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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 10.05.2007
Aktenzeichen: 7 MS 40/06
Rechtsgebiete: FStrG


Vorschriften:

FStrG § 17 Abs. 1 S. 2
FStrG § 17 Abs. 4 S. 1
Straßenrechtliche Planfeststellung; Trassenwahl, Präklusion von Einwendungen.
NIEDERSÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT LÜNEBURG BESCHLUSS

Aktenz.: 7 MS 40/06

Datum: 10.05.2007

Gründe:

Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den für sofort vollziehbar erklärten Planfeststellungsbeschluss des Antragsgegners vom 30. Dezember 2005, der den Plan für den Ausbau der B 322 in einem dritten Bauabschnitt von südlich der B 75 bis nördlich der Anschlussstelle Delmenhorst Ost (A 1) von Kilometer 36.660 bis Kilometer 37.200 feststellt.

Die planfestgestellte Straße soll als dritter Teilabschnitt der Nord-Süd-Verbindung der jeweils in Ost-West-Richtung verlaufenden A 28/B 75 (Oldenburg - Bremen) und A 1 (Osnabrück - Bremen) südöstlich von Delmenhorst dienen und hierdurch in Zukunft zu einer Trennung des Durchgangsverkehrs vom Ziel- und Quellverkehr sowie vom Binnenverkehr führen. Die Voraussetzungen für diese Verbindung sind im Rahmen des vorangegangenen ersten und zweiten bestandskräftig planfestgestellten Teilabschnitts u.a. durch den jeweiligen Umbau der Anschluss-Stellen 26 (Delmenhorst Ost, gelegen an der A 1) und 23 (Delmenhorst Hasport, gelegen an der A 28) zu einem Autobahndreieck geschaffen worden. Deren Verbindung besteht derzeit in der einbahnigen vierstreifigen B 322 "alt", über welche überwiegend Durchgangs- mit einem erheblichen Anteil an Schwerlastverkehr fließt. Die Belastung der B 322 durch Ziel- und Quellverkehr sowie durch den Binnenverkehr führt regelmäßig zu Rückstaus, die zwischen der Stadtgrenze Delmenhorst und der A 1 eine Vielzahl von Auffahrunfällen auf der B 322 "alt" zur Folge haben.

Bei der Konzeption des Ausbaus hat die Straßenbauverwaltung (Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr, Außenstelle - jetzt Geschäftsbereich - Oldenburg) insgesamt vier Trassenvarianten untersucht. Dabei war Variante 1 durch eine Tieflage der B 322 im Bereich der Gemeindestraße "B." gekennzeichnet, während als Variante 2 deren Hochlage an gleicher Stelle geprüft worden ist. Die Lage der B 322 auf Geländehöhe ("Null-Lage") im Bereich der Gemeindestraße "B. /C. straße" ist als Variante 3 und die Neutrassierung auf Geländehöhe westlich der Wohnsiedlung "B." als Variante 4 untersucht worden. Auf der Grundlage der seitens der Straßenbauverwaltung durchgeführten Kostenschätzung ist Variante 3 als die kostengünstigste und den verkehrlichen, ökologischen und wirtschaftlichen Belangen am besten gerecht werdende Lösung als Grundlage für die Detailplanung ausgewählt worden. Deren konkrete Trassierungsmöglichkeiten sind weiter als Varianten 3.1. und 3.2. geprüft worden.

Der angefochtenen Planung liegt die Verlegung der Straßenführung ostwärts und parallel zur vorhandenen B 322, also die Querschnittsentwicklung in nördlicher Richtung, zugrunde. Die Ausbaustrecke hat eine Länge von 1,8 km. Anders als auf der B 322 "alt" sind bei dieser Variante (3.1) keine direkten Verknüpfungen mit dem untergeordneten Straßennetz (L 875 und Gemeindestraßen "D.", "C. straße" und "B.") vorgesehen. Vielmehr sollen diese Verknüpfungen über die zukünftige und ebenfalls im Plan als Bestandteil des dritten Bauabschnitts festgestellte Anschluss-Stelle "Groß Mackenstedt" am südlichen Ende des dritten Teilabschnitts und die bereits vorhandenen Anschluss-Stellen Delmenhorst-Stickgras am nördlichen Ende des dritten Teilabschnitts und Delmenhorst-Hasport (2. Bauabschnitt) erfolgen. Als Ersatz für die entfallenden Knotenpunkte Einmündung L 875/B322 und Kreuzung "C. straße/B. /B 322" werden der Wirtschaftsweg "D." und die Ersatzstraße "E." überführt und eine Verbindungsstraße zwischen L 875 - C. straße - B 322 "alt" geschaffen. Die alternative Trassierungsmöglichkeit 3.2, die Querschnittsentwicklung in südlicher Richtung, schied nach einem Vergleich der Kosten für die Eingriffe in die Sach- und Gebäudewerte und der Berücksichtigung ergänzender Gesichtpunkte aus.

Der Antragsgegner leitete auf den Antrag der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr vom 24. Januar 2005 ein Planfeststellungsverfahren für den dritten Abschnitt ein und beteiligte daran auch den Antragsteller.

Die Planunterlagen lagen nach vorheriger ortsüblicher Bekanntmachung vom 15. Februar bis 15. März 2005 im Rathaus der betroffenen Gemeinde F. und der Stadt Delmenhorst zur Einsicht aus.

Der Antragsteller ist Eigentümer des Grundstückes ... welches mit Wohn- und Nebengebäuden bebaut ist. Der planfestgestellte dritte Bauabschnitt nimmt von den ihm gehörenden Flurstück 6/2 (Gemarkung G., Flur 15) mit einer Größe von 1.829 qm dauerhaft 187 qm und vorübergehend 80 qm in Anspruch.

Mit Einwendungsschreiben vom 28. März 2005 äußerte er u.a. Bedenken gegen die Trassenführung sowie das Trassenniveau der B 322 und rügte überdies den Lärmschutz bzw. die hierzu angestellten Ermittlungen als unzureichend; es seien auch keine hinreichenden Schutzmaßnahmen gegen Schadstoffbelastungen vorgesehen.

Der Antragsgegner stellte mit Planfeststellungsbeschluss vom 30. Dezember 2005 den beschriebenen 3. Bauabschnitt fest. Zugleich ordnete er die sofortige Vollziehung an und begründete die Anordnung mit den stetig zunehmenden Verkehrsproblemen aufgrund der jährlich steigenden Kfz-Mengen und den daraus resultierenden Unfallzahlen, die zwischen der Stadtgrenze Delmenhorst und der A 1, also überwiegend auf der B 322 "alt", inzwischen bei ca. 200 Unfällen pro Jahr lägen. Diese ereigneten sich in erster Linie deshalb, weil die B 322 für den zu bewältigenden Verkehr nicht mehr ausgelegt sei, was zu erheblichen Problemen und regelmäßigen Rückstaus führe, die durch verkehrstechnische Maßnahmen nicht zu beheben seien. Zum Schutz insbesondere von Leben und Gesundheit einer Vielzahl von Verkehrteilnehmern und Anwohnern sei daher das Vollzugsinteresse gegenüber dem Aussetzungsinteresse der von der Planung Betroffenen vorrangig. Ergänzend begründet der Antragsgegner die Eilbedürftigkeit mit der Funktion des dritten Bauabschnitts als Lückenschluss zwischen dem bereits für den Verkehr freigegebenen ersten und dem im Bau befindlichen zweiten Bauabschnitt. Auf der Grundlage von gutachterlichen Verkehrsprognosen, schalltechnischen Berechnungen und der Einstufung des bebauten Gebietes ordnete der Antragsgegner gegenüber der Straßenbauverwaltung die Vornahme von Lärmschutzmaßnahmen in Form von Lärmschutzwällen bzw. Lärmschutzwänden für den Bereich südlich der B 322 von Bau-km 9+950 bis Bau-km 10+700 an.

Die Bedenken und Anregungen des Antragstellers behandelte er - z.T. unter Verweis auf die Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses zu der allgemeinen Planrechtfertigung, der Ausbaukonzeption, den Alternativen, der Umweltverträglichkeitsprüfung, zum Lärmschutz und den Luftschadstoffimmissionen - im Einzelnen, folgte ihnen aber nicht und wies die Einwendungen insgesamt zurück. Zur Frage des Verkehrslärms führte er aus, dass die vorgesehen Schutzmaßnahmen ausreichend seien. Auch sei die Höhenlage so gewählt, dass der Abstand zum Grundwasser die Frostsicherheit der Straße gewährleiste. Die Inanspruchnahme der Flächen des Antragstellers sei notwendig, um dort eine Lärmschutzwand bzw. einen Lärmschutzwall anzulegen.

Der Antragsteller hat gegen den Planfeststellungsbeschluss am 17. Februar 2006 fristgerecht Klage erhoben und zugleich die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes beantragt. Zur Begründung seines Antrages macht er geltend, seinem Aussetzungsinteresse gebühre gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer sofortigen Vollziehung der Vorrang. Eine noch im Februar 2002 erörterte für ihn günstigere Trassenvariante sei gegenüber der nun planfestgestellten Variante 3.1. vorzugswürdig. Die vorgesehenen Lärmschutzmaßnahmen seien unzureichend. Die planfestgestellte Straße komme in der Sache dem Neubau einer Bundesautobahn gleich. Bei der Prognose für die im Jahr 2015 erwarteten Verkehrszahlen sei möglicherweise versäumt worden, die hieraus resultierende verkehrliche Mehrbelastung mit einzubeziehen. Da die Verkehrsprognose trotz Bezugnahme im Planfeststellungsbeschluss in den Entwurfsunterlagen nicht enthalten gewesen sei, sei der Antragsgegner verpflichtet, sie herauszugeben. Der Antragsteller rügt weiter, dass sein Grundstück Nutzungsbeschränkungen erleiden werde, eine Geschwindigkeitsüberwachung nicht mit planfestgestellt sei und die kalkulierten Kosten der einzelnen Varianten Fehler enthielten.

Der Antragsteller beantragt in der Sache,

die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss des Antragsgegners vom 30. Dezember 2005 wiederherzustellen,

hilfsweise,

den oberen Teil der Lärmschutzwände transparent auszugestalten, damit ein notwendiger Licht- und Sonneneinfall verbleibt, zum Verfahren,

dem Antragsgegner aufzuerlegen, die Verkehrsprognose zur Akte zu reichen und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben,

Der Antragsgegner beantragt,

die Sachanträge abzulehnen.

Er ist der Ansicht, dass eine Vorzugswürdigkeit der Trasse entsprechend dem Entwurf der ersten Arbeitskreissitzung am 22. Februar 2002 im Rathaus der Gemeinde F. nicht gegeben sei. Die planfestgestellte Variante sei der Entwurfstrasse überlegen, weil sie wesentlich weniger private Flächen in Anspruch nehme und auch das Grundstück des Antragstellers nur unwesentlich beeinträchtige. Ihm sei im Anhörungstermin eine alternative Konstruktion der Lärmschutzwand angeboten worden, welche sein Grundstück deutlich geringfügiger in Anspruch genommen hätte. Dies habe der Antragsteller aber abgelehnt. Auch bestehe keine seitens des Antragstellers behauptete Pflicht, die Bundesstraße zur Bundesautobahn aufzustufen. Zur Verdeutlichung der Verkehrsprognose hat der Antragsgegner Auszüge aus der verkehrstechnischen Untersuchung für den Ausbau der B 322 zur A 28 vom Juni 2001 sowie ein Verkehrsgutachten zur Hinterlandanbindung des geplanten Jade - Weser - Ports vom Mai 2003 zur Akte gereicht. Die Anbaubeschränkung auf dem Grundstück des Antragstellers erfahre durch den planfestgestellten Bauabschnitt keine Änderung. Auch seien die vorgesehenen Lärmschutzmaßnahmen ausreichend. Der Antragsteller könne im Ergebnis sogar eine Verbesserung der Lärmsituation seines Grundstückes verbuchen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, die Planfeststellungsunterlagen, den Verwaltungsvorgang des Antragsgegners und die zum Verfahren der Hauptsache 7 KS 39/06 gewechselten Schriftsätze verwiesen.

II.

Der auf § 80 Abs. 5 S. 1, 2. Alt., VwGO gestützte Antrag ist unbegründet. Die vom Antragsgegner nach § 80 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO formell ordnungsgemäß angeordnete sofortige Vollziehung hat auch gerichtlich Bestand, weil die in der Hauptsache erhobene Klage voraussichtlich erfolglos bleiben wird. Der Antragsteller hat dabei als durch die Planung direkt betroffener Grundstückseigentümer grundsätzlich Anspruch auf Prüfung der Vereinbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses nicht nur mit seinen eigenen, sondern auch mit öffentlichen Belangen.

1. Das Vorhaben ist sowohl hinsichtlich der Verlegung der B 322 im Ganzen wie auch des hier festgestellten Abschnitts planerisch gerechtfertigt.

Davon abgesehen, dass die Planrechtfertigung vom Antragsteller nicht substantiiert in Frage gestellt wird, besteht - jedenfalls mit Blick den planfestgestellten 3. Streckenabschnitts - auch kein Anlass, sie vorliegend in Frage zu stellen, denn sie ist bereits aufgrund der Funktion des dritten Bauabschnitts als "Lückenschluss" zwischen den bereits bestandskräftig planfestgestellten ersten beiden Bauabschnitten ohne weiteres gegeben.

2. Die Planung leidet in Bezug auf die von dem Antragsteller angegriffene Variantenauswahl nicht an einem erheblichen Abwägungsmangel, welcher die in der Hauptsache begehrte Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses zur Folge hätte (§ 17 Abs. 6c S. 1 FStrG idF v. 20.02.2003 - im Folgenden "a.F." -, jetzt § 75 Abs. 1a VwVfG)).

Die Auswahl unter verschiedenen in Frage kommenden Trassenvarianten gehört ungeachtet hierbei zu beachtender rechtlich zwingender Vorgaben zur fachplanerischen Abwägungsentscheidung (§ 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG a.F.). Die Planfestestellungsbehörde handelt dabei nicht schon dann abwägungsfehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene Trassenführung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Auswahl zwischen verschiedenen Trassenvarianten sind erst dann überschritten, wenn eine andere als die gewählte Linienführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, wenn sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen (BVerwG, Beschl v. 12.04.2005 - 9 VR 41.04 -, DVBl. 2005, 916 <920>). Trassenvarianten, die sich auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erweisen, dürfen schon in einem früheren Verfahrensstadium oder auf vorangegangenen Planungsebenen ausgeschieden werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.06.2004 - 9 A 11.03 -, Ortsumgehung Michendorf, DVBl. 2004, 1546 = NVwZ 2004, 1486 = NuR 2004, 795, m.w.N.).

Gemessen an diesen Grundsätzen erweist sich die Variantenauswahl durch die Planfeststellungsbehörde ersichtlich nicht als abwägungsfehlerhaft und ist gerichtlich nicht zu beanstanden.

Nach einer Grobanalyse sind zunächst vier Trassenvarianten untersucht und mit dem Ziel bewertet worden, eine möglichst verkehrswirksame Trassierung zu wählen, die flächen- und kostensparend sowie mit Blick auf die Inanspruchnahme von privaten Grundstücken möglichst anliegerfreundlich ist.

Der Planfeststellungsbeschluss und der dazugehörige Erläuterungsbericht (Planunterlage 1) beurteilen die einzelnen Varianten wie folgt:

Für die Varianten 1 und 2 spreche, dass eine optimale Erschließung der Flächen nördlich der B 322 durch die Verbindungsstraße zwischen der L 875 und L 336 gewährleistet sei, eine Trennung der Wohngebiete südlich der B 322 von der C. straße nicht vorgenommen werden müsse und die Gemeindestraßen "B." und "C. straße" ihre Verbindung über einen Kreisverkehrsplatz behielten, der bei Zugrundelegung dieser Varianten mit einer Abfahrt von der B 322 verbunden werden solle. Im Vergleich zur der favorisierten Variante 3 nachteilig schlüge eine Steigung im Streckenabschnitt der B 322 zu Buche, während bei allen drei Varianten die Notwendigkeit bestehe, südlich der vorhandenen B 322 insgesamt 6 Objekte (Var. 1 und 2) bzw. südlich und nördlich der B 322 insgesamt 7 Objekte (Var. 3) abreißen zu müssen. Auch erwiesen sich die Varianten 1 und 2 in Relation zu Variante 3 insoweit als nachteilig, als in die Gebäudesubstanz des Autohofes mit Tankstellenbetrieb eingegriffen werden müsse, was im Fall der Variante 3 unterbleiben könne. Auch unter Kostengesichtspunkten seien die Varianten 1 (Kostenschätzung 41.000.000 EUR) und 2 (Kostenschätzung 26.000.000 EUR) gegenüber der Variante 3 (Kostenschätzung 17.500.000 EUR) nachrangig. Dieser Aspekt werde im Hinblick auf die Variante 1 verstärkt durch hohe laufende Unterhaltungs- und Betriebskosten, während der Variante 2 zusätzlich die negativen Aspekte der Beschattung der unmittelbar angrenzenden Grundstücke und der starken Beeinträchtigung des Landschaftsbildes anhafteten. Überdies berge Variante 1 durch die Grundwasserabsenkung während der Bauzeit deutliche Umweltrisiken. Variante 2 bewirke überdies die Zerschneidung des Raumes durch hohe Dämme sowie Stütz- und Lärmschutzwände, was als besonders nachteilig zu berücksichtigen sei.

Demgegenüber zeichne sich Variante 3 neben ihrer besonderen Wirtschaftlichkeit auch dadurch aus, dass sie den Ausbau auf den bereits stark vorbelasteten Trassenraum der B 322 "alt" konzentriere und dadurch die geringsten Eingriffe in Natur und Landschaft zur Folge habe. Diese Vorteile seien auch gegenüber der Variante 4 ausschlaggebend. Selbst wenn der Variante 3 negativ anlaste, dass die Gemeindestraßen "B." und "C. straße" nicht direkt an die B 322 angeschlossen würden, damit die direkte Verbindung dieser Straßen für den Kfz-Verkehr unterbrochen werde und auch eine Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch Ersatzüberführung gegeben sei, wögen die Nachteile bei Wahl der Variante 4 erheblich schwerer. Auch wenn die Mehrbelastung an Kosten der Variante 4 (Kostenschätzung 20.000.000 EUR) gering sei, stelle die in diesem Fall durchzuführende Neutrassierung einen gravierenden Nachteil dar, weil hierbei Wald-, Acker- und Grünlandflächen versiegelt würden und der neue betriebsbedingte Schadstoffkorridor in einem weitgehend ungestörten Raum läge. Überdies werde im Fall der Variante 4 wertvoller zusammenhängender Raum zerschnitten (Landschaftsschutzgebiet und FFH-Gebietsvorschlag "H."), was im Fall der Variante 3 unterbleibe, weil dort der Ausbau in bereits belastetem Verkehrsraum vonstatten gehe.

Bei der bevorzugten Variante 3 seien im Bereich des 3. Bauabschnitts zwei grundsätzliche Trassierungsmöglichkeiten möglich, die als die Varianten 3.1. (Querschnittsentwicklung in nördlicher Richtung) und 3.2. (Querschnittsentwicklung in südlicher Richtung) untersucht worden sind. Hinsichtlich der Umweltverträglichkeit hat der Beklagte keine Unterschiede ausgemacht. Variante 3.2. ziehe allerdings mehr als den doppelten Aufwand für Eingriffe in die Sach- und Gebäudewerte nach sich und sei damit insoweit nachrangig (Kostenschätzungen Var. 3.1.: 2.160.000 EUR / Var. 3.2.: 4.980.000 EUR). Überdies sei die Variante 3.1. aufgrund der mit ihr verbundenen Planung einer neuen Straße zwischen der L 875 und der "C. straße" gegenüber der Variante 3.2. mit Vorteilen für die städtebauliche Entwicklung der Gemeinde F. verbunden und nehme weniger private Fläche in Anspruch (Bl. 18, 49 Planfeststellungsbeschluss).

Diese Einschätzung der Planfeststellungsbehörde ist auch unter Berücksichtigung der Einwände des Antragstellers nicht zu beanstanden:

2.1 Insbesondere kann die Rüge des Antragstellers, die Variantenprüfung und -auswahl sei abwägungsfehlerhaft vorgenommen worden, weil die bei der ersten Arbeitskreissitzung am 22.02.2002 im Rathaus der Gemeinde F. diskutierte Trassenführung vorzugswürdig sei, seinem Antrag nicht zum Erfolg verhelfen. Bei diesem Einwand verkennt der Antragsteller grundsätzlich, dass ein zeitlich vorheriges sachgerechtes Ausscheiden bereits erwogener Alternativtrassen mit der Konsequenz rechtlich zulässig ist, dass diese Trassen nicht mehr weiter und bis zuletzt in die Abwägung einbezogen werden müssen (so zur Durchführung einer förmlichen UVP BVerwG, Urt. v. 08.06.1995 - 4 C 4.94 -, BVerwGE 98, 339 = DVBl. 1995, 1012 = NVwZ 1996, 381; BVerwG, Beschl. v. 16.08.1995 - 4 B 92.95 -, UPR 1995, 445 = ZUR 1995, 332). Vielmehr steht es der Planfeststellungsbehörde frei, die Untersuchungen auf diejenigen Varianten zu beschränken, die - auf ihrer Planungsebene - noch ernsthaft in Frage kommen. Insbesondere können Linienführungen wegen ihrer besonderen Konfliktträchtigkeit im Hinblick auf die Inanspruchnahme privaten Eigentums zuvor ausgeschieden werden. So ist der Antragsgegner vorgegangen. Der vom Antragsteller favorisierte Entwurf der ersten Arbeitskreissitzung geht demgegenüber dahin, dass die Trasse über den Bau-km 742.366 hinaus noch ca. 400 bi 500 m, etwa bis zur Straße "B.", beibehalten wird und erst dann in eine Krümmung übergeht, wodurch die Grundstücke "B." Nr. 1, 2, 3, 5 und 7 nicht in Anspruch genommen würden. Stattdessen wäre gewerblich genutzte Fläche auf der Nordseite der B 322 in etwa gleichem Umfang betroffen. Die Möglichkeit dieser Straßenführung ist von der Straßenbauverwaltung erwogen worden, hat sich allerdings schon bei einer Grobanalyse nicht durchgesetzt, weil der Eingriff in die nördlich der B 322 gelegenen gewerblich genutzten Flurstücke im Ergebnis als erheblich beurteilt wurde, während die Grundstücke "B." Nr. 1 und 5 aufgekauft werden konnten und die dort gelegenen Grundstücke Nr. 7 und 2 vergleichbar geringfügig betroffen sind wie das des Antragstellers. Das vermag der Antragsteller mit seinem pauschalen Hinweis auf eine angeblich "minderwertigere Gewerbefläche auf der Nordseite" nicht überzeugend in Frage zu stellen. Insbesondere verkennt er dabei, dass ein weitgehender Eingriff in die nördlich der B 322 gelegene Gewerbegrundstücke sich nicht auf die Beeinträchtigung von Parkplatz- oder Grünfläche beschränken würde. Selbst wenn der seitens des Antragstellers bevorzugte Trassenverlauf lediglich solche Fläche in Anspruch nähme, hätte dies eine entsprechende Verschiebung der in § 9 Abs. 1 Nr. 1 FStrG normierten Anbauverbotszone in nördliche Richtung dergestalt zur Folge, dass dort stehende Gebäude nachträglich in diese Zone fielen. Ungeachtet des insoweit eingreifenden Bestandsschutzes würde hierdurch eine materiell baurechtswidrige Situation geschaffen, welche der Gesetzgeber ausweislich des Schutzweckes des § 9 Abs. 1 Nr. 1 FStrG mit der Absicht auszuschließen versucht, erhöhte Gefahrenlagen durch eine zu nahe am Fahrbahnrand gelegene Bebauung zu vermeiden. Der Schaffung einer solchen Gefahrenlage durch die vom Antragsteller gewünschte Trassierung steht die vergleichsweise geringfügige Inanspruchnahme der zuvor aufgeführten Grundstücke durch die festgestellte Trasse gegenüber. Eine - und schon gar nicht eindeutige - Vorzugswürdigkeit der ausgeschiedenen Trassierungsmöglichkeit hat der Antragsteller mit seinen Ausführungen folglich nicht dargetan. Dass diese im Rahmen des Planfeststellungsbeschlusses nicht mehr erörtert worden ist, hat keinen Abwägungsfehler zur Folge, da eine Pflicht des Antragsgegners zu einer erneuten Prüfung angesichts der plausiblen Vorausscheidung nicht (mehr) bestand. Vielmehr hatte die Planfeststellungsbehörde nur noch solche Belange in die Abwägung einzustellen, die nach Lage der Dinge noch in sie eingestellt werden mussten (BVerwG, Urt. v. 28.02.1996 - 4 A 27.95 -, NVwZ 1996, 1011 <1014>). Das ist geschehen. Wenn die seitens des Antragstellers favorisierte Trasse zwar zu seiner Entlastung führen würde, zugleich aber eine ebensolche oder größere Belastung anderer Eigentümer zur Folge hätte, ist sie als Alternative nicht geeignet, die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde gerichtlich in Frage zu stellen (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.02.1996 - 4 A 28.95 -, NJW 1996, 2113 = UPR 1996, 359).

2.2 Der Antragsteller kann sich auch nicht mit Erfolg auf den Einwand berufen, die Hochrechnung der Eingriffskosten sei nicht zutreffend erfolgt. Mit diesem Vortrag ist er gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG a.F. insgesamt präkludiert. Danach sind Einwendungen gegen den Plan nach Ablauf der Einwendungsfrist ausgeschlossen. Hierauf ist in der Bekanntmachung der Auslegung, wie hier geschehen, hinzuweisen, § 17 Abs. 4 Satz 2 FStrG a.F.. Die Vorschrift normiert eine materielle Verwirkungspräklusion (BVerwG, Urt. v. 24.05.1996 - 4 A 38.95 -, NVwZ 1997, 489), die sich nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung auch auf ein nachfolgendes verwaltungsgerichtliches Verfahren erstreckt, in dem sie als zwingendes Recht von Amts wegen zu beachten ist. Die hieraus resultierende Mitwirkungslast des Betroffenen erfordert es, dass dieser im Rahmen seiner Einwendungen erkennen lässt, welches Rechtsgut er als gefährdet ansieht und welche Beeinträchtigungen er befürchtet. Der Vortrag muss jedenfalls derart konkretisiert werden, dass die Planfeststellungsbehörde erkennen kann, in welcher Weise sie bestimmte Belange näher betrachten soll (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16. 10. 2001 - BVerwG 4 VR 20.01 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 165 m.w. N.). Zwar hat der Antragsteller hier mit Schreiben vom 28.03.2005 diverse Einwendungen gegen den Plan vorgebracht. Mit diesen werden jedoch die Eingriffskosten weder dem Grunde oder der Höhe nach angegriffen oder sonst in Frage gestellt. Mithin ist er mit diesem Vortrag jetzt ausgeschlossen, auch wenn sich der Antragsgegner in späteren Verfahrensabschnitten noch mit ihm auseinandergesetzt hat.

2.3 Entsprechendes gilt für das Vorbringen des Antragstellers, soweit er im gerichtlichen Verfahren erstmalig behauptet, die Nutzung des planfestgestellten Bauabschnittes entspreche zukünftig dem einer Bundesautobahn, was der Antragsgegner zu berücksichtigen gehabt habe. Überdies erscheint unklar, wie diese Überlegung auf die Rechtmäßigkeit des die künftigen Verkehrsströme detailliert berücksichtigenden Planfeststellungsbeschlusses zugunsten des Antragstellers durchschlagen könnte.

Schließlich ist der Antragsteller auch mit dem Einwand präkludiert, eine Geschwindigkeitsüberwachung sei - mit der Folge eine Abwägungsfehlers - nicht planfestgestellt, da er eine entsprechende Forderung oder Rüge bis zum Ablauf der Einwendungsfrist nicht erhoben hat. Eine solche Überwachung ist im Übrigen eine straßenverkehrsbehördliche bzw. polizeiliche Aufgabe, die bei Bedarf durchgeführt wird und nicht Gegenstand der Planfeststellung sein kann.

Unklar erscheint die Zielrichtung der Rüge des Antragstellers, die im Rahmen der Planungsunterlagen in Bezug genommene Verkehrsprognose des Büros Dipl.-Ing. I. sei den Entwurfsunterlagen nicht beigefügt gewesen und unspezifiziert. Auch insoweit bestand für den Antragsteller bereits bis zum Ablauf der Einwendungsfrist hinreichend Gelegenheit, weitere Ermittlungen bzw. eine weiteres Tätigwerden der Planfeststellungsbehörde durch eine entsprechende Rüge zu veranlassen, was nicht geschehen ist. Die Prognose war bereits in den ausgelegten Planunterlagen verarbeitet, so dass sie dem Antragsteller dem Grunde nach bekannt war, vgl. Planunterlage 11.1., S. 5, Punkt 4.2. Einwendungen, die auf einer vermuteten Fehlerhaftigkeit oder auf behaupteten Defiziten dieser Verkehrsprognose aufbauen, sind deshalb ebenfalls ausgeschlossen.

3. Die von der Planung berührten privaten Belange des Antragstellers im Einzelnen hat der Antragsgegner - soweit nicht ausgeschlossen und identifizierbar - berücksichtigt und in nicht zu beanstandender Weise nach § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG a.F. gewürdigt.

3.1 Was die behauptete Nutzungsbeschränkung des dem Antragsteller verbleibenden, von der Planfeststellung nicht in Anspruch genommenen Grundstückes betrifft, beschränkt sich der Antragsteller auf die teilweise Wiedergabe des Gesetzeswortlauts des § 9 Abs. 1, Abs. 2 FStrG. Erforderlich wäre demgegenüber eine konkrete Darlegung der befürchteten Betroffenheit des berührten Rechtsguts (BVerwG, Beschl. v. 16.10.2001 - 4 VR 20.01 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 165 m.w. N.), die fehlt. Der pauschale Hinweis auf eine mögliche Nutzungsbeschränkung ist nicht ausreichend. Ergänzend merkt der Senat an, dass der Einwand nach Lage der Dinge auch in der Sache nicht trüge. Die Nutzungsbeschränkung soll vermutlich daraus resultieren, dass das Grundstück überwiegend im 40 m-Bereich liegt. Der darin liegende Bezug auf die Anbaubeschränkung im Fall von Bundesautobahnen gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1, 2. Alt., FStrG ginge jedoch fehl. Entgegen der Einschätzung des Antragstellers ist nämlich nicht belegt oder sonst für den Senat ersichtlich, dass eine Aufstufung der B 322 "neu" zur Bundesautobahn beabsichtigt oder geboten wäre, was die Rüge - unabhängig von ihrer Bedeutsamkeit im Übrigen - jedoch impliziert.

3.2 Soweit die auf den Lärmschutz abzielenden Rügen sich darauf beziehen, dass durch den Abriss der auf den Grundstücken "B." Nr. 1 und 5 stehenden Gebäuden aktiver Lärmschutz eingebüßt und die Trasse während ihres Ausbaus nicht geschlossen werde, unterliegt dieser Vortrag der Präklusion, da hierzu fristgerecht keine Einwendungen erhoben worden sind und der Antragsteller auch nicht darlegt, dass ihm dies unmöglich war.

Was das Thema Lärmschutz im Übrigen anbelangt, beschränkt der Antragsteller seine hierauf abzielende Kritik auf die Forderung nach der Verwendung offenporigen schallschluckenden Asphalts. Die hierdurch zu erreichende Lärmminderung ermögliche eine Minderung der Höhe des Lärmschutzwalles bzw. der Lärmschutzwand um 2 - 3 m, wodurch die Inanspruchnahme seines Grundstückes vermieden oder gemindert werden könne.

In der Ablehnung dieser Verwendung durch den Antragsgegner liegt kein Abwägungsfehler. Maßgeblich dafür war, dass die gewählte Wand-/Wall-Konstruktion, weil herstellbar, die auf Dauer verlässlichere Lösung darstellt. Der Belag ist aufgrund des Verschleißes sehr unterhaltungsintensiv und stets nur zeitlich begrenzt wirkungsvoll. Eine Situation, in der diese Lösung gleichwohl vorzugswürdig sein mag, liegt hier nach der plausiblen Darlegung des Antragsgegners jedenfalls nicht vor, zumal in diesem Abschnitt der B 322 nur an der Südseite der Straße aktiver Lärmschutz erforderlich ist. Hinzu kommt bei der Abwägung, dass sich die Verkehrslärmauswirkungen durch den planfestgestellten Schallschutz auf dem Grundstück des Antragstellers gegenüber der jetzigen Situation nicht verschlechtern, sondern verbessern.

3.3 Auch das mit dem Hilfsantrag verfolgte Begehren nach einer transparenten Ausgestaltung des "oberen Teils der Lärmschutzwände" bleibt ohne Erfolg. Abgesehen von seiner Unbestimmtheit wird damit in der Sache ein Planergänzungsanspruch geltend gemacht, für den in der Hauptsache Verpflichtungsklage erhoben werden müsste, weil er nicht das Gesamtgefüge der Planung ergreift. Im Aussetzungsverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO kann er damit keine Berücksichtigung finden, vgl. § 123 Abs. 5 VwGO. Im Übrigen hat der Antragsgegner in nachvollziehbarer Weise darauf hingewiesen, dass es für eine transparente Ausgestaltung der Lärmschutzwände auch kein anzuerkennendes Bedürfnis gibt. Die Beeinträchtigung der Sonneneinstrahlung bei den Anwohnern durch den Lärmschutzwall wird lediglich gering sein, und ein ungeschmälerter Blick auf den stark befahrenen Verkehrsweg ist nicht schützenswert.

4. Der Verfahrensantrag hat sich erledigt, weil der Antragsgegner die geforderten Unterlagen im vorliegenden Verfahren herausgegeben und Gelegenheit zur Stellungnahme auch dazu bestanden hat. Von der weiter gewünschten Anberaumung eines Erörterungstermins war, wie grundsätzlich in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, mangels Erforderlichkeit abzusehen.

Ende der Entscheidung

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