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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Beschluss verkündet am 12.11.2009
Aktenzeichen: 6 Ta 195/09
Rechtsgebiete: ZPO, ArbGG


Vorschriften:

ZPO § 114
ArbGG § 12 a Abs. 1 Satz 1
ArbGG § 11 a
ArbGG § 112 a Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss

Aktenzeichen: 6 Ta 195/09

12.11.2009

Im Beschwerdeverfahren

betr. Prozesskostenhilfe in dem Rechtsstreit

hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein am 12.11.2009 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 07.10.2009 - 3 Ca 1358/09 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Mit ihrer sofortigen Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe für den mit Erhebung der Kündigungsschutzklage geltend gemachten Weiterbeschäftigungsanspruch.

Die Klägerin erhob durch ihren prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt am 05.05.2009 Klage mit den Anträgen:

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung vom 14. April 2009, der Klägerin zugegangen am 15. April 2009, nicht zum 31. Juli 2009 aufgelöst wurde,

2. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch durch die von der Beklagten ausgesprochene Änderungskündigung vom 16. April 2009, der Klägerin zugegangen am 17. April 2009, nicht zum 31. Mai 2009 aufgelöst wurde und die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 16. April 2009, der Klägerin zugegangen am 17. April 2009, unwirksam ist,

3. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 31. Juli 2009 hinaus fortbesteht,

4. die Beklagte für den Fall des Obsiegens mit den Anträgen zu 1. bis 3. zu verurteilen, die Klägerin entsprechend ihrem Arbeitsvertrag vom 2. März 2005 zu unveränderten Bedingungen als Gebäudereinigerin bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Feststellungsanträge zu 1. bis 3. weiterzubeschäftigen,

5. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin ein qualifiziertes Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Art und Dauer sowie Führung und Leistung im Arbeitsverhältnis erstreckt und das als Eintrittsdatum den 22. November 2001 ausweist.

Für diese Anträge beantragte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin bereits in der Klage Prozesskostenhilfe für die Klägerin unter seiner Beiordnung. Im Gütetermin vom 15.09.2009 schlossen die Parteien ein Abfindungsvergleich. Danach endete das Arbeitsverhältnis am 22.06.2009.

Das Arbeitsgericht bewilligte der Klägerin mit Beschluss vom 07.10.2009 Prozesskostenhilfe für die Klaganträge zu 1., 5. und den klageerweiternd geltend gemachten Verzugslohnanspruch (Antrag zu 6.) unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten. Ferner ordnete das Arbeitsgericht die Zahlung monatlicher Raten in Höhe von 30,00 € an. Den weitergehenden Antrag auf Prozesskostenhilfe wies das Arbeitsgericht zurück.

Die Klägerin hat gegen diesen ihr am 15.10.2009 zugestellten Beschluss am 03.11.2009 Beschwerde eingelegt und sich gegen die Ratenzahlungsanordnung sowie die Versagung der Prozesskostenhilfe für die Anträge zu 2. und 4. gewandt. Der Weiterbeschäftigungsantrag sei nicht mutwillig gewesen. Das Unterlassen eines solchen Antrags stelle aus anwaltlicher Sicht regelmäßig einen Haftungsfall dar.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 03.11.2009 teilweise abgeholfen. Die Anordnung der Ratenzahlungen hat es aufgehoben und der Klägerin Prozesskostenhilfe auch für den Klageantrag zu 2. bewilligt. Im Übrigen hat das Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass es nicht notwendig sei, den Weiterbeschäftigungsantrag vor dem Scheitern des Gütetermins zu stellen.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Sie ist statthaft und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

1. Gemäß § 114 ZPO ist Prozesskostenhilfe unter anderem nur dann zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht mutwillig erscheint. Eine Rechtsverfolgung ist mutwillig, wenn eine verständige, nichthilfsbedürftige Partei ihr Recht nicht in gleicher Weise verfolgen würde (Reichold in Thomas/Putzo ZPO 29. Aufl. § 114 Rd. 7).

