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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 13.08.2009
Aktenzeichen: 5 LA 439/07
Rechtsgebiete: GG, TGV


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 1
TGV § 4 Abs. 5
§ 4 Abs. 5 TGV verpflichtet alle obersten Dienstbehörden, bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen nähere Bestimmungen über die inhaltiche Ausgestaltung des ermäßigten Trennungsgeldes selbst oder durch Ermächtigung der nachgeordneten Behörden zu treffen.
Gründe:

I.

Der Kläger, ein Soldat im Dienste der Beklagten, erhielt für die Monate Januar und Februar 2006 Trennungsgeld, das mit Schreiben vom 15. Februar und 2. März 2006 festgesetzt wurde. Gegen diese Festsetzungen legte er Beschwerde ein, mit der er sich gegen die anspruchsmindernde Berücksichtigung der Möglichkeit, am Dienstort verbilligte Verpflegung in einer Gemeinschaftsunterkunft einzunehmen, wendete. Die Beschwerde und seine anschließend erhobene Klage blieben erfolglos.

Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil die Anwendung von § 4 Abs. 5 der Trennungsgeldverordnung i. d. F. der Bekanntmachung vom 29. September 1999 (BGBl. I S. 1533 - TGV), in der hier maßgebenden Änderungsfassung des Gesetzes vom 26. Mai 2005 (BGBl. I S. 1418) i. V. m. dem Erlass des Bundesministeriums der Verteidigung vom 30. Dezember 2005 bei der Berechnung des Trennungsgeldes gebilligt. Gegen das erstinstanzliche Urteil hat der Kläger die Zulassung der Berufung beantragt.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung, mit dem der Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend macht, hat keinen Erfolg.

1. Ernstliche Zweifel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind zu bejahen, wenn bei der Überprüfung im Zulassungsverfahren, also aufgrund der Begründung des Zulassungsantrags und der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts, gewichtige, gegen die Richtigkeit der Entscheidung sprechende Gründe zutage treten, aus denen sich ergibt, dass ein Erfolg der erstrebten Berufung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg. Das ist der Fall, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, Beschl. v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458). Die Richtigkeitszweifel müssen sich auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zur Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 30.4.2008 - 5 LA 200/07 -; BVerwG, Beschl. v. 10.3.2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, DVBl. 2004, 838).

Hiervon ausgehend sind die vom Kläger hinreichend dargelegten ernstlichen Richtigkeitszweifel nicht gegeben. Der Kläger rügt, das Verwaltungsgericht habe rechtsfehlerhaft angenommen, die Zurverfügungstellung von Gemeinschaftsverpflegung gegen Bezahlung erfülle das in § 4 Abs. 5 TGV enthaltene Tatbestandsmerkmal, dass dem Berechtigten "erfahrungsgemäß geringere Aufwendungen für Verpflegung als allgemein entstehen". Die Bezugnahme auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 29. Juni 2007 (Az. AU 7 K 06.890) gehe fehl, weil im dortigen Zusammenhang für die Dienstreisenden Verpflegung ihres Amtes wegen unentgeltlich bereit gestellt werde, während vorliegend die Gemeinschaftsverpflegung bezahlt werden müsse.

Mit diesem Vorbringen hat der Kläger die tatsächliche Feststellung des Verwaltungsgerichts, an dessen Dienstort werde verbilligte Gemeinschaftsverpflegung angeboten, als solche nicht schlüssig angegriffen. Gegen den hieraus von dem Verwaltungsgericht gezogenen Schluss, in derartigen Fällen sei es die Regel, dass ein geringerer Aufwand für Verpflegung als üblich entstehe, bestehen keine Bedenken. Der Kläger ist dieser Schlussfolgerung nicht substantiiert entgegen getreten und hat sie nicht in Abrede gestellt. Weshalb im Falle des Angebots einer verbilligten Gemeinschaftsverpflegung nicht erfahrungsgemäß geringere Aufwendungen für Verpflegung als allgemein entstehen sollen, erschließt sich dem Senat nicht (vgl. auch Meyer/Fricke, Umzugskosten im öffentlichen Dienst, Band 2, § 4 TGV, Rn. 92). Das Verwaltungsgericht hat sich in diesem Zusammenhang rechtsfehlerfrei auf die zu § 9 Abs. 1 BRKG ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Augsburg berufen können. Denn diese Norm entspricht im Wesentlichen § 4 Abs. 5 TGV (siehe Meyer/Fricke, a. a. O., § 4 TGV Rn. 90) und greift nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 29. Juni 2007 (Az. AU 7 K 06.890 - zitiert nach juris Langtext, insbesondere Rn. 13 f.) auch ein, wenn Gemeinschaftsverpflegung gegen Bezahlung für bestimmte Dienstzweige üblich ist und angeboten wird. Das Bundesverwaltungsgericht hat ebenso angenommen, dass bei der Inanspruchnahme von Gemeinschaftsverpflegung regelmäßig geringere Aufwendungen als allgemein entstehen, wenn ein Soldat hierfür von der ihm zustehenden täglichen Aufwandsentschädigung einen Betrag von 2,90 DM für die Truppenverpflegung abzuführen hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.3.1977 - BVerwG II C 54.73 -, Buchholz 238.90 Nr. 69, S. 49 <51>).

Richtigkeitszweifel bestehen ebenso wenig hinsichtlich der Auffassung des Verwaltungsgerichts, das Bundesministerium der Verteidigung als oberste Dienstbehörde habe durch seinen Erlass vom 30. Dezember 2005 in nicht zu beanstandender Weise von der in § 4 Abs. 5 TGV enthaltenen Ermächtigung Gebrauch gemacht, ohne dass eine Verletzung höherrangigen Rechts, insbesondere von Art. 3 GG gegeben sei. Das Verwaltungsgericht hat die Auffassung vertreten, hinsichtlich der von den einzelnen obersten Dienstbehörden zu regelnden inhaltlichen Ausgestaltung der Gewährung von Trennungsgeld sei eine Gleichbehandlung lediglich innerhalb des jeweiligen Ressortbereichs zu fordern; die Trennungsgeldverordnung verlange eine Gleichbehandlung nur im Bereich der obersten Dienstbehörde, die hier gegeben sei. Es komme mithin nicht darauf an, ob gleichgeordnete oberste Dienstbehörden günstigere Regelungen getroffen hätten.

Demgegenüber rügt der Kläger erfolglos einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Nach seiner Auffassung sei auf alle Bediensteten des Bundes, auf die das Bundesumzugskostengesetz, das Bundesreisekostengesetz und die Trennungsgeldverordnung Anwendung fänden, abzustellen. Eine Ungleichbehandlung sei daher ressortübergreifend zu prüfen. Die Möglichkeit, dass in einzelnen Ressorts keine Gemeinschaftsverpflegung gegen Bezahlung, sondern Verpflegung in einer Behördenkantine o. ä. - ebenfalls gegen Bezahlung - "bereitgestellt" werde, sei kein hinreichender Differenzierungsgrund, Trennungsgeldempfänger, die in Dienststellen der Bundeswehr Dienst leisteten und denen Gemeinschaftsverpflegung bereitgestellt werde, gegenüber solchen, die ihren Dienst dort leisteten, wo eine Behördenkantine oder eine vergleichbare Einrichtung ebenfalls gegen Bezahlung Verpflegung anbiete, unterschiedlich zu behandeln.

Eine solche unterschiedliche Behandlung ist nicht festzustellen. Einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG durch die in § 4 Abs. 5 TGV enthaltene Ermächtigung zur näheren Bestimmung des ermäßigten Trennungsgeldes lässt sich auch in Ansehung des klägerischen Vorbringens nicht feststellen. Denn § 4 Abs. 5 TGV enthält eine Verpflichtung aller obersten Dienstbehörden, bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen nähere Bestimmungen zu treffen. Einen Spielraum eröffnet die Vorschrift den obersten Dienstbehörden nur hinsichtlich der Art und des Umfangs des ermäßigten Trennungsgeldes (ebenso Meyer/Fricke, a. a. O., § 4 TGV, Rn. 91; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 4.6.1980 - BVerwG 6 C 48.76 -, Buchhholz 238.90 NR. 83, S. 121 <123> und BayVGH, Urt. v. 25.5.1977 - Nr. 240 III 75 -, DÖD 1977, 254 jeweils zu § 17 BRKG a. F., der Vorgängerregelung der dem § 4 Abs. 5 TGV entsprechenden Vorschrift des § 9 Abs. 1 BRKG). Dementsprechend sind - ressortübergreifend - alle obersten Dienstbehörden verpflichtet, für den Fall, dass einem Trennungsgeldberechtigten geringere Aufwendungen für Verpflegung oder Unterkunft als allgemein entstehen, nähere Bestimmungen über die inhaltliche Ausgestaltung des ermäßigten Trennungsgeldes zu treffen. An eine Differenzierung zwischen der Gemeinschaftsverpflegung der Bundeswehr und der Verpflegung gegen Barzahlung in Behördenkantinen anderer oberster Dienstbehörden knüpft § 4 Abs. 5 TGV nicht an. Sachlich gerechtfertigtes Differenzierungskriterium ist einzig das Tatbestandsmerkmal, dass den Berechtigten "erfahrungsgemäß geringere Aufwendungen für Verpflegung als allgemein entstehen".

2. Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass die Zulassung der Berufung nicht wegen der ebenfalls geltend gemachten tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) in Betracht kommt.

3. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine tatsächliche oder rechtliche Grundsatzfrage aufwirft, die im Berufungsrechtszug entscheidungserheblich ist und im Interesse der Rechtseinheit geklärt werden muss (vgl.: Nds. OVG, Beschl. v. 25.4.2005 - 5 LA 162/04 -). Für die ordnungsgemäße Darlegung dieses Zulassungsgrundes gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO ist es erforderlich, dass die Grundsatzfrage, die grundsätzlich geklärt werden soll, zu bezeichnen und zu formulieren ist. Dabei ist substantiiert zu begründen, warum sie für grundsätzlich klärungsbedürftig gehalten wird, weshalb sie entscheidungserheblich und ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist (vgl.: Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, § 124a, Rn. 54).

Die von dem Kläger gestellte Frage,

"Stellt es eine rechtmäßige Ausübung der in § 4 Abs. 5 TGV enthaltenen Ermächtigung unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgebotes gemäß Art. 3 GG dar, wenn ein einzelnes Ressort des Bundes für seinen nachgeordneten Bereich im Erlasswege Verwaltungsbestimmungen zur Kürzung von Trennungsgeld bei 'Bereitstellung von Gemeinschaftsverpflegung' erlässt, die in keinem anderen Ressort des Bundes in dieser Form praktiziert werden oder erfordert die Festlegung von Bestimmungen über ein ermäßigtes Trennungsgeld im Rahmen des § 4 Abs. 5 TGV für alle Ressorts des Bundes eine einheitliche Verwaltungspraxis?",

rechtfertigt die Berufungszulassung nicht, weil sich diese Frage angesichts der bestehenden Verpflichtung der obersten Bundesbehörden bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen zum Erlass näherer Bestimmungen im Berufungsverfahren nicht stellen würde. Zudem ist die in der Fragestellung enthaltene Behauptung, dass die Kürzung von Trennungsgeld bei 'Bereitstellung von Gemeinschaftsverpflegung' in keinem anderen Ressort des Bundes in dieser Form praktiziert werde, nicht nachvollziehbar. So hat etwa das Bundesministerium für Wirtschaft bereits mit Erlass vom 21. Januar 1998 (GMBl. 1998, S. 227 - dortige Ziffer 4.7) auf der Grundlage von § 4 Abs. 8 TGV a. F. (nunmehr § 4 Abs. 5 TGV) die nachgeordneten Behörden zur inhaltlichen Ausgestaltung des ermäßigten Trennungsgeldes ermächtigt. Gleiches ist im Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern durch die Erlasse vom 18. Juni 1986 und 6. Februar 2002 (- Z 4a - 002 730/21a/BGS I 2 - 632 003 -0/27 -) geschehen, wovon das Grenzschutzpräsidium Mitte mit Schreiben vom 16. August 2004 (- SB 73 - 16 24 01 -) i. d. F. der Verfügung des Bundespolizeipräsidiums Mitte vom 23. August 2005 (beides abgedruckt in Kopicke/Irlenbusch/Biel, Das Umzugskostenrecht des Bundes, Band 2, Teil C, Nrn. 55 und 55a) Gebrauch gemacht hat.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Ende der Entscheidung

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