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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 30.11.2004
Aktenzeichen: 1 ME 190/04
Rechtsgebiete: BauGB, ZPO


Vorschriften:

BauGB § 214 Abs. 3 Satz 2
BauGB § 35 Abs. 3 Satz 3
BauGB § 36 Abs. 2 Satz 1
BauGB § 36 Abs. 2 Sazt 3
ZPO § 767 Abs. 1
1. Der "planreife" Entwurf eines Flächennutzungsplanes zur Steuerung der Windenergienutzung kann einem Vorhaben zur Errichtung einer Windenergieanlage nicht entgegengehalten werden.

2. Die Ersetzungsentscheidung nach § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB erfordert eine Ermessensausübung.

3. Die Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens ist ermessensfehlerhaft, wenn die Gemeinde ihre unwirksame Konzentrationsplanung durch Änderung des Flächennutzungsplans "repariert" hat und nur noch die - unmittelbar bevorstehende - Bekanntmachung der Genehmigung fehlt.

4. Ein Fehler im Abwägungsvorgang liegt vor, wenn die Gemeinde bei der Suche nach geeigneten Standorten für die Windenergienutzung in einem ersten Schritt um vorhandene Einzelanlagen einen 500-m-Radius legt und damit Gebiete im Einwirkungsbereich dieser Altanlagen der weiteren Potentialflächenfindung entzieht.

5. Der unter 4. genannte Abwägungsfehler ist unbeachtlich, wenn absehbar ist, dass die Gemeinde ohne den Mangel nicht anders geplant hätte (hier bejaht).


Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht

Gründe:

Die Antragstellerin begehrt die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens durch den Antragsgegner.

Mit Schreiben vom 19. Mai 2003, eingegangen bei der Antragstellerin am 20. Mai 2003, beantragte die Beigeladene die Erteilung eines Bauvorbescheides für die Errichtung einer Windenergieanlage mit einer Nennleistung von 600 kW und einer Nabenhöhe von 77,65 m auf dem Flurstück C. der Flur D. der Gemarkung E.. Die Antragstellerin versagte mit Schreiben vom 18. Juli 2003 gegenüber dem Antragsgegner die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens.

Mit Schreiben vom 11. Dezember 2003 hörte der Antragsgegner die Antragstellerin zu seiner Absicht an, das gemeindliche Einvernehmen zu ersetzen. Er verwies darauf, dass die Konzentrationsplanung der Antragstellerin in der 1. und 15. Änderung ihres Flächennutzungsplanes nach mehreren Urteilen des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 4 A 4195/00 u.a. - vom 26. September 2002 und den diese Entscheidungen bestätigenden Beschlüssen des Senats vom 24. November 2003 - 1 LA 307/02 u.a. -, V.n.b., keine Ausschlusswirkung im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB entfalte. Der Antragsgegner gab der Antragstellerin Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 17. Dezember 2003.

Mit Schreiben vom 17. Dezember 2003, eingegangen bei der Poststelle des Antragsgegners um 15.45 Uhr desselben Tages, machte die Antragstellerin Folgendes geltend: In der gesetzten Frist von 4 Werktagen sei es ihr nur möglich, zu den mehr als 50 Einzelfällen eine generalisierte Stellungnahme abzugeben. Die 40. Änderung ihres Flächennutzungsplanes mit der Darstellung von Konzentrationsflächen für die Windenergienutzung habe Planreife erlangt. Die Bezirksregierung Weser-Ems habe am 24. November 2003 die 40. Änderung des Planes mit einer Maßgabe genehmigt und der Rat der Stadt sei dieser Maßgabe mit Beschluss vom 16. Dezember 2003 beigetreten.

Mit Bescheid vom 17. Dezember 2003, gegen Empfangsbekenntnis zugestellt um 16.30 Uhr desselben Tages, ersetzte der Antragsgegner gegenüber der Antragstellerin das gemeindliche Einvernehmen und ordnete die sofortige Vollziehbarkeit der Ersetzungsverfügung an. Zur Begründung führte er aus: Nach den in dem Anhörungsschreiben zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Oldenburg und des Senats verfüge die Antragstellerin nicht über eine wirksame Konzentrationsplanung hinsichtlich der Windenergienutzung in ihrem Stadtgebiet. Sonstige öffentliche Belange stünden dem Vorhaben der Beigeladenen, dessen Erschließung ausreichend gesichert sei, nicht entgegen. Das Einvernehmen sei daher rechtswidrig versagt worden. Die Ersetzung des Einvernehmens entspreche pflichtgemäßem Ermessen. Dem eventuell entgegenstehende besondere Umstände seien nicht ersichtlich.

Am 18. Dezember 2003 wurde die 40. Änderung des Flächennutzungsplanes der Antragstellerin im Amtsblatt des Antragsgegners bekannt gemacht. Der Plan stellt 3 Sonderbauflächen mit der Zweckbestimmung Windenergienutzung in den Gebieten "Windpark Abens und Erweiterung" (Gebiet 1), "Windpark Groß Charlottengroden" (Gebiet 2) und "Windpark östlich des Industriegebiets An der Eggelinger Straße" (Gebiet 3) dar und schließt im übrigen Stadtgebiet die Errichtung von neuen Windenergieanlagen aus.

Unter dem 16. Dezember 2003 erteilte der Antragsgegner der Beigeladenen den begehrten Bauvorbescheid, der dieser am 20. Dezember 2003 zuging. Gegen die Ersetzung des Einvernehmens und gegen den Bauvorbescheid erhob die Antragstellerin Widerspruch.

