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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 21.01.2004
Aktenzeichen: 7 KS 211/03
Rechtsgebiete: EGV, FStrG, Nds Verf, VwVfG


Vorschriften:

EGV Art. 234
FStrG § 17 III b 1
FStrG § 17 IV 1
Nds Verf § 56 II
VwVfG § 32 I
VwVfG § 73 IV 1
1. Die Präklusionsvorschriften im Planfeststellungsverfahren nach dem Bundesfernstraßengesetz erschweren auch dann nicht unzulässig die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte im Bereich des Naturschutzes, wenn man solche Rechte direkt in Anspruch genommenen Eigentümern zugebilligt sieht.

2. Die einer privaten Vereinigung (hier: Landvolk e.V.) als solcher zugestandene längere Einwendungsfrist erstreckt sich nicht zugleich auf ihre Mitglieder und deren individuelle Belange.

3. Eine Wiedereinsetzung in die versäumte Einwendungsfrist kommt für das gerichtliche Verfahren grundsätzlich auch dann nicht in Betracht, wenn die Planfeststellungsbehörde eine sachliche Bescheidung im Planfeststellungsbeschluss zugesagt oder vorgenommen hat.

4. Für die in Niedersachsen durchgeführte Übertragung der Zuständigkeit der für den Erlass von Planfeststellungsbeschlüssen nach dem Bundesfernstraßengesetz grundsätzlich zur Entscheidung berufenen obersten Landesstraßenbaubehörde auf die Bezirksregierungen bedurfte es keines speziellen Gesetzes und keiner auf einem solchen Gesetz beruhenden Rechtsverordnung.


Tatbestand:

Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss für ein Straßenbauvorhaben, für das ihr Teichgrundstück, ein Feuchtbiotop, teilweise in Anspruch genommen werden soll.

Unter dem 30. April 1999 beantragte das Straßenbauamt Wolfenbüttel bei der Beklagten die Durchführung des Planfeststellungsverfahrens für den Neubau der Bundesautobahn A 39 zwischen dem Autobahnkreuz Wolfsburg/Königslutter (A 2/A 39) und der verlegten B 1 nördlich von Cremlingen, Abschnitt B (Bau-km 10 + 090 bis Bau-km 17 + 050). Für das Vorhaben besteht nach dem Fernstraßenausbaugesetz vordringlicher Bedarf. Der Plan mit Erläuterungen lag vom 22. Juni bis zum 22. Juli 1999 öffentlich aus. In der öffentlichen Bekanntmachung wurde darauf hingewiesen, dass zur Vermeidung eines späteren Ausschlusses bis zum 5. August 1999 Einwendungen erhoben werden könnten.

Verschiedenen Behörden und Vereinigungen, darunter auch dem Niedersächsischen Landvolk, Bezirksverband Braunschweig e.V.(im folgenden "Landvolk"), räumte die Beklagte mit Schreiben vom 1. Juni 1999 daneben die Möglichkeit ein, bis zum 1. September 1999 Stellung zu nehmen.

Ihre erste Äußerung gaben die Kläger mit Schreiben vom 19. Juli 1999 ab, das bei der Gemeinde Cremlingen am gleichen Tag einging. Das Schreiben lautete: "Einspruch - Gegen den Neubau der Autobahn 39 im Bereich unserer Flurstücke in der Gemarkung Gardessen legen wir Einspruch ein. Begründung folgt".

Diese Begründung gab die Klägerin ("auch in Vollmacht von D. von C. ") mit Schreiben vom 27. August 1999 ab. Sie wurde der Beklagten als Anlage zum Schreiben des Niedersächsischen Landvolks, Bezirksverband Braunschweig e. V., vom 30. August 1999 "i. A. unseres Mitgliedes, Frau B. von C. - G. " übersandt und ging am 31. August 1999 ein. In ihm wurde im einzelnen und ausführlich gerügt, dass die Planung in unverhältnismäßiger Weise wertvolle Biotopflächen auf den Flurstücken 73/3 und 74/1 in Anspruch nehme, die Flora und Fauna nur lückenhaft erfasse, verbleibende Flächen entwerte und das Landschaftsbild verunstalte.

Mit Beschluss vom 19. Juni 2001 (PfB) stellte die Beklagte den Plan nach § 17 des Bundesfernstraßengesetzes - FStrG - i.V.m. den §§ 72 ff. des Verwaltungsverfahrensgesetzes - VwVfG - unter zahlreichen Auflagen, der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach dem Niedersächsischen Naturschutzgesetz - NNatG - und der Erteilung einer wasserrechtlichen Einleitungsgenehmigung fest. Die Einwendungen der Kläger wies sie als unbegründet zurück (Pkt. 11.7.10). Zwar werde der in ihrem Eigentum stehende Biotopkomplex Teichanlage mit Röhricht teilweise zerstört. Die einzig mögliche Alternative bestehe jedoch in einer stärkeren Inanspruchnahme der benachbarten Pfeifengrasweise. Diese sei ebenfalls als Biotop geschützt. Ihre Wiederherstellung würde deutlich länger dauern als die des Teichkomplexes mit Röhricht, so dass man sich bei der Trassierung für die stärkere Schonung der Wiese entschieden habe.

Gegen den ihnen am 23. Juni 2001 zugestellten Planfeststellungsbeschluss haben die Kläger am 23. Juli 2001 Klage erhoben.

Sie hätten ihre Einwendungen fristgerecht eingereicht, so dass sie mit diesen im Klageverfahren nicht präkludiert seien.

Bereits ihr Einwendungsschreiben vom 19. Juli 1999 habe den Substantiierungserfordernissen genügt, weil ohne weiteres klar gewesen sei, dass es ihnen nur um die Bewahrung der natürlichen Grundstücksbeschaffenheit habe gehen können. Die Beklagte habe bereits damit Veranlassung gehabt, von der artenschutzrechtlich fehlerhaften und nicht ausreichend untersuchten Inanspruchnahme ihres Gardesser Grundstücks abzusehen, womit dieser Einwand auch für die Klage erhalten geblieben sei.

Jedenfalls hätten sie ihre Einwendungen wirksam mit dem ausführlich begründeten Schreiben vom 27. August 1999 über das Landvolk eingereicht, dem ausdrücklich Frist zur Stellungnahme bis zum 1. September 1999 eingeräumt gewesen sei. Das Landvolk habe in der Praxis nie zwischen eigenen Einwendungen und denen seiner Mitglieder unterschieden; es sehe seine Aufgabe allein in der Wahrnehmung derer Interessen. Nur für Individualbelange melde es sich überhaupt zu Wort. Die damit gewahrte Rechtzeitigkeit sei von der Beklagten früher nicht bezweifelt worden. Das habe sie, die Klägerin, am 27. August 1999 auch persönlich von der damals zuständigen Dezernentin bestätigt bekommen, wonach sie ihren Einspruch noch "über das Landvolk begründen (bzw. einreichen) könne". Davon seien alle Beteiligten auch vorher ausgegangen.

Im übrigen gelte, dass die Annahme eines Einwendungsausschlusses im Klageverfahren europarechtlich unzulässig sei.

Jedenfalls sei ihnen bei Annahme einer Versäumung der Einwendungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Sie hätten davon ausgehen dürfen, dass die dem Landvolk eingeräumte längere Frist auch für ihre Einwendungen gegolten habe; das habe der üblichen Handhabung der Beklagten entsprochen und sei ihnen auch vom Geschäftsführer des Landvolkes damals ausdrücklich versichert worden.

Selbst wenn eine Fristversäumung nicht als schuldlos angesehen werden sollte, gebiete das "Vorliegen eines Härtefalls" die Wiedereinsetzung. Denn bei einer Planrealisierung ginge ein ökologisch besonders wertvoller Lebensraum unwiederbringlich verloren und käme es zu einer "lokalen Planungskatastrophe".

In der Sache bleibe es dabei, dass die Beklagte mit der Annahme einer höheren Schutzwürdigkeit und Schonung der Pfeifengraswiese einen Abwägungsfehler begangen habe. Die erst etwa 7 Jahre alte Wiese sei ökologisch weniger wert als ihr Teichgelände, das die Beklagte in seinem außerordentlichen Artenreichtum nicht vollständig erfasst habe. Außerdem sei auch der Weiterbestand der Pfeifengraswiese nach Herstellung des Vorhabens infolge eintretender Entwässerung und Eutrophierung des Bodens gefährdet. Statt maßgeblich auf die Regenerationszeit abzustellen, hätte ein konkreter Gesamtinventarsvergleich vorgenommen werden müssen, der dann zur Bevorzugung ihres nach § 28 a NNatG ohnehin stärker geschützten Teichgeländes und damit zu einer Trassenverschiebung hätte führen müssen.

Die Kläger beantragen,

den Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 19. Juni 2001 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie entgegnet: Es entspreche ihrer Praxis, das Landvolk im Anhörungsverfahren wie eine Behörde zu behandeln. Damit werde es aber nicht generell als Rechtsvertreter seiner Mitglieder angesehen, auch wenn sich im Erörterungstermin und in der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses diese Bereiche häufig nicht deutlich trennen ließen und man alle Einwände des Landvolks regelmäßig auch dann sachlich beschieden habe, wenn sie nach Ablauf der für die Mitglieder geltenden Einwendungsfrist eingegangen seien. Das sei auch dann so gehandhabt worden, wenn Einwände allein oder zugleich in Vollmacht einzelner Landwirte vorgebracht worden seien. Daraus habe das Landvolk aber nicht die sichere Überzeugung gewinnen können, seinen Mitgliedern würden im Hinblick auf die Einwendungsfrist gleichsam Sonderkonditionen eingeräumt.

In der Sache bleibe es dabei, dass der Schutz von Biotopen nach § 28 b NNatG (Pfeifengraswiese) und nach § 28 a NNatG (Röhrichte und naturnahe Kleingewässer) grundsätzlich als gleichgewichtig anzusehen sei. Sie habe den hier nicht zu vermeidenden durchaus erheblichen Eingriff in eines der Gebiete in voller Kenntnis der jeweiligen Wertigkeit vorgenommen. Flora und Fauna seien 1998 zeitnah und lückenlos in Absprache mit der unteren Naturschutzbehörde erfasst worden. Auch die Abwägung, welches Biotop stärker und welches (damit) weniger stark in Anspruch genommen werde und wie der Ausgleich vorzunehmen sei, habe sie auf der Grundlage sachgerechter Kriterien vorgenommen. Als Auswahlkriterium habe vor allem die Regenerationszeit gedient. Pfeifengraswiesen benötigten etwa 50 Jahre, um sich zu regenerieren. Ein Teichgebiet wie das der Kläger erhole sich hingegen schneller. Dieses werde im übrigen auch bei der vorgesehenen Inanspruchnahme eines ca. 25 bis 30 m tiefen Dreiecks grundsätzlich fortbestehen. Da durch den Bau der Autobahn kein Wasser gestaut werde, würden sich auch die hydrologischen Gegebenheiten nicht durchgreifend verändern. Das Teichgebiet liege in einer natürlichen Senke. Der Teich werde aufgrund seiner Tonschicht nicht durch Grundwasser, sondern weiterhin allein durch Niederschlagswasser gespeist. Bei einer auch nur geringfügigen Verschiebung der Trasse müsste die Pfeifengraswiese stärker in Anspruch genommen werden, so dass deren Überlebenschancen beträchtlich abnähmen. Im übrigen seien die Eingriffe in beide Biotope vergleichsweise geringfügig. Die jeweils größere Flächen und damit die Restbiotope blieben überlebensfähig. Die eintretenden Zerstörungen würden durch Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen kompensiert. Die von den Klägern ins Spiel gebrachte Gradientenabsenkung würde zur notwendigen Erhaltung des Wirtschaftsweges 6 unverhältnismäßige bauliche Aufwendungen und Entwässerungsprobleme verursachen.

Den Antrag, die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen den PfB anzuordnen, hat der Senat mit Beschluss vom 9. April 2003 (7 MS 2527/01) abgelehnt und auch die Klage bereits mit Gerichtsbescheid vom 17. Oktober 2003 (7 KS 2528/01) abgewiesen. Er hat dazu ausgeführt, dass sie in Folge eingetretener Einwendungspräklusion unzulässig und damit keiner Sachprüfung zugänglich sei, soweit mit ihr spezifiziert Abwägungsfehler geltend gemacht würden. Unbegründet sei sie, soweit mit ihr zulässigerweise generell gerügt werde, die Beklagte habe die Inanspruchnahme des Teichgrundstücks gegen den erklärten Willen der Kläger nicht beachtet und diesen Umstand nicht abgewogen.

Gegen den ihnen am 22. Oktober 2003 zugestellten Gerichtsbescheid haben die Kläger am 17. November 2003 mündliche Verhandlung beantragt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens, der Gerichtsakte 7 MS 2527/01 und der Beiakten A bis Z verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Durch den fristgerecht gestellten Antrag auf mündliche Verhandlung gilt der Gerichtsbescheid vom 17. Oktober 2003 als nicht ergangen, § 84 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3, 2. Alt., VwGO.

Die Klage kann keinen Erfolg haben.

Sie ist im Hauptantrag unzulässig und damit bereits keiner Sachprüfung zugänglich, soweit mit ihr spezifiziert Abwägungsfehler geltend gemacht werden (1.).

Unbegründet ist die Klage, soweit in ihr - weniger weitgehend - die allgemeine Rüge enthalten ist, die Beklagte habe nicht beachtet und ausreichend gewürdigt, dass die Kläger, wie sie immerhin vorgebracht hätten, mit der Inanspruchnahme ihres Teichgrundstücks für eine verkehrliche Nutzung nicht einverstanden seien (2.).

1.) In Planfeststellungsverfahren haben die Gemeinden, in denen sich das Vorhaben auswirkt, den Plan für die Dauer eines Monats zur Einsicht auszulegen, § 73 Abs. 3 VwVfG. Jeder, dessen Belange berührt werden, kann bis zu zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist schriftlich oder zur Niederschrift Einwendungen erheben, § 73 Abs. 4 S. 1 VwVfG. Die Fristdauer ist zwingend. Sie kann von der Behörde - ebenso wie vom Gericht - nicht verlängert oder verkürzt werden (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., Rn. 77 zu § 73). Nach ihrem Ablauf sind Einwendungen ausgeschlossen, § 17 Abs. 4 S. 1 FStrG. Der Betroffene verliert seine materielle Rechtsposition; der Verlust erstreckt sich auch auf eine spätere Klagebefugnis ("materielle Präklusion", BVerwG, Urt. v. 16.08.1995 - 11 A 2.95 -, NVwZ 1996, 267; Urt. v. 17.07.1980 - 7 C 101.78 -, BVerwGE 60, 297). Dies trifft auf die spezifizierten Rügen der Kläger zu.

a.) Die von den Klägern (in ihrem Antrag auf mündliche Verhandlung erstmalig) geltend gemachten Zweifel an der Vereinbarkeit der Präklusionsvorschrift mit dem europarechtlich anerkannten Vereitelungs- und Erschwerungsverbot teilt der Senat nicht, so dass weder die Nichtanwendung des § 17 Abs. 4 S. 1 FStrG noch eine Vorlage an den EuGH nach Art. 234 S. 2 EGV (früher Art. 177) veranlasst ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. A., Rn. 44 zu § 40).

Die Kläger leiten ihre Zweifel aus dem Urteil des EuGH v. 14.12.1995 - C-312/93 - (DVBl. 1996, 249 <250>) her. Der Gerichtshof hat darin gefordert, dass die Rechtsordnungen der Mitgliedsstaaten die Ausübung der "durch die Gemeinschaftsrechtsordnung <dem Bürger> verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren dürfen". Eine solche Erschwerung hat er nach den "Besonderheiten des Falles" in einer nationalen Verfahrensvorschrift gesehen, die es dem Kläger auf Grund Fristablaufs nicht mehr erlaubt hatte, dem belgischen Staat gegenüber einen - europarechtlich für Gebietsfremde offenbar günstigeren - Steuersatz geltend zu machen.

Diese Fallkonstellation ist nach ihren maßgeblichen Voraussetzungen mit der vorliegenden nicht vergleichbar, so dass die Kläger aus der Entscheidung nichts für sich herleiten können.

Einmal ist die materielle Präklusion im deutschen Umweltrecht keine Einschränkung der richterlichen Prüfungsbefugnis auf Grund einer Verfahrensnorm, sondern rührt von einem materiellen Rechtsverlust her, der dadurch eintritt, dass der ursprünglich bestehende Anspruch infolge verspäteter Geltendmachung verwirkt wird (BVerwG, GB v. 16.03.1998 - 4 A 31.94 -, NuR 1998, 647: "materiellrechtlicher Charakter"). Mit einer vom EuGH monierten übermäßigen Erschwerung richterlicher Kontrollbefugnisse hat dies dogmatisch nichts zu tun (so im Ansatz auch v. Danwitz, UPR 1996, 323 <327>).

Zum andern geht es vorliegend nicht um "durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehene Rechte" der Kläger. Vielmehr wenden diese sich unter Berufung auf ihr Eigentum gegen die Inanspruchnahme eines Teils ihres Grundstücks durch das planfestgestellte Vorhaben. Das Eigentum wird bereits durch die nationale Rechtsordnung gewährleistet und geschützt. Europarechtlich "verliehene Rechte" sind auch nicht im Streit, soweit die Kläger als direkt in ihrem Eigentum Betroffene nicht nur eigene, sondern auch öffentliche Belange - etwa solche des Landschafts- oder Naturschutzes - gegen den Planfeststellungsbeschluss vorbringen können (BVerwG, Urt. v. 18.03.1983 - 4 C 80.79 -, BVerwGE 67, 74 <76>). Soweit sie einen möglichen Gebietsschutz nach Art. 3 ff. der Richtlinie 92/43/EWG v. 21. Mai 1992 (FFH-RL) oder Art. 3 und 4 der Richtlinie 79/409/EWG v. 2. April 1979 (Vogelschutz-RL) - die sich im Übrigen ausdrücklich an die Mitgliedsstaaten und nicht deren Bürger richten (vgl. zu den Voraussetzungen einer unmittelbaren Wirkung von Richtlinien Schroeder in Streinz , EUV/EGV, 2003, Rn 106 f. zu Art. 249) - ansprechen und damit (wohl) auf die Rechtsprechung zu den "potenziellen FFH-Gebieten" abzielen (vgl. etwa Halama, NVwZ 2001, 506 <507 m.w.N. >), ist ihr Vorbringen, das selbst nach eigener Angabe auf einem bloßen "Verdacht" wegen angeblich nicht ausreichender Untersuchungen beruht, bei weitem zu unsubstantiiert, um annehmen zu können, die Ausweisung derartiger Gebiete komme hier zwingend in Frage und führe damit zum Erfordernis vorbeugender Verbote. Ebenso wenig vermag die Behauptung, unter Art. 12 FFH-RL und Art. 5 Vogelschutz-RL fallende Arten würden in einer nach den Richtlinien relevanten Weise ge- oder zerstört, zu einer europarechtlich wehrfähigen Rechtsposition der Kläger zu führen. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses waren die genannten Bestimmungen der Richtlinien durch § 20 f BNatSchG i.d.F. der Bekanntmachung vom 21. September 1998 (BGBl. I, 2994) in nationales Recht umgesetzt (jetzt §§ 42 f. BNatSchG). Nach § 20 f Abs. 3 BNatSchG war dabei klargestellt, dass die Verbote - die tatbestandlichen Voraussetzungen einmal unterstellt - nicht bei der Ausführung eines, wie hier, nach § 8 BNatSchG (jetzt § 19 BNatSchG) zugelassenen Eingriffs gelten, soweit hierbei Tiere oder Pflanzen der besonders geschützten Arten nicht "absichtlich" beeinträchtigt werden (jetzt § 43 Abs. 4 S. 1 NBatSchG). Letzteres war und ist nicht der Fall, wenn die Beeinträchtigungen sich als unausweichliche Konsequenz rechtmäßigen Handelns ergeben und diese auf das Unvermeidbare beschränkt werden (BVerwG, Urt. 11.01.2001 - 4 C 6.00 -, BVerwGE 112, 321 <330>). Darauf ist die Beklagte (vgl. PfB 8. "Umweltverträglichkeitsprüfung" , 5. und 6. Absatz und landschaftspflegerischer Begleitplan) ausführlich eingegangen. Auch insoweit ist deshalb nicht ersichtlich, weshalb der PfB Gemeinschaftsrecht verletzen sollte.

Schließlich gibt die Entscheidung des EuGH vorliegend deshalb nichts her, weil es sich bei dem PfB vom 19. Juni 2001 um einen Verwaltungsakt mit Drittwirkung handelt. Anders als in dem vom EuGH entschiedenen Fall, in welchem der Klägerin aus der Nichtanwendung des Gemeinschaftsrecht ein Nachteil erwuchs und es nur um diese potentielle Belastung ging, stellt die - einmal unterstellte - Belastung der Kläger hier zugleich die Begünstigung eines Dritten, nämlich des Vorhabensträgers, dar; es liegt also ein mehrpoliges Rechtsverhältnis vor. In einem solchen wird mit der Präklusion u.a. der Zweck verfolgt, einen Ausgleich der Interessen zu schaffen. Sie grenzt die geschützte Rechtssphäre des Herstellers der Anlage von der des potentiell betroffenen Dritten ab. Die Beschränkung der Abwehrrechte des Dritten wird dabei durch das Mehr an vorverlagertem Rechtsschutz kompensiert. Der einmal erteilten Genehmigung soll eine gestärkte Bestandskraft gegenüber solchen Drittbetroffenen zukommen, die sich nicht oder nicht rechtzeitig am Verwaltungsverfahren beteiligt haben. Damit wird das Risiko des Bestands der Genehmigung für den Vorhabensträger überschaubarer (BVerwG, Urt. v. 17.07.1980, a.a.O., <303> <304>). Diese dem Vorhabensträger frühzeitig zugestandene Rechtssicherheit würde bei einer Nichtanwendung der Präklusionsvorschriften beeinträchtigt und die Abgrenzung der Interessensphären damit einseitig zu Lasten des Genehmigungsinhabers verschoben. Das Urteil des EuGH, der den Grundsatz der Rechtssicherheit für seine Fallkonstellation ausdrücklich berücksichtigt (a.a.O, <250>), enthält dazu keinerlei Überlegungen und damit auch keine Anhaltspunkte dafür, dass aus ihm derartige Schlussfolgerungen gezogen werden können .

b.) Die Einwendungsfrist für betroffene Bürger endete vorliegend, worauf in den amtlichen Bekanntmachungen ordnungsgemäß hingewiesen worden ist, am 5. August 1999. Bis dahin war lediglich das Schreiben der Kläger vom 19. Juli 1999 eingegangen. Dieses war mit "Einspruch" betitelt und brachte darüber hinaus nur zum Ausdruck, dass die Kläger "gegen den Neubau der Autobahn 39 im Bereich <ihrer> Flurstücke in der Gemarkung Gardessen" waren. Es endete mit dem handschriftlichen Zusatz "Begründung folgt". Eine Begründung ging bis zum Ende der zweiwöchigen Einwendungsfrist indessen nicht mehr ein.

Weder das Bundesfernstraßengesetz noch das Verwaltungsverfahrensgesetz enthalten eine Bestimmung des Begriffs der Einwendung. Zurückzugreifen ist deshalb auf die von der Rechtsprechung entwickelte Definition. Einwendungen sind danach "sachliches, auf die Verhinderung oder Modifizierung des Vorhabens abzielendes Gegenvorbringen" (BVerwG, Urt. v. 17.07.1980, a.a.O.). Im Begriff des Vorbringens kommt zum Ausdruck, dass ein bloßes "Nein" zum Vorhaben oder die bloße Ankündigung einer Begründung nicht ausreichten. Zwar wird insoweit, wie den Klägern einzuräumen ist, keine ins Einzelne gehende "Substantiierung" gefordert. Das Vorbringen muss aber erkennen lassen, durch welche Auswirkungen des Vorhabens der Einwender Nachteile für welche seiner Rechtsgüter oder Interessen befürchtet (Kopp/Ramsauer, a.a.O., Rn. 74).

Der "Einspruch" der Kläger vom 19. Juli 1999 enthält weder ausdrücklich noch sinngemäß ein derartiges Vorbringen. Er war nach dem in dem Schreiben zum Ausdruck kommenden Willen der Kläger dafür auch nicht bestimmt. Vielmehr war dafür ausdrücklich erst eine gesonderte "Begründung" vorgesehen, die mit dem Schreiben lediglich angekündigt wurde.

Ihm ließ sich mangels jeglicher Darlegung befürchteter Nachteile nur entnehmen, dass die Kläger mit dem Autobahnneubau im Bereich ihrer Flurstücke nicht einverstanden waren. Es war damit nicht mehr als ein pauschales "Nein" zum Planvorhaben. Mehr als eine pauschale Auseinandersetzung mit diesem "Nein" können sie danach auch nicht mehr zur gerichtlichen Überprüfung stellen (BVerwG, Urt. v. 23.08.1996 - 4 A 30/95 -, LS 2, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 122). Die Auffassung der Kläger, wegen des immerhin gegebenen Hinweises auf ihr Grundstück und der - unstreitig - objektiven Pflicht der Beklagten zur Prüfung widerstreitender Belange nicht der Präklusion zu unterliegen, ist unrichtig. Auch die sachliche Behandlung der Einwände durch die Beklagte im Planfeststellungsbeschluss - zu der sie zur Begründung der Ausnahmegenehmigung nach § 28 a Abs. 5 NNatG und § 28 b Abs. 4 NNatSchG teilweise von Amts wegen verpflichtet war - ist für den Eintritt der Einwendungspräklusion als solcher ohne Bedeutung (BVerwG, Urt. v. 17.07.1980, a.a.O. <314>; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 29.7.1999 - 5 S 357/99 -, NuR 2000, 697).

c.) Eine detaillierte Darstellung ihrer mit dem Planvorhaben verbundenen Befürchtungen enthielt erst die nachgereichte Begründung der Kläger vom 27. August 1999, die vom Niedersächsischen Landvolk, Bezirksverband Braunschweig e.V., als Anlage zu seinem Schreiben an die Beklagte vom 30. August 1999 "i. A. unseres Mitgliedes <Klägerin>" eingereicht worden ist.

Diese Begründung ging indessen - unstreitig - nach Ablauf der Zweiwochenfrist ein. Damit war sie als Einwendungsschreiben der Kläger verspätet.

Das Landvolk hat die Stellungnahme nicht als eigene, sondern ausdrücklich "in der Anlage" und "im Auftrag unseres Mitglieds, Frau Wilma von C. -G.," vorgelegt. Den Klägern gegenüber war die für alle privaten Betroffenen geltende Zweiwochenfrist aber nicht dadurch verlängert worden, dass die Beklagte mit gesondertem Schreiben vom 1. Juni 1999 dem Landvolk die dreimonatige Frist zur Stellungnahme nach § 17 Abs. 3 b S. 1 FStrG eingeräumt hatte. Dafür kann unentschieden bleiben, ob diese ausdrücklich nur für Behörden vorgesehene Frist rechtmäßig auch einer juristischen Person des Privatrechts gewährt werden kann, die (auch) öffentliche Interessen vertritt (zw.; vgl. BVerwG, GB. v. 30.07.1998 - 4 A 1.98 -, NVwZ-RR 1999, 162; Neumann in Stelkens/ Bonk/Sachs, VwVfG, 6. A., Rn. 27 f. zu § 73). Denn die in § 73 Abs. 4 S. 1 VwVfG normierte Zweiwochenfrist ist nicht verlängerbar (vgl. ob. 1.; BVerwG, a.a.O.). Auch hat die Beklagte jedenfalls mit ihrem Schreiben vom 1. Juni 1999 nur dem Landvolk selbst ("soweit Ihr Aufgabenbereich berührt wird") und nicht zugleich auch individuell seinen - ca. 2700 - Mitgliedern (vgl. dafür und für die im folgenden wiedergegebenen Fakten aktuelle Homepage www.landvolk.net/ 1037. htm) gezielt die Dreimonatsfrist zugestanden. Das hat die Beklagte im Verlaufe des Klageverfahrens mit Schriftsätzen vom 12. September 2003 und 6. Januar 2004 bekräftigt. Es ist von dem Umstand zu trennen, dass bei der späteren Behandlung der Einwendungen hinsichtlich der sachlichen Bescheidung häufig - und auch hier - kein Unterschied zwischen originären Einwänden des Vereins und individuellen Einwänden seiner Mitglieder gemacht worden ist. Das (eventuelle) Bekanntsein einer solchen Praxis hat als solches keine Rechtswirkungen.

Mit dem eigenen Aufgabenbereich wurde, auch wenn den Klägern dies trotz ihrer Mitgliedschaft nicht bekannt gewesen sein sollte und dies in der Praxis des Landvolks, wie es aktuell versichert hat, keine Rolle spielt, objektiv der - jetzt ausdrücklich so bezeichnete - "Geschäftsbereich 2" des Vereins angesprochen, der u.a. für (eigenständige) "Stellungnahmen zu der Planung und zum Bau von Verkehrswegen des Bundes" zuständig ist, während "Geschäftsbereich 3" die Beratung und Unterstützung der Mitglieder auch in Rechtsangelegenheiten umfasst. Das Anschreiben bezieht sich nach Wortlaut und Sinn nur auf den erstgenannten Geschäftsbereich. Dies kommt auch im Planfeststellungsbeschluss so zum Ausdruck, wenn dieser zu 11.7 die Einwände des "Niedersächsischen Landvolkes" (selbst) und erst unter weiteren Gliederungsunterpunkten die Einwände der vom Landvolk vertretenen Einwender - darunter die der Kläger - behandelt. Damit haben die Kläger die für sie geltende Einwendungsfrist versäumt.

d.) Den Klägern kann über die Fristversäumnis auch nicht nach § 32 Abs. 1 VwVfG durch Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinweggeholfen werden (allg. dazu BVerwG, Urt. v. 24.05.1996 - 4 A 38.95 -, DVBl. 1997, 51; GB v. 16.03.1998 - 4 A 31/97 -, a.a.O.).

Die Wiedereinsetzung gegen eine versäumte Einwendungsfrist kann grundsätzlich auch noch nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses in der Weise gewährt werden, dass bei Vorliegen der materiellen Voraussetzungen die Kläger im gerichtlichen Verfahren so gestellt werden, wie sie mit ihrem Vorbringen stünden, wenn sie nicht präkludiert wären (BVerwG, GB v. 30. 07. 1998, a.a.O. <163>).

Die Voraussetzungen der Wiedereinsetzung liegen hier jedoch nicht vor, weil die Kläger nicht ohne Verschulden gehindert waren, die Zweiwochenfrist einzuhalten. Vielmehr wäre ihnen die Einhaltung der Frist bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt in zumutbarer Weise möglich gewesen:

In den amtlichen Bekanntmachungen des Plans durch die Gemeinde Cremlingen und die Stadt Königslutter ist unter Mitteilungspunkt 1 unmissverständlich auf den Ablauf der Einwendungsfrist am 5. August 1999 und darauf hingewiesen worden, dass nach Ablauf dieser Frist Einwendungen ausgeschlossen seien. Die Kläger machen nicht geltend, dass ihnen dies unbekannt geblieben sei.

Sie weisen vielmehr darauf hin, dass dem Landvolk eine längere Äußerungsfrist gewährt worden sei. Daraus konnten und durften sie jedoch nicht den Schluss ziehen, dass dies daneben auch für sie als Betroffene gelten würde. Hierfür ergeben sich, wie ausgeführt, weder aus der Bekanntmachung noch aus dem an das Landvolk - und nicht an die Kläger - gerichteten Schreiben vom 1. Juni 1999 irgendwelche Anhaltspunkte. Wenn die Kläger gleichwohl - auch bei Bestärkung durch dazu nicht autorisierte Vertreter des Landvolks - daraus eine solche Schlussfolgerung gezogen haben, ist dies ein in ihren Risikobereich fallender Rechtsirrtum gewesen. Ein solcher vermag grundsätzlich und auch hier die Fristversäumnis nicht zu entschuldigen (Kopp/Schenke, a.a.O., Rn. 12 zu § 60 m.w. N.). Die Bekanntmachung über den Einwendungsausschluss ist ihrer Wirkung nach wie eine Rechtsbehelfsbelehrung zu beurteilen. Soweit aber eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung aufgrund anderslautender falscher Auskünfte nicht befolgt wird, ist eine darauf beruhende Fristversäumnis regelmäßig schuldhaft (Kopp/Schenke, a.a.O., Fn. 40 m.w.N.). Diese Grundsätze gelten auch hier.

Anderes kommt nur in eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht, wenn etwa die Stelle, gegenüber der die Frist einzuhalten ist, dem Betroffenen gegenüber die Frist verlängert, der Betroffene darauf vertraut und dadurch die Frist versäumt hat (BVerwG, GB v. 30.07.1998, a.a.O.; OVG Berlin, Beschl. v. 25.3.1965 - OVG II B 59/64 -, NJW 1965, 1151). Hierzu hebt die Klägerin in ihrer eidesstattlichen Versicherung vom 21. Februar 2003 hervor, dass sie gerade wegen der Besorgnis einer Fristversäumung - die sie damals also durchaus für möglich gehalten hat - am 27. August 1999 bei der zuständigen Dezernentin der Beklagten vorgesprochen und dort die Auskunft erhalten habe, dass der Einspruch noch "über das Landvolk" begründet werden könne, für das die Frist erst am 1. September 1999 ablaufe. Abgesehen davon, dass auch hieraus keine klar gewollte Verlängerung der Individualfrist und damit kein entsprechender Vertrauensschutz abgeleitet werden kann, ist diese Auskunft jedenfalls erst nach Fristablauf gegeben worden und kann deshalb für die Fristversäumung bereits deshalb nicht ursächlich gewesen sein. Entsprechendes würde für eventuell fehlerhafte Auskünfte beim Beigeladenen am 10. August 1999 und beim Landkreis Wolfenbüttel am 18. oder 25. August 1999 gelten, die insoweit überdies für derartige Zusicherungen in keiner Hinsicht zuständig gewesen wären.

Dass eine im Klageverfahren zur Wiedereinsetzung führende "falsche Auskunft" daraus wie auch aus einer vorher eventuell bekannten entsprechenden Handhabung der Beklagten nicht erwachsen kann, wird auch durch die Überlegung deutlich, dass es hier nicht (mehr) um die Frage geht, ob die Planfeststellungsbehörde sich an der Zusicherung einer sachlichen Bescheidung von verspätet erhobenen Einwänden festhalten lassen muss. Denn diese Bescheidung hat stattgefunden und war auch nicht verboten, sondern im Gegenteil - es ging um naturschutzrechtliche und damit objektive Belange - von Amts wegen sogar weithin geboten. Vielmehr ist die Frage, ob sich eine solche "über das Landvolk" faktisch gewährte Vergünstigung in das Klageverfahren (durch Wiedereinsetzung) fortsetzen muss. Das ist zu verneinen.

Insoweit wird ein Vertrauenstatbestand nicht einmal geltend gemacht und läge auch gänzlich fern. Es ist unwahrscheinlich, dass bereits vor dem Ergehen des Planfeststellungsbeschlusses von bestimmten späteren Klagemodalitäten die Rede war, auf welche die Kläger dann gegen die anderslautende Bekanntmachung vertrauen durften. Es ging den Klägern vielmehr darum, eine sachliche Berücksichtigung der verspäteten Einwendungen im PfB zu erhalten. Dem ist die Beklagte nachgekommen. Eine "Verlängerung" ins Klageverfahren würde bedeuten, dass die Mitglieder des Landvolkes dessen Privilegierung nicht etwa gleichgestellt würden, sondern mehr Rechte erhielten. Denn das Landvolk kann als Verein (es ist kein anerkannter Naturschutzverband), anders als die betroffenen Mitglieder, die sachlich beschiedenen Einwände nach § 42 Abs. 2 VwGO nicht mehr klageweise geltend machen. Eine "Verlängerung" würde damit einem der Zwecke der Präklusion, nämlich dem der Risikobegrenzung für den Antragsteller und Vorhabensträger, widersprechen. Dieser, dem das Gesetz insoweit ein gesteigertes Schutzbedürfnis zubilligt, soll auf die Beständigkeit der ihm durch den PfB eingeräumten Position bereits in einem frühen Stadium vertrauen können (BVerwG, Urt. 17.07.1989, a.a.O.< 306>). Aus diesem Grund ist es dem Senat verwehrt, bei der Prüfung des Verschuldens der Kläger an der Fristversäumnis einen "großzügigen" Maßstab anzulegen, wie er in einem bipolaren Rechtsverhältnis vertretbar sein könnte. Für dieses Ergebnis spricht auch, dass das Bundesverwaltungsgericht eine Wiedereinsetzung für das gerichtliche Verfahren abgelehnt hat, nachdem sie von der Genehmigungsbehörde (zu Unrecht) gewährt worden war (a.a.O.<297> <314>). Entsprechendes muss vorliegend gelten.

2.) Soweit die Anfechtungsklage im Rahmen des § 17 Abs. 4 S. 1 FStrG noch einer Sachprüfung zugänglich ist, erweist sie sich als unbegründet.

Legt der Eigentümer - wie hier innerhalb der Frist - über die bloße Tatsache der Eigentumsbetroffenheit hinaus keine konkrete Interessenbeeinträchtigung dar, kann er nur eine entsprechend pauschale Auseinandersetzung mit diesem Belang erwarten. Im gerichtlichen Verfahren beschränkt sich die Prüfung auf die Frage, ob die Planfeststellungsbehörde das Interesse, von einer Eigentumsinanspruchnahme überhaupt verschont zu bleiben, abwägungsfehlerhaft hinter die für das Vorhaben ins Feld geführten Belange zurückgesetzt hat (BVerwG, Urt. v. 23.08.1996, a.a.O.).

Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss weist insoweit keine Mängel auf.

a.) Die Bestimmung der Zuständigkeit der Beklagten für seinen Erlass - die Rügefähigkeit dieses Themas einmal unterstellt - begegnet entgegen der zuletzt noch vorgetragenen Auffassung der Kläger keinen Bedenken.

Für die in Niedersachsen nach § 22 Abs. 4 S. 2 FStrG durchgeführte Übertragung der nach § 17 Abs. 5 S. 1 FStrG begründeten Zuständigkeit der obersten Landesstraßenbaubehörde auf die Bezirksregierungen bedarf es keines speziellen Landesgesetzes bzw. keiner auf einem solchen Gesetz beruhenden Rechtsverordnung. § 22 Abs. 4 S. 2 FStrG sieht die Möglichkeit der Übertragung vor, ohne dafür eine bestimmte Form festzulegen. Der Bundesgesetzgeber hat die Art und Weise der Übertragungsregelung - wie auch bereits die Bestimmung der obersten Behörde nach § 22 Abs. 4 S. 1 FStrG - dem jeweiligen Landesorganisationsrecht zugewiesen. Einschlägig dafür ist in Niedersachen nicht Art. 41 (i.V.m. Art 43) der Niedersächsischen Verfassung (v. 19.05.1993, Nds.GVBl. S. 107) - NV -. Dieser schreibt die Gesetzes- bzw. Verordnungsform für allgemein verbindliche Vorschriften vor, durch die Rechte oder Pflichten Einzelner begründet oder aufgehoben werden; darunter fallen nicht die hier interessierenden Vorschriften über die Behördenorganisation und das Verfahren (Neumann, Nds. Verfassung, Rn. 4 zu dem entsprechenden Art. 32 der Vorläufigen Niedersächsischen Verfassung). Zur Anwendung gelangt vielmehr Art. 56 Abs. 2 NV, wonach "der allgemeine Aufbau und die räumliche Gliederung der allgemeinen Landesverwaltung eines Gesetzes bedarf". Diese Vorgabe ist erfüllt. Die Errichtung der (vier) niedersächsischen Bezirksregierungen ist durch Art. II § 1 Abs. 2 des Achten Gesetzes zur Verwaltungs- und Gebietsreform v. 28.06.1977 (Nds. GVBl. S. 233 <236>) erfolgt. Darin wird auch die Beklagte aufgeführt. Nach Art. II § 4 Abs. 1 S. 1 dieses Gesetzes nehmen die Bezirksregierungen für ihren Bezirk die mittelinstanzlichen Aufgaben der allgemeinen Landesverwaltung wahr. Art. II § 4 Abs. 2 erklärt sie für die Aufgaben der Landesverwaltung für zuständig, die nicht anderen Behörden oder Stellen übertragen sind. Eine bestimmte Form für diese Übertragung ist nicht weiter vorgeschrieben, so dass sie auch - ergänzend - durch Verwaltungsvorschrift vorgenommen werden kann (so auch ausdrücklich Art. II § 5 Abs. 1 S. 2 des Gesetzes). Das ist geschehen. Abschnitt I des Runderlasses des MW v. 18.12.1986 (Nds. MBl., S. 70) i.d.F. des Runderlasses v. 22.02.1994 (Nds. MBl., S. 367) bestimmt in I. B. ("Aufgaben nach dem Bundesfernstraßengesetz"), 1. d) und e), die Bezirksregierungen zur Anhörungsbehörde nach § 73 des VwVfG und sieht ihre Zuständigkeit für den Erlass von Planfeststellungsbeschlüssen nach § 17 Abs. 1 FStrG vor. Diese (ergänzende) Bestimmung der sachlichen Zuständigkeit von Landesbehörden zur Ausführung des Bundesfernstraßengesetzes durch Verwaltungsvorschrift ist unbedenklich und wird weder durch den allgemeinen Gesetzesvorbehalt noch durch § 22 Abs. 4 FStrG ausgeschlossen (BVerwG, Urt. v. 25.08.1971 - IV C 22.69 -, DÖV 1972 , 129, LS 1 und <131>; OVG Lüneburg, Urt. v. 12.03.1971 - VII OVG A 77/69 -, OVGE 27, 395 <397>; Kodal/Krämer. Straßenrecht, 4. A., Kap. 2 Rn. 29.1, S. 50; Zech, DVBl. 1987, 1089 <1091>).

b.) Die Beklagte war sich der Inanspruchnahme von 0,86 ha des 4,5 ha großen Teichbiotopgrundstücks der Kläger bewusst. Das kommt darin zum Ausdruck, dass sie sich mit den dagegen gerichteten Einwendungen unter 3.1 und 11.7.10 des Planfeststellungsbeschlusses - gerade auch im Hinblick auf eine kleinräumige Trassenverschiebung und damit auf eine möglichen Verschonung von der Inanspruchnahme - auseinandergesetzt hat. So hat sie dargelegt, dass eine solche Verschiebung angesichts der bestehenden Zwangspunkte, des Abstands zu Siedlungsgebieten und aus geländetechnischen Gründen nur geringfügig nach Nordwesten oder Südosten hin möglich gewesen wäre und die Trasse damit zwangsläufig mehr oder weniger große Teile des Teichgrundstücks der Kläger beansprucht, die dadurch einen ausgleichsbedürftigen, aber auch ausgleichsfähigen Eingriff erlitten.

Eine weitergehende detaillierte gerichtliche Prüfung des Abwägungsvorgangs können die Kläger im gerichtlichen Verfahren nicht beanspruchen, weil sie, wie ausgeführt, damit präkludiert sind.

3.) Ohne dass es für die Entscheidung noch darauf ankommt, bemerkt der Senat ergänzend:

Die Beklagte ist offensichtlich zutreffend davon ausgegangen, dass bei jeder Trassenführung - wenn auch vergleichsweise geringfügig - in ein geschütztes Biotop eingegriffen werden muss und hat sich für die stärkere Inanspruchnahme des Teichgrundstücks der Kläger entschieden, um die Pfeifengraswiese entsprechend zu schonen und deren Überlebenschance damit zu erhöhen. Das hat sie damit begründet, dass die Pfeifengraswiese eine Regenerationszeit von etwa 50 Jahren benötigt, während sich das Gebiet der Kläger mit den - von Niederschlagswasser gespeisten - Teichen deutlich schneller erholen wird; es wird im übrigen auch nach der Inanspruchnahme eines Dreiecks von ca. 25 bis 30 Meter Tiefe weiterbestehen. Diese Überlegungen halten sich im Rahmen des Ausnahmeermessens sowohl des § 28 a Abs. 5 NNatSchG (Röhrichte/Teich) als auch des § 28 b Abs. 4 NNatSchG (Pfeifengraswiese), weil in beiden Fällen die möglichst ungeschmälerte Erhaltung des Biotops und bei einer (teilweisen) Zerstörung desselben ein optimaler Ausgleich anzustreben sind. Es wäre gerichtlich nicht zu beanstanden gewesen, dass die Beklagte in diesem Konflikt die Regenerationszeit der Wiese und nicht, wie von den Klägern vorzugsweise begehrt, einen stärker in Einzelne gehenden Vergleich des konkreten Inventars zum entscheidenden Regulativ gemacht hat. Denn überzeugendere Parameter für die Abwägung hätten sich daraus ersichtlich nicht ergeben.

Der Beklagten wäre auch in ihrer gesetzessystematischen Überlegung zuzustimmen gewesen, dass zwischen der Wertigkeit von Gebieten, die nach § 28 a NNatSchG geschützt werden, und solchen, die den Schutz des § 28 b NNatSchG genießen, kein gesetzlicher Rangunterschied besteht. § 28 a NNatSchG geht auf § 20 c Abs. 1 sowie 2 des Bundesnaturschutzgesetzes - BNatSchG a.F. -, § 28 b NNatSchG auf § 20 c Abs. 3 dieser Vorschrift zurück, nach welchem "weitere Biotope den in Absatz 1 genannten gleichgestellt werden können". Diesen Biotopen kommt damit im Gegensatz zur Auffassung der Kläger jedenfalls in Konfliktfällen der vorliegenden Art der gleiche Schutz zu (Gassner / Bendomir- Kahlo/ Schmidt-Räntsch, BNatSchG, Rn. 21 zu § 20 c). In beiden Fällen sind nämlich Handlungen, die zu einer Zerstörung oder sonst erheblichen Beeinträchtigung des geschützten Gebiets führen können, grundsätzlich verboten (§ 28 a Abs. 2 S. 1 NNatSchG; § 28 b Abs. 2 S. 1 NNatSchG). Aus "überwiegenden Gründen des Allgemeinwohls" bzw. "überwiegenden öffentlichen Interessen" können aber Ausnahmen zugelassen werden. Damit hat die Beklagte das Abwägungsgebot auch nicht durch eine von einer fehlerhaften Gesetzesbewertung herrührenden Fehlgewichtung der betroffenen naturschutzrechtlichen Belange verletzt.

Ende der Entscheidung

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