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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Beschluss verkündet am 21.10.2009
Aktenzeichen: 6 Ta 171/09
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 114
ZPO § 117 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 118 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 118 Abs. 2 Satz 4
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 571
ZPO § 571 Abs. 2 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss

Aktenzeichen: 6 Ta 171/09

21.10.2009

Im Beschwerdeverfahren

hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein am 21.10.2009 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Prozesskostenhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Neumünster vom 19.08.2009, 3 Ca 686 b/09, wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger und Beschwerdeführer (im Folgenden: Kläger) hat am 11.05.2009 vor dem Arbeitsgericht Neumünster Kündigungsschutzklage erhoben und hierfür Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten begehrt. Dem Prozesskostenhilfeantrag waren die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers, eine Kopie seines Mietvertrags sowie ein Beleg über die Gewährung eines Darlehens für die Mietkosten beigefügt. Im Kammertermin vom 19.06.2009 in der Sache 3 Ca 487 b/09 haben die Parteien einen Vergleich geschlossen, mit dem auch dieser Rechtsstreit erledigt worden ist.

Das Arbeitsgericht wandte sich mit folgender Verfügung vom 28.07.2009 an den Kläger:

"In der Rechtssache pp. kann bislang nicht nachvollzogen werden, wie der Kläger derzeit seinen Lebensunterhalt bestreitet (geschweige denn Unterhalt für seine Töchter leistet). In seinen Erklärungen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hat der Kläger angegeben, keinerlei Einkünfte zu haben, lediglich ein Darlehen für die Mietkosten zu erhalten. Dem Kläger wird nunmehr eine Frist bis zum 14. Aug. 2009 einschließlich gesetzt, innerhalb derer er unter Beifügung entsprechender Belege nachzuweisen hat, wie er seinen Lebensunterhalt bestreitet. Wenn und soweit der Kläger behauptet, Naturalunterhalt zu erhalten, ist entsprechende eidesstattliche Versicherung vorzulegen. Nach dem 14.08.2009 wird anhand der dann vorliegenden Unterlagen über den Prozesskostenhilfeantrag entschieden werden."

Innerhalb der Frist ging keine Stellungnahme zu der Verfügung ein.

Mit Beschluss vom 19.08.2009 hat das Arbeitsgericht den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. Der Antrag sei gemäß § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO abzulehnen, weil der Kläger innerhalb der gesetzten Frist nicht erläutert habe, aus welchen Mitteln er derzeit seinen Lebensunterhalt bestreite, beziehungsweise ob er Naturalunterhalt erhalte.

Gegen den ihm am 26.08.2009 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 17.09.2009 Beschwerde eingelegt und erstmals zu den weiteren ihm vom Sozialamt gewährten Darlehen vorgetragen. Ferner hat er erklärt, dass er im fraglichen Zeitraum seinen Kindern keinen Unterhalt geleistet habe.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde unter Hinweis auf die bereits abgelaufene Nachfrist nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die als sofortige Beschwerde zu wertende Beschwerde ist zulässig, § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Sie ist jedoch unbegründet.

1. Das Arbeitsgericht hat dem Kläger zu Recht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe versagt. Er hat nämlich die erforderlichen Unterlagen und Belege nicht rechtzeitig vorgelegt, § 117 Abs. 2 Satz 1, § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO. Die nachträgliche Einreichung der vom Arbeitsgericht angeforderten Angaben und Nachweise erst in der Beschwerdeinstanz war verspätet. Diese Belege konnten nicht mehr berücksichtigt werden.

a. Nach § 118 Abs. 2 Satz 1 ZPO kann das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ablehnen, wenn der Antragsteller innerhalb einer vom Gericht gesetzten Frist die Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht oder bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet hat. Gemäß § 118 Abs. 2 Satz 1 ZPO kann das Gericht verlangen, dass der Antragsteller seine tatsächlichen Angaben glaubhaft macht. Nach Satz 2 dieser Vorschrift kann es hierzu die Vorlage von Urkunden anordnen. Nach § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind bereits dem Antrag auf Prozesskostenhilfe neben einer Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die entsprechenden Belege beizufügen.