2. Müsste die Klägerin die Kosten des Klagverfahrens aus eigenen Mitteln bestreiten, so hätte sie als verständige Partei zunächst bis zum Scheitern des Gütetermins nur die Feststellungsanträge gestellt. Mit dem Weiterbeschäftigungsantrag hätte sie bis zum Scheitern dieses Termins gewartet.

Gemäß § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG muss der Rechtsanwalt seinen Mandanten vor Abschluss der Vereinbarung über die Vertretung auf den Ausschluss der Kostenerstattung nach Satz 1 hinweisen. Auf diese Weise soll der Partei Gelegenheit gegeben werden, zu entscheiden, ob sie sich selbst vor dem Arbeitsgericht vertreten will, oder ob sie sich vertreten lassen möchte und welche Anträge sie stellen will. Dabei gilt, dass bei Gewährung von Prozesskostenhilfe beziehungsweise einer Beiordnung nach § 11 a ArbGG die Belehrungspflicht des Rechtsanwalts nicht entfällt. Denn unter Umständen müssen die Kosten von der Partei getragen werden, sei es, dass die Beiordnung des Anwalts nur unter Festlegung von Raten erfolgt, sei es, dass im Nachhinein von der Landeskasse Erstattungsansprüche gegenüber der Partei geltend gemacht werden. Prozesskostenhilfe ist keine staatliche Schenkung.

Wird eine verständige Partei darüber belehrt, dass die Stellung des Weiterbeschäftigungsantrags bereits zum Gütetermin kostenerhöhende Auswirkungen hat, liegt es nahe, dass sie den Antrag nicht zu diesem frühen Zeitpunkt stellt. Denn sie muss bedenken, dass sie die dadurch entstehenden Kosten in jedem Falle selber tragen muss und selbst bei einem Obsiegen nicht erstattet erhält. Vor diesem Hintergrund wird sie sich nur dann vor dem Scheitern des Gütetermins zur Erhebung des Weiterbeschäftigungsantrags entschließen, wenn sie konkrete Anhaltspunkte dafür hat, dass die Gegenseite im Gütetermin säumig sein wird (vgl. LAG Schleswig-Holstein 06.10.2009 - 4 Ta 164/09 - zitiert nach Juris). Dass der Arbeitgeber im Gütetermin in einem Kündigungsschutzprozess säumig ist, stellt die absolute Ausnahme dar. Darauf hat die 4. Kammer des erkennenden Gerichts in ihrem Beschluss vom 06.10.2009 zutreffend hingewiesen. Auch im vorliegenden Fall ist die beklagte Arbeitgeberin zum Gütetermin erschienen. Die Klägerin hatte bei Klageerhebung keinen Anhaltspunkt dafür, dass für die Beklagte niemand zum Gütetermin erscheinen würde. Das hätte auch der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erkennen können. Bereits vor dem Gütetermin hat sich die Beklagte mit einem Schriftsatz an das Gericht gewandt. Hätte der Prozessbevollmächtigte die Klägerin gemäß § 112 a Satz 2 ArbGG über die Situation und die Kostenfolgen aufgeklärt, dann hätte die Klägerin aus der Sicht eines verständigen Dritten zunächst bis zum Scheitern des Gütetermins davon abgesehen, den Weiterbeschäftigungsanspruch zu erheben. Es ist nicht erkennbar, warum sie das mit einer früheren Antragstellung verbundene zusätzliche wirtschaftliche Risiko übernehmen sollte.

Danach hat die Klägerin mit der Erhebung des Weiterbeschäftigungsanspruchs bereits in der Klage und vor dem Gütetermin mutwillig gehandelt. Ein verständiger Dritter, der die Kosten des Prozesses selbst aus eigenen finanziellen Mitteln bestreiten müsste, hätte in diesem konkreten Fall keinen Grund gehabt, den Antrag bereits vor Scheitern des Gütetermins zu stellen.

Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen.

Ende der Entscheidung

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