Dem Antrag der Antragstellerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 2. Juli 2004 stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Voraussetzungen für eine Ersetzungsentscheidung hätten am 17. Dezember 2003 nicht (mehr) vorgelegen. Zwar sei die Ersetzungsentscheidung des Antragsgegners der Antragstellerin noch am 17. Dezember 2003 und damit einen Tag vor dem Inkrafttreten der 40. Änderung des Flächennutzungsplanes der Antragstellerin bekannt gegeben worden. Zu berücksichtigen sei aber, dass die Ersetzungsentscheidung als Verwaltungsinternum gegenüber dem Bauherrn lediglich den Erlass eines Bauvorbescheides vorbereite und dieser unter Berücksichtigung von § 41 Abs. 2 Satz 1 VwVfG erst am 20. Dezember 2003 gegenüber der Beigeladenen bekannt gegeben worden sei und damit seine Wirksamkeit gegenüber der Beigeladenen erlangt habe. Die Darstellungen der 40. Änderung des Flächennutzungsplanes hätten deshalb bei Erlass der Ersetzungsentscheidung berücksichtigt werden müssen. Entgegen der Auffassung der Beigeladenen sei die genannte Planänderung nicht "handgreiflich nichtig". Die Antragstellerin habe den Ausgangspunkt ihrer Untersuchungen hinsichtlich der geeigneten Standorte für einen Windpark im Abwägungsvorgang möglicherweise dadurch fehlerhaft verengt, dass sie einen sachlich nicht gerechtfertigten Vorsorgeradius von 500 m um vorhandene Einzelanlagen gelegt und dadurch nicht sämtliche Flächen in die Standortanalyse einbezogen habe, die nach Lage der Dinge hätten eingestellt werden müssen. Dieser offensichtliche Fehler im Abwägungsvorgang sei jedoch nicht auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen. Denn die Auswahl der für die Windenergienutzung vorgesehenen Sondergebiete wäre ohne den Mangel nicht anders ausgefallen.

Die Beschwerde der Beigeladenen ist unbegründet. Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Überprüfung sich das Beschwerdegericht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, rechtfertigt nicht eine Abänderung der der Antragstellerin vorläufigen Rechtsschutz gewährenden Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Es lässt sich bereits jetzt absehen, dass die angegriffene Ersetzungsverfügung rechtswidrig ist. Daher überwiegt das Bestreben der Antragstellerin, von der Vollziehung der Verfügung vom 17. Dezember 2003 einstweilen, das heißt bis zur rechtskräftigen Bescheidung des dagegen erhobenen Rechtsbehelfs, verschont zu bleiben, das Interesse des Antragsgegners und auch der Beigeladenen, das versagte Einvernehmen zu ersetzen.

Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB lagen zwar vor. Der Antragsgegner hat jedoch das Ermessen, das ihm bei der Entscheidung, das gemeindliche Einvernehmen zu ersetzen, zusteht, fehlerhaft ausgeübt.

Gemäß § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB kann die nach Landesrecht zuständige Behörde ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinde ersetzen. Das Beteiligungsverfahren gemäß § 36 BauGB dient der Sicherung der gemeindlichen Planungshoheit. Die Gemeinde darf ihr Einvernehmen gemäß § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB nur versagen, wenn das Vorhaben gemessen an den maßgeblichen bauplanungsrechtlichen Vorschriften, hier also § 35 BauGB, unzulässig ist. Die Antragstellerin hat ihr gemeindliches Einvernehmen zu Lasten des Vorhabens der Beigeladenen rechtswidrig versagt. Denn sie verfügte weder zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung vom 18. Juli 2003, das Einvernehmen zu versagen, noch zum Zeitpunkt der Ersetzungsentscheidung des Antragsgegners vom 17. Dezember 2003 über eine wirksame Konzentrationsplanung zur Steuerung der Windenergienutzung in ihrem Stadtgebiet. Die vom Rat der Antragstellerin am 15. Dezember 1998 beschlossene 1. Änderung des Flächennutzungsplanes litt an einem beachtlichen Verfahrensfehler, der zur Gesamtunwirksamkeit der Änderungsplanung (1. und 15. Änderung) führte (vgl. hierzu die bereits zitierten Beschlüsse des Senats vom 24. November 2003 - 1 LA 307/02 u.a. -).

Die 40. Änderung des Flächennutzungsplanes der Antragstellerin war am Tag der Bekanntgabe des Bescheides des Antragsgegners, mit dem er das Einvernehmen der Antragstellerin ersetzte, am 17. Dezember 2003, noch nicht in Kraft getreten und entfaltete deshalb noch keine Ausschlusswirkung im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB. Die Erteilung der mit einer Maßgabe versehenen Genehmigung der 40. Änderung des Planes durch die Bezirksregierung Weser-Ems am 24. November 2003 wurde nach dem Beitrittsbeschluss des Rates der Antragstellerin vom 16. Dezember 2003 am 18. Dezember 2003 bekannt gemacht. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts kommt es nicht darauf an, dass der von dem Antragsgegner erteilte Bauvorbescheid der Beigeladenen erst am 20. Dezember 2003, also 2 Tage nach Inkrafttreten des Flächennutzungsplanes, zugegangen ist. Im Verhältnis zum Bauherrn stellt die Ersetzungsentscheidung ein Verwaltungsinternum dar. Rechtswirkungen entstehen im Falle der Ersetzung des Einvernehmens nur zwischen der nach Landesrecht für die Ersetzungsentscheidung zuständigen Behörde, hier also dem Antragsgegner, und der Gemeinde, der gegenüber die Ersetzung einen anfechtbaren Verwaltungsakt darstellt. Maßgeblich ist deshalb, ob zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Ersetzungsentscheidung gegenüber der Antragstellerin am 17. Dezember 2003 eine wirksame Konzentrationsplanung vorlag. Daran fehlt es.

Den "planreifen" Entwurf der 40. Änderung des Flächennutzungsplanes kann die Antragstellerin dem streitigen Vorhaben nicht mit Erfolg entgegenhalten. Der Flächennutzungsplan kann einem Außenbereichsvorhaben jedenfalls nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB erst nach Eintritt seiner Rechtsverbindlichkeit entgegenstehen (Urt. d. Sen. v. 18.3.1999 - 1 L 6696/96 -, BRS 62 Nr. 112, u. Beschl. v. 12.9.2003 - 1 ME 212/03 -, NVwZ-RR 2004, 91). Daran ist auch angesichts des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. März 2003 - 4 C 3.02 -, NVwZ 2003, 1261, festzuhalten. Das Bundesverwaltungsgericht hat in den Gründen der zitierten Entscheidung die Frage, ob die Darstellungen des Entwurfs eines Flächennutzungsplanes einem im Außenbereich privilegierten Vorhaben als öffentlicher Belang im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB entgegenstehen können, nicht abschließend beantwortet. Es hat lediglich am Ende seiner Ausführungen darauf hingewiesen, dass der Entwurf eines Flächennutzungsplanes jedenfalls nur dann ein öffentlicher Belang im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB sein könne, wenn er im Sinne von § 33 BauGB "planreif" sei. Im Gegensatz zu dem von dem Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall liegt hier ein "planreifer" Entwurf des Flächennutzungsplanes vor, weil lediglich noch die unmittelbar bevorstehende Bekanntmachung der Genehmigung des Plans ausstand. Diese Fallkonstellation veranlasst den Senat nicht, seine in den vorgenannten Entscheidungen niedergelegte Auffassung zu revidieren. Das Bundesverwaltungsgericht betont in dem zitierten Urteil vom 13. März 2003 - 4 C 3.02 -, a.a.O., dass gegen die Annahme, im Rahmen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB könnten auch Planentwürfe beachtlich sein, schon der Wortlaut dieser Vorschrift spreche. In ihr sei von Darstellungen im Flächennutzungsplan und von Zielen der Raumordnung und nicht - wie sinngemäß in § 33 BauGB - von Planentwürfen die Rede. Eine Konzentrationsplanung müsse nicht nur Auskunft darüber geben, von welchen Erwägungen die positive Standortzuweisung getragen werde, sondern auch deutlich machen, welche Gründe es rechtfertigten, den übrigen Planungsraum von den in § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB genannten Vorhaben freizuhalten. Deshalb folge aus dem Sinn des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB, dass seine Ausschlusswirkung nicht nur von einer materiell-rechtmäßigen Planung abhänge, sondern dass die Pläne auch formell in Kraft getreten sein müssen. Die vorgenannten Gründe rechtfertigen es, dass die von der Gemeinde erstrebte Standortzuweisung von Windenergieanlagen dem Vorhaben erst dann entgegenstehen, wenn die Änderung des Flächennutzungsplanes Rechtsverbindlichkeit erlangt hat. In diese Richtung gingen bereits die Erwägungen des Senats in dem zitierten Urteil vom 18. März 1999 - 1 L 6696/96 -, a.a.O., in dem er ausgeführt hat, der Zweck der Übergangsregelung in § 245 b Abs. 1 Satz 1 BauGB, mit der der Gesetzgeber der Gemeinde befristet bis zum 31. Dezember 1998 die Möglichkeit eingeräumt habe, eine wirksame Konzentrationsplanung zur Steuerung der Windenergienutzung zu erlassen, werde konterkariert, wenn einem Vorhaben im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB auch über den 31. Dezember 1998 hinaus Standortzuweisungen für Windenergieanlagen entgegengehalten werden könnten, die in einem noch nicht rechtsverbindlichen Flächennutzungsplan getroffen werden sollen.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Ersetzungsentscheidung liegen danach vor. Die nach Landesrecht gemäß § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB zuständige Behörde ist jedoch nicht verpflichtet, in jedem Fall einer rechtswidrigen Versagung des Einvernehmens die Ersetzung anzuordnen. § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB erfordert eine Ermessensausübung. Ob der Behörde bei der Ersetzungsentscheidung ein Ermessen zusteht, wird in der Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beantwortet. Die Befürworter einer gebundenen Entscheidung verstehen § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB als Befugnisnorm, das heißt als Ermächtigung, dass die Behörde überhaupt tätig werden kann (OVG Koblenz, Beschl. v. 23.9.1998 - 1 B 11493/98 -, BRS 60 Nr. 91; Roeser, in: Berliner Kommentar zum BauGB, 2. Aufl., Loseblattsammlung Stand: August 2003, § 36 Rdn. 14; Dippel, NVwZ 1999, 921, 924; Groß, BauR 1999, 560, 570), während die gegenläufige These, es handele sich um eine Ermessensentscheidung, insbesondere unter Rückgriff auf die Gesetzesformulierung ("kann") begründet wird (VG Frankfurt a.M., Urt. v. 14.9.2000 - 3 E 1383/00(1) -, NVwZ-RR 2001, 371; Schmaltz, in: Schrödter, BauGB, 6. Aufl. 1998, § 36 Rdn. 20; Dürr, in: Brügelmann, BauGB, Loseblattsammlung Stand: März 2004, § 36 Rdn. 49; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Kommentar zum BauGB, Loseblattsammlung Stand: Juli 2004, § 36 Rdn. 41).

Der Senat hat diese Frage in seiner Rechtsprechung bisher offen gelassen. Er hat allerdings der Annahme zugeneigt, dass § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB der zuständigen Behörde ein Ermessen einräumt (Beschl. v. 15.10.1999 - 1 M 3614/99 -, BRS 62 Nr. 122; Beschl. v. 12.9.2003 - 1 ME 212/03 -, a.a.O.; Beschl. v. 7.10.2004 - 1 ME 169/04 -, zur Veröffentlichung vorgesehen). Der Senat schließt sich nunmehr ausdrücklich der Auffassung an, dass § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB eine Ermessensentscheidung eröffnet. Dafür spricht zunächst der Wortlaut der genannten Vorschrift, wonach die Behörde das Einvernehmen ersetzen kann. Der Begriff "kann" steht in Rechtsvorschriften grundsätzlich für ein Ermessen der Behörde. Die Gesetzesmaterialien sprechen ebenfalls für diese Auslegung. Der zuständigen Behörde soll danach (vgl. BT-Drs. 13/6392, S. 60) die Möglichkeit eingeräumt werden, ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen zu ersetzen. Von einer Rechtspflicht ist dort nicht die Rede. Die Begründung des Gesetzentwurfes bezieht sich ferner auf vergleichbare Ersetzungsnormen in den Bauordnungen der Länder, wobei Art. 81 BayBO 1994 ausdrücklich erwähnt wird. Die genannte Vorschrift begründete allerdings (anders als Art. 74 BayBO 1998) eine Rechtspflicht zum Tätigwerden der Behörde ("zu ... ersetzen ist"). Da der Bundesgesetzgeber trotz des Vorbildes in der BayBO die Vorschrift in § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB anders formuliert hat ("kann"), deutet mehr darauf hin, dass der Behörde ein Ermessensspielraum zugebilligt werden sollte. Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung bestätigen dieses Auslegungsergebnis. Die Ersetzungsentscheidung hat Ähnlichkeit mit den Maßnahmen des Kommunalaufsichtsrechts. Im Vergleich zu dem bisweilen schwerfälligen und zeitaufwändigen kommunalaufsichtlichen Instrumentarium der Beanstandung und Ersatzvornahme soll § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB "die Ersatzvornahme" erleichtern, weil die Beanstandung als selbständig anfechtbarer Verfahrensschritt entfällt (Schmaltz, a.a.O., § 36 Rdn. 18). Da die kommunalaufsichtsrechtlichen Vorschriften der Kommunalaufsichtsbehörde ein Ermessen einräumen (vgl. z.B. §§ 130 und 131 NGO), kann für die Ersetzungsentscheidung nach § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB wegen deren sachlichen Nähe zu den genannten Vorschriften nichts anderes gelten.

Dem Antragsgegner stand danach bei der Ersetzung des Einvernehmens ein Ermessen zu, das er ausweislich der Begründung des Bescheides vom 17. Dezember 2003 auch ausgeübt hat. Soweit der Antragsgegner darauf verweist, dass der Ersetzung entgegenstehende besondere Umstände nicht ersichtlich seien, hat er von dem Ermessen in rechtswidriger Weise Gebrauch gemacht. Der Antragsgegner führt zur Begründung seiner Ersetzungsentscheidung aus, dass das Vorhaben der Beigeladenen wegen der Unwirksamkeit der 1. und 15. Änderung des Flächennutzungsplanes der Antragstellerin städtebaulich zulässig sei und die Beigeladene deswegen einen Rechtsanspruch auf die Erteilung des begehrten Bauvorbescheides habe. Hierbei handelt es sich um eine zulässige Ermessenserwägung. Denn mit der gesetzlichen Regelung in § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB soll verhindert werden, dass Gemeinden durch eine planungsrechtlich unzulässige Versagung des Einvernehmens ein Vorhaben blockieren und damit einen Rechtsanspruch des Bauwilligen auf Erteilung einer Baugenehmigung oder eines Bauvorbescheides unterlaufen können (vgl. BT-Drs. 13/6392, S. 60). Dieses private Interesse der Beigeladenen muss hier aber zurückstehen.

Denn als Ermessenserwägung beachtlich ist darüber hinaus die Absicht der Antragstellerin, ihre unwirksame Konzentrationsplanung durch Änderung des Flächennutzungsplanes zu "reparieren". Damit sich dieser gemeindliche Belang gegenüber dem privaten Interesse des Bauherrn durchsetzt, ist allerdings erforderlich, dass bereits eine weitgehend verfestigte Planung vorliegt. Wann dies genau der Fall ist, muss der Senat in diesem Verfahren nicht abschließend entscheiden. Ist das Beteiligungsverfahren zum Zeitpunkt der Ersetzungsentscheidung noch nicht beendet, hat das Änderungsverfahren jedenfalls noch nicht einen Stand erreicht, den die nach § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB zuständige Behörde berücksichtigen muss (Beschl. d. Sen. v. 7.10.2004 - 1 ME 169/04 -). Anders liegt der Fall, wenn alle Verfahrensschritte mit Ausnahme der Bekanntmachung der Genehmigung vorliegen und zu erwarten ist, dass die Erteilung der Genehmigung unverzüglich bekannt gemacht wird. Die Gemeinde hat in diesem Verfahrensstadium Anspruch darauf, dass ihre Planungshoheit beachtet wird und die für die Ersetzungsentscheidung zuständige Behörde von der Ersetzung absieht. Das Ermessen der zuständigen Behörde reduziert sich dann auf null.

Daran gemessen wird sich der Bescheid des Antragsgegners voraussichtlich als rechtswidrig erweisen. Denn zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Ersetzungsentscheidung am 17. Dezember 2003 stand die Bekanntmachung der Genehmigung der Bezirksregierung Weser-Ems unmittelbar bevor. Nach der unbestritten gebliebenen Darstellung der Antragstellerin war dem Antragsgegner seit der mit einer Maßgabe versehenen Genehmigung der Bezirksregierung Weser-Ems vom 24. November 2003 bekannt, dass der Rat der Antragstellerin am 16. Dezember 2003 über seinen Beitritt zur Maßgabe der Bezirksregierung beraten und beschließen würde. Die Antragstellerin hat deshalb den Antragsgegner im Vorfeld der Ratsentscheidung veranlasst, wegen der Wertigkeit der Änderungsplanung für den 18. Dezember 2003 die Veröffentlichung einer Bekanntmachung, die sich auf die Mitteilung der Genehmigung der 40. Änderung des Flächennutzungsplanes durch die Bezirksregierung beschränkt, in seinem eigenen Amtsblatt vorzubereiten. In Kenntnis dieser Ankündigung hat der Antragsgegner einen Tag vor Inkrafttreten der 40. Änderung des Flächennutzungsplanes die Ersetzungsentscheidung getroffen und damit die Verwirklichung der "Abwehrplanung" der Antragstellerin ermessensfehlerhaft unterlaufen.

Mit seiner Ermessensentscheidung zu Gunsten der Beigeladenen würdigt der Antragsgegner zudem nicht hinreichend, dass die Gemeinde es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 19. September 2002 - 4 C 10.01 -, BRS 62 Nr. 102, in der Hand hat, mit einer neuen Konzentrationsplanung gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB eine Einwendung im Sinne des § 767 Abs. 1 ZPO zu schaffen, die im Wege der Vollstreckungsgegenklage, sofern die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind, einem gerichtlich festgestellten Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung oder eines Bauvorbescheides entgegengehalten werden kann. Es ist deshalb unverhältnismäßig, wenn der Antragsgegner einen Tag vor Inkrafttreten der 40. Änderung des Flächennutzungsplanes das gemeindliche Einvernehmen ersetzt und damit diese Abwehrmöglichkeit der Antragstellerin vereitelt.

Dem kann der Antragsgegner nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass er von seiner Verwerfungskompetenz Gebrauch gemacht habe, um mögliche Schadensersatzforderungen von Bauherrn aus Amtspflichtverletzungen abzuwenden. Der Antragsgegner räumt in der im Beschwerdeverfahren abgegebenen Stellungnahme selbst ein, dass aus seiner Sicht die endgültige Klärung der Rechtsunwirksamkeit der 1. und 15. Änderung des Flächennutzungsplanes erst durch die Beschlüsse des Senats vom 24. November 2003 - 1 LA 307/02 u.a. - herbeigeführt worden sei. Die daraus abgeleitete Prüfungs- und Verwerfungskompetenz hätte den Antragsgegner aber nicht verpflichtet, sofort das von der Antragstellerin versagte Einvernehmen zu ersetzen und den begehrten Bauvorbescheid zu erteilen. Denn die Planungshoheit der Gemeinde gebietet es, sie vor Verwerfung des Plans zur Unwirksamkeit ihrer Planung zu hören und ihr Gelegenheit zu geben, den Plan zu heilen oder jedenfalls die aus Sicht des Städtebaus gebotenen Konsequenzen zu ziehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.1.2001 - 6 CN 2.00 -, NVwZ-RR 2001, 1035; BGH, Urt. v. 25.3.2004 - III ZR 227/02 -, NVwZ 2004, 1143). Eine solche Anhörung der Antragstellerin hat der Antragsgegner zeitnah nach Zugang der zitierten Beschlüsse des Senats unter dem 11. Dezember 2003 eingeleitet, so dass im Rahmen eines zivilrechtlichen Amtshaftungsprozesses der Vorwurf einer sachwidrigen Behandlung der Bauvoranfrage voraussichtlich nicht erhoben werden könnte. Bezogen auf die gemäß § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB zu treffende Ermessensentscheidung hätte das Ergebnis der Anhörung den Antragsgegner allerdings bestärken müssen, von der Ersetzung des Einvernehmens Abstand zu nehmen. Denn die Antragstellerin hat in ihrer Stellungnahme vom 17. Dezember 2003 darauf hingewiesen, dass die 40. Änderung des Flächennutzungsplanes bereits am 24. November 2003 von der Bezirksregierung Weser-Ems mit einer Maßgabe genehmigt worden sei. Darüber hinaus dürfte dem Antragsgegner bekannt gewesen sein, dass der Rat der Antragstellerin am 16. Dezember 2003, also einen Tag vor der Ersetzungsentscheidung, der Maßgabe in der Genehmigung der Bezirksregierung Weser-Ems beigetreten war.

Nach den vorstehenden Ausführungen kommt es für die Entscheidung des vorliegenden Falles nicht mehr darauf an, ob die 40. Änderung des Flächennutzungsplanes wirksam ist. Der Antragsgegner geht selbst davon aus, dass die erneute Änderung des Flächennutzungsplanes wirksam ist. Er hat in mehreren Verfahren, in denen er durch das Verwaltungsgericht durch Urteile vom 26. September 2002 verpflichtet wurde, den Bauantragstellern Bauvorbescheide für die Errichtung von Windenergieanlagen zu erteilen, Vollstreckungsgegenklage erhoben und gleichzeitig um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Diesen Anträgen hat das Verwaltungsgericht stattgegeben. Die Beschwerdeverfahren sind beim Senat anhängig. Nur vorsorglich und mit Rücksicht auf die von der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren vorgetragenen rechtlichen Bedenken gegen die 40. Änderung des Flächennutzungsplanes sind folgende Ausführungen angezeigt: Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die neue Konzentrationsplanung einer Inzidentprüfung im Hauptsacheverfahren voraussichtlich standhält und dem beabsichtigten Vorhaben der Beigeladenen als öffentlicher Belang gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB entgegensteht.

Die 40. Änderung des Flächennutzungsplanes ist erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB. Was im Sinne dieser Vorschrift erforderlich ist, bestimmt sich nach der jeweiligen planerischen Konzeption der Gemeinde. Welche städtebaulichen Ziele die Gemeinde sich setzt, liegt in ihrem planerischen Ermessen. Nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB sind nur solche Bauleitpläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren oder ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des BauGB nicht bestimmt sind. Das mit der Konzentrationsplanung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB verfolgte Ziel der Darstellung von Sonderbauflächen für die Windenergienutzung einerseits und der Ausschlusswirkung für das übrige Gemeindegebiet andererseits wird von vornherein verfehlt, wenn die Fläche, die für die vorgesehene Nutzung zur Verfügung stehen soll, für diesen Zweck schlechthin ungeeignet ist (BVerwG, Urt. v. 17.12.2002 - 4 C 15.01 -, ZfBR 2003, 370). Es sind keine tatsächlichen oder rechtlichen Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die von der Antragstellerin dargestellten Sonderbauflächen für eine Windenergienutzung nicht geeignet sind. Die DEWI-Studie benennt für das Stadtgebiet mittlere Windgeschwindigkeiten zwischen 7 m/s und 5,5 m/s in 30 m Höhe über Grund, so dass das gesamte Stadtgebiet der Antragstellerin als "windhöffig" zu bezeichnen ist (vgl. S. 19 des Erläuterungsberichtes zur 40. Änderung des Flächennutzungsplanes). Die Änderung des Flächennutzungsplanes weist auch nicht zu Lasten der Windenergienutzung die Merkmale einer verschleierten Verhinderungsplanung auf. Die Standorte Groß Charlottengroden und Eggelingen haben eine Gesamtgröße von 66 ha beziehungsweise 52,6 ha. Hinzu kommt die Erweiterungsfläche für den Windpark Abens auf der Sonderbaufläche Abens-Nord, die insgesamt 115,2 ha groß ist, wobei der Anteil der hinzutretenden Fläche 33,31 ha beträgt (vgl. S. 37 des Erläuterungsberichts zu der Planänderung). Bei einem von der Antragstellerin angenommenen Bedarf von 6 ha pro Windenergieanlage bieten die dargestellten Flächen ausreichend Raum für die Windenergienutzung.

Die Abwägungsentscheidung der Antragstellerin ist rechtlich nicht zu beanstanden. Es liegt zwar ein Fehler im Abwägungsvorgang vor. Dieser ist aber nicht von Einfluss auf das Abwägungsergebnis gemäß § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB gewesen.

Die Antragstellerin hat im Rahmen der Suche nach geeigneten Standorten für die Windenergienutzung den Abwägungsvorgang dadurch verkürzt, dass sie in einem ersten Schritt zur Ermittlung der Ausschlussflächen, die für die Errichtung von Windenergieanlagen nicht geeignet sind, nicht nur Bereiche ausgegrenzt hat, die von vornherein für eine Windenergienutzung ausscheiden, wie zum Beispiel Flächen mit Wohnnutzung, sogenannte naturschutzrechtliche Restriktionsflächen und Flächen mit vorhandenen Infrastruktureinrichtungen, sondern auch um im Stadtgebiet vorhandene Einzelanlagen einen 500-m-Radius gelegt und damit auch Gebiete im Einwirkungsbereich dieser Altanlagen der weiteren Potentialflächenfindung entzogen hat. Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass der von der Antragstellerin in dem ersten Schritt ihrer Standortanalyse gezogene Vorsorgeabstand zu vorhandenen Windenergieanlagen von 500 m nicht sachgerecht ist. Die Antragstellerin begründet den 500-m-Radius damit, dass die häufig in Hofnähe errichteten Altanlagen erheblich Lärm emittierten und deshalb diese schalltechnische Vorbelastung zu berücksichtigen sei (vgl. S. 12 des Erläuterungsberichts der 40. Änderung des Flächennutzungsplanes). Diese Erwägung rechtfertigt nicht die Ausklammerung der in einem Radius von 500 m um den Standort der Altanlagen gelegenen Flächen. Denn dem Schutzbedürfnis der Wohnbebauung trägt die Antragstellerin bereits dadurch Rechnung, dass sie auf der ersten Stufe ihrer Potentialflächenfindung sämtliche Siedlungsbereiche aus der Betrachtung herausnimmt und diesen außerdem Schutzabstände zu den für die Windenergienutzung in Betracht kommenden Flächen zubilligt, nämlich, dem Runderlass des Niedersächsischen Innenministeriums vom 11. Juli 1996 folgend, 750 m für reine Wohngebiete, 500 m für allgemeine Wohngebiete und dörfliche Siedlungen sowie 300 m für Einzelhäuser im Außenbereich. Soweit bei dem Betrieb der Altanlagen in Einzelfällen die maßgeblichen Immissionsrichtwerte an Wohnhäusern nicht eingehalten werden können, kommen nachträgliche Anordnungen in Betracht. Angesichts dieser auf den Einzelfall zugeschnittenen Problematik besteht keine sachliche Rechtfertigung, generell einen Radius von 500 m um eine bestehende Anlage zu ziehen.

Auch die weitere Erwägung, vorhandene Anlagen seien nur bedingt in einen Windpark integrierbar, ist nicht nachvollziehbar. Der Antragstellerin ist einzuräumen, dass es bei der späteren Umsetzung eines Windparkvorhabens zu Schwierigkeiten kommen kann, wenn vorhandene Altanlagen in das Konzept eingebunden werden müssen. Dies rechtfertigt es jedoch nicht, bereits bei der Ausgangsbetrachtung alle Standorte vorhandener Altanlagen mit einer großräumigen Freihaltezone zu umgeben.

Die Fehler im Abwägungsvorgang hat die Antragstellerin nicht dadurch behoben, dass der Rat der Antragstellerin am 6. Oktober 2004 eine im Entwurf vorliegende ergänzende Ausarbeitung der Planungsgruppe F. vom 11. Oktober 2004 zur Potentialflächenfindung in der 40. Änderung des Flächennutzungsplanes zustimmend zur Kenntnis genommen hat. Das Planungsbüro führt darin aus, dass sich auch bei Ausdehnung des Suchraumes auf die Flächen innerhalb eines Radius von 500 m um vorhandene Altanlagen im Rahmen des ersten Ermittlungsschrittes kein anderes Abwägungsergebnis ergeben hätte. Diese ergänzende Untersuchung hat keinen Einfluss auf die Frage, ob ein Fehler im Abwägungsvorgang vorliegt. Denn der Rat hat nicht ein förmliches Verfahren zur Änderung des Flächennutzungsplanes eingeleitet, geschweige denn am 6. Oktober 2004 zum Abschluss gebracht. Er hat lediglich seinen politischen Willen bekundet, an der Planung festhalten zu wollen. Durch solche nachträglichen Willensäußerungen ist der vorstehend bezeichnete Fehler nicht behebbar.

Dem Verwaltungsgericht ist weiter darin zu folgen, dass der Mangel im Abwägungsvorgang nicht erheblich ist. Auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen im Sinne des § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB sind Mängel im Abwägungsvorgang, wenn nach den Umständen des jeweiligen Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Mangel die Planung anders ausgefallen wäre. Eine solche konkrete Möglichkeit besteht immer dann, wenn sich anhand der Planunterlagen oder erkennbarer oder nahe liegender Umstände die Möglichkeit abzeichnet, dass der Mangel im Abwägungsvorgang von Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen sein könnte (BVerwG, Beschl. v. 20.1.1992 - 4 B 71.90 -, NVwZ 1992, 663). Es kommt also einerseits nicht auf den positiven Nachweis eines Einflusses auf das Abwägungsergebnis an. Auf der anderen Seite genügt aber auch nicht die (wohl stets zu bejahende) abstrakte Möglichkeit, dass ohne den Mangel anders geplant worden wäre (BVerwG, Beschl. v. 9.10.2003 - 4 BN 47.03 -, BauR 2004, 1130). Entgegen der Ansicht der Beigeladenen ist der offensichtliche Mangel einer Verkürzung der Standortuntersuchung durch sachlich nicht gerechtfertigte Radien von 500 m um vorhandene Altanlagen ohne Einfluss auf das Abwägungsergebnis geblieben. Hätte die Antragstellerin den Fehler im Abwägungsvorgang erkannt, hätte sie unter Berücksichtigung der von ihr verfolgten städtebaulichen Belange nicht die von der Beigeladenen als gleichwertig erachteten Potentialflächen ausgewählt, sondern an ihrem Abwägungsergebnis festgehalten, 3 Sonderbauflächen in den Bereichen Abens-Nord, Eggelingen und Groß Charlottengroden darzustellen. Dafür bietet die Abwägung der geeigneten Potentialflächen auf Seite 22 ff. des Erläuterungsberichts ausreichende Anhaltspunkte.

Die Beigeladene macht geltend, dass eine Fläche auf Höhe des Ortsteils Altfunnixsiel am östlichen Stadtrand zwischen den Straßen Berdumer alte Mitteldeich und Berdumer Altendeich bei Wegfall der 500-m-Radien um Altanlagen deutlich größer ausgefallen wäre als die Suchflächen Groß Charlottengroden und Eggelingen, auf denen später die Sonderbauflächen dargestellt worden seien. Diese Annahme ist unzutreffend. Aus der ergänzenden Ausarbeitung zur Potentialflächenfindung der Planungsgruppe F. vom 11. Oktober 2004 ergibt sich, dass die nebeneinander liegenden Flächen 9 und 10 in dem von der Beigeladenen bezeichneten Bereich deutlich kleiner (Fläche 9: 9,32 ha; Fläche 10: 48,68 ha) sind als die Flächen 7 a, b, c im Bereich Groß Charlottengroden (77,62 ha) und 28 im Bereich Eggelingen (244,97 ha). Die Beigeladene übersieht, dass in dem bezeichneten Bereich neben den vorhandenen Windenergieanlagen auch zahlreiche Einzelhäuser vorhanden sind, von denen ein Abstand von 300 m zu halten ist. Der verfügbare freie Raum zwischen den beiden Straßen schrumpft dadurch merklich zusammen.

Die Beigeladene macht weiter geltend, dass auch die beiden Suchräume 11 und 12 (vgl. die Karten zur Potentialstudie im Anhang zu dem Erläuterungsbericht, Bl. 5) bei Wegfall der 500-m-Radien um die Altanlagen deutlich größer gewesen wären als die beiden Flächen 7 a, b, c und 28. Ausweislich der ergänzenden Ausarbeitung zur Potentialflächenfindung vom 11. Oktober 2004 gilt dies nur in Bezug auf die Fläche 7 a, b, c, deren Größe von 77,62 ha von der Fläche 11, die auf der vorzitierten Karte 5 noch in die beiden Flächen 11 und 12 zerfällt, mit 95,77 ha übertroffen wird. Daraus lässt sich nicht ableiten, dass die Antragstellerin diese Fläche gegenüber dem Standort Groß Charlottengroden bevorzugt hätte. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 17.12.2002 - 4 C 15.01 -, ZfBR 2003, 370) muss die Gemeinde nicht sämtliche Flächen, die sich für die Aufstellung von Windenergieanlagen eignen, gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB in ihrem Flächennutzungsplan darstellen. Die Feststellung, dass sich diese oder jene Fläche für Zwecke der Windenergienutzung eigne, sei ein Gesichtspunkt, der bei der planerischen Abwägung zu berücksichtigen sei, bei der Standortwahl aber nicht zwangsläufig den Ausschlag geben müsse.

Daran anknüpfend bedarf es keiner abschließenden Klärung, ob die Antragstellerin unter dem Blickwinkel des § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB mit Erfolg die ergänzende Ausarbeitung zur Potentialflächenfindung vom 11. Oktober 2004 ins Feld führen könnte, die zunächst in dem ersten Ermittlungsschritt die Suchräume ausweitet und in einem zweiten Schritt diese wieder einschränkt, indem sie erneut einen 500-m-Radius um vorhandene Altanlagen zieht. Die Begründung für diese Vorgehensweise variiert lediglich die bereits in dem Erläuterungsbericht zur 40. Änderung des Flächennutzungsplanes auf Seite 12 angeführten Gründe zur Festlegung eines Vorsorgeabstandes bei Altanlagen.

Das Abwägungsergebnis wäre aus folgenden Gründen nicht anders ausgefallen: Der in der ergänzenden Ausarbeitung vom 11. Oktober 2004 als Potentialfläche 11 bezeichnete Suchraum wäre für die Darstellung einer Windparkfläche nicht in Betracht gekommen, weil er im Vergleich zum Standort Groß Charlottengroden (Fläche 7 a, b, c) näher am Stadtgebiet liegt und zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses kein Investor vorhanden war (vgl. S. 29/30 des Erläuterungsberichts zu der Fläche 12), für die Fläche Groß Charlottengroden hingegen ein Investor zur Verfügung stand. Außerdem verfolgte die Antragstellerin auf der Fläche Groß Charlottengroden das Ziel, vorhandene Einzelanlagen in die Planung einzubeziehen, um so durch den Abbau von Einzelanlagen in der Nähe des Nordseeheilbades Carolinensiel die optischen Auswirkungen vorhandener Windenergieanlagen auf das Kurbad einzuschränken.

Weitere Fehler im Abwägungsvorgang sind nicht ersichtlich. Der Vortrag der Beigeladenen, mit der Darstellung einer Sonderbaufläche im Bereich Eggelingen verfolge die Antragstellerin ausschließlich fiskalische Eigeninteressen, ist auch im Beschwerdeverfahren unsubstantiiert geblieben. Dass die Antragstellerin Eigentümerin zahlreicher Flächen im Bereich Eggelingen ist und deshalb diesen Standort als Angebotsplanung verwirklichen könnte, ist ein Belang, der in die abschließende Auswahl der Potentialflächen einfließen kann. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Antragstellerin von der Empfehlung in dem Runderlass des Niedersächsischen Innenministeriums vom 11. Juli 1996, in der Regionalplanung einen Abstand von 5 km zwischen Vorrangstandorten für die Windenergienutzung einzuhalten, abgewichen ist und im Rahmen der Potentialflächenfindung um den bestehenden Windpark Abens-Nord lediglich einen 4-km-Radius gezogen hat, um den Suchbereich für weitere Standorte nicht unnötig einzuschränken und die Fläche Eggelingen, die wegen der dort vorhandenen Gewerbegebiete vorbelastet sei, in die Auswahl einbeziehen zu können. Dieses Vorgehen ist vertretbar, weil der zitierte Runderlass nur empfehlenden Charakter hat und einen Orientierungsrahmen darstellt, von dem im begründeten Einzelfall abgewichen werden kann (vgl. Beschl. d. Sen. v. 2.10.2003 - 1 LA 28/03 -, BauR 2004, 458; vgl. auch Urt. d. Sen. v. 24.6.2004 - 1 LC 185/03 -, NdsRpfl. 2004, 254).

Es ist auch nicht sachwidrig, dass die Antragstellerin davon Abstand genommen hat, die im mittleren Teil ihres nördlichen Stadtgebietes entlang der Bundesstraße 461 vorhandenen Windenergieanlagen in die Konzentrationsplanung einzubeziehen. Die Antragstellerin verfolgt mit ihrer Planung das Ziel, die Anzahl der Einzelanlagen mittel- bis langfristig deutlich zu reduzieren und zukünftig Windenergieanlagen nur noch im Rahmen von Windparks zu konzentrieren. Dieses städtebauliche Ziel rechtfertigt es, die Betreiber von Altanlagen auf den Bestandsschutz zu verweisen.



Ende der Entscheidung

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