b. Grundsätzlich muss der vollständige Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit dem ordnungsgemäß ausgefüllten Antragsvordruck und allen Unterlagen bis zum Abschluss der Instanz oder des Verfahrens beim zuständigen Gericht vorliegen (BAG 03.12.2003 - 2 AZB 19/03 -). Nach § 114 ZPO wird der mittellosen Partei Prozesskostenhilfe nur für eine beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung bewilligt. Der mittellosen Partei sollen die Prozesshandlungen ermöglicht werden, die für sie mit Kosten verbunden sind. Hat jedoch die Partei oder deren Prozessbevollmächtigter die aus ihrer Sicht notwendigen Prozesshandlungen schon vor der ordnungsgemäßen Beantragung der Prozesskostenhilfe vorgenommen, so hängen diese Prozesshandlungen nicht mehr davon ab, dass die Partei zuvor die entsprechenden Kosten aufbringt. Vielmehr geht es dann nur noch darum, einem Prozessbevollmächtigten durch nachträgliche Bewilligung von Prozesskostenhilfe - hier nach Ende der Instanz - einen Zahlungsanspruch gegen die Staatskasse zu verschaffen. Aus diesem Grund ist eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach Instanzende nur ausnahmsweise möglich. Eine Ausnahme liegt etwa dann vor, wenn das Gericht zuvor über den Antrag hätte positiv entscheiden können. Über einen rechtzeitig eingereichten Prozesskostenhilfeantrag mit unvollständigen Angaben und Unterlagen kann auch dann noch nach Abschluss der Instanz beziehungsweise des Verfahrens zugunsten des Antragstellers entschieden werden, wenn das Gericht eine Frist zur Nachreichung der fehlenden Unterlagen und Belege gesetzt hat (BAG 03.12.2003 a. a. O.). Soweit dem Antragsteller nach Ende der Instanz eine solche gerichtliche Nachfrist gesetzt worden ist, muss diese Nachfrist - anders als eine vor dem Ende der Instanz ablaufende Nachfrist - zwingend eingehalten werden (BAG 03.12.2003 a. a. O.).

c. Im vorliegenden Fall konnte vor Instanzende keine Prozesskostenhilfe bewilligt werden. Zwar hatte der Kläger den Prozesskostenhilfeantrag rechtzeitig gestellt. Es fehlten jedoch noch Angaben und notwendige Belege, die erst nach Instanzende und nach Ablauf der dem Kläger vom Arbeitsgericht gesetzten Nachfrist vorgelegt worden sind. So fehlten Angaben dazu, aus welchen Mitteln der Kläger die Unterhaltsleistungen erbringt und wovon er seinen Lebensunterhalt bestreitet.

Deshalb konnte ihm Prozesskostenhilfe nicht rückwirkend bewilligt werden.

2. Die Verletzung der Mitwirkungspflicht führt auch zum Verlust seines Anspruchs auf Prozesskostenhilfebewilligung und Anwaltsbeiordnung.

Zwar können gemäß § 571 Abs. 2 Satz 1 ZPO mit der sofortigen Beschwerde grundsätzlich neue Tatsachen vorgetragen werden. Jedoch enthält § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO eine spezielle gesetzliche Regelung, die der allgemeinen Regelung des § 571 ZPO vorgeht (BAG 03.12.2003 a. a. O.). Nach § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO ist dem Ausgangsgericht eine Ablehnung des Antrags nach Ablauf der von ihm gesetzten Frist zwingend vorgeschrieben. Das Beschwerdegericht kann im Beschwerdeverfahren beigebrachte Unterlagen nur dann berücksichtigen, wenn das Hauptsacheverfahren im Zeitpunkt ihrer Beibringung noch nicht abgeschlossen ist. In einem solchen Fall kann in der Einreichung neuer Belege und Unterlagen gegebenenfalls ein neuer Antrag gesehen werden. Im vorliegenden Fall waren jedoch durch den gerichtlichen Vergleich vom 19.06.2009 die Instanz und der Rechtsstreit beendet. Die nach dem Fristablauf eingegangenen Erklärungen und Belege konnten deshalb nicht mehr berücksichtigt werden.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Ende der Entscheidung

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