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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Beschluss verkündet am 24.04.2009
Aktenzeichen: 6 Ta 74/09
Rechtsgebiete: GKG, RVG, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

GKG § 3 Abs. 2
GKG § 42 Abs. 4
GKG § 42 Abs. 4 S. 1
GKG § 63 Abs. 3
RVG § 33
RVG § 33 Abs. 3
RVG § 33 Abs. 9
ArbGG § 12 Abs. 7
ZPO § 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss

Aktenzeichen: 6 Ta 74/09

24.04.2009

Im Beschwerdeverfahren

hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein am 24.04.2009 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der den Wert des Streitgegenstandes festsetzende Beschluss des Arbeitsgerichts Neumünster vom 10.03. 2009 (2 Ca 550 c/08) abgeändert.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 10.500,-- € festgesetzt.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung ist nicht gegeben.

Gründe:

I.

Die Parteien stritten im Ausgangsverfahren über den Bestand ihres Arbeitsverhältnisses.

Der Kläger war seit dem 01.12.2007 bei der Beklagten als Personalreferent beschäftigt. Die Parteien hatten eine 6-monatige Probezeit vereinbart. Während dieser Zeit betrug der Bruttomonatsverdienst des Klägers 3.300,-- €. Anschließend sollte der Verdienst um 300,-- € erhöht werden.

Mit Schreiben vom 15.04.2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 30.04.2008. Hiergegen wandte sich der Kläger mit seiner am 06.05.2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Kündigungsschutzklage. Im Gütetermin am 27.05.2008 rügte der Klägervertreter die ordnungsgemäße Anhörung des Personalrats zur Kündigung vom 15.04.2008. Mit Schreiben vom 04.07.2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers "hilfsweise zum 31.08.2008 bzw. hilfs-hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt". Diese Kündigung griff der Kläger mit am 15.07.2008 beim Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz an.

Das Arbeitsgericht stellte mit Urteil vom 28.08.2008 die Unwirksamkeit der Kündigungen vom 15.04.2008 und 04.07.2008 fest. Den Streitwert setzte es auf 6.600,-- € fest.

Nachdem sich der Beschwerdeführer erfolglos gegen die Streitwertfestsetzung im Urteil gewandt hat (Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein vom 30.01.2009 - 6 Ta 16/09 -), beantragte er Streitwertfestsetzung nach § 63 Abs. 3 GKG, § 33 RVG.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 10.03.2009 einen Streitwert in Höhe von 6.900,-- € festgesetzt. Für jede Kündigung hat es ein Bruttomonatsgehalt zugrunde gelegt. Hiergegen hat der Beschwerdeführer am 20.03.2009 Beschwerde eingelegt. Er meint, richtigerweise sei ein Streitwert in Höhe von 17.400,-- €, mindestens jedoch 10.500,-- €, festzusetzen. Die erste Kündigung sei mit zwei Bruttomonatsgehältern zu bewerten. Für die zweite Kündigung sei der "Regelwert" nach § 42 Abs. 4 GKG in Ansatz zu bringen.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nur teilweise begründet.

1. Beschwerdeführer ist der Klägervertreter aus eigenem Recht. Dass der Kläger selbst die Erhöhung des Streitwerts und damit die Erhöhung seiner Kosten gegenüber seinem Prozessbevollmächtigten begehrt, ist nicht erkennbar.

2. Der Wert des Streitgegenstandes beträgt 10.500,-- €. Das ergibt sich aus der Addition der Streitwerte für die Kündigungen vom 15.04. und 04.07.2008. Die erste Kündigung ist mit einem Bruttomonatsgehalt zu bewerten, die zweite mit zwei Gehältern. a) Zutreffend hat das Arbeitsgericht die Streitwerte beider in einem Verfahren erhobenen Kündigungsschutzklagen zusammengerechnet. Jede Kündigungsschutzklage stellt eine eigene Bestandsstreitigkeit im Sinne des § 42 Abs. 4 S. 1 GKG dar und ist folglich gesondert zu bewerten. Werden mehrere Kündigungen in einem Rechtsstreit angegriffen, so sind die Werte der Kündigungsschutzklagen daher grundsätzlich zusammenzurechnen.

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist angezeigt, wenn sich die Kündigungsschutzanträge zeitlich überschneiden und daher die begehrten Feststellungen das gleiche wirtschaftliche Interesse umfassen. In diesem Fall ist eine Anrechnung der Streitwerte geboten, die sich nach der Zeitspanne richten, die zwischen den in den jeweiligen Kündigungen genannten Beendigungszeitpunkten liegt. Beträgt die Zeitspanne zwischen den möglichen Beendigungszeitpunkten mehr als 3 Monate, so ist eine Anrechnung ausgeschlossen (vgl. LAG Berlin, 10.04.2001 - 17 Ta 6052/01 (Kost) - zit. n. JURIS).

Eine Zusammenrechnung der Werte mehrerer Kündigungsschutzklagen scheidet ferner dann aus, wenn die Kündigungssachverhalte identisch sind. Eine wirtschaftliche Identität, die einer Zusammenrechnung der Streitwerte entgegensteht, ist anzunehmen, wenn die Kündigungen auf demselben Lebenssachverhalt beruhen. Das ist auch dann der Fall, wenn sich die klagende Partei gegen eine zugleich ausgesprochene außerordentliche und vorsorglich ordentliche Kündigung wendet.

Im vorliegenden Fall sind die Streitwerte beider Kündigungsschutzklagen zusammenzurechnen. Die Beendigungszeitpunkte liegen vier Monate auseinander und die Kündigungen wurden auf verschiedene Lebenssachverhalte gestützt

b) Das Arbeitsgericht hat beide Kündigungen mit jeweils nur einem Bruttomonatsgehalt bewertet. Das ist für die Kündigung vom 15.04.2008 nicht zu beanstanden. Für die Kündigung vom 04.07.2008 sind hingegen zwei Bruttomonatsgehälter in Ansatz zu bringen.

aa) Die Wertfestsetzung in Bestandsstreitigkeiten vor dem Arbeitsgericht erfolgt nach § 42 Abs. 4 GKG dahingehend, dass höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend ist. Diese Vorschrift, die dem früheren § 12 Abs. 7 ArbGG entspricht, ist von dem Gedanken des Gesetzgebers getragen, aus sozialen Erwägungen das Kostenrisiko für den Arbeitnehmer zu begrenzen. Unabhängig davon, wie lange das Arbeitsverhältnis bereits bestanden hat und wie lange es evtl. noch bestehen kann, ist der Wert mit höchstens einem Vierteljahresentgelt zu bemessen.

Bei diesem Vierteljahresentgelt handelt es sich nicht um den Regelwert, sondern um den Höchstbetrag. Der Betrag bildet die Obergrenze für den vom Gericht gem. § 3 ZPO nach freiem Ermessen festzusetzenden Streitwert. Es ist eine Abstufung nach dem Interesse der Partei an dem weiteren Fortbestand des Arbeitsverhältnisses vorzunehmen. Anhaltspunkt dafür ist die bisherige Dauer des Arbeitsverhältnisses. Je länger das Arbeitsverhältnis bereits bestanden hat, desto größer ist das Interesse des Arbeitnehmers an der Fortführung dieses Arbeitsverhältnisses. Umgekehrt ist die Bindung des Arbeitnehmers an den Arbeitsplatz bei kurzer Dauer geringer. In Übereinstimmung mit anderen Kammern des erkennenden Gerichts (vgl. LAG Schleswig-Holstein 29.04.2008 - 2 Ta 85/08 -) ist deshalb eine typisierende Betrachtungsweise angebracht, wonach bei einer bisher verbrachten Dauer des Arbeitsverhältnisses von bis zu 6 Monaten in der Regel der Wert eines Monatsentgelts festzusetzen ist. Hat das Arbeitsverhältnis bereits länger als 6 Monate bestanden, ist also das Kündigungsschutzgesetz anwendbar, ist eine Erhöhung angebracht. Da in der Regel bei der Dauer eines Arbeitsverhältnisses von bis zu einem Jahr die Bindung an den Betrieb jedoch noch nicht so intensiv ist wie bei einem länger dauernden Arbeitsverhältnis, ist eine weitere Abstufung vorzunehmen, so dass bei einer Dauer zwischen 6 Monaten und einem Jahr zwei Monatsentgelte anzusetzen sind. Grundsätzlich sind mit erst bei einem Bestand von mehr als 12 Monaten drei Monatsverdienste festzusetzen.

bb) Daraus ergibt sich für den vorliegenden Fall Folgendes:

Bei Zugang der Kündigung vom 15.04.2008 bestand das Arbeitsverhältnis des Klägers noch keine 6 Monate. Der Gegenstandswert der gegen diese Kündigung gerichteten Klage beträgt daher ein Bruttomonatsgehalt. Während der Probezeit betrug das Gehalt des Klägers 3.300,-- € brutto.

Die Kündigung vom 04.07.2008 ist dem Kläger mehr als sieben Monate nach Beginn des Arbeitsverhältnisses zugegangen. Seine hiergegen gerichtete Klage ist daher mit zwei Bruttomonatsgehältern zu bewerten. Nach Ablauf der Probezeit war ein Bruttomonatsgehalt in Höhe von 3.600,-- € vorgesehen.

Insgesamt ergibt sich somit ein Gegenstandswert in Höhe von 10.500,-- €. Nach Maßgabe der dargestellten Grundsätze kann der Beschwerdeführer Festsetzung eines darüber hinausgehenden Gegenstandswerts nicht verlangen.

3. Die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren berechnet sich nach Nr. 8614 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG. Das Beschwerdeverfahren nach § 33 Abs. 3 RVG ist anders als das Verfahren nach § 33 Abs. 9 RVG nicht gebührenfrei. Die Gerichtsgebühren haben die Beschwerdeführer gemäß § 92 Abs. 1 ZPO zu 2/3 zu tragen.

Ein Rechtsmittel gegen diesen Beschluss ist nach § 33 Abs. 4 S. 3 RVG nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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