden Ansprüchen.

Die von der Beklagten in der Berufungsbegründung angeführten "internen Mitteilungen" von Januar und Februar 2004 können der Zahlung gleichfalls nicht die Bedeutung eines Angebots, gerichtet auf Abschluss eines Darlehensvertrags, beimessen. Die Mitteilungen lagen der Berufungsbegründung nicht bei und sind auch nicht nachgereicht worden.

Zu den Darlehenskonditionen, insbesondere zu den Rückzahlungsmodalitäten, die bei Abschluss des behaupteten Vertrags vereinbart worden sein sollen, schweigt sich die Beklagte aus. Folglich kann nicht nachvollzogen werden, ob das von der Beklagten behauptete Darlehen überhaupt zur Rückzahlung fällig war.

Der Rückzahlungsanspruch der Beklagten ergibt sich auch nicht wegen ungerechtfertigter Bereicherung gem. § 812 Abs. 1 BGB. Die Zahlung im November 2003 erfolgte mit Rechtsgrund. Die Beklagte war der Klägerin auch im Jahr 2003 zur Zahlung der vertraglichen Sonderzuwendung verpflichtet. Dieser Anspruch ergab sich aus der Anlage 1 zum Arbeitsvertrag.

3.

Über die Höhe des Einbehalts und des (anteiligen) Urlaubsgelds besteht kein Streit. Die Sonderzuwendung bemisst sich auf der Grundlage des Septembergehalts. Das ist das Grundgehalt einschließlich der im September gezahlten Zuschläge.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.

4.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 97 ZPO.

Die Vorraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor, so dass die Revision nicht zuzulassen war. Vorliegend handelt es sich ausschließlich um eine Einzelfallentscheidung.

Ende der Entscheidung